Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.08.2012, Az. 4 StR 226/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 4109

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Gegenstand

Einschleusen von Ausländern: Voraussetzungen einer unerlaubten Einreise


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. Februar 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte im Fall II. 5 der Urteilsgründe wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern verurteilt worden ist,

b) im Gesamtstrafenausspruch.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern, versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern, bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen und versuchten bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

[X.] hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil die Urteilsfeststellungen ein vollendetes gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern gemäß § 97 Abs. 2, § 96 Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 4, § 95 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht belegen.

3

Nach den Feststellungen schloss sich der Angeklagte einer Organisation in [X.] agierender [X.] Schleuser an, die eine Vielzahl von Personen in Lastkraftwagen illegal von [X.] nach [X.] verbrachten. Der Angeklagte beteiligte sich an den Schleusungen durch das Anwerben von Fahrern, für das er 500 € je Vermittlung erhielt. Im Fall II. 5 der Urteilsgründe fuhr ein vom Angeklagten angeworbener Fahrer mit einem am 6. April 2010 angemieteten Lastkraftwagen, auf dessen Ladefläche hinter einer Trennwand sich 16 Personen aus verschiedenen nichteuropäischen Ländern befanden, die nach [X.] geschleust werden sollten, nach [X.]. Die zu [X.] Personen wurden am 10. April 2012 in [X.] auf der Ladefläche entdeckt. Diese Sachverhaltsfeststellungen lassen die nicht fernliegende Möglichkeit offen, dass die im Fahrzeug versteckten Personen anlässlich der Grenzkontrolle im Fährhafen von [X.] festgestellt wurden. In diesem Fall wäre eine Zuwiderhandlung gegen Rechtsvorschriften über die Einreise von Ausländern nach [X.], die im Sinne des § 96 Abs. 4 Nr. 1 [X.] einer unerlaubten Einreise nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entspricht, noch nicht gegeben. Denn eine Einreise gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 3 [X.] liegt nach der Regelung des § 13 Abs. 2 [X.] erst dann vor, wenn der eine zugelassene Grenzübergangsstelle nutzende Ausländer die Grenze überschritten und die Grenzübergangsstelle passiert hat. Letzteres setzt das räumliche Verlassen der Kontrollstelle voraus (vgl. [X.], MünchKomm-StGB, § 95 [X.] Rdn. 41 mwN). Wird die vom Täter unter Verwirklichung von [X.] geförderte unerlaubte Einreise nicht vollendet, kommt nur eine Strafbarkeit wegen versuchten Einschleusens in Betracht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 6. Juni 2012 - 4 StR 144/12, [X.]. 4; vom 12. September 2002 - 4 [X.], NJW 2002, 3642, 3643; vom 5. September 2001 - 3 [X.], [X.], 33, 34).

4

Die [X.] entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.

Mutzbauer     

Rin[X.] Roggenbuck ist infolge
Urlaubs ortsabwesend und daher
an der Unterschriftsleistung
verhindert.

[X.]

Mutzbauer

Schmitt     

     Bender     

Meta

4 StR 226/12

01.08.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Arnsberg, 8. Februar 2012, Az: II-2 KLs 342 Js 547/10 - 28/11

§ 13 Abs 2 AufenthG, § 95 Abs 1 Nr 3 AufenthG, § 96 Abs 1 Nr 1 Buchst a AufenthG, § 96 Abs 4 AufenthG, § 97 Abs 2 AufenthG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.08.2012, Az. 4 StR 226/12 (REWIS RS 2012, 4109)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4109

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4 StR 144/12

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