Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.08.2013, Az. XII ZB 188/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3605

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/13

vom

7. August 2013

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG §§ 68 Abs. 3 Satz 2, 280 Abs. 1 Satz 2
a)
Gemäß §
280 Abs.
1 Satz
2 FamFG soll der
in einem Betreuungsverfahren mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte
chverständige Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Ergibt sich die [X.] nicht ohne Weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sach-kunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen (im [X.] an Senatsbeschluss vom 16.
Mai 2012
XII
ZB
454/11
mRZ 2012, 1207).
b)
Von einer erneuten Anhörung im Beschwerdeverfahren sind in der Regel neue Erkenntnisse im Sinne des §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG zu erwarten, wenn der Be-troffene an seinem in der amtsgerichtlichen Anhörung erklärten Einverständnis mit einer Betreuung im Beschwerdeverfahren nicht mehr festhält (im [X.] an Senatsbeschluss vom 16.
Mai 2012
XII
ZB
454/11
amRZ 2012, 1207).
BGH, Beschluss vom 7. August 2013 -
XII [X.]/13 -
LG [X.]

[X.]. [X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 7.
August 2013 durch
den
Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.] und [X.], Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Zivilkammer
9 des [X.] vom 28.
März 2013 auf-gehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.
[X.]: 3.000

Gründe:
I.
Die Betroffene leidet an einer chronifizierten schizoaffektiven Störung mit depressiver Symptomatik.
Im [X.] 2011 wurde erstmals die Einrichtung einer Betreuung angeregt. In dem seinerzeit eingeholten Gutachten verneinte die Sachverständige jedoch die Notwendigkeit
einer gesetzlichen Betreuung gegen den Willen der Betroffenen. Im Februar 2012 kam es zu einer erneuten Betreuungsanregung. Die Sachverständige erstattete ein weiteres Gutachten, in dem sie eine Besserung des psychopathologischen Zustands feststellte
und nach wie vor keine Indikation für die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung 1
-
3
-
sah. Das Betreuungsgericht stellte daraufhin das Betreuungsverfahren erneut ein.
Anlass für die hier gegenständliche Betreuung war die Anregung eines Krankenhauses,
in dem die Betroffene wegen einer Schulterfraktur behandelt
wurde. Danach hat die Betroffene mehrmals im Beisein der Ärzte geäußert, dass sie schon öfter häusliche Gewalt durch ihren Ehemann und [X.] erlebt habe. Das Amtsgericht hat die Einholung eines medizinischen Gutachtens [X.] und
einen anderen Sachverständigen bestimmt, der sich als "[X.] Gutachter" bezeichnet hat.
Das Amtsgericht hat für die Betroffene schließlich einen Berufsbetreuer für die [X.] Gesundheitssorge, Vertretung gegenüber Behörden, Sozialleistungsträgern, Pflegediensten und Pflegeeinrichtungen sowie Aufent-haltsbestimmung zum Zweck der Heilbehandlung, [X.] und [X.] bestellt.
Das [X.] hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
Zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde, dass die Instanzgerichte die Sach-kunde des zuletzt tätigen Gutachters nicht geprüft haben und das [X.] die Betroffene nicht erneut angehört hat.
1. Gemäß §
280 Abs.
1 Satz
2 FamFG soll der
in einem Betreuungsver-fahren mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte
Sachverständige Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. 2
3
4
5
6
-
4
-
Ergibt sich die Qualifikation nicht ohne Weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen (Senatsbeschluss vom 16.
Mai 2012
XII
ZB
454/11
FamRZ 2012, 1207 Rn.
12 mwN).
Dem werden die instanzgerichtlichen Entscheidungen nicht gerecht. [X.] sich dem vom Amtsgericht zuletzt eingeholten Gutachten lediglich ent-nehmen
lässt, dass
der Sachverständige
"ärztlicher Gutachter" ist, haben weder Amts-
noch [X.] Feststellungen zur Qualifikation des Sachverständigen getroffen. Von der Prüfung dessen Sachkunde war das Gericht auch nicht etwa deshalb befreit, weil in den früheren
jeweils eingestellten
Betreuungsverfah-ren bereits eine Ärztin u.a. für Psychiatrie und Psychotherapie
als Sachverstän-dige tätig geworden ist. Zwar hat auch sie bei der Betroffenen eine chronische schizophrene Psychose diagnostiziert. Allerdings hat sie in ihren beiden [X.] im Ergebnis die Anordnung einer Betreuung für nicht indiziert gehalten.
Ersichtlich hat das Amtsgericht
seine Entscheidung deshalb auch nicht auf [X.] Gutachten gegründet, sondern die Einholung eines neuen Gutachtens für erforderlich
gehalten, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Wenn aber ein Sachverständigengutachten eingeholt wird und das Gericht sei-ne Entscheidung darauf stützt, muss dieses den formalen Anforderungen des §
280 FamFG auch dann genügen, wenn es verfahrensrechtlich nicht obligato-risch ist (vgl. Senatsbeschluss vom 9.
November 2011 -
XII
ZB 286/11
-
FamRZ 2012, 104 Rn.
15
f.).
2. Ebenfalls zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde, dass das [X.] von einer erneuten Anhörung der Betroffenen im Beschwerdeverfahren nicht hätte absehen dürfen.
7
8
-
5
-
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist eine erneute Anhörung im Beschwerdeverfahren immer dann erforderlich, wenn von ihr neue [X.] im Sinne des §
68 Abs.
3 Satz
2 FamFG zu erwarten sind, was in der [X.] dann
der Fall ist, wenn der Betroffene an seinem in der amtsgerichtlichen Anhörung erklärten Einverständnis mit einer Betreuung im [X.] nicht mehr festhält (vgl. Senatsbeschluss vom 16.
Mai 2012

XII
ZB
454/11
Z 2012, 1207 Rn.
21).
Gemessen hieran hätte das Beschwerdegericht
die Betroffene selbst an-hören müssen.
Während sie noch bei ihrer Anhörung im amtsgerichtlichen Ver-fahren ihr grundsätzliches Einverständnis mit der Bestellung eines Berufsbe-treuers erklärt und zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nicht von ihrem [X.] betreut werden will, hat sie in ihrer Beschwerde das Gegenteil geäußert. Des-wegen
hätte sich das [X.] durch eine Anhörung der Betroffenen selbst einen Eindruck davon verschaffen müssen, ob sie tatsächlich nicht in der Lage ist, einen freien Willen zu bilden (vgl. Senatsbeschluss vom 16.
Mai 2012

XII
ZB 454/11

FamRZ 2012, 1207 Rn.
22).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
74 Abs.
7 FamFG abge-sehen.
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Sollten die weiteren Ermittlungen ergeben, dass eine Betreuung für die Betroffene
anzuordnen ist, spricht im Ergebnis nichts dagegen, ihr einen Be-rufsbetreuer zu bestellen.
Selbst wenn die Bestellung ihres [X.]es
zum Be-treuer dem Willen der Betroffenen entsprechen sollte, dürfte dies auf der [X.] der getroffenen Feststellungen zum gewaltsamen Verhalten des [X.]es

9
10
11
12
13
-
6
-

seiner Mutter gegenüber dem Wohl der Betroffenen [X.]. §
1897 Abs.
1 Satz
1 BGB zuwiderlaufen.

Dose
[X.]
Schilling

Nedden-Boeger
Botur
Vorinstanzen:
[X.]. [X.], Entscheidung vom 26.02.2013 -
993 XVII P 3651 -

LG [X.], Entscheidung vom 28.03.2013 -
309 [X.] -

Meta

XII ZB 188/13

07.08.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.08.2013, Az. XII ZB 188/13 (REWIS RS 2013, 3605)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3605

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