Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.09.2010, Az. 27 W (pat) 113/10

27. Senat | REWIS RS 2010, 2977

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Visitors" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 058 550.1

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 28. September 2010 durch [X.] [X.], [X.] und Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 25. Januar 2010 und vom 14. Mai 2010 werden insoweit aufgehoben, als sie der angemeldeten Marken den Schutz für „Geräte und Vorrichtungen zur Aufnahme und Speicherung von Geld als Teile von vorgenannten Automaten, soweit in Klasse 28 enthalten“ sowie „Veranstaltung von Lotterien, ausgenommen virtuelle Internetangebote; Betrieb von Spielhallen und Spielcasinos, ausgenommen virtuelle Internetangebote“ versagen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Dem angemeldeten Zeichen

2

[X.]

3

hat die Markenstelle mit den angefochtenen Beschlüssen letztlich für folgende Waren und Dienstleistungen den Schutz versagt:

4

Unterhaltungsgeräte, die mit einem externen Bildschirm oder Monitor zu verwenden sind; Spiele, einschließlich Glücksspiele; Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; geld- oder münzbetätigte Spiel- oder Sportautomaten (Maschinen); vorgenannte Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb; Handkonsolen zum Spielen elektronischer Spiele; Wettautomaten (Maschinen); Geräte und Vorrichtungen zur Aufnahme und Speicherung von Geld als Teile von vorgenannten Automaten, soweit in Klasse 28 enthalten; Vermietung von Spiel- und Unterhaltungsgeräten für Casinos; Veranstaltung und Durchführung von Spielen, einschließlich von Glücks- und Gewinnspielen sowie von Roulette; Veranstaltung von Lotterien; Durchführung von Spielen im [X.]; online angebotene Spieldienstleistungen (von einem Computernetzwerk); Betrieb von Spielhallen und Spielcasinos; Dienstleistungen von Wettbüros (Unterhaltung).

5

Das ist damit begründet, „[X.]“ sei ein Begriff des [X.] Grundwortschatzes, der dem inländischen Verbraucher zudem als Filmtitel, auf Musikalben und DVDs begegne. Es sei daher davon auszugehen, dass die Bedeutung („Gäste, Besucher“) weitestgehend verstanden werde. Im hier einschlägigen Bereich werde „[X.]“ im Sinn von „Besucher von [X.]“, also als Synonym für Aliens, Außerirdische und Ufos verwendet. Beispielhaft wies die Markenstelle dazu auf folgende Fundstellen hin:

6

- [X.] kostenlos auf Supergames.ch spielen. Ein feuernder Meteorit knallt auf die [X.] ..., www.supergames.ch

7

- [X.] - in diesem Abenteuerspiel kannst du diesmal den Außerirdischen folgen, www.gameonly.com

8

- Ufo [X.]

9

- [X.] Download, http://rapidshare.zoozle.net/download.php?

- [X.] quest - Führer eines fremden Parasiten durch seine neue irdische…, flashghetto.de/spiele

Aliens, Außerirdische und UFOs seien allgemein ein beliebtes Thema bei Spielen sowie Spielautomaten. So gebe es etwa „[X.] (Greif) Automaten“ und „[X.] Automaten“, bei denen es darum gehe, Außerirdische abzuwehren (Anlage 2). Daher werde der Verbraucher den Begriff „[X.]“ in Bezug auf Spiele, Spielautomaten sowie damit in Zusammenhang stehende Waren und Dienstleistungen nur als sachbezogenen Hinweis auf deren Inhalt und Ausstattung verstehen, nicht jedoch als individualisierenden Herkunftshinweis.

Eine weitere Bedeutung habe „visitors“ in Zusammenhang mit online Spielen. Dort sei „visitors“ ein Hinweis auf Besucher, die ohne Registrierung oder Anmeldung spielen könnten. So heiße es etwa bei www.pcgamesdatabase.de (Anlage 3), der Download-Bereich gehe online; rund 500 unique [X.] kämen täglich vorbei. Insoweit sei „[X.]“ eine Bestimmungsangabe und ein Hinweis darauf, dass man die entsprechenden Spiele als „visitor“, ohne Anmeldung und Registrierung, herunterladen und spielen könne.

Die von der Anmelderin geltend gemachten Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil „[X.]“ führten zu keiner anderen Beurteilung. Ungeachtet einer fehlenden Bindungswirkung von Voreintragungen seien sie größtenteils nicht mit der hier angemeldeten Wortmarke vergleichbar (andere graphische Gestaltung und andere Waren bzw. Dienstleistungen).

Der Erinnerungsbeschluss wurde am 19. Mai 2010 an die Anmelderin abgesendet. Sie hat am 18. Juni 2010 Beschwerde eingelegt.

Sie trägt vor, es sei nicht nachvollziehbar, wieso „[X.]“ auch für Geräte und Automaten bzw. deren Vermietung beschreibend sein solle. Schon für die Spiele sei eine Analyse erforderlich, um zu einem beschreibenden Aussagegehalt zu kommen. Dass eine solche Analyse nicht zu erwarten sei, gelte erst recht bei Spiele-Dienstleistungen.

Am 2. September 2010 hat die Anmelderin das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt neu gefasst:

9 Verkaufsautomaten, Ausgabeautomaten, Rücknahmeautomaten und Musikautomaten (auch geldbetätigt) sowie Teile der vorgenannten Automaten; Geldautomaten, Geldzählautomaten und Geldwechselautomaten; Mechaniken für geldbetätigte Apparate, einschließlich Münzschaltgeräte; Apparate zur Abrechnung von vorgenannten Automaten, auch in Verbindung mit Apparaten zur Datenfernübertragung; Datenaufzeichnung oder Datendruckern; Unterhaltungsgeräte, die mit einem externen Bildschirm oder Monitor zu verwenden sind; Geräte und Vorrichtungen zur Aufnahme und Speicherung von Geld als Teile von vorgenannten Automaten, soweit in Klasse 9 enthalten; vorgenannte Geräte, Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb; mit Programmen oder Daten versehene maschinenlesbare Datenträger für vorgenannte Automaten, Geräte und Apparate;

28 Spiele, einschließlich Glücksspiele, Sportgeräte und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; geld- oder münzbetätigte Spiel- oder Sportautomaten (Maschinen); vorgenannte Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb; Handkonsolen zum Spielen elektronischer Spiele; Wettautomaten (Maschinen); Geräte und Vorrichtungen zur Aufnahme und Speicherung von Geld als Teile von vorgenannten Automaten, soweit in Klasse 28 enthalten;

41 Vermietung von Spiel- und Unterhaltungsgeräten für Casinos; Veranstaltung und Durchführung von Spielen, einschließlich von Glücks- und Gewinnspielen sowie von Roulette; Veranstaltung von Lotterien, ausgenommen virtuelle [X.]angebote; Durchführung von Spielen im [X.]; Online angebotene Spieldienstleistungen (von einem Computernetzwerk); Betrieb von Spielhallen und Spielcasinos, ausgenommen virtuelle [X.]angebote; Dienstleistungen von Wettbüros (Unterhaltung).

II.

Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Anmelderin eine solche nicht beantragt hat und auch der Senat sie nicht für erforderlich erachtet.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg, weil einer Registrierung der angemeldeten Marke für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der im Tenor genannten das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht.

Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des [X.] von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn die Marke einen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt hat oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort handelt, das die Verbraucher wegen einer entsprechenden Verwendung stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen. Dies ist hier weitgehend der Fall, wie die Markenstelle belegt hat. Auf die Begründung dazu kann vollinhaltlich Bezug genommen werden.

Das von der Markenstelle zu Grunde gelegte Verständnis von „[X.]“ gilt auch für Spielgeräte- und Automaten. Diese sind meist für bestimmte Spiele ausgestattet (Bedienungshebel etc.) sowie im Design dem jeweiligen Spielethema angepasst, etwa als Cockpit, Schießstand o. ä. und geben somit schon äußerlich einen Hinweis auf den Inhalt der Spiele, hier die Abwehr Außerirdischer.

Das gilt auch für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit solchen Geräten, wie ihre Vermietung, und ebenso für die Durchführung von Spielen etc., die eine solche Abwehr außerirdischer Invasoren zum Gegenstand haben und auch virtuell im [X.] stattfinden können.

Hinzu kommt bei Spielangeboten im [X.], dass „visitor“ dabei auf eine Spiel- bzw. Download-Möglichkeit ohne Registrierung hinweisen kann, wie die Markenstelle belegt und dargestellt hat. Auch dies verhindert, dass die Verbraucher das angemeldete Zeichen als Herkunftshinweis verstehen.

Dies gilt allerdings nach Beschränkung der beanspruchten Dienstleistungen „Veranstaltung von Lotterien, Betrieb von Spielhallen und Spielcasinos“ durch den Zusatz „ausgenommen virtuelle [X.]angebote“ insoweit nicht mehr. Für diese Dienstleistungen hat „visitors“ auch nicht den Charakter einer Themenangabe, da Lotterien in der Regel keine Abwehr Außerirdischer zum Gegenstand haben und in Spielstätten zwar Geräte mit diesem Spielinhalt stehen werden, aber mit den Angaben zu deren Beschreibung nicht die Etablissements bezeichnet werden.

Für die Zusatzmodule Geldspeicher sagt „[X.]“ nichts über Funktionalität o. ä. aus. Dies hat die Markenstelle für Klasse 9 selbst so gesehen, einen Unterschied zu Klasse 28 aber nicht begründet. Auch der Senat sieht diesen nicht.

Der unterscheidungskräftigen Bezeichnung kann insoweit auch kein beschreibender Aussagegehalt entnommen werden. Deshalb ist sie insoweit keine freihaltungsbedürftige Angabe (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).

Insoweit ist allerdings das Warenverzeichnis vor der Eintragung abzuklären, da die Angabe „als Teile von vorgenannten Automaten“ keinen Sinn mehr ergibt.

Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr liegen keine Billigkeitsgründe vor.

Meta

27 W (pat) 113/10

28.09.2010

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.09.2010, Az. 27 W (pat) 113/10 (REWIS RS 2010, 2977)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2977

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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