Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.02.2016, Az. X R 26/13

10. Senat | REWIS RS 2016, 16108

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Gegenstand

Gemischt genutzte Nebenräume


Leitsatz

Aufwendungen für Küche, Bad und Flur, die in die häusliche Sphäre eingebunden sind und zu einem nicht unerheblichen Teil privat genutzt werden, können auch dann nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein berücksichtigungsfähiges häusliches Arbeitszimmer existiert.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 4. Juni 2013  10 K 734/11 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielt als selbständige Lebensberaterin Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die sie durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. Sie übt ihre Tätigkeit ausschließlich in [X.] ihrer Mietwohnung aus, in dem sie nach eigener Angabe Kunden telefonisch berät, [X.] trifft, Fachliteratur sichtet und Berechnungen im Rahmen astrologischer Faktoren durchführt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) berücksichtigte die Aufwendungen für [X.] nach Maßgabe dessen Flächenanteils an der gesamten Wohnung als Betriebsausgaben. Diese stehen nicht mehr im Streit.

2

Mit Einspruch und Klage machte die Klägerin erfolglos außerdem die hälftigen Kosten für die Küche, das Bad und den Flur geltend. Das Finanzgericht (FG) ist mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2013, 1023 veröffentlichten Urteil davon ausgegangen, dass Küche, Bad und Flur ihrer Ausstattung nach keine Arbeitszimmer seien. Vielmehr handele es sich bei den Aufwendungen hierfür um solche für den Haushalt des Steuerpflichtigen i.S. des § 12 Nr. 1 EStG und damit für die Lebensführung. Auch ein teilweiser Abzug sei nicht möglich. Die Nutzung von Küche und Bad habe mit der Berufsausübung nichts zu tun. Die berufliche Mitnutzung des Flurs liege allenfalls darin, das Arbeitszimmer zu erreichen. Dafür fehle jedoch ein verlässlicher Aufteilungsmaßstab. Auch der Beschluss des [X.]s des [X.] ([X.]) vom 21. September 2009 GrS 1/06 ([X.]E 227, 1, [X.], 672) erlaube die Aufteilung gemischter Aufwendungen dann nicht, wenn private und berufliche Gründe so zusammenwirken, dass eine Trennung nicht möglich ist.

3

Mit der Revision vertritt die Klägerin unter Hinweis auf das [X.]-Urteil vom 24. Februar 2011 VI R 12/10 ([X.]E 233, 123, [X.], 796) sowie das Urteil des [X.] vom 19. Mai 2011  10 K 4126/09 ([X.] 2011, 1410) die Auffassung, Schwierigkeiten der Aufteilung stünden der Berücksichtigung der Aufwendungen für Küche, Bad und Flur nicht entgegen, da bei Fehlen eines anderen Aufteilungsmaßstabs eine hälftige Aufteilung vorzunehmen sei. Hätte sie zusätzlich zu ihrer Wohnung Büroräume für ihre Tätigkeit angemietet, wären die Kosten für die darin enthaltenen Nebenräume ohne Weiteres vollen Umfangs als Betriebsausgaben abziehbar.

4

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das [X.] aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid vom 8. Oktober 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Februar 2011 dahin zu ändern, dass weitere Raumkosten in Höhe von 1.162 € als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

5

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen
und schließt sich dem FG an.

6

Mit Beschluss vom 24. März 2014 hat der Senat nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das bei dem [X.] des [X.] anhängige Verfahren GrS 1/14 (Vorlagebeschluss des [X.]. Senats des [X.] vom 21. November 2013 [X.] R 23/12, [X.]E 243, 563, [X.], 312) angeordnet. Der [X.] des [X.] hat mit Beschluss vom 27. Juli 2015 GrS 1/14 ([X.]E 251, 408) über die Vorlagefrage entschieden.

Entscheidungsgründe

7

II. Nach der Entscheidung des Großen Senats des [X.] über die Vorlagefrage ist die [X.] beendet und das Verfahren fortzusetzen. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 [X.]O zurückzuweisen. Die anteiligen Aufwendungen für Küche, Bad und Flur sind keine Betriebsausgaben.

8

1. Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebundenen Raum, der sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch --in mehr als nur untergeordnetem Umfang-- zu privaten Zwecken genutzt wird, sind jedoch insgesamt auch nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht abziehbar (Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 251, 408, unter D.).

9

2. Nach diesen Maßstäben können anteilige Aufwendungen für Küche, Bad und Flur der Wohnung der Klägerin nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Sie hat diese Räume, deren Natur sowie den nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden Feststellungen des [X.] entsprechend, jedenfalls auch zu einem nicht unerheblichen Anteil privat genutzt.

a) Das gilt unabhängig davon, ob diese Räume als unselbständige Nebenräume der Wohnung oder von vornherein für sich zu betrachten sind. In beiden Fällen fehlt es an der Voraussetzung (nahezu) ausschließlicher betrieblicher Nutzung. Selbst bei Einstufung als Nebenraum (auch) zu dem Arbeitszimmer könnte auf die [X.] nicht verzichtet werden, auch dann nicht, wenn, wie hier, das eigentliche Arbeitszimmer dieser entspricht. Ob der [X.] genügt ist, ist für jeden abgeschlossenen Raum individuell zu entscheiden. Der [X.] des [X.] hat in seinem Beschluss (in [X.]E 251, 408, unter [X.] cc (3) zur "Arbeitsecke") verdeutlicht, dass ein abgeschlossener Raum die maßgebende Einheit ist, deren [X.] zu beurteilen sind. Im Übrigen wäre die Klägerin mit einer solchen Einbeziehung sogar schlechter gestellt. Wenn Arbeitszimmer, Küche, Bad und Flur als einheitlicher [X.] zu behandeln wären, wäre die unzweifelhafte nicht unerhebliche private Mitnutzung der Nebenräume für den gesamten [X.] schädlich, das Arbeitszimmer dadurch "infiziert". Im Ergebnis entfiele damit der Betriebsausgabenabzug auch für das eigentliche Arbeitszimmer. Es kann deshalb offenbleiben, inwieweit die Nutzung dieser Nebenräume, insbesondere der Küche, durch einen Steuerpflichtigen, der seine Arbeit im häuslichen Arbeitszimmer erledigt, überhaupt einen ausreichenden betrieblichen oder beruflichen Bezug haben kann, ob nicht vielmehr das Aufsuchen der Küche zur Mittags- oder Kaffee-/ Teepause den Zusammenhang zur betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit unterbricht und stets als privat zu bewerten ist.

b) Im Streitfall ist lediglich zu beurteilen, ob der der Fläche der streitigen Räume entsprechende Anteil an den allgemeinen Wohnungskosten steuerlich zu berücksichtigen ist. [X.] kann hier daher die davon zu unterscheidende Frage, inwieweit Renovierungs- und Umbaukosten, die sich auf derartige Nebenräume beziehen, ihrerseits Eingang in die allgemeinen Wohnungskosten finden und so mittelbar die zu berücksichtigenden Aufwendungen des häuslichen Arbeitszimmers erhöhen können (vgl. dazu Urteil des [X.] Münster vom 18. März 2015  11 K 829/14 E, E[X.] 2015, 1073; Revision eingelegt unter [X.] 16/15).

c) Die Überlegung der Klägerin, entsprechende Nebenräume in einem gesondert angemieteten Bürotrakt wären steuerlich zu berücksichtigen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Derartige Räume würden schon aufgrund ihrer räumlichen Trennung von der eigenen Wohnung tatsächlich lediglich betrieblich oder beruflich genutzt. Das Problem der gemischten Nutzung stellt sich dort nicht.

d) Der Senat weicht mit dieser Beurteilung nicht von der Entscheidung des [X.]. Senats des [X.] in [X.]E 233, 123, [X.], 796 ab. In jener Entscheidung ging es um den [X.] für Aufwendungen, die dem Grunde nach [X.] sind (Reisekosten). Wie der [X.] des [X.] erkannt hat, unterliegen die Aufwendungen für Räume, die in die häusliche Sphäre eingebunden sind, davon abweichenden Rechtsgrundsätzen. Das nicht rechtskräftige Urteil des [X.] Köln in E[X.] 2011, 1410 (Revision anhängig unter [X.]) beruht in diesem Punkte auf Überlegungen, denen der Beschluss des Großen Senats des [X.] in [X.]E 251, 408 die Grundlage entzogen hat.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

X R 26/13

17.02.2016

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 4. Juni 2013, Az: 10 K 734/11 E, Urteil

§ 4 Abs 4 EStG 2002, § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b EStG 2002, § 12 Nr 1 EStG 2001, EStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.02.2016, Az. X R 26/13 (REWIS RS 2016, 16108)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 2608 REWIS RS 2016, 16108

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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