Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2013, Az. 4 StR 537/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 7779

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
4
StR
537/12

vom
28. Februar 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 28.
Februar
2013, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer

als Vorsitzender,

[X.]in
am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
[X.] am Bundesgerichtshof
Bender,
[X.],
Reiter

als beisitzende [X.],

Staatsanwalt

als Vertreter des
Generalbundesanwalts,

der Angeklagte in Person,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft
wird das Urteil des [X.] vom 2.
August 2012 im Straf-ausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten [X.] Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vierzehn Fällen unter Einbeziehung der Strafen aus den Strafbefehlen des [X.] vom 5.
Juli 2011 und des [X.] vom 15.
De-zember 2012 [richtig: 2011] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren ver-urteilt. Dem Verfahren lag eine Verständigung zugrunde. Dem Angeklagten war für den Fall eines Geständnisses eine Gesamtstrafe zwischen drei Jahren und drei Jahren und sechs Monaten zugesichert worden. Mit ihrer zum Nachteil des Angeklagten eingelegten, auf den [X.] beschränkten und mit der Sachrüge begründeten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Gesamtstrafenbildung. Das [X.] habe übersehen, dass die Verurteilung vom 5.
Juli 2011 Zäsurwirkung entfaltet habe, so dass zwei Gesamtfreiheits-strafen hätten gebildet werden müssen. Die Revision hat Erfolg.
1
-
4
-
1.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch be-schränkt; die weiter
gehende Beschränkung auf den [X.] ist hingegen nicht wirksam.
a)
Die Feststellungen
zum Schuldspruch in den Fällen
1

11 der Urteils-gründe stehen einer Beschränkung auf den Strafausspruch nicht entgegen.
Nach den Feststellungen unter II.
1.

11. des angefochtenen Urteils fuhr der Angeklagte
von Anfang Januar 2011 bis 27.
Mai 2011 und wieder ab Mitte Juli 2011 bis Anfang August 2011 gemeinsam mit gesondert Verfolgten in [X.] elf Fällen nach E.

in den N.

, kaufte dort
pro Fahrt
jeweils mindestens 1
kg Marihuana und führte dieses anschließend zum [X.] Weiterverkauf nach [X.] ein. Zwar könnte nach diesen Feststellungen unklar sein, wie viele Taten vor dem 5.
Juli 2011 und wie viele danach stattfanden. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich jedoch entnehmen, dass die Taten zweimal im Monat stattfanden. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Taten 10, 11 und 12 (1
Tat Mai, 2
Taten Ju-ni) in der Hauptverhandlung gemäß §
154 Abs.
2 [X.] eingestellt wurden, er-schließt sich hinreichend deutlich, dass der Verurteilung jeweils zwei Taten in den Monaten Januar 2011 bis April 2011, eine Tat im Mai 2011 und zwei Taten von Mitte Juli bis Anfang August 2011 zugrunde liegen.
b)
Eine Beschränkung der Revision auf die Anfechtung der Gesamtstrafe ist zwar prinzipiell möglich (vgl. [X.], Urteil vom 28.
März 2012

2
StR
16/12 mwN.), sie ist hier aber nicht wirksam.
§
54
Abs.
1 Satz
3 StGB enthält eigene, über §
46 StGB hinausgehende Bewertungsgrundsätze, so dass die Gesamtstrafenbildung grundsätzlich einen 2
3
4
5
6
-
5
-
gesonderten [X.] erfordert ([X.] in LK, 12.
Aufl.,
§
54 Rn.
10 mwN). Innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs ist die Ge-samtstrafenbildung als Beschwerdepunkt von dem nicht angegriffenen Teil des Strafausspruchs hinsichtlich der Einzelstrafen einer getrennten und umfassen-den Überprüfung und Beurteilung durch das Revisionsgericht und den neuen Tatrichter jedenfalls dann zugänglich, wenn bei der Bildung der Gesamtstrafe nicht zur Vermeidung von Wiederholungen (vgl. [X.] aaO Rn.
13 mwN) auf die zur Festsetzung der Einzelstrafen niedergelegten Erwägungen Bezug genommen wird ([X.], Urteil vom 8.
September 1999

3
StR
285/99, [X.], 13). Eine solche Bezugnahme liegt hier vor, denn die Straf-

Hinzu tritt hier noch ein weiterer Gesichtspunkt. Die [X.] hat die Einzelstrafen ausdrücklich unter Berücksichtigung der in der Hauptverhandlung getroffenen Vereinbarung mit dem Angeklagten über die Höhe der Gesamt-strafe bemessen. Da somit die Verständigung für den gesamten Strafausspruch eine erhebliche Rolle gespielt hat und damit eine Wechselwirkung zwischen den Einzelstrafen und der Gesamtstrafe gegeben ist, ist der gesamte Straf-ausspruch angegriffen.
2.
Das Rechtsmittel ist begründet und führt zur Aufhebung des Straf-ausspruchs insgesamt.
a)
Das [X.] hat, was es erst bei der [X.] erkannt hat (UA
13
f.), den zäsurbildenden Strafbefehl des [X.] vom 5.
Juli 2011 nicht beachtet. Gemäß §
54 Abs.
1 Satz
2, §
55 StGB hätte die [X.] aus den neun Einzelstrafen für die vor dem 5.
Juli 2011 beende-7
8
9
-
6
-
ten Taten unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des [X.] von diesem Tage eine Gesamtfreiheitsstrafe und wegen der fünf restlichen Einzelstrafen für die nach dem 5.
Juli 2011 begangenen Taten unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des [X.] eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe bilden müssen. Dies hätte zwangsläufig zur Verhängung zweier Gesamtfreiheitsstrafen von einmal mindestens
einem Jahr und sieben Monaten ([X.] ein Jahr sechs Monate) und von mindestens zwei Jahren und vier Monaten ([X.] zwei Jahre drei Monate) geführt und für den Angeklagten ein Gesamtstrafübel von zumindest drei Jahren elf Monaten bedeutet. Dieser den Angeklagten begünstigende Rechtsfehler führt zur Aufhebung des [X.]s.
b)
Der Fehler bei der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe führt auch zur Aufhebung der Einzelstrafen. Die [X.] hat bei der Bemessung der Ein-zelstrafen ausdrücklich auch die Verständigung mit dem Angeklagten berück-sichtigt (UA
S.
13). Es liegt deshalb nahe, dass sie, wenn sie ihren Fehler [X.] hätte, niedrigere Einzelstrafen verhängt hätte, um ein Gesamtstrafübel innerhalb des zugesagten Strafrahmens
zu erreichen. Anderenfalls hätte die [X.] nach Aufdeckung ihres Irrtums den Angeklagten darauf hinweisen müssen, damit dieser sich im Rahmen der weiteren Hauptverhandlung unter Berücksichtigung der nicht mehr einhaltbaren Zusage umfassend sachgerecht verteidigen konnte (§
257
c Abs.
4 und 5 [X.]).
c)
Die Feststellungen sind von dem Fehler nicht betroffen und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter kann ergänzende, den rechtskräftigen Feststellungen nicht widersprechende Feststellungen treffen.

10
11
-
7
-
3.
Eine Bindungswirkung an die im Rahmen der Verständigung zugesag-te Strafobergrenze besteht nach Aufhebung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht nicht mehr (vgl. [X.], Beschlüsse vom 24.
Februar 2010

5
StR
38/10, [X.], 470, und vom 1.
März 2011

1
StR
52/11, [X.], 337; HK-[X.]-Temming, 5.
Aufl., §
257c Rn.
31; [X.], [X.], 55.
Aufl., §
257c Rn.
25).
Mutzbauer
Roggenbuck
Bender

Quentin
Reiter
12

Meta

4 StR 537/12

28.02.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2013, Az. 4 StR 537/12 (REWIS RS 2013, 7779)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7779

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