Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2002, Az. I ZR 132/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 926

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 132/00Verkündet am:31. Oktober 2002FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.] : [X.]: jaWiderrufsbelehrung [X.] § 1; [X.] § 355 Abs. 2 Satz 1Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet ist,ist allein auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Verbraucher von der Beleh-rung anläßlich ihrer Aushändigung und gegebenenfalls Unterzeichnung Kennt-nis nehmen kann.[X.], Urt. v. 31. Oktober 2002 - I ZR 132/00 - OLG [X.] [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 31. Oktober 2002 durch [X.] und [X.], [X.], [X.] undDr. Schaffertfür Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. Mai 2000 aufgehoben.Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der [X.] für Han-delssachen des [X.] vom 31. März 1998 wird [X.].Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittel.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Beklagte vertreibt über Außendienstmitarbeiter Luftaufnahmen [X.]. Auf der im übrigen leeren Rückseite des von ihr dabei ver-wendeten Bestellformulars befindet sich im unteren Drittel die nachstehendwiedergegebene Widerrufsbelehrung:Auf der Vorderseite des Formulars, auf der der sonstige Vertragstext ab-gedruckt ist, findet sich kein Hinweis auf diese Widerrufsbelehrung.Kläger ist der [X.] und Verbrau-cherverbände. Er hat die Verwendung des Bestellformulars der Beklagten [X.] gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 des - am 30. September 2000 außer [X.] ge-tretenen - Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichenGeschäften ([X.]) und damit zugleich gegen § 1 UWG [X.] -Der Kläger hat beantragt,es der Beklagten unter Androhung von [X.] zu [X.], im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbszum Abschluß von Verträgen über die Bestellung von [X.], die dem Gesetz über den Widerruf von [X.] ähnlichen Geschäften unterliegen, die gemäß diesem Gesetzerforderliche Widerrufsbelehrung isoliert auf der Rückseite des imübrigen auf der Vorderseite des Vertragsformulars endenden [X.] zu erteilen, wenn nicht auf der Vorderseite des [X.] ein unübersehbarer und inhaltlich eindeutiger Hinweis aufdie Widerrufsbelehrung auf der Rückseite erfolgt.Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung ver-treten, die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung entspreche den Erfordernis-sen des § 2 Abs. 1 Satz 2 [X.].Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.]hat zur Verurteilung der Beklagten gemäß dem Klageantrag geführt ([X.], 539).Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Revision der Beklagten, mit derdiese ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, [X.] zurückzuweisen.- 5 -Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat die Klagebefugnis des [X.] bejaht, denKlageantrag für hinreichend bestimmt erachtet und die Verwendung des [X.] als wettbewerbswidrig angesehen, weil die dortige Widerrufsbe-lehrung nicht ordnungsgemäß sei. Zur Begründung hat es ausgeführt:Der Kläger erfülle die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen [X.] nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG (in der Fassung, die bis zum30. Juni 2000 gegolten hat - UWG a.F.). Der Klageantrag sei auch trotz [X.] der auslegungsbedürftigen Begriffe "unübersehbar" und "inhaltlicheindeutig" ausreichend bestimmt, weil der diese Begriffe enthaltende Nebensatzlediglich klarstellen solle, daß der Abschluß von Verträgen mit isoliert auf [X.] des Formulars abgedruckten Widerrufsbelehrungen nur im [X.] als wettbewerbswidrig verboten werden solle, daß auf der [X.] Hinweis auf die umseitig abgedruckte Widerrufsbelehrung fehle. Es sei [X.] der Beklagten, einen Weg zu finden, wie sie das zu beanstandende [X.] in Zukunft durch eine stets "unübersehbare" und "inhaltlich eindeutige"Aufklärung der Verbraucher vermeide.Die Verwendung des beanstandeten Bestellformulars durch die [X.] im Sinne des § 1 UWG wettbewerbswidrig, weil diese damit den Kundenüber sein Widerrufsrecht nicht in der gesetzlich gebotenen Weise belehre undsich dadurch einen ungehörigen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewer-bern verschaffe. Die Belehrung sei hier zwar als einzige Erklärung auf der an-sonsten unbedruckten Rückseite des Formulars angebracht und dadurchzwangsläufig im Wortsinne "drucktechnisch deutlich gestaltet". Ihre [X.] 6 -auf dem Formular werde aber gleichwohl nicht dem Sinn und Zweck der ge-setzlichen Regelung gerecht, den Käufer vor den Folgen eines unüberlegtenund übereilten Vertragsabschlusses zu schützen und ihm die Möglichkeit zugeben, Vor- und Nachteile des Geschäfts in Ruhe zu überdenken und es [X.] der Frist zu widerrufen. Das Erfordernis, daß die Belehrung durch ihredeutliche Heraushebung aus dem Vertragstext die Rechtslage unübersehbarzur Kenntnis bringe, um so zu gewährleisten, daß das Auge des [X.] auf den Text der Widerrufsbelehrung gelenkt werde, [X.] lediglich für den Zeitpunkt gelten, zu dem der Käufer die Widerrufsbeleh-rung unterschreibe. Es müsse vielmehr auch sichergestellt sein, daß der Käuferdiese Belehrung innerhalb der ihm gesetzlich zugestandenen "Überlegungsfrist"nach der Vertragsunterzeichnung unschwer zur Kenntnis nehmen könne. [X.] sei durch die von der Beklagten gewählte Plazierung nicht gewährleistet.I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision [X.]. Das Berufungsgericht hat die Klage zwar zutreffend als zulässig ange-sehen. Zu Unrecht ist es aber davon ausgegangen, daß das von der Beklagtenbenutzte Bestellformular nicht den gesetzlichen Voraussetzungen für die [X.] bei Haustürgeschäften zu erteilende Widerrufsbelehrung entspricht.1. Der Kläger erfüllt die für seine Klagebefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. [X.] in der Fassung, in der diese Bestimmung seit dem 1. Juli 2000 gilt, erfor-derliche Voraussetzung der Eintragung in die Liste qualifizierter Einrichtungennach § 4 UKlaG. Die Verhaltensweise der Beklagten berührte, wenn sie gegen§ 1 UWG verstieße, auch wesentliche Belange der Verbraucher (§ 13 Abs. 2Nr. 3 Satz 2 UWG), weil sie deren Interessen solchenfalls nicht nur am [X.] (vgl. [X.], Urt. v. 8.6.1989 - I ZR 178/87, [X.], 753, 754= [X.], 169 - Telefonwerbung II; Urt. v. 8.11.1989 - [X.], [X.] -1990, 280, 281 = [X.], 288 - Telefonwerbung III). Denn sie wäre geeig-net, den Verbraucher von der Ausübung eines ihm zustehenden Widerrufs-rechts abzuhalten (vgl. [X.], Urt. v. 4.7.2002 - [X.]/00, [X.], 1263,1266 - [X.] Bestimmtheit des Klageantrags wird nicht dadurch berührt, daß die indem Zusatz verwendeten Begriffe "unübersehbar" und "inhaltlich eindeutig" fürsich genommen unbestimmt sind (vgl. [X.], Urt. v. 15.7.1999 - I ZR 204/96,GRUR 1999, 1017, 1018 = [X.], 1035 - [X.],m.w.N.; vgl. auch die weiteren Nachweise zur Rechtsprechung bei [X.],Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., [X.]. 51 Rdn. [X.]. 63).2. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, das von [X.] verwendete Bestellformular entspreche nicht den gesetzlichen [X.] für die dem Verbraucher bei Haustürgeschäften zu erteilende Wi-derrufsbelehrung.a) Die Frage der Begründetheit des Unterlassungsanspruchs beurteiltsich, da dieser in die Zukunft gerichtet ist, nach dem im Zeitpunkt der [X.] Entscheidung geltenden Recht (st. Rspr.; vgl. [X.]Z 141, 329, 336 - Tele-Info-CD; [X.], Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 306/99, [X.], 720 = [X.],832 - Postfachanschrift; [X.] [X.], 1263, 1264 - [X.], [X.] m.w.N.). Insoweit sind daher nunmehr die aufgrund des Gesetzes [X.] des Schuldrechts vom 26. November 2001 ([X.] I S. 3138)am 1. Januar 2002 in [X.] getretenen Bestimmungen des § 312 Abs. 1 Satz 1,Abs. 2 [X.] einschlägig, die ihrerseits auf die ebenfalls zu diesem Zeitpunkt in[X.] getretenen Vorschriften der § 355 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 und 2,- 8 -§ 357 Abs. 1 und 3 [X.] verweisen. Die Bestimmung des § 355 Abs. 2 Satz [X.] gilt dabei in der aufgrund des Art. 25 Abs. 1 des [X.] der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den [X.] 23. Juli 2002 ([X.] I S. 2850 - [X.]) geänderten und gemäßdessen Art. 34 am 1. August 2002 in [X.] getretenen neuen Fassung.Die in § 355 Abs. 2 [X.] enthaltene Regelung unterscheidet sich von [X.] § 2 Abs. 1 Satz 2 [X.] zum einen insofern, als dort nunmehr - wie [X.] in § 361a Abs. 1 Satz 3 [X.] a.F. - für die Widerrufsbelehrung nicht [X.] drucktechnisch deutliche Gestaltung, sondern allein eine deutliche Ge-staltung verlangt wird. Der Wegfall der Bezeichnung "drucktechnisch" ist [X.] im Zusammenhang mit der in § 361a Abs. 1 Satz 3 [X.] a.F. neu ge-schaffenen und auch in § 355 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorgesehenen Möglichkeit zusehen, Informationen oder Erklärungen auf einem dauerhaften Datenträger [X.] zu stellen. Denn bei der elektronischen Erstellung und Übermittlungvon Daten findet kein drucktechnischer Vorgang statt, und allein deshalb wurdeauch im neuen § 355 Abs. 2 Satz 1 [X.] auf diesen Ausdruck verzichtet (En-gelhardt, Europäisches Verbrauchervertragsrecht im [X.], 2001, S. 205).Zum anderen bestimmt die Vorschrift des § 355 Abs. 2 Satz 2 [X.] in dernunmehr gültigen Fassung abweichend von der vormaligen Rechtslage nichtmehr, daß der Verbraucher die ihm zu erteilende Widerrufsbelehrung zu unter-schreiben habe. Dementsprechend sieht auch der [X.] 9 zudem Muster für die Widerrufsbelehrung gemäß § 14 i.V. mit Anlage 2 der [X.] über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht(i.d.F. der Bekanntmachung vom [X.], [X.] I S. 3002 - [X.]-InfoV) aus-drücklich vor, daß die [X.] entfallen kann.- 9 -b) Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Verbraucher habe zum Zeit-punkt seiner Unterschriftsleistung zweifellos die Möglichkeit, von der drucktech-nisch deutlich gestalteten Widerrufsbelehrung Kenntnis zu nehmen. Diese Be-urteilung läßt keinen Rechtsfehler erkennen.c) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung, ob die von der [X.] erteilte Widerrufsbelehrung den an sie zu stellenden [X.], nicht allein auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem der Verbraucher [X.] anläßlich ihrer Aushändigung und etwaigen Unterzeich-nung zur Kenntnis nehmen kann, sondern auch auf den nachfolgenden Zeit-raum. Dem kann nicht beigetreten werden. Der Verbraucher soll durch die Be-lehrung allerdings nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, son-dern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben ([X.] [X.],1263, 1265 - [X.]; MünchKomm.[X.]/[X.], 4. Aufl., § 361aRdn. 44; [X.]/[X.], [X.], 1998, § 2 [X.] Rdn. 30). Der [X.] seine dementsprechende Informationspflicht nach der Bestimmung des§ 355 Abs. 2 Satz 1 [X.] jedoch bereits dadurch, daß er dem Verbraucher einedeutlich gestaltete Belehrung in Textform mitteilt. Die Annahme des Berufungs-gerichts, die Belehrung müsse auch noch während des Zeitraums, währenddessen die Ausübung des Widerrufsrechts in Betracht komme, als deutlich ge-staltet vom Verbraucher wahrgenommen werden können, was bei einer Beleh-rung auf der Rückseite eines Vertrags nicht der Fall sei, findet im Gesetz keineStütze. Ist der Verbraucher in der gebotenen Form über sein Widerrufsrechtbelehrt, ist es ihm überlassen, die gegebene Information - erforderlichenfallsdurch entsprechende Markierung in seinen Unterlagen - in Erinnerung zu [X.] 10 -d) Da das Klagebegehren schon nach dem für den Zeitpunkt der bean-standeten Handlung maßgeblichen Recht keinen Erfolg haben kann, ist es un-erheblich, wann eine Widerrufsbelehrung, welche nach dem geltenden § [X.] 2 Satz 2 [X.] nicht mehr vom Verbraucher unterschrieben werden muß,als deutlich gestaltet i.S. des § 355 Abs. 2 Satz 1 [X.] anzusehen ist.II[X.] Danach war auf die Revision der Beklagten das die Klage [X.] Urteil des [X.]s wiederherzustellen.Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.Ullmann[X.][X.]BüscherSchaffert

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I ZR 132/00

31.10.2002

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2002, Az. I ZR 132/00 (REWIS RS 2002, 926)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 926

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