Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2007, Az. XII ZB 55/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 1117

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[X.][X.]/07
vom 31. Oktober 2007 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 115 Abs. 3; 120 Abs. 4; [X.] § 90 Abs. 2 Nr. 3 und 8 Der bedürftigen [X.] ist es auch im Rahmen einer Änderung der Prozesskos-tenhilfebewilligung nach § 120 Abs. 4 ZPO zuzumuten, ein durch Veräußerung des früheren [X.] erlangtes Vermögen für schon entstandene Pro-zesskosten einzusetzen, selbst wenn sie damit ein neues angemessenes Hausgrundstück i.S. von § 90 Abs. 2 Nr. 8 [X.] erworben hat (im [X.] an den Senatsbeschluss vom 18. Juli 2007 - [X.] 11/07 - FamRZ 2007, 1720). [X.], Beschluss vom 31. Oktober 2007 - [X.]/07 - [X.]AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 31. Oktober 2007 durch [X.], die Richterin [X.], [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats - [X.] - des [X.] vom 20. März 2007 wird auf Kosten der Antragsgegnerin [X.]. [X.]: 4.781 • Gründe: [X.] Die [X.]en sind geschiedene Ehegatten. In dem [X.] wurde der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Beschluss des Amtsgerichts vom 26. April 2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bewilligt. Ergänzend wurde in dem Beschluss ausge-führt: 1 "Die Prüfung der Bedürftigkeit bleibt vorbehalten, da der Antragsgegnerin evtl. ein Zugewinnausgleichsanspruch oder sonstige Ausgleichsansprü-che zustehen." - 3 - Später hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Vermögensauseinander-setzung von dem Antragsteller einen Betrag in Höhe von 56.087,99 • unter Aufgabe ihres Miteigentumsanteils an dem früher als Ehewohnung genutzten Hausgrundstück erhalten. Mit diesem Erlös, einem neu aufgenommenen [X.] in Höhe von 142.000 • und einem weiteren Darlehen ihres Vaters in [X.] von 55.000 • hat die Antragsgegnerin sodann zum Kaufpreis von 238.000 • ein Ein- bis Zweifamilienhaus mit einer Wohnfläche von ca. 140 m² erworben, in dem sie mit ihren drei in den Jahren 1993, 1995 und 1998 geborenen Kindern lebt. 2 Mit Beschluss vom 25. Januar 2007 ordnete das Amtsgericht die Zahlung der auf die Antragsgegnerin entfallenden Prozesskosten in Höhe von 4.781,11 • an die Landeskasse an. Dagegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt, weil sie der Auffassung ist, der Erlös aus der Verwer-tung ihres Miteigentumsanteils an dem früheren Hausgrundstück sei privilegiert und müsse im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe nicht für entstandene Prozesskosten eingesetzt werden. Das [X.] hat die sofortige Be-schwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Beschwerdegericht zugelassene - Rechtsbeschwerde. 3 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (vgl. Senatsbeschluss vom 4. August 2004 - [X.] 6/04 - FamRZ 2004, 1633 f.) und auch sonst zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO wegen grundsätz-licher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung [X.] - 4 - lassen hat. Daran ist der Senat im Rahmen der Rechtsbeschwerde gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO), auch wenn der [X.] nachträglich weg-gefallen ist. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. 5 1. Der Senat hat die Rechtsfrage, deretwegen das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, mit Beschluss vom 18. Juli 2007 ([X.] 11/07 - FamRZ 2007, 1720, 1721 f.) bereits entschieden. Danach kann der [X.] im Rahmen einer Änderungsentscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO Vermö-gen zugerechnet werden, das sie inzwischen erworben, aber in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit wieder ausgegeben hat, womit sie ihre zeitweilig ent-fallene Leistungsunfähigkeit böswillig wieder herbeigeführt hat. Das gilt wegen der im Gesetz normierten Möglichkeit zur Änderung einer Prozesskostenhilfe-entscheidung innerhalb der folgenden [X.] (§ 120 Abs. 4 ZPO) generell und ist nicht vom Zugang einer entsprechenden Verfügung des [X.]. Die [X.] muss auch schon vor Einleitung des Verfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO mit der Verpflichtung zum Einsatz eines neu erlangten Vermögens für die Prozesskosten rechnen. Nur wenn schon berücksichtigungsfähige [X.] vorhanden waren, als der Rechtsstreit absehbar wurde, darf ein Vermögenszufluss vorrangig zum Abtrag dieser Verbindlichkeiten verwendet werden und führt erst im Übrigen zu einem für die Prozesskosten einzusetzen-den Vermögen i.S. von § 115 Abs. 3 ZPO. Dem steht auch nicht entgegen, dass die [X.] von einem erhaltenen Vermögen Wohnungseigentum erworben hat, das - wenn es schon bei Beginn des Rechtsstreits vorhanden gewesen wäre - als privilegiertes angemessenes Hausgrundstück nach § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 [X.] unbe-rücksichtigt hätte bleiben müssen. Denn der Sinn der Privilegierung in § 90 Abs. 2 Nr. 8 [X.] liegt darin, der bedürftigen [X.] den Mittelpunkt ihres bisherigen [X.] Lebens zu erhalten und sie davor zu bewahren, ein schon 6 - 5 - vorhandenes privilegiertes Eigenheim zur Finanzierung der Verfahrenskosten veräußern zu müssen. Ein sonstiges Vermögen will das Gesetz im Regelfall gerade nicht schützen, auch wenn dies dazu bestimmt ist, später ein privilegier-tes Hausgrundstück zu erwerben. Das ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 90 Abs. 2 Nr. 3 [X.]. Danach bleibt sonstiges Vermögen nur berück-sichtigungsfrei, soweit es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhal-tung eines [X.] des § 90 Abs. 2 Nr. 8 [X.] bestimmt ist, falls dieses Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll. Ist dies - wie hier - nicht der Fall, ist das dafür eingesetzte Vermögen auch nicht privilegiert. Diese Qualifikation behält es, weil der beab-sichtigte Erwerb eines Hausgrundstücks in Kenntnis der [X.] nach § 120 Abs. 4 ZPO daran nichts ändert. Unerheblich ist auch, dass die Antragsgegnerin ihr Barvermögen aus dem Verkauf eines früher privilegierten [X.] von § 90 Abs. 2 Nr. 8 [X.] erlangt hat. Mit der Verwertung des früheren [X.] ist dessen Privilegierung entfallen und hat sich nicht an dem Verkaufserlös fortge-setzt. Im Einklang damit sind grundsätzlich auch Guthaben aus zuteilungsreifen Bausparverträgen als einzusetzendes Vermögen zu behandeln und nicht we-gen ihrer Zweckbindung privilegiert (Senatsbeschluss vom 18. Juli 2007 - [X.] 11/07 - FamRZ 2007, 1720, 1722 m.w.N.). 7 2. Mit dieser jüngsten Rechtsprechung des [X.] steht die angefochtene Entscheidung im Einklang. Danach ist der Erlös aus dem Verkauf des früheren [X.] gerade nicht privilegiert und hätte deswegen zunächst für die Verfahrenskosten eingesetzt werden müssen. Für die [X.] stellt es auch keine Härte i.S. des § 90 Abs. 3 Satz 1 [X.] dar, wenn sie von dem erhaltenen Verkaufserlös in Höhe von mehr als 56.000 • knapp 4.800 • für Prozesskosten aufwenden muss. Einerseits hat die [X.] - 6 - gegnerin schon nicht hinreichend nachvollziehbar vorgetragen, dass sie mit ih-ren drei minderjährigen Kindern nicht auch eine Mietwohnung hätte beziehen oder ein Haus zu einem günstigeren Kaufpreis als 238.000 • hätte erwerben können. Andererseits hat die Antragsgegnerin ohnehin den überwiegenden Teil des Kaufpreises, nämlich 142.000 •, mit einem Bankkredit und weitere 55.000 • mit einem Privatdarlehen fremdfinanziert. Unter Berücksichtigung des Wertes des erworbenen Hauses spricht dann nichts dagegen, dass die Antragsgegne-rin auch einen weiteren Kredit von weniger als 5.000 • hätte finanzieren [X.]. Das Beschwerdegericht hat deswegen zu Recht auch eine Härte i.S. des § 90 Abs. 3 [X.] verneint. [X.] [X.] [X.] Vézina Dose
Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom [X.] - 18 F 352/05 - [X.], Entscheidung vom 20.03.2007 - 8 WF 23/07 -

Meta

XII ZB 55/07

31.10.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2007, Az. XII ZB 55/07 (REWIS RS 2007, 1117)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1117

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