Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2004, Az. IV ZR 268/03

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4063

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL [X.]/03

Verkündet am:

17. März 2004

[X.]

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein _____________________

[X.] § 154, AHaftpflichtVB ([X.]) §§ 5 Nr. 5, 6

Die Frage, ob eine Feststellung des [X.] im Sinne von § 154 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch Anerkenntnis des Versicherungsnehmers (oder des Insolvenzver-[X.]s über das Vermögen des Versicherungsnehmers) vorliegt, ist unabhängig da-von zu beurteilen, ob das Anerkenntnis im Deckungsverhältnis eine zur Leistungs-freiheit führende Obliegenheitsverletzung darstellt (§ 5 Nr. 5 i.V. mit § 6 [X.], § 154 Abs. 2 [X.])

[X.], Urteil vom 17. März 2004 - [X.]/03 - OLG Oldenburg

LG Osnabrück

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2004
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zi-vilsenats des [X.] vom 27. März 2003 insoweit aufgehoben, als im Verhältnis zur [X.] zu 4) zum Nachteil der Klägerin, auch im Kostenpunkt, entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Verfahrens über die Nichtzulassungsbe-schwerde und die Kosten des Revisionsverfahrens, an
den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwie-sen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nahm die [X.] zu 1) bis 3) als Vertragspartner eines Bauvertrages über eine Bioabfallkompostierungsanlage und die Beklagte zu 4) als Berufshaftpflichtversicherer der in Konkurs gefallenen [X.] zu 3) wegen Baumängeln als Gesamtschuldner auf Zahlung - 3 -

von circa 1,3 Mio. DM in Anspruch. Zur Begründung der unmittelbaren Inanspruchnahme der [X.] zu 4) - um die es im Revisionsverfahren nur noch geht - hat die Klägerin sich auf § 157 [X.] berufen und weiter vorgetragen, der Konkursver[X.] über das Vermögen der [X.] zu 3) habe den gegen diese wegen der Baumängel erhobenen Anspruch anerkannt. Die Beklagte zu 4) hat sich darauf berufen, die Beklagte zu 3) habe Bauleistungen erbracht, für die der Versicherungsschutz [X.] ausgeschlossen sei.

Die Klage gegen die Beklagte zu 3), die mit der Planung, der [X.] Bauleitung und zum Teil als Generalunternehmerin beauftragt war, wies das [X.] durch rechtskräftig gewordenes Teilurteil vom 7. März 2001 als unzulässig ab, weil über deren Vermögen bereits vor Klageerhebung das Konkursverfahren eröffnet worden war. Durch Schlußurteil vom 24. Juli 2002 entschied das [X.] unter anderem, daß die [X.] zu 1), 2) und 4) als Gesamtschuldner an die Klägerin 458.705,51 • nebst Zinsen und die Beklagte zu 4) weitere 1.789,52 • nebst Zinsen zu zahlen haben.

Auf die Berufung dieser [X.] wurden die [X.] zu 1) und 2) unter Klageabweisung im übrigen nur noch zur Zahlung von 13.549,23 • verurteilt und die Klage gegen die Beklagte zu 4) vollständig abgewiesen. Die dagegen von der Klägerin eingelegte Nichtzulassungs-beschwerde hat sie hinsichtlich der [X.] zu 1) und 2) zurückge-nommen. Hinsichtlich der [X.] zu 4) hat der Senat die Revision zu-gelassen, mit der die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtli-chen Urteils erstrebt.
- 4 -

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin führt im angefochtenen Umfang zur Auf-hebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an den für das Versicherungsvertragsrecht zuständigen Senat des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

[X.] Das Berufungsgericht hat sich mit dem von der [X.] zu 4) (im folgenden nur noch: Beklagte) zur Begründung der Berufung geltend gemachten [X.] für Bauleistungen inhaltlich nicht befaßt. Es hat die Klage vielmehr entsprechend seinen erstmals in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken abgewiesen, weil der der Klägerin nach § 157 [X.] i.V. mit §§ 4, 49 KO zustehende [X.] gegen die Beklagte nicht fällig sei. Im Falle des Konkurses des Schädigers sei der [X.] gegen dessen Haftpflichtversicherer erst fällig, wenn der Schadensersatzanspruch gemäß § 154 Abs. 1 [X.] durch [X.] Urteil, durch Anerkenntnis im Sinne von § 154 Abs. 2 [X.] oder Vergleich zur [X.] festgestellt worden sei. Ein bloßes Aner-kenntnis des Konkursver[X.]s reiche nicht aus. Die Klägerin habe [X.] vorgetragen, ihr Absonderungsrecht gegenüber dem Konkursver-[X.] geltend gemacht zu haben. Daß dieser das Absonderungsrecht im Sinne von § 154 Abs. 2 [X.] anerkannt habe oder daß die Forderung der Klägerin zur [X.] festgestellt worden sei, stehe nicht fest. Der Vortrag der Klägerin dazu im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15. März 2003 biete keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
- 5 -

I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsurteil ist schon deshalb rechtlich nicht haltbar, weil es die Klageabweisung verfahrensfehlerhaft auf die mangelnde Fäl-ligkeit des Anspruchs nach § 154 [X.] gestützt hat. Zu Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht verpflichtet gewesen wäre, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Durch die Nichtberücksichti-gung des Vortrags der Klägerin im Schriftsatz vom 15. März 2003 hat es deren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]Z 140, 365, 371 f.; Urteil vom 5. November 2003 - [X.]/02 - [X.]-Report 2004, 261 unter [X.].N.) ist die Wiedereröffnung der münd-lichen Verhandlung geboten, wenn sich aus dem neuen Vorbringen er-gibt, daß nur so die Verletzung des rechtliches Gehörs geheilt werden kann. Eine Wiedereröffnung ist danach notwendig, wenn erhebliches neues Vorbringen darauf beruht, daß ein Gericht einen von seinem Standpunkt aus erforderlichen Hinweis erst in der mündlichen Verhand-lung erteilt hat und eine sachlich erhebliche Stellungnahme der [X.] dazu erst nach deren Schluß möglich war.

b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Berufungsgericht hat die von ihm für entscheidungserheblich gehaltene Frage der Fällig-keit des [X.]s erstmals in der mündlichen Verhandlung pro-blematisiert, wobei sich weder aus dem Protokoll noch dem Urteil ergibt, welche konkreten Hinweise es erteilt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Frage der Feststellung des [X.] gemäß § 154 Abs. 1 [X.] weder vorgerichtlich noch im gerichtlichen Verfahren zwischen den - 6 -

[X.]en streitig gewesen. In erster Instanz hatte die Klägerin vorgetra-gen, der Konkursver[X.] habe den Schadensersatzanspruch vorge-richtlich dem Grunde und weitestgehend auch der Höhe nach anerkannt. Dem hat die Beklagte nicht widersprochen. Sie hat das von der Klägerin behauptete Anerkenntnis des Konkursver[X.]s in keiner Weise [X.]. Das ist auch in dem von der Beschwerdeerwiderung genannten erstinstanzlichen Schriftsatz der [X.] vom 21. Mai 2001 mit dem Hinweis auf das Urteil des [X.] vom 30. Juni 1964 ([X.] - [X.], 966) nicht geschehen. Das Urteil betrifft gerade nicht den Fall des Anerkenntnisses des [X.] durch den Konkursver[X.]. Die Beklagte hat vielmehr in der Berufungsbegrün-dung unmißverständlich vorgebracht, daß einzig über die Auslegung des von ihr geltend gemachten Haftungsausschlusses für Bauleistungen ge-stritten worden sei. Im selben Sinne, daß es allein um diesen [X.] geht, hat auch die Klägerin die Verteidigung der [X.] ver-standen, worauf sie in dem Schriftsatz vom 15. März 2003 hingewiesen hat. Die Klägerin, die in erster Instanz überwiegend obsiegt und selbst keine Berufung eingelegt hatte, hatte deshalb keinen Anlaß, von sich aus im Berufungsverfahren zum Anerkenntnis des [X.] durch den Konkursver[X.] weiteres vorzutragen. Unter diesen Umständen liegt es auf der Hand, daß der Hinweis des Berufungsgerichts auf die fehlende Fälligkeit die Klägerin im Termin überraschen mußte. Da das Berufungsgericht den Hinweis nicht, wie grundsätzlich geboten, geraume Zeit vor dem Termin erteilt hatte, konnte es von der Klägerin [X.] nicht erwarten, dazu sogleich eine fundierte Stellungnahme ab-zugeben. Es hätte deshalb von sich aus der Klägerin durch Vertagung oder Hinweis auf ein Schriftsatzrecht eine angemessene Frist einräumen müssen. Da dies nicht geschehen ist und der Schriftsatz der Klägerin - 7 -

vom 15. März 2003 erheblichen Vortrag zum Anerkenntnis des Konkurs-ver[X.]s und zur Feststellung des [X.] zur [X.] enthält, hätte das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung wieder eröffnen und der Klägerin gegebenenfalls Gelegenheit zur Präzi-sierung des Vortrags und zum Beweisantritt geben müssen.

2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu § 154 [X.] sind auch in der Sache rechtsfehlerhaft. Es hat diese Vorschrift mißverstan-den, weil es nicht hinreichend zwischen dem [X.] und dem versicherungsrechtlichen Deckungsverhältnis unterschieden hat.

Zutreffend ist allerdings, daß § 157 [X.] dem Geschädigten bei In-solvenz des Versicherungsnehmers ein Recht auf abgesonderte Befrie-digung an der Versicherungsforderung einräumt und er den [X.] - anders als sonst - ohne Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs unmittelbar auf Zahlung in [X.] nehmen kann. Voraussetzung für einen unmittelbaren [X.] gegen den Versicherer ist aber - wie beim Zahlungsanspruch des Versicherungsnehmers - weiter, daß der Haftpflichtanspruch des Geschädigten gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 [X.] festgestellt worden ist, weil dieser durch § 157 [X.] keine weitergehende Rechtsstellung als der Versicherungsnehmer erlangt (vgl. [X.], Urteile vom 7. Juli 1993 - [X.] - [X.], 1222 unter 1 b und vom 9. Januar 1991 - [X.] - [X.], 414 f., jeweils m.w.N.; BK/[X.], § 157 [X.] Rdn. 5 ff.; Bruck/[X.]/[X.], [X.] 8. Aufl. [X.]). Eine sol-che Feststellung kann nach dem Gesetz auch durch ein Anerkenntnis der Schadensersatzforderung erfolgen, sei es durch den (nicht insolventen) Versicherungsnehmer, sei es durch den Konkursver[X.]/[X.] 8 -

[X.]. Davon zu unterscheiden ist nach dem in der Haftpflichtversiche-rung geltenden Trennungsprinzip (vgl. dazu [X.], Urteile vom 20. Juni 2001 - [X.]/00 - VersR 2001, 1103 unter [X.] und zuletzt vom 18. Februar 2004 - [X.]/02 - zur Veröffentlichung bestimmt), ob der Versicherer im Deckungsverhältnis an ein ohne seine Zustimmung abge-gebenes Anerkenntnis gebunden ist. Das ist grundsätzlich nur dann nicht der Fall, wenn ein solches Anerkenntnisverbot in den Schranken des § 154 Abs. 2 [X.] als Obliegenheit mit der Sanktion der Leistungsfreiheit im Versicherungsvertrag vereinbart ist (vgl. § 5 Nr. 5 i.V. mit § 6 [X.], § 6 Abs. 3 [X.]) und der Versicherer sich mit Erfolg darauf berufen kann (vgl. dazu [X.], Urteile vom 18. Dezember 1980 - [X.] - VersR 1981, 328 unter [X.] und vom 12. Februar 1969 - [X.] - [X.], 413 unter [X.]; OLG Celle VersR 2002, 602 f.). Die vom Berufungs-gericht offenbar vertretene Auffassung (so auch Langheid in [X.], [X.] 2. Aufl. § 154 Rdn. 5, 8), eine Feststellung des Haft-pflichtanspruchs gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch Anerkenntnis liege nur vor, wenn die Voraussetzungen des § 154 Abs. 2 [X.] erfüllt seien oder der Versicherer zugestimmt habe, ist deshalb nicht richtig. Sie vermischt das [X.] mit dem Deckungsverhältnis und übersieht, daß § 154 Abs. 2 [X.] sich nur auf eine Vereinbarung der [X.] im Deckungsverhältnis bezieht, die im übrigen nicht ohne weiteres den Verlust des Deckungsanspruchs zur Folge hat.

II[X.] Eine abschließende Entscheidung durch den Senat ist nicht möglich, weil es hierzu an den erforderlichen Feststellungen fehlt. - 9 -

Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob der Haftpflichtan-spruch durch Anerkenntnis des Konkursver[X.]s oder rechtskräftige Feststellung zur Tabelle festgestellt worden ist. Auf Leistungsfreiheit we-gen Verletzung des [X.] hat sich die Beklagte weder vorgerichtlich noch in den Tatsacheninstanzen berufen. Ob sie das noch nachholen kann und ob die Voraussetzungen der Leistungsfreiheit über-haupt vorliegen, läßt sich nach dem bisherigen Prozeßstoff nicht beurtei-len.

Zu dem von der [X.] bisher allein geltend gemachten [X.] für Bauleistungen fehlt es an jeglichen Feststellungen. Die Beklagte beruft sich hierfür auf Ziffer [X.] b des [X.], der die Berufshaftpflichtversicherung für Architekten und Bauingenieure be-trifft. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, daß die Gemeinschuldnerin - 10 -

die Haftpflichtversicherung auch für andere Bereiche ihrer beruflichen Tätigkeit abgeschlossen hatte und für den Anspruch auf Versicherungs-schutz möglicherweise auch die weiteren Vertragsteile von Bedeutung sind.

[X.] [X.] [X.]

[X.]

[X.]

Meta

IV ZR 268/03

17.03.2004

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2004, Az. IV ZR 268/03 (REWIS RS 2004, 4063)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4063

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