Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09.03.2016, Az. III B 146/15

3. Senat | REWIS RS 2016, 14853

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Gegenstand

Lehrgänge eines Leutnants keine Berufsausbildung


Leitsatz

NV: Die Lehrgänge, die ein Angehöriger der Bundeswehr nach seiner Ernennung zum Leutnant im Rahmen einer militärfachlichen Ausbildung absolviert, gehören nicht mehr zur "erstmaligen Berufsausbildung" i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG .

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des [X.] vom 9. September 2015  [X.] wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist die Mutter eines im März 1990 geborenen [X.] ([X.]). Dieser leistete ab Januar 2009 den Wehrdienst. Mit Wirkung vom 1. Oktober 2009 wurde er als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des [X.] im Dienstverhältnis eines [X.]oldaten auf [X.] (14 Jahre) übernommen. Von Oktober 2010 bis Anfang [X.]eptember 2013 studierte er Betriebswirtschaftslehre (Bachelor). In dieser [X.] wurde er mit Wirkung vom 1. Oktober 2012 zum Leutnant ernannt, nachdem er die entsprechende Offiziersprüfung abgelegt hatte. Nach Abschluss des [X.]tudiums wurde er zu einer Nachschubtransportstaffel zum Zweck der "Ausbildung zum Offizier Truppendienst nach [X.]tudium" versetzt. Anfang Januar 2014 nahm er an einem zweimonatigen Lehrgang "[X.]" teil. Die militärfachliche Ausbildung zum "[X.]" dauerte von Anfang April 2014 bis Dezember 2014. Nach dem Absolvieren verschiedener Prüfungen erhielt [X.] hierüber im Dezember 2014 ein Zeugnis.

2

Die Antragstellerin bezog für [X.] Kindergeld. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2014 hob die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes zunächst ab Januar 2015 auf. Nachdem sie von der Antragstellerin verschiedene Nachweise und Unterlagen erhalten hatte, hob sie durch einen weiteren Bescheid vom 21. Januar 2015 die Festsetzung von Oktober 2013 bis Dezember 2014 auf und forderte Kindergeld von 2.760 € zurück. Die Familienkasse war der Ansicht, [X.] habe das [X.]tudium und die militärische Ausbildung beendet und befinde sich nicht mehr in Ausbildung. Dagegen wandte sich die Antragstellerin mit Einspruch und mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV). Die Familienkasse wies den Rechtsbehelf und den Aussetzungsantrag in der Einspruchsentscheidung vom 4. März 2015 zurück.

3

Im [X.] daran erhob die Antragstellerin beim Finanzgericht ([X.]) Klage und stellte zugleich einen Aussetzungsantrag, mit welchem sie beantragte, die Vollziehung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids vom 21. Januar 2015 auszusetzen.

4

Der Antrag hatte keinen Erfolg. Das [X.] war unter Hinweis auf § 24 Abs. 3 der [X.]oldatenlaufbahnverordnung ([X.]LV) der Ansicht, die Ausbildung des [X.] habe mit dessen Beförderung zum Leutnant geendet.

5

Gegen den Beschluss des [X.] wendet sich die Antragstellerin mit der vom [X.] zugelassenen Beschwerde. Zur Begründung trägt sie vor, [X.] habe während der militärfachlichen Ausbildung Kenntnisse und Fähigkeiten in der Logistik erlangt, welche im zivilen Leben einer Ausbildung im [X.]peditionswesen entsprächen. Er sei berechtigt, Gefahrgut zu zertifizieren, zu deklarieren, zu kennzeichnen und Unternehmen zu beraten.

6

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss des [X.] aufzuheben und die Vollziehung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids vom 21. Januar 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. März 2015 auszusetzen.

7

Die Familienkasse beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die vom [X.] nach § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zugelassene Beschwerde ist nicht begründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 [X.]O).

9

1. Nach § 69 Abs. 3 [X.]atz 1 i.V.m. Abs. 2 [X.]atz 2 [X.]O kann die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen.

Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn sich bei summarischer Prüfung für und gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gesichtspunkte ergeben, die zu einer Unsicherheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Rechts- oder Tatfragen führen, und wenn die nicht fernliegende --ernstliche-- Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren mit seinem Begehren obsiegen wird (Beschlüsse des [X.] --BFH-- vom 5. Juni 2007 III [X.] 6/07, [X.], 2256, m.w.N.; vom 6. Mai 2008 IV B 151/07, [X.], 1452). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Verfahren der AdV gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des [X.]achverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. z.B. [X.] vom 21. Juli 1994 IX B 78/94, [X.] 1995, 116, und vom 7. [X.]eptember 2011 I B 157/10, [X.], 215, [X.], 590).

2. Im [X.]treitfall bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids. Bei summarischer Prüfung hatte die Klägerin im streitigen [X.]raum keinen Anspruch auf Kindergeld.

a) Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (E[X.]tG) besteht Anspruch auf Kindergeld für Kinder, die das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 E[X.]tG nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, wobei eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 [X.]tunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.[X.]. der §§ 8 und 8a des [X.] unschädlich sind (§ 32 Abs. 4 [X.]ätze 2 und 3 E[X.]tG).

b) Ob die Ausbildungsmaßnahmen, an denen [X.] nach dem Ende des [X.]tudiums teilnahm, als Ausbildung i.[X.]. des § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. a E[X.]tG anzusehen sind, ist nicht entscheidungserheblich. Denn in diesem Fall läge eine weitere Ausbildung nach Abschluss der Erstausbildung vor, die im [X.]treitfall nicht zu einem Anspruch auf Kindergeld führen könnte, weil [X.] mehr als 20 Wochenstunden erwerbstätig war (§ 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG).

aa) Der [X.]enat hat zur Ausbildung eines [X.] zum Feldwebel entschieden, dass dieser seine erstmalige Berufsausbildung mit Bestehen der Feldwebelprüfung abgeschlossen hat ([X.]enatsurteil vom 23. Juni 2015 III R 37/14, [X.], 377, B[X.]tBl II 2016, 55). [X.], die der Prüfung zeitlich nachfolgen, sind nicht mehr Bestandteil der Erstausbildung.

bb) Diese Grundsätze sind im [X.]treitfall entsprechend anzuwenden. [X.] hat nach dem Bestehen der Offiziersprüfung und Ernennung zum Leutnant zum 1. Oktober 2012 die Ausbildung zum Offizier gemäß § 24 Abs. 3 [X.]LV abgeschlossen (vgl. [X.]ächsisches [X.] vom 19. Mai 2015  6 K 1766/14 (Kg)). Ob das Kindergeld für die nachfolgende [X.] bis zum Abschluss des [X.]tudiums im [X.]eptember 2013 zu Recht festgesetzt wurde, braucht der [X.]enat nicht zu prüfen, da dieser [X.]raum nicht im [X.]treit ist. Die Lehrgänge, an welchen [X.] im [X.]treitzeitraum (Oktober 2013 bis Dezember 2014) teilnahm, sind bei summarischer Prüfung nicht anders zu beurteilen als die Lehrgänge, welche in dem vom [X.]enat durch das Urteil in [X.], 377, B[X.]tBl II 2016, 55 entschiedenen Fall auf die Feldwebelprüfung folgten.

c) Anhaltspunkte dafür, dass [X.] wegen eines Ausbildungsdienstverhältnisses i.[X.]. des § 32 Abs. 4 [X.]atz 3 E[X.]tG kindergeldrechtlich zu berücksichtigen sein könnte, ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Antragstellerin noch aus den vorliegenden Akten.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

III B 146/15

09.03.2016

Bundesfinanzhof 3. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 9. September 2015, Az: 1 V 29/15, Beschluss

§ 32 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 69 Abs 3 S 1 FGO, § 69 Abs 2 S 2 FGO, § 24 Abs 3 SLV, EStG VZ 2013, EStG VZ 2014

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09.03.2016, Az. III B 146/15 (REWIS RS 2016, 14853)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14853

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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