Bundessozialgericht, Urteil vom 28.03.2019, Az. B 10 EG 8/17 R

10. Senat | REWIS RS 2019, 8765

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Elterngeld - Berechnung - mehrmaliger Steuerklassenwechsel im Bemessungszeitraum - Maßgeblichkeit der am längsten gültigen Steuerklasse - Gesetzeszweck - Referenzprinzip - Verwaltungsvereinfachung


Leitsatz

Bei mehrmaligem Wechsel eines Abzugsmerkmals im Bemessungszeitraum ist der Elterngeldberechnung dasjenige Merkmal zugrunde zu legen, das in mehr Monaten gegolten hat als jedes andere Merkmal für sich genommen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 12. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld für ihren im Februar 2016 geborenen Sohn.

2

Vor der Geburt ihres [X.] bezog die Klägerin ausschließlich Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Von Dezember 2014 bis [X.]ai 2015 war sie in die Steuerklasse 1 eingereiht, im Juni und Juli 2015 in die Steuerklasse 4 und danach in die Steuerklasse 3. Von Dezember 2015 bis April 2016 zahlte ihre gesetzliche Krankenkasse ihr [X.]utterschaftsgeld.

3

Die ursprünglich zuständige Stadt [X.]. (zukünftig [X.]) bewilligte ihr Basiselterngeld für den ersten und zweiten Lebensmonat sowie Elterngeld Plus für den vierten bis zum 23. Lebensmonat ihres [X.]. Dabei legte sie als Bemessungszeitraum die [X.]onate Dezember 2014 bis November 2015 zugrunde. Die Abzüge für Lohnsteuer vom Einkommen im Bemessungszeitraum berechnete sie nach Steuerklasse 1 und rechnete [X.]utterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss auf das Elterngeld an (Bescheid vom 22.3.2016).

4

[X.]it ihrem Widerspruch begehrte die Klägerin Elterngeld Plus für den 24. anstatt den 10. Lebensmonat. Außerdem sei der Elterngeldberechnung die Steuerklasse 3 zugrunde zu legen, weil sie im letzten [X.]onat des [X.] gegolten habe. Die Stadt [X.] half dem Widerspruch nur hinsichtlich des Wechsels des Auszahlungsmonats ab (Bescheid vom 5.4.2016). Im Übrigen sind Widerspruch, Klage und Berufung ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom [X.], [X.] vom 24.10.2016, L[X.] vom 12.5.2017). Das [X.] hat ausgeführt, der Berechnung des [X.] sei die Steuerklasse 1 zugrunde zu legen. Bei mehrfachem Steuerklassenwechsel seien die jeweiligen Geltungszeiträume der Steuerklassen miteinander zu vergleichen. Die vom Gesetz beabsichtigte Verwaltungsvereinfachung zwinge nicht dazu, stets auf die Bescheinigung des letzten [X.]onats abzustellen. § 2c [X.] Bundeselterngeld- und [X.] ([X.]) diene dazu, die vorgeburtlichen Einkommensverhältnisse möglichst genau abzubilden (Hinweis auf Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R).

5

[X.]it ihrer Revision macht die Klägerin geltend, aus § 2c [X.] [X.] ergebe sich [X.], dass ein Überwiegen im Sinne der Norm nur bei einer mindestens 7-monatigen Geltung des abweichenden früheren Abzugsmerkmals angenommen werden könne. Das [X.] habe das [X.] zwischen [X.] und 2 von § 2c Abs 3 [X.] und den vorrangigen Gesetzeszweck der Verwaltungsvereinfachung verkannt.

6

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbegründung sinngemäß,
die Urteile des [X.] vom 12. [X.]ai 2017 und des [X.] vom 24. Oktober 2016 aufzuheben sowie

den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 22. [X.]ärz 2016 in Gestalt des Teilabhilfebescheids vom 5. April 2016 und des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2016 zu verurteilen, der Klägerin für den 2. Lebensmonat ihres Kindes Elterngeld in Höhe von 123,01 Euro und für den 4. bis 9. sowie 11. bis 24. Lebensmonat von jeweils 691,87 Euro zu zahlen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er beruft sich auf die Gründe des angefochtenen Berufungsurteils.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 [X.] SGG). Sie hat keinen Anspruch auf höheres als das ihr gewährte Elterngeld, das vielmehr unter Zugrundelegung der richtigen Steuerklasse berechnet worden ist.

[X.] ist zulässig, insbesondere statthaft, weil sie mit dem noch begehrten Elterngeld und Elterngeld Plus der Klägerin eine laufende Leistung für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 [X.] SGG). Die Klage ist ebenfalls zulässig. [X.]it ihrer kombinierten und bezifferten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 [X.] und [X.]) begehrt die Klägerin zulässigerweise eine Änderung des angefochtenen Leistungsbescheides sowie höheres Elterngeld unter Zugrundelegung einer für sie günstigeren Steuerklasse.

Die zulässige Klage ist aber unbegründet. Sie richtet sich nach dem Umzug der Klägerin während des Berufungsverfahrens und dem dadurch erfolgten [X.] gegen den richtigen Beklagten, der durch einen [X.] kraft Gesetzes in das Verfahren eingetreten ist (vgl Senat Teilurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - Juris RdNr 18 mwN; zur Übertragung der Aufgaben nach dem [X.] in [X.] auf die [X.] und kreisfreien Städte vgl BSG Urteil vom [X.] EG 8/08 R - [X.], 291 = [X.] 4-7837 § 2 [X.], RdNr 19 ff mwN).

Die Klägerin erfüllt die Grundvoraussetzungen des [X.]s (1.). Höheres Elterngeld kann sie trotzdem nicht verlangen, weil der Berechnung der richtige Bemessungszeitraum zugrunde gelegt (2.), ihr Einkommen im Bemessungszeitraum richtig - insbesondere unter Zugrundelegung der zutreffenden Steuerklasse - ermittelt (3.) und das Elterngeld auf dieser Grundlage zutreffend berechnet (4.) worden ist.

1. Der Klägerin steht für die von ihr zuletzt beantragten Lebensmonate (2., 4. bis 9. und 11. bis 24. Lebensmonat) dem Grunde nach Elterngeld für die Betreuung und Erziehung ihres [X.] zu. Ihr Anspruch richtet sich nach den Vorschriften des [X.] in der ab 1.1.2015 gültigen Fassung vom [X.] ([X.]). Sie erfüllt danach die Grundvoraussetzungen für die Anspruchsgewährung aus § 1 [X.] [X.]. Wie von § 1 [X.] Nr 1 bis 4 [X.] vorausgesetzt, hatte sie im Bezugszeitraum des [X.] ihren Wohnsitz in [X.], lebte in einem Haushalt mit ihrem [X.], den sie selbst betreute und erzog, und übte keine Erwerbstätigkeit aus. Das ergibt sich aus den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG).

2. Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c [X.] vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem [X.]onat der Geburt des Kindes maßgeblich (§ 2b [X.] [X.]). Als Bemessungszeitraum für das Elterngeld der Klägerin hat die Stadt [X.] zutreffend die [X.]onate Dezember 2014 bis November 2015 zugrunde gelegt. Die beiden folgenden [X.]onate Dezember 2015 und Januar 2016 bleiben danach unberücksichtigt, weil die Klägerin (zweifelsfrei nur) in diesen [X.]onaten [X.]utterschaftsgeld nach dem [X.] bezogen hat (§ 2b [X.] [X.] Var 3 [X.]).

3. Die Stadt [X.] hat das Einkommen der Klägerin aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum richtig ermittelt; vor allem hat sie dem dabei vorzunehmenden Steuerabzug zutreffend die Steuerklasse 1 zugrunde gelegt, weil diese in der überwiegenden Zahl der [X.]onate des [X.] gegolten hat.

Nach § 2 Abs 1 [X.] wird Elterngeld bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle [X.]onate ohne Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Es beläuft sich für Einkommen aus Erwerbstätigkeit zwischen 1000 Euro und 1200 Euro vor der Geburt des Kindes auf 67 Prozent; für Einkommen in anderer Höhe ergeben sich abweichende [X.] nach [X.]aßgabe der gleitenden Skala des § 2 Abs 2 [X.], für die Klägerin beträgt die Ersatzrate 65 Prozent.

Wie § 2 Abs 1 S 3 Nr 1 [X.] weiter bestimmt, errechnet sich das für den [X.] der Klägerin maßgebliche Einkommen nach §§ 2c bis 2f [X.] aus der Summe ihrer positiven Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 [X.] [X.] Einkommensteuergesetz (EStG), die sie durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b [X.] hatte und im Inland versteuern musste. Zu vermindern ist diese Summe um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben. Die Beteiligten streiten insoweit lediglich um die Bestimmung der zutreffenden Steuerklasse für den Steuerabzug, weil für die Klägerin im Bemessungszeitraum nacheinander drei verschiedene Steuerklassen gegolten haben.

Nach § 2c [X.] [X.] sind Grundlage der Ermittlung der zur Elterngeldberechnung erforderlichen [X.] für Steuern und Sozialabgaben die Angaben in der Lohn- und Gehaltsbescheinigung für den letzten [X.]onat im Bemessungszeitraum mit Einnahmen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. Für die Klägerin war dies der [X.]onat November 2015, in dem für sie die Lohnsteuerklasse 3 galt. Trotzdem ist der Berechnung ihres Elterngeldes die Lohnsteuerklasse 1 zugrunde zu legen. Das folgt aus § 2c [X.] [X.]. Soweit sich danach in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des [X.] eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal geändert hat, ist die von der Angabe für den letzten [X.]onat des [X.] abweichende Angabe maßgeblich, wenn sie in der überwiegenden Zahl der [X.]onate des [X.] gegolten hat.

So liegt es bei der Klägerin mit der Lohnsteuerklasse 1, in die sie für die sechs [X.]onate ab Beginn des [X.] eingereiht war. Die Antwort auf die Frage, ob ein Abzugsmerkmal in der überwiegenden Zahl der [X.]onate des [X.] gegolten hat, ergibt sich aus einer wertenden Vergleichsbetrachtung unter Berücksichtigung des Norminhalts (vgl Senatsurteil vom 13.12.2018 - B 10 EG 10/17 R - mwN Juris Rd[X.]2 ff mwN, zur [X.] vorgesehen in [X.] und [X.] 4-7837 § 2c [X.]). Bei einem mehrmaligen Wechsel eines Abzugsmerkmals gilt die abweichende Angabe überwiegend, wenn sie in mehr [X.]onaten gegolten hat, als jedes andere [X.]erkmal für sich genommen. In mehr als der Hälfte der [X.]onate des [X.] braucht sie nicht gegolten zu haben (ebenso die Richtlinien des [X.], Frauen und Jugend , Stand: 2/2018, [X.] ; zu deren Rechtscharakter s Senatsurteil vom [X.] - B 10 EG 4/12 R - [X.] 4-7837 § 1 [X.] RdNr 17). Das folgt aus Wortlaut und Systematik (a), sowie aus Sinn und Zweck von § 2c Abs 3 [X.], wie er sich aus der Entstehungsgeschichte ergibt (b).

a) Der Wortlaut lässt es zu, die Bestimmung der überwiegenden Zahl als Ergebnis des wertenden Vergleichs der Geltungsdauer (in [X.]onaten) verschiedener [X.] im Bemessungszeitraum zu verstehen (relative Betrachtungsweise). Denn im Wort "überwiegen" schwingt [X.] noch der Ausdruck überwägen und damit das Bild der Waage mit. Überwiegen kann daher verstanden werden als schwerer oder zahlreicher sein und dadurch den Ausschlag geben ([X.], [X.], 1956, 11. Band, 650 f) oder auch die größte Bedeutung haben und so den Charakter von etwas bestimmen und prägen ([X.], [X.], 3. Aufl 1999, [X.]). Anders als die Revision meint, erzwingt der Gesetzestext mit der Formulierung "eine Angabe zu einem Abzugsmerkmal" in der Einzahl kein Verständnis im Sinne eines numerischen Übergewichts von stets mindestens mehr als der Hälfte der [X.]onate des [X.] (absolute Betrachtungsweise). Indem das Gesetz unbestimmt von einer Angabe zu einem Abzugsmerkmal spricht, bezieht es vielmehr nach dem möglichen Wortverständnis auch die mehrfache Änderung derselben Angabe in den Anwendungsbereich ein, ebenso wie den Wechsel mehrerer Angaben. Wie zudem § 2c [X.] iVm § 2c [X.] [X.] zeigt, sind [X.]onate des [X.] ohne Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit von vornherein keine Zählmonate. Daher kann selbst die Geltung eines Abzugsmerkmals in nur sechs [X.]onaten zu einem zahlenmäßig absoluten Überwiegen führen, wie es die Revision abstrakt verlangt, aber erst ab einer Geltung in mehr als der Hälfte der [X.]onate des [X.] konkret bejaht.

b) Weitere Argumente für die relative Betrachtungsweise liefern Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat die Norm des § 2c [X.] [X.] als Teil einer umfassenden Neukonzeption der Elterngeldgewährung geschaffen. Das zum [X.] in [X.] getretene Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 ([X.] 1878) hat dafür die monatsweise Ermittlung des tatsächlichen Einkommens im Bemessungszeitraum durch die Berechnung eines fiktiven Einkommens ersetzt. Das Gesetz zielt - wie bereits sein Name ausdrückt - auf eine "erhebliche Vereinfachung" des Elterngeldvollzugs ab, vor allem der aufwändigen Einkommensermittlung des bis dahin geltenden Rechts (vgl Gesetzentwurf des Bundesrates, BT-Drucks 17/1221 [X.]). Dazu dient primär die weitere Pauschalierung von Abzügen für Steuern und Abgaben (aaO [X.]). Während Werbungskosten im Elterngeld immer schon pauschaliert abgezogen wurden (vgl § 9a [X.] Nr 1 Buchst a EStG), war der Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen noch anteilig für den jeweiligen [X.]onat zu ermitteln (vgl § 2 Abs 7 [X.] in der bis zum 17.9.2012 geltenden Fassung; zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des [X.] in [X.]/[X.], [X.]uSchG/[X.], § 2c [X.] Rd[X.], Stand Einzelkommentierung Juli 2018).

Seit der hier einschlägigen Neuregelung legt das [X.] die [X.]erkmale für den pauschalierten Abzug von Steuern und Sozialabgaben dagegen einheitlich für den gesamten Bemessungszeitraum fest. Zu diesem Zweck ordnet § 2c [X.] [X.] als Regel den Rückgriff auf die Entgeltdaten im letzten [X.]onat des [X.] mit Einnahmen nach Abs 1 der Vorschrift an. Die auf diese Weise angestrebte Verwaltungsvereinfachung (vgl BT-Drucks 17/9841 [X.]) darf aber im Rahmen der Gesetzessystematik nicht isoliert betrachtet und verabsolutiert werden. Vielmehr bleibt es gleichzeitig Ziel des [X.], das wegfallende Einkommen des Elterngeldberechtigten im Bemessungszeitraum im Rahmen der angestrebten Verwaltungsvereinfachung möglichst verlässlich und realitätsgetreu abzubilden. Dies folgt aus der sogenannten Bezugs- oder Referenzmethode, die seit jeher der Einkommensberechnung im Elterngeld zugrunde liegt (vgl Senatsurteil vom 14.12.2017 - B 10 EG 7/17 R - [X.] 125, 62 = [X.] 4-7837 § 2c [X.], Rd[X.]4 mwN). Diese [X.]ethode setzt maßgeblich das wesentliche Ziel des [X.] um, das zuletzt (vor der Geburt des Kindes) dem Lebensunterhalt dienende und aufgrund der Kinderbetreuung wegfallende Einkommen teilweise zu ersetzen. Deshalb sind seiner Berechnung die Einkünfte zugrunde zu legen, die während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor der Geburt den Lebensstandard des Elterngeldberechtigten geprägt haben (Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 2/09 R - [X.] 4-7837 § 2 [X.] RdNr 35). Dieses wesentliche Gesetzesziel erfordert unbeschadet der angestrebten Verwaltungsvereinfachung eine möglichst genaue Abbildung der vorgeburtlichen Einkommensverhältnisse. Dem trägt § 2c [X.] [X.] Rechnung. Ändert sich danach ein Abzugsmerkmal im Bemessungszeitraum, stellt das Gesetz auf das [X.]erkmal ab, das durch seine Geltung in der überwiegenden Zahl der [X.]onate den Bemessungszeitraum - im Vergleich zu anderen [X.]erkmalen - am stärksten geprägt hat. Das gemessen daran nachrangige Ziel der Verwaltungsvereinfachung stellt § 2c [X.] [X.] insoweit hintan, was die Revision verkennt. § 2c [X.] [X.] ist deshalb keine zwangsläufig eng auszulegende Ausnahmevorschrift, sondern vor allem eine systematisch notwendige Ergänzung und Korrektur von § 2c [X.] [X.]. Denn nur so lässt sich ein annähernd zutreffendes verfügbares vorgeburtliches Einkommen ermitteln, wenn der Rückgriff auf das letzte Abzugsmerkmal die wirtschaftlichen Verhältnisse des Elterngeldberechtigten im Bemessungszeitraum nicht ausreichend realistisch darstellt und sich ein überwiegendes anderes [X.]erkmal feststellen lässt (vgl Senatsurteil vom 13.12.2018 - B 10 EG 10/17 R - Rd[X.]6 ff mwN, zur [X.] vorgesehen in [X.] und [X.] 4-7837 § 2c [X.]).

Abweichend von dem Abzugsmerkmal im letzten [X.]onat des [X.] nach § 2c [X.] [X.] ist deshalb ein anderes Abzugsmerkmal heranzuziehen, wenn es in mehr [X.]onaten gegolten hat als jedes andere [X.]erkmal für sich genommen. Denn dann hat es die vorgeburtliche Einkommenssituation im Vergleich zu den anderen [X.]erkmalen am stärksten geprägt. In dieser Konstellation hat es im [X.] in wertender Betrachtung überwogen, dh in der überwiegenden Zahl der [X.]onate des [X.] gegolten (aA Schnell in Tillmanns/[X.]utschler, [X.]uSchG, [X.], 2. Aufl 2018, § 2c [X.] Rd[X.]5 mwN; [X.]/[X.], [X.], Stand Dezember 2018, § 2c [X.] Rd[X.]1; [X.] in [X.]/[X.]andalka, [X.], 6. Aufl 2018, § 2c [X.] RdNr 8 mwN).

So liegt es bei der Klägerin mit der Eintragung der Steuerklasse 1. Diese Steuerklasse hat für sie in sechs von zwölf [X.]onaten des [X.], die Steuerklasse 3 dagegen nur in vier [X.]onaten gegolten. Die Steuerklasse 3 hat daher ihr Einkommen im Bemessungszeitraum weniger stark geprägt als die Steuerklasse 1. Noch weniger prägend war die Steuerklasse 4 mit zwei [X.]onaten Geltungsdauer. Die Steuerklasse 3 darf der Einkommensberechnung daher nicht zugrunde gelegt werden. Ebenso wenig geht es an, die unterschiedlichen Steuerklassen 4 und 3 als Einheit zu bewerten und als prägend für das zu ersetzende Einkommen der Klägerin anzusehen. Das Steuerrecht kennt keine solche gemischte Steuerklasse.

4. Der Beklagte hat zutreffend die Steuerklasse 1 als maßgeblich für die Ermittlung des [X.] vom Einkommen der Klägerin im Bemessungszeitraum angesehen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dieses [X.]erkmal unrichtig angewandt oder sonst das Elterngeld der Klägerin falsch berechnet worden wäre.

Höheres Elterngeld steht der Klägerin insgesamt nicht zu, weshalb ihre Revision zurückzuweisen war.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Meta

B 10 EG 8/17 R

28.03.2019

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: EG

vorgehend SG Düsseldorf, 24. Oktober 2016, Az: S 36 EG 40/16, Urteil

§ 2b Abs 1 S 1 BEEG, § 2c Abs 3 S 1 BEEG, § 2c Abs 3 S 2 BEEG, § 38b Abs 1 EStG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.03.2019, Az. B 10 EG 8/17 R (REWIS RS 2019, 8765)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8765

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

L 11 EG 506/20 (Landessozialgericht Baden-Württemberg)


B 10 EG 10/17 R (Bundessozialgericht)

Elterngeld - Einkommensberechnung - nichtselbständige Tätigkeit - Abzüge für Sozialabgaben - Änderung von Abzugsmerkmalen - …


S 46 EG 93/15 (SG München)

Elterngeldrecht - Nachweis des Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit


L 9 EG 38/15 (LSG München)

Abzug von Steuern und Sozialabgaben bei der Bildung des Elterngeld-Netto


B 10 EG 4/15 R (Bundessozialgericht)

Elterngeld - Einkommensermittlung - vorgeburtliche Einkünfte - Mischeinkommen aus nichtselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit - Bemessungszeitraum …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.