Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2012, Az. XII ZB 386/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2009

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 386/12

vom

24. Oktober 2012

in der
Kindschaftssache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1631 b; FamFG §§ 151 Nr. 6, 167 Abs. 1 Satz 1, 335 Abs. 1 Nr. 2
a)
In Verfahren, die die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung ei-nes Kindes betreffen, welches das 14.
Lebensjahr noch nicht vollendet hat, setzt die Beschwerdebefugnis einer Person seines Vertrauens nach §
335 Abs.
1 Nr.
2 FamFG nicht voraus, dass diese von dem Kind benannt worden ist.
b)
Zur Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines minderjährigen Kindes nach §
1631
b BGB (im [X.] an Senatsbeschluss vom 18.
Juli 2012

XII
[X.]
661/11
-
FamRZ 2012, 1556).
BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2012 -
XII [X.] 386/12 -
OLG Hamm

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 24.
Oktober 2012 durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose und die Richter
Schilling,
Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der
Beteiligten zu 3 gegen
den
Beschluss des
8.
Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm
vom
21.
Mai 2012
wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§
131 Abs.
5 Satz
2 KostO).
Beschwerdewert: 3.000

Gründe:

I.
Die
Rechtsbeschwerdeführerin wendet sich gegen die Genehmigung der Unterbringung
ihres am 30.
Juni
1999 geborenen
Enkels in einer geschlossenen Abteilung einer Kinder-
und Jugendhilfeeinrichtung.
Der allein
sorgeberechtigten Kindesmutter wurde das Recht zur Aufent-haltsbestimmung, zur Zuführung zur medizinischen Behandlung, zur Regelung der ärztlichen Versorgung und Schulangelegenheiten sowie zur Beantragung von [X.] nach §§
27
ff. [X.] entzogen und auf das
Stadtju-gendamt als Ergänzungspfleger übertragen. Wegen massiver Auffälligkeiten im sexuellen Bereich hatte
das Amtsgericht auf Antrag
des
Stadtjugendamts
am 1
2
-
3
-
29.
September
2011 die
Unterbringung des betroffenen Kindes
gemäß §
1631 b BGB in einer geschlossenen Intensivgruppe für sexuell übergriffig agierende männliche Kinder und Jugendliche
und das nächtliche Einschließen
des betroffe-nen Kindes in [X.] in der [X.] von 21:30 Uhr bis maximal 8:00 Uhr sowie während der [X.] für die Dauer von maximal 3 Stunden bis zum 31.
März
2012 genehmigt.
Die gegen diesen Beschluss gerichteten Be-schwerden der Kindesmutter und der Großmutter
hatten keinen Erfolg.
Im Dezember 2011 hat der Ergänzungspfleger die Verlängerung der [X.] der geschlossenen Unterbringung des betroffenen Kindes beantragt. Nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens und der Anhörung des Kindes in Anwesenheit des [X.] und des Verfahrensbevoll-mächtigten der Großmutter hat das Amtsgericht die geschlossene Unterbringung des Kindes bis zum 29. Januar 2013 genehmigt.
Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Großmutter
hatte keinen Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde möchte sie die Aufhebung der Geneh-migung der Unterbringung erreichen.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist ohne Zulassung statthaft (§
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2
FamFG) und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
1. Das [X.] hat eine Beschwerdeberechtigung der Großmutter gemäß §
335 Abs.
1 Nr.
2 FamFG bejaht und im Übrigen zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt,
die Voraussetzungen für eine geschlossene Unterbrin-gung des Kindes gemäß §
1631
b BGB lägen nach den Feststellungen des 3
4
5
6
-
4
-
Sachverständigen vor. Der Sachverständige sei zu der Diagnose gelangt, dass bei dem betroffenen Kind eine Störung der psychosexuellen Entwicklung und eine hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens vorlägen. Diese Diagnose stütze sich nicht allein auf die Angaben des Kindes, sondern beruhe auf den seit mehreren Jahren dokumentierten Auffälligkeiten
in dessen [X.].

Nach dem Gutachten des Sachverständigen sei von einer erheblichen Selbst-
und Fremdgefährdung des Kindes insbesondere aufgrund der vorliegen-den Störung der psychosexuellen Entwicklung auszugehen. Diese könne
unbe-handelt zu einer schweren Störung des Sexualverhaltens führen. Eine derartige Entwicklung sei nicht nur zu vermeiden, um eine
zukünftige Fremdgefährdung abzuwenden, sondern auch
deshalb, weil eine derartige Entwicklung für den Be-troffenen selbst mit einem erheblichen und oft lebenslang wiederkehrenden Lei-densdruck verbunden sei. Eine solche Entwicklung sei als eine protrahierte er-hebliche Gefährdung zu betrachten, zu deren Abwendung dringend eine weitere geschlossene Unterbringung des Kindes erforderlich sei. Eine adäquate Behand-lung des Kindes sei derzeit weder in einer offenen Einrichtung noch im ambulan-ten Rahmen möglich, weil die Gefahr einer Beendigung der Behandlung durch Weglaufen zu befürchten sei und die therapeutischen/pädagogischen Ziele ge-genwärtig nur unter den strukturierten Bedingungen eines geschlossenen [X.] zu erreichen seien. Es gebe keine Alternative zu einer geschlossenen Un-terbringung.
Auch die im November 2011 stattgefundenen sexuellen Kontakte mit an-deren [X.] aus der Wohngruppe stellten die gesamte Behandlung des Kindes in der Einrichtung
nicht
in
Frage. Ein hundertprozentiger Schutz vor sol-chen sexuellen Kontakten
könne nirgendwo geboten werden, insbesondere auch nicht bei einer intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung
gemäß §
35 7
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-
5
-
SGB
VIII, auf die die Großmutter abstelle. Außerdem wäre sowohl die Eigenge-fährdung des Kindes als auch die Fremdgefährdung im Hinblick darauf, dass sich das Kind selbst
keine Grenzen setze und sich
auch nicht an die Grenzen sexuel-ler Selbstbestimmung anderer halten wolle, außerhalb einer geschlossenen Ein-richtung viel größer. Diese -
durch die Kontroll

und Einschlussmaßnahmen so weit wie möglich reduzierte
-
Kindeswohlgefährdung müsse daher in Kauf ge-nommen werden.
Die zusätzliche Genehmigung des nächtlichen Zimmereinschlusses des Kindes sowie einmal wöchentlich während der Teamsitzung sei erforderlich, um das Kind in den [X.]en, in denen es durch Mitarbeiter der
Einrichtung
nicht per-sönlich beobachtet
werden könne, einerseits vor Übergriffen durch Dritte zu schützen, andererseits Dritte vor Übergriffen durch das Kind zu schützen. [X.] dafür, dass bei dem Kind eine Suizid-
oder Selbstverletzungsgefahr bestünde, seien
nicht ersichtlich. Die [X.] sei auch unter Be-rücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden.
2.
Diese Ausführungen halten einer
rechtlichen Überprüfung stand.

a)
Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Beschwerdebefugnis der Großmutter des betroffenen Kindes gemäß § 335 Abs. 1 Nr. 2 FamFG bejaht.
[X.]) In Verfahren, die die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unter-bringung eines Minderjährigen nach §
1631
b BGB betreffen

151 Nr.
6
FamFG)
sind gemäß §
167 Abs.
1 Satz
1 FamFG die für Unterbringungsverfah-ren nach §
312 Nr.
1 FamFG geltenden Vorschriften anwendbar. Die Beschwer-deberechtigung anderer Beteiligter als dem betroffenen Kind bestimmt sich daher in diesen Verfahren nach §
335 FamFG, sofern -
wie hier
-
der Beschwerdeführer nicht eine Verletzung eigener Rechte geltend macht.
Da §
335 Abs.
1 Nr.
1
FamFG
-
anders als die in Betreuungsverfahren für die Beschwerdeberechtigung 9
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12
-
6
-
von Beteiligten maßgebliche
Bestimmung des §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG
-
eine Beschwerdebefugnis für die Großeltern eines Betroffenen nicht vorsieht, richtet sich
im vorliegenden Fall die Beschwerdebefugnis der Großmutter allein nach §
335 Abs.
1 Nr.
2
FamFG. Danach steht das Recht der Beschwerde im [X.] des Betroffenen auch einer von dem
Betroffenen benannten Person seines Vertrauens zu, wenn diese im ersten Rechtszug an dem Verfahren beteiligt [X.] ist.
bb) Zwar
hat das betroffene Kind, wie das Beschwerdegericht richtig er-kannt hat, seine Großmutter nicht ausdrücklich als Person seines Vertrauens be-nannt.
Dadurch wird jedoch im vorliegenden Fall ihre
Beschwerdebefugnis nicht in Frage gestellt.
§
167 Abs.
1 Satz
1 FamFG verweist in Verfahren über die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung von Minderjährigen nach §
151 Nr.
6 FamFG uneingeschränkt auf die für die Unterbringung von Volljährigen maßgeb-lichen Vorschriften der §§
312
ff. FamFG.
Die allgemein für Kindschaftssachen geltenden Vorschriften der §§
151
ff. FamFG werden daher nach dem Wortlaut der Verweisung in §
167 Abs.
1 Satz
1 FamFG vollständig und abschließend durch die Vorschriften für das Verfahren in [X.] ersetzt
([X.]/Heilmann
3.
Aufl. §
167 FamFG Rn.
4; [X.]/[X.]
FamFG 3.
Aufl. §
167 Rn.
2).
Die §§
151
ff. FamFG können daher in einem Ver-fahren über die Genehmigung einer Unterbringung eines Minderjährigen weder direkt noch entsprechend angewendet werden ([X.]/Heilmann
3.
Aufl. §
167 FamFG Rn.
4).

Allerdings bleibt das
Verfahren auch weiterhin eine
Kindschaftssache i.S. v. §
151 FamFG. Deshalb
können
im Hinblick auf die besondere
Bedeutung des Kindeswohls
in diesen Verfahren (vgl. [X.] FamRZ 2007, 1078, 1079) bei der 13
14
15
-
7
-
Auslegung der [X.] die Wertungen,
die in den §§
155
ff.
zum Ausdruck kommen, berücksichtigt
werden (vgl. [X.]/Weinreich/
Ziegler
FamFG
3.
Aufl.
§
167 Rn.
4).
Bei der Anwendung der §§ 312
ff.
FamFG ist insbesondere zu berücksich-tigen, dass §
167 Abs.
3 FamFG für
die Unterbringung
von Minderjährigen
eine Einschränkung der Regelung des § 316 FamFG enthält, wonach
der betroffene Volljährige in [X.] ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig ist
([X.]/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
167 Rn.
8).
Minderjäh-rige sind nach §
167 Abs.
3 FamFG in [X.] hingegen erst mit
Vollendung des 14.
Lebensjahres verfahrensfähig. Bis zu diesem [X.]punkt [X.] Kinder
ihre Verfahrensrechte nicht selbst wahrnehmen. Die in dieser Rege-lung zum Ausdruck kommende Wertung, dass es nicht sachgerecht ist, Minder-jährige, die das 14.
Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Unterbringungsver-fahren
ihre Verfahrensrechte wahrnehmen zu lassen (vgl. BT-Drucks.
11/4528 S.
183), führt bei der Auslegung des §
335 Abs.
1 Nr.
2 FamFG dazu, dass
von einem Kind, das das 14.
Lebensjahr noch nicht vollendet
hat, in einem Verfahren nach §
1631
b BGB auch nicht verlangt werden kann, dass es eine Vertrauens-person ausdrücklich benennt, damit diese gemäß §
315 Abs.
4 Nr.
2 FamFG am Verfahren beteiligt werden kann. In diesem Fall genügt es, wenn das Familien-gericht aus den Äußerungen des Kindes oder den übrigen Umständen heraus erkennt, dass eine weitere Person
existiert, der das Kind sein Vertrauen schenkt und deren Beteiligung an dem Verfahren im Interesse des Kindes geboten ist. Es steht
dann im Ermessen des Familiengerichts, ob es diese
Vertrauensperson am Verfahren beteiligt. Wird
die Vertrauensperson am Verfahren beteiligt, steht ihr auch die Beschwerdebefugnis nach §
335 Abs.
1 Nr.
2 FamFG zu, ohne dass sie von dem Kind benannt worden sein muss.
16
-
8
-
Diese Voraussetzung hat das Beschwerdegericht zu Recht angenommen. Nachdem der Mutter des Kindes das Sorgerecht teilweise entzogen worden ist, ist die Großmutter
die einzige familiäre Bezugsperson des Kindes. Auch während des laufenden Verfahrens hat das Kind den Wunsch, den Kontakt zu seiner Großmutter
aufrecht zu
erhalten, mehrfach zum Ausdruck gebracht. Darüber hin-aus ist durch entsprechende Äußerungen des Kindes gegenüber seinen Erzie-hern und dem
Verfahrenspfleger deutlich geworden, dass es davon ausgeht, sei-ne Großmutter werde seine Interessen in dem laufenden Verfahren wahrneh-men.
Da die Großmutter an dem
Verfahren auch beteiligt worden ist,
steht ihr
das Beschwerderecht gemäß §
335 Abs.
1
Nr.
2 FamFG
zu.

b) Zutreffend hat das Beschwerdegericht auch die
Voraussetzungen der Genehmigung einer Unterbringung des betroffenen Kindes gemäß
§ 1631 b BGB bejaht.
[X.]) Nach Satz
1 der vorgenannten Bestimmung bedarf die Unterbringung eines Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, der Genehmigung des Familiengerichts. §
1631 b
BGB ist durch das Gesetz zur Erleichterung familien-gerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls vom 4.
Juli
2008 ([X.] I S.
1188) durch Einfügung des Satzes 2 konkretisiert worden. Die Unter-bringung ist danach zulässig, wenn sie zum Wohl des Kindes, insbesondere zur Abwendung einer erheblichen Selbst-
oder Fremdgefährdung, erforderlich ist und der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch andere öffentliche Hilfen, begegnet werden kann (§
1631
b Satz
2 BGB). Die Neufassung stellt klar, dass die geschlossene Unterbringung aus Gründen des Kindeswohls erforderlich und verhältnismäßig sein muss. Die Entscheidung des Gerichts hat zugleich dem Freiheitsrecht des Minderjährigen Rechnung zu tragen. Eine geschlossene Un-17
18
19
20
-
9
-
terbringung kommt daher nur als letztes Mittel und nur für die kürzeste angemes-sene [X.] in Betracht (vgl. auch Art.
37 Buchstabe
b der UN-Kinderrechte-
konvention). Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, Gründe für eine geschlos-sene Unterbringung abschließend aufzuzählen, da diese Gründe zu vielschichtig sind. Das Gesetz nennt aber beispielhaft die Abwendung einer erheblichen Selbst-
oder Fremdgefährdung. Im Fall der Fremdgefährdung kann die [X.] geboten sein, wenn das Kind sich sonst dem Risiko von Notwehrmaßnahmen, Ersatzansprüchen und Prozessen aussetzt. Eigen-
und Fremdgefährdung sind insoweit eng miteinander verbunden (vgl. Senatsbe-schluss vom 18.
Juli
2012 -
XII
[X.]
661/11
-
FamRZ 2012, 1556 Rn.
19 mwN).
bb) Diesen Maßstäben wird der angegriffene Beschluss gerecht.
Die Unterbringung dient dem Wohl des betroffenen Kindes, weil sie zur Abwendung einer erheblichen Selbst-
oder Fremdgefährdung erforderlich ist.
Das Beschwerdegericht hat auf der Grundlage des eingeholten [X.] festgestellt, dass das betroffene Kind an einer Störung der psychosexuellen Entwicklung und des Sozialverhaltens leidet, die unbehandelt zu einer schweren Störung des Sexualverhaltens führen kann.
Dies stellt auch die Rechtsbeschwerde nicht in
Frage. Nach den Ausführungen des Sachver-ständigen kann das Kind derzeit weder in einer offenen Einrichtung noch in ei-nem ambulanten Rahmen ausreichend therapeutisch betreut werden. Aufgrund der vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen zu den [X.] vor der
Unterbringung in der Einrichtung, in der es sich jetzt befindet, durfte das Beschwerdegericht schließen, dass außerhalb einer ge-schlossenen Unterbringung die Gefahr besteht, dass sich das Kind Dritten ge-genüber erneut sexuell auffällig verhält. Aufgrund des vom Sachverständigen dargestellten Krankheitsbildes ist die Annahme des [X.], das 21
22
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-
10
-
Kind bedürfe einer
pädagogischen
und therapeutischen
Betreuung, die nur im Rahmen einer geschlossenen Einrichtung erbracht werden kann, rechtlich nicht zu beanstanden. Aufgrund des Alters und der bisherigen Entwicklung des Kindes in der Einrichtung bestehen auch gegen den [X.]raum, für den die Unterbringung genehmigt wurde, keine rechtlichen Bedenken.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Verbleib des [X.] in der Einrichtung
auch nicht deshalb kindeswohlgefährdend, weil es im [X.] zu einem sexuellen Übergriff von zwei [X.] aus der Wohngruppe des Kindes gekommen ist. Nach den Feststellungen des [X.] hat es
sich hierbei um einen einmaligen Vorgang gehandelt, aus dem die Einrichtung entsprechende Konsequenzen gezogen hat. Weil gegen die beiden [X.] ein st[X.]tsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren einge-leitet,
die Überwachungs-
und Kontrollmechanismen innerhalb der Wohngruppe verstärkt
wurden und weitere vergleichbare Vorfälle in der Folgezeit nicht festge-stellt
sind, ist es nicht zu beanstanden, wenn das Beschwerdegericht annimmt, dass dieser Vorfall den
Therapieerfolg
nicht insgesamt in Frage stellen kann.
Aus den Ausführungen des Sachverständigen
ergibt sich zudem, dass dieser Vorfall therapeutisch aufgearbeitet werden konnte und die Entwicklung des Kindes in der Einrichtung nicht negativ beeinflusst
hat.

cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bieten
die Ausfüh-rungen des Sachverständigen
in seinem schriftlichen Gutachten auch eine aus-reichend tragfähige Grundlage für die Beurteilung, ob die Unterbringung des [X.] in einer geschlossenen Einrichtung dem Kindeswohl dient. Der [X.] hat seine Diagnose und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen nicht allein auf die Angaben des Kindes gestützt. Ihm standen
für die Begutachtung
eine Vielzahl von Berichten über das Verhalten und die Auffälligkeiten des Kindes aus [X.]en
zur Verfügung, in denen
es
sich in anderen Kinder-
und Jugendhil-24
25
-
11
-
feeinrichtungen aufgehalten hat. Zudem konnte der Sachverständige auf Berichte der derzeitigen Erzieher des Kindes sowie auf die Angaben des Verfahrenspfle-gers
zurückgreifen. Die eigenen Angaben des Kindes waren
daher, anders als die Rechtsbeschwerde meint, nicht die alleinige Grundlage für das Gutachten. Inwieweit sich die
von dem Kind geschilderten Vorfälle tatsächlich ereignet ha-ben, nur seiner Fantasie entsprungen oder von ihm
übertrieben dargestellt [X.] sind, war für die Erstellung des Gutachtens nicht von entscheidender Bedeu-tung. Daher bestand für das Beschwerdegericht auch kein Anlass, die Angaben des Kindes durch die Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens zu verifizieren. Im Übrigen
zeigen die Äußerungen gegenüber seinen Erziehern und
dem Sachverständigen, dass das Kind nicht altersgemäß über Sexualität spricht und stützen damit letztlich die Diagnose
des Sachverständigen
einer nicht alters-gerechten Sexualentwicklung.
-
12
-
3. Mit dem vorliegenden Beschluss erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag der Rechtsbeschwerdeführerin, die Wirksamkeit der Genehmigung einstweilen außer Vollzug zu setzen.

Dose
Schilling
Günter

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.01.2012 -
5 F 3/12 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 21.05.2012 -
II-8 UF 46/12 -

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Meta

XII ZB 386/12

24.10.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2012, Az. XII ZB 386/12 (REWIS RS 2012, 2009)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2009

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 386/12

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