Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.02.2010, Az. 9 AZR 3/09

9. Senat | REWIS RS 2010, 9080

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Gegenstand

Redakteurin - Unwirksamkeit einer Versetzung - Direktionsrecht


Leitsatz

Die Klausel im Arbeitsvertrag einer Redakteurin, ihr andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben zuweisen zu dürfen, berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Versetzung in eine Service- und Entwicklungsredaktion, sofern sie dort für neue Verlagsprodukte ausschließlich Testbeiträge erarbeiten muss. Entwicklungstätigkeit ist nach allgemeinem Verständnis keine redaktionelle oder journalistische Aufgabe.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4. Juli 2008 - 22 [X.] - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung sowie die Verpflichtung der [X.], die Klägerin am bisherigen Arbeitsplatz zu beschäftigen.

2

Die Beklagte gibt [X.]. die Tageszeitung „[X.]“ heraus. Die Klägerin ist bei ihr seit dem 1. November 1994 als Redakteurin beschäftigt. Im „[X.]“ vom 31. Oktober 1994 heißt es wie folgt:

        

„§ 1 Arbeitsgebiet

        

1.   

Frau S

        
                 

wird als Redakteurin angestellt

        
                 

und in der Redaktion [X.] tätig sein.

        
        

2.   

[X.] behält sich vor, dem Redakteur andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben, auch an anderen Orten und bei anderen Objekten zu übertragen, wenn es dem Verlag erforderlich erscheint und für den Redakteur zumutbar ist.

        
        

§ 2 Grundsätzliche Haltung der Zeitung

        

[X.]

        

hat folgende grundsätzliche Haltung:

                 

-       

das unbedingte Eintreten für den freiheitlichen Rechtsstaat Deutschland als Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft und die Förderung der Einigungsbemühungen der Völker Europas;

        
                 

-       

das Herbeiführen einer Aussöhnung zwischen [X.] und Deutschen; hierzu gehört auch die Unterstützung der Lebensrechte des [X.] Volkes;

        
                 

-       

die Ablehnung jeglicher Art von politischem Totalitarismus;

        
                 

-       

die Verteidigung der freien [X.] Marktwirtschaft.

        
        

Der Redakteur ist zur Einhaltung dieser Richtlinien verpflichtet.

        

§ 3 Bezüge

        

1.   

Der Redakteur wird in die Tarifgruppe III a des Gehaltstarifvertrages für Redakteure an Tageszeitungen eingestuft.

        

...

        
        

§ 6 Versicherung

        

Der Redakteur wird nach den Bestimmungen des [X.] über die Altersversorgung für Redakteure an Tageszeitungen beim Versorgungswerk der [X.] und bei der [X.] versichert.

        

...“

3

Die Klägerin war als Redakteurin ab 1999 im Ressort Reise der Redaktion „[X.]“ und ab 1. Febr[X.]r 2006 im Ressort Stil der „[X.] am [X.]“ eingesetzt. Nach Bildung der Gemeinschaftsredaktion für die Zeitungen „[X.]“, „[X.]“, „[X.] KOMPAKT“, „[X.] am [X.]“ und „[X.] ONLINE“ ([X.]) wurde die Klägerin ab 1. Jan[X.]r 2007 der Redaktion Reise/Stil zugeordnet. Mit Schreiben vom 19. April 2007 teilte die Klägerin der [X.] mit, dass sie ab dem 1. Juli 2007 für zwei Jahre Elternzeit in Anspruch nehme und während dieser Zeit eine Teilzeitbeschäftigung mit 30 Stunden wöchentlich ausüben wolle. Mit Schreiben vom 26. April 2007 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass beabsichtigt sei, sie in die neue Service- und [X.] zu versetzen. Zuvor hatte im Dezember 2006 der Vorstand der [X.] beschlossen, am Standort eine neue [X.] in Form einer Service- und [X.] zu gründen. Diese Redaktion wurde von der [X.] gemeinsam mit der [X.], einer 100%igen Tochtergesellschaft der [X.], gebildet. In einem Schreiben der Personalabteilung der [X.] an den Betriebsrat heißt es hierzu [X.].:

        

„Das Arbeitsprofil der für die Versetzung in die Service- und [X.] vorgesehenen Redakteurinnen und Redakteure entspricht den in der Protokollnotiz zu § 1 des Manteltarifvertrages für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen beschriebenen Tätigkeiten. Da es sich um neue Units handelt, die auch neue Produkte entwickeln werden, liegt es in der Natur der Sache, dass sich eine weitere Konkretisierung erst im Laufe der Entwicklungsarbeit ergeben wird.

        

...

        

2. Entwicklungsphase:

        
        

- am 2. Mai erfolgt eine erneute Vollversammlung der S+E-Redaktion; die Leitung informiert über die Teambildung und die vorläufigen Teamstrukturen

        
        

...

        
        

- nach einer ersten Entwicklungsphase folgen die Produktion von Dummies, Gruppendiskussionen etc.

        
        

…       

        
        

- das erste neu entwickelte Produkt sollte im [X.] in die [X.] gelangen“

        

4

In dem ab 1. November 1989 gültigen Manteltarifvertrag für Redakteure und Redakteurinnen an Tageszeitungen vom 28. Mai 1990 ([X.]) heißt es auszugsweise:

        

„Protokollnotiz zu § 1 (persönlicher Geltungsbereich):

        

Als Redakteur/Redakteurin gilt, wer - nicht nur zum Zweck der Vorbereitung auf diesen Beruf (gleichgültig in welchem Rechtsverhältnis) - kreativ an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmäßig in der Weise mitwirkt, dass er/sie

        

1.   

Wort- und Bildmaterial sammelt, sichtet, ordnet, dieses auswählt und veröffentlichungsreif bearbeitet, und/oder

        

2.   

mit eigenen Wort- und/oder Bildbeiträgen zur Berichterstattung und Kommentierung in der Zeitung beiträgt, und/oder

        

3.   

die redaktionell-technische Ausgestaltung (insbesondere Anordnung und Umbruch) des Textteils besorgt und/oder

        

4.   

diese Tätigkeiten koordiniert.“

5

Am 10. Mai 2007 erklärte sich die Beklagte mit einer Teilzeittätigkeit der Klägerin im Umfang von 30 Stunden je Woche während der Elternzeit einverstanden. Mit Schreiben vom 22. Mai 2007 unterrichtete die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat über die beabsichtigte Versetzung der Klägerin mit Wirkung ab 19. Juni 2007. Der Betriebsrat äußerte hiergegen schriftlich am 25. Mai 2007 Bedenken. Mit Schreiben vom 30. Mai 2007 versetzte die Beklagte die Klägerin mit Wirkung vom 19. Juni 2007 in die Service- und [X.] „für alle dort produzierten Objekte“.

6

Bereits Ende März 2007 war der Betriebsrat über die geplante Versetzung von 51 Mitarbeitern in die Service- und [X.] informiert worden. Die Klägerin wurde nach mehreren Gesprächen dem Team Entwicklung zugeteilt. Dort sollte sie mit zwei weiteren Redakteurinnen und einem Teamleiter eine Gesundheitsbeilage entwickeln. Zuletzt waren in der Service- und [X.] noch maximal 37 Mitarbeiter beschäftigt.

7

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Versetzung in die Service- und [X.] und verlangt ihre Beschäftigung als Redakteurin in der Redaktion Reise/Stil.

8

Sie hat die Auffassung vertreten, die Versetzung sei unwirksam. Sie sei nicht vom Direktionsrecht der [X.] umfasst. Seit dem 25. Febr[X.]r 2007 sei kein von ihr verfasster Text mehr veröffentlicht worden. Die Weisung, „Dummies“ herzustellen, sei unbillig. Im Übrigen gehe es der [X.] um Personalabbau. Ursprünglich habe die Beklagte die Absicht gehabt, bis zu 99 Redakteurinnen und Redakteure aus ihren jeweiligen Redaktionen herauszuziehen und in die Service- und [X.] zu versetzen. Von den betroffenen 57 Redakteuren habe sie zehn Redakteure mit Aufhebungsverträgen ausscheiden lassen. Es hätten dann 47 Redakteure ihre Versetzung erhalten. Inzwischen hätten weitere fünf Redakteure Aufhebungsverträge geschlossen. Ein Mitarbeiter sei im Rahmen der Altersteilzeit seit März 2008 nicht mehr tätig. Vier weitere Mitarbeiter würden an andere Ressorts der [X.] ausgeliehen. Es seien deshalb nur noch 36 Redakteure in der Service- und [X.] tätig. Eine ernsthafte redaktionelle Tätigkeit habe es in der Service- und [X.] jedenfalls im Bereich der Entwicklung der Gesundheitsbeilage nicht gegeben.

9

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die von der [X.] mit Schreiben vom 30. Mai 2007 angeordnete Versetzung unwirksam ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Redakteurin im Ressort Stil/Kunstmarkt/Reise der Redaktion [X.]/[X.] KOMPAKT/ [X.] am [X.]/[X.] ([X.]) zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Tätigkeit der Klägerin in der Service- und [X.] handele es sich auch um eine Redakteurstätigkeit im Sinne des Arbeitsvertrags. Gemäß der Protokollnotiz zu § 1 [X.] reiche es aus, wenn der Redakteur seine Arbeit zur Veröffentlichungsreife bringe. Es sei nicht erforderlich, dass der Beitrag auch veröffentlicht werde. Die Beklagte verspreche sich mit der Service- und [X.] den Eintritt in bestimmte Marktsegmente. Sie wolle sich im Markt mit neuen Objekten positionieren, in denen Wettbewerber bereits länger aktiv seien. Die Service- und [X.] sei deshalb nicht nur zum Schein zum Zweck des Personalabbaus gegründet worden. Die Klägerin sei auch nicht deswegen versetzt worden, weil sie einen Antrag auf Elternzeit gestellt habe. Bei der Auswahl der zu versetzenden Redakteure hätten weder Alters- oder Leistungs- noch Schwerbehinderungsgründe eine Rolle gespielt. Alle Redakteure seien grundsätzlich gleich geeignet für kreative Entwicklungstätigkeit. Sie habe bei der Auswahl die jeweiligen Ressortleiter befragt, welche Mitarbeiter für den Aufbau der Service- und [X.] zur Verfügung gestellt werden könnten, ohne dass die Berichterstattung in dem Ressort leide. Die Service- und [X.] produziere,

        

-       

den Veranstaltungsteil „[X.]“, der in der [X.] erscheine,

        

-       

die Reportageseite der [X.],

        

-       

die etwa zweimonatig erscheinenden [X.],

        

-       

die Beilage „Gesund“, die Anfang September 2008 erscheinen werde,

        

-       

das Magazin „[X.] Wirtschaft“ und

        

-       

sei zuständig für die Produktion von Bezirksbeilagen.

Von den 49 in die Service- und [X.] versetzten Mitarbeitern seien noch 37 Mitarbeiter dort beschäftigt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat der Klage auf die Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Entscheidungsgründe

A. Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist begründet.

I. Die Versetzung der Klägerin von der Redaktion Reise/Stil in die Service- und [X.] für alle dort produzierten Objekte mit Wirkung vom 19. Juni 2007 ist unwirksam.

1. Die Beklagte war nicht kraft Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 [X.] iVm. § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags berechtigt, die Klägerin in die Service- und [X.] zu versetzen.

a) Das Direktionsrecht der Beklagten zur Änderung der Arbeitsaufgabe folgt aus § 106 Satz 1 [X.]. Danach kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

b) Das [X.] hat angenommen, die Zuweisung der Tätigkeit in der Service- und [X.] sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten umfas[X.] Die Tätigkeit der Entwicklung einer Beilage entspreche nicht der Tätigkeit eines Redakteurs in einem Ressort einer Tageszeitung. Das hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Prüfung stand. Die Beklagte durfte der Klägerin nur Redakteurstätigkeiten in einem anderen Ressort einer Tageszeitung zuweisen.

c) Nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags schuldet die Klägerin die Tätigkeit einer Tageszeitungsredakteurin. Die Revision beruft sich ohne Erfolg darauf, die Tätigkeit in der Redaktion einer Tageszeitung sei dort nicht ausdrücklich genannt. Die Beschränkung auf redaktionelle oder journalistische Aufgaben in der Redaktion einer Tageszeitung folgt aus der Auslegung des Arbeitsvertrags.

aa) Das [X.] hat den Arbeitsvertrag nicht ausgelegt. Das ist fehlerhaft; denn § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags bedarf der Auslegung unter Beachtung der Grundsätze, die für die Auslegung allgemeiner Vertragsbedingungen gelten.

Der Inhalt des Arbeitsvertrags ist von der Arbeitgeberin vorformuliert. Das ergibt sich schon aus dem Erscheinungsbild. Der Vertrag enthält über die persönlichen Daten der Klägerin hinaus keine individuellen Besonderheiten. Er ist auf die Verwendung für eine unbestimmte Vielzahl angelegt. Den Inhalt solcher Musterverträge darf das Revisionsgericht uneingeschränkt nach §§ 133, 157 BGB auslegen(für die [X.] Rspr. [X.] 19. Mai 2009 -  9 [X.]/08  - Rn. 42, [X.] § 6 Nr. 5 ).

bb) Verträge sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war( [X.] 15. September 2009 - 9 [X.] - Rn. 43, EzA [X.] § 106 Nr. 4; 3. April 2007 -  9 [X.]  - Rn. 48, [X.] 122, 33 ) .

cc) Aus der Gesamtheit der arbeitsvertraglichen Regelungen wird deutlich, dass die Klägerin als Tageszeitungsredakteurin tätig werden sollte.

Nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags soll die Klägerin in der Redaktion „[X.]“ tätig sein. Dabei handelt es sich um eine Tageszeitung. Nach § 3 des Arbeitsvertrags erfolgte die Einstufung der Klägerin in die [X.] des Gehaltstarifvertrags für Redakteure an Tageszeitungen. Gemäß § 8 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags soll § 18 [X.](Urheberrechtsregelung) Anwendung finden. Nach § 2 des Arbeitsvertrags verpflichtete sich die Klägerin, die für die Tageszeitung „[X.]“ geltenden Richtlinien („grundsätzliche Haltung“) einzuhalten. Dazu sind regelmäßig nur Redakteure verpflichtet.

d) Die Versetzung in die Service- und [X.] unterliegt auch unter Berücksichtigung der Klausel in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags nicht dem Direktionsrecht der Beklagten nach § 106 Satz 1 [X.]. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob diese Klausel einer Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB standhält.

aa) Die Beklagte hat sich die Zuweisung anderer „redaktioneller oder journalistischer Aufgaben, auch an anderen Orten und bei anderen Objekten“ in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags vorbehalten. Die Zuweisung der Tätigkeit in der Service- und [X.] ist keine andere redaktionelle Aufgabe eines Redakteurs bei anderen Objekten im Sinne dieser arbeitsvertraglichen Regelung.

(1) Nach allgemeinem Verständnis ist es die Aufgabe des Redakteurs, aus der Fülle von Informationen, die für die Leser, Zuhörer oder Zuschauer bedeutsamen Beiträge für die nächste Ausgabe/Sendung aufzubereiten(vgl. Berufenet der [X.] - Redakteur). Er erstellt somit Beiträge, die zur [X.] bestimmt sind. Dieses Verständnis der Aufgaben eines Redakteurs wird durch die Protokollnotiz zu § 1 [X.] bestätigt. Danach ist Redakteur, wer an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmäßig mitwirkt. Der [X.] findet zwar nicht insgesamt auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Aus der im Arbeitsvertrag vereinbarten Eingruppierung der Klägerin in die Gehaltsgruppe III a des Gehaltstarifvertrags für Redakteure an Tageszeitungen folgt aber, dass die Klägerin als Redakteurin iSd. der Definition des [X.] tätig werden sollte. Zudem berief sich die Beklagte im Rahmen der Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 99 [X.] darauf, die neue Tätigkeit entspreche der Tätigkeit einer Redakteurin gemäß der Protokollnotiz zum [X.].

(2) Nach den Feststellungen des [X.]s hatte die Klägerin als Entwicklungsredakteurin nicht die Aufgabe, zu veröffentlichende Beiträge redaktionell zu bearbeiten. Sie sollte vielmehr im Team ein neues „Objekt“ konzipieren. Die hierfür zu erstellenden Beiträge([X.], „Dummies“) sollten nicht veröffentlicht werden. Es wurden überwiegend Blindtexte verwendet, um zunächst Format und Layout zu entwickeln. Soweit die Revision rügt, das [X.] habe übersehen, dass in der Entwicklungsphase ein vollständig ausgearbeitetes Objekt erstellt werden müsse, bestätigt dies die Feststellungen des [X.]s. Während der Entwicklungsphase werden nur [X.] verfasst, die nicht zur [X.] bestimmt waren. Dass am Ende der Entwicklung möglicherweise veröffentlichungsreife Objekte erarbeitet wurden, ändert nichts an der fehlenden Bestimmung zur [X.] während der auf unbestimmte [X.]dauer angelegten Entwicklungsphase. Zudem ist nach Abschluss der Entwicklung nicht gewährleistet, dass das neue Objekt überhaupt vermarktet wird.

Die zugewiesene Tätigkeit in der Service- und [X.] ist deshalb keine Tätigkeit als Redakteurin iSd. [X.] gemäß § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags. Die Klausel nach § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags berechtigt die Beklagte nur, dem Redakteur andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben zu übertragen. Dazu reicht es entgegen der Auffassung der Revision nicht aus, dass die neue Aufgabe redaktioneller Natur ist, also eigene oder Beiträge Dritter bearbeitet werden. Die Beiträge müssen zumindest zur [X.] bestimmt sein. Ob sie dann tatsächlich veröffentlicht werden, bleibt der Entscheidung der Redaktion oder der Redaktionsleitung überlassen. Diese Bestimmung zur [X.] fehlt für die Beiträge aus der [X.]. Sie dienten nur Test- und Entwicklungszwecken. Die Klägerin wurde damit rechtswidrig auf unabsehbare [X.] aus der aktuellen Berichterstattung herausgenommen. Der [X.] muss nicht entscheiden, ob eine zeitlich befristete Übertragung von Entwicklungsaufgaben vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst sein kann. Die streitige Versetzung erfolgte ohne zeitliche Beschränkung der Entwicklungsaufgabe. Es war auch nicht zeitlich absehbar, wann und ob überhaupt ein entwickeltes Objekt auf dem Markt erscheinen würde.

bb) Die in der Service- und [X.] zu bearbeitenden „Objekte“ sind auch keine „anderen Objekte“ iSd. arbeitsvertraglichen [X.].

Objekt ist das zur [X.] bestimmte Werk, für das der Redakteur Beiträge zu liefern hat. Das ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags. Soweit § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags das Direktionsrecht des Verlags auf Aufgaben auch an anderen Objekten erweitert, wird deutlich, dass die vereinbarte Aufgabe in der Redaktion „[X.]“ ein Objekt bezeichnet. Objekte sind deshalb die verschiedenen veröffentlichten Verlagsprodukte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klausel damit das Direktionsrecht auf dem Objekt „[X.]“ vergleichbare Produkte und damit auf Tageszeitungen beschränkt, wie das [X.] annimmt. Objekte in diesem Sinne sind jedenfalls ausschließlich veröffentlichte Produkte, wie Tageszeitungen. Produkte, die noch entwickelt werden, sind lediglich mögliche künftige Objekte. Sie haben das Stadium eines Objekts noch nicht erreicht. Daher hat die Beklagte der Klägerin mit der Versetzung in die Service- und [X.] auch keine Tätigkeit bei einem anderen Objekt übertragen.

2. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Versetzung der Klägerin in die Service- und [X.] billigem Ermessen nach § 106 Satz 1 [X.] entsprach.

II. Da die Versetzung unwirksam ist, muss die Beklagte die Klägerin wieder auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz vorbehaltlich einer wirksamen Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz beschäftigen. Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, der bisherige Arbeitsplatz sei nicht mehr vorhanden.

B. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Gallner    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Furche    

        

    Pielenz    

                 

Meta

9 AZR 3/09

23.02.2010

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 6. September 2007, Az: 66 Ca 9892/07, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 106 S 1 GewO, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.02.2010, Az. 9 AZR 3/09 (REWIS RS 2010, 9080)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9080

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