Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2013, Az. XII ZB 242/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6338

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/09

vom

24. April 2013

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 580 Nr. 7 b, 582
Ein Wiederaufnahmegrund nach §
580 Nr.
7
b ZPO liegt nicht vor, wenn der Antrag auf das Auffinden
einer Urkunde (hier: Auskunft zu [X.]) gestützt wird und der Betroffene die Möglichkeit hatte, bereits während des Ausgangsverfahrens von dem nach seiner Auffassung unzutreffenden Inhalt der dort vorgelegten Urkunde (Kopie aus [X.]) Kenntnis zu erlangen.

[X.], Beschluss vom 24. April 2013 -
XII [X.]/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 24. April 2013 durch
den Vorsitzenden
Richter Dose und [X.], Schilling,
Dr. Gün-ter und Dr. Botur
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der
Be-schluss des 3.
Senats
für Familiensachen
des [X.]i-schen Oberlandesgerichts vom 3.
Dezember
2009
aufgeho-ben.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen das Urteil des Amtsgerichts

[X.]

Potsdam vom 3.
April 2009 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
[X.]:
bis 600

Gründe:

I.

Die Antragstellerin
begehrt die Wiederaufnahme eines
Verfahrens über den Versorgungsausgleich.

1
-
3
-
Die [X.]en waren von 1963 bis 1993 miteinander verheiratet. Im Schei-dungsverfahren ist
das Verfahren über den Versorgungsausgleich zunächst abgetrennt und später gemäß §
2 [X.] ausgesetzt worden. [X.] wurde es wieder aufgenommen, weil die ausgleichsberechtigte Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) seit Oktober 2003 Altersrente bezieht. In jenem Ver-fahren machte der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) geltend, dass
der Versorgungsausgleich gemäß §
1587
c Nr.
1 BGB auszuschließen bzw. zu [X.] sei, weil seine Ehefrau ihn 1986 beim [X.] ([X.]) denunziert habe. Als Beleg dafür legte er die Kopie eines Aktenvermerks
des [X.] vom 22. September 1986 vor, den er bei seiner Akteneinsicht im Jahr 1993 beim [X.] [X.] der ehemaligen [X.] ([X.]) als "Seite 000035"
vorgefunden habe. Das Schriftstück hat folgenden Wortlaut:

"Nach einer Rücksprache mit der Ehefrau des F.

D.

am 21.09.1986 wurde festgestellt, dass D.

bereits in der Wohnung den Verdacht einer republikfeindlichen Kontaktaufnahme aufkommen ließ und seine Ehefrau deshalb, nachdem D.

die Wohnung am 17.9. gegen 20.00
Uhr verlassen hatte,

auf Grund ihrer fortschrittlichen Einstellung zur Deutschen Demokratischen Republik

sofort die Sicher-heitsorgane der [X.] benachrichtigte, um D.

an seinem Vorhaben zu hindern.
Auf Grund dieser Benachrichtigung konnte die Kontaktaufnahme ver-hindert und die Kontaktperson von den Sicherheitsorganen der [X.]
festgenommen werden."

Die Ehefrau bestritt die Vorwürfe, aufgeklärt wurde der Sachverhalt nicht. Am 19.
Mai 2004 schlossen die [X.]en vor dem Amtsgericht
2
3
-
4
-

[X.]

eine Vereinbarung, die überwiegend wegen des Vorwurfs der Denunziation und im Übrigen aufgrund ungeklärter Zeiten im Versicherungsver-lauf der Ehefrau eine pauschale Kürzung des Versorgungsausgleichs um ein Drittel vorsah. Entsprechend der Vereinbarung erließ das Amtsgericht am [X.] einen Beschluss, in dem es, bezogen auf das Ende der Ehezeit, an-gleichungsdynamische [X.] in Höhe von monatlich 98,55

(statt rechnerischer 147,83

Ehemanns auf das Konto der Ehefrau übertrug. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Als die Ehefrau später ebenfalls Einsicht beim [X.] über die sie betref-fenden Akten begehrte, erhielt sie die Auskunft, dass über sie keine Unterlagen vorlägen. Auf Nachfrage, was auf "Seite 000035"
der Unterlagen über den Ehemann stehe, wurde ihr mit Schreiben des [X.] vom 7.
April 2008 mitgeteilt, dass eine solche Seite "mit demselben Briefkopf und den gleichen Unterschrif-ten"
zwar vorhanden sei, im Übrigen aber vom 22.
September 1961 datiere,
einen anderen Inhalt habe und sie nicht betreffe.
Gestützt
auf diese Auskunft
begehrt die Antragstellerin die Wiederaufnahme des Verfahrens,
um die unge-kürzte Durchführung des Versorgungsausgleichs zu erreichen.

Das [X.] hat den Antrag der Ehefrau als Klage angesehen und diese durch Urteil

abgewiesen. Das als Berufung bezeichnete Rechtsmittel der Ehefrau hat das Beschwerdegericht als befristete Beschwerde behandelt; diese hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das [X.].

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des
Ehe-manns, der die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts begehrt.

4
5
6
-
5
-

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

Für das
Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 Satz
1 FGG-RG, §
48 Abs.
1 [X.] noch das bis August 2009 geltende Verfahrensrecht und materielle Recht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt einge-leitet worden ist (Senatsbeschlüsse vom 14.
März 2012

XII
ZB 436/11

FamRZ
2012, 856 Rn.
19 und vom 3.
November 2010

XII ZB 197/10

FamRZ 2011, 100 Rn.
9
f.).

1. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde gemäß §
621
e
Abs.
1 Satz
1 Nr.
1
ZPO zugelassen. Daran ist der Senat gebunden (§
621
e Abs.
1 Satz
1 i.V.m.
§
543 Abs.
2 Satz
2 ZPO).

2. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Vorliegend sei nicht die Berufung, sondern die befris-tete Beschwerde gemäß §
621
e ZPO der richtige Rechtsbehelf.
Nach dem [X.] der materiellen Rechtskraft komme nur eine Wiederaufnahme des Verfah-rens in entsprechender Anwendung der §§
578
ff. ZPO in Betracht. Aus der "entsprechenden"
Anwendung der Vorschriften in einem Verfahren der freiwilli-gen Gerichtsbarkeit folge unmittelbar, dass es sich bei dem "[X.]"
nicht um ein "Klageverfahren"
handeln könne, sondern ebenfalls um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handeln müsse, bei dem der statt-hafte Rechtsbehelf gegen die erstinstanzliche Endentscheidung die befristete Beschwerde nach §
621
e ZPO sei.
Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz habe die Ehefrau die erstinstanzliche Entscheidung auch mit dem Rechtsmittel 7
8
9
10
-
6
-
der Berufung anfechten dürfen, fortzuführen sei das Verfahren jedoch als Be-schwerdeverfahren.

Der
Ehefrau stehe der Wiederaufnahmegrund des §
580 Nr.
7
b
ZPO zur Seite. Als "Urkunde", die die Ehefrau "aufgefunden habe oder zu nutzen in den Stand gesetzt worden sei", komme nur die "Seite 000035"
der "[X.]"
des
Ehemanns in Betracht. Es dränge sich der
Schluss auf, dass von der dem Ehemann im Jahr 1993 durch den [X.] ausgehändigten Kopie dieser Seite
mit dem Aktenvermerk aus dem Jahr 1961
eine manipulierte Kopie angefertigt und im Ausgangsverfahren verwendet worden sei. Bei Kenntnis des tatsächlichen Inhalts
des Schriftstücks wäre die damalige Entscheidung anders ausgefallen.
Dabei könne dahinstehen, ob die Ehefrau den Ehemann tatsächlich denunziert habe. Entscheidend sei, dass es ohne die manipulierte Kopie keine greifbaren Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Behauptung gegeben hätte. Dann wäre wegen der Unklarheiten im Versicherungsverlauf der Antragstellerin allenfalls eine geringfügige Kürzung des Versorgungsausgleichs in Betracht gekommen, jedoch nicht eine solche um ein Drittel.

Nach der Rechtsprechung des [X.]s
sei eine [X.] zur Benut-zung einer ihr als vorhanden bekannten Urkunde schon dann in den Stand ge-setzt, wenn sie die Urkunde zu beschaffen und sich über ihren Inhalt zu unter-richten vermöge. Danach sei es ein praktisch unannehmbares Ergebnis, wenn die [X.] lediglich dadurch, dass sie sich über den Inhalt einer ihr bekannten und erlangbaren Urkunde nicht näher unterrichte, einen Wiederaufnahmegrund schaffen könne. Allenfalls dann, wenn die [X.] der Urkunde an sich so fern
liege
oder so wenig wahrscheinlich sei, dass mit ihr überhaupt nicht zu rechnen gewesen sei, könne
eine Wiederaufnahme erwogen werden,
dann aber eher als ein Fall des [X.] der Urkunde. Ein solcher Fall sei hier ge-11
12
-
7
-
geben.
Zwar habe die "[X.]"
der Urkunde auf der Hand
gelegen. Die Ehefrau habe auch

bei Unterstellung ihres Vortrags, den Ehemann nicht denunziert zu haben

gewusst, dass
die vorgelegte Kopie inhaltlich nicht den Tatsachen entsprochen habe.
Die Vorstellung, dass der anwaltlich vertretene Ehemann eine manipulierte Kopie in das Verfahren eingeführt haben könnte, habe aus der Sicht einer verständigen, sich in einem fair geführten Verfahren wähnenden [X.] aber so fern gelegen, dass die Ehefrau damit [X.] nicht habe rechnen können. Dies gelte umso mehr, als der Ehemann [X.] vorhandene Zweifel dadurch zerstreut habe, dass er ausdrücklich sein Einverständnis mit der Einsichtnahme in seine Akten erklärt habe. Aus Sicht der Ehefrau habe es keinen plausibleren "Beweis"
der Übereinstimmung von Kopie und Original geben können. Zudem sei allgemein bekannt, dass das, was in den Unterlagen des [X.] der ehemaligen [X.] dokumen-tiert sei, nicht immer den Tatsachen entspreche. Vor diesem Hintergrund habe die Vorstellung weit näher gelegen, dass es einen der Kopie entsprechenden Aktenvermerk tatsächlich
gegeben habe, auch wenn ihm kein reales Gesche-hen zugrunde
gelegen habe. Dies rechtfertige es ausnahmsweise, die Urkunde erst als in dem Moment aufgefunden anzusehen, in dem die Ehefrau von dem wahren Inhalt und damit von ihrer Relevanz für die Versorgungsausgleichsent-scheidung Kenntnis erlangt
habe. Das sei aber
erst lange nach Abschluss des Ausgangsverfahrens der Fall gewesen. Bei dieser
Sachlage könne es auch nicht als schuldhaft im Sinne des §
582 ZPO angesehen werden, dass die [X.] sich nicht schon während des Ausgangsverfahrens Gewissheit über den tatsächlichen Inhalt des Aktenvermerks verschafft habe.

3. Diese Ausführungen halten
einer rechtlichen Überprüfung nicht
in allen Punkten
stand.

13
-
8
-
a) Zutreffend hat das Beschwerdegericht allerdings das als "Berufung"
bezeichnete Rechtsmittel der Ehefrau als befristete Beschwerde ausgelegt und das Verfahren dementsprechend fortgeführt (vgl. Senatsbeschluss vom 29.
Februar 2012

XII
ZB 198/11

FamRZ 2012, 783 Rn.
12). Vorliegend han-delt es sich um eine Familiensache, die den Versorgungsausgleich betrifft (vgl. Senatsbeschluss vom 25.
Juni 1980

[X.]/80

FamRZ 1980, 989) und bei der gegen die
erstinstanzliche Entscheidung gemäß §
621
e Abs.
1 ZPO die Beschwerde und nicht die Berufung
statthaft ist.

b) Auch der rechtliche Ausgangspunkt, dass eine Korrektur
der
rechts-kräftigen
Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich im vorliegenden Fall nur im Wiederaufnahmeverfahren analog §§
578 ff. ZPO mög-lich ist, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbe-schlüsse
vom 25.
Mai 2005

XII
ZB
185/01
-
FamRZ 2005, 1467, 1468 f.; [X.]Z 89, 114
= FamRZ 1984, 159, 160; vom 25.
Juni 1980

IVb
ZB 625/80

FamRZ 1980, 989, 990 und vom 21.
April 1982

IVb
ZB 584/81

FamRZ 1982, 687, 688).

c) Ein Wiederaufnahmegrund entsprechend §
580 Nr.
7
b
ZPO liegt aber nicht vor. Nach dieser Bestimmung findet die Restitutionsklage statt, wenn die [X.] eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere
Entscheidung herbeigeführt haben würde.
[X.] handelt es sich zwar bei dem als "Seite 000035"
geführten
Auszug aus den [X.] des Ehemanns um eine Urkunde. Diese wurde jedoch im Sinne des Gesetzes weder aufgefunden noch wurde die Ehefrau zu ihrer Be-nutzung in den Stand gesetzt.
Die Antragstellerin war auch nicht ohne ihr [X.] außerstande, den [X.] in dem früheren Verfahren gel-tend zu machen.
14
15
16
-
9
-

aa) Unter einer Urkunde im Sinne der Zivilprozessordnung ist eine schriftlich verkörperte Gedankenerklärung zu verstehen ([X.]Z 65, 300 = NJW 1976, 294). Die Vorschrift des §
580 Nr.
7
b ZPO muss zwar nach ihrem Sinn einengend dahin ausgelegt werden, dass die Restitutionsklage nicht auf eine Privaturkunde gestützt werden kann, mit der durch die schriftliche Erklärung einer als Zeuge in Betracht kommenden Person der Beweis für die Richtigkeit der in der Erklärung bekundeten Tatsachen geführt werden soll (Senatsbe-schluss vom 29.
Februar
1984

[X.]/83

FamRZ 1984, 572
mwN und Senatsurteil [X.]Z 80, 389 = FamRZ 1981, 862, 863). Die hier maßgebliche Urkunde besitzt jedoch einen eigenständigen Beweiswert dahingehend, dass die "Seite 000035"
der [X.] nicht identisch mit der von ihm als Kopie zur Akte gereichten
Seite ist.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde handelt es sich deshalb nicht nur um eine schriftliche Erklä-rung einer als Zeuge
in Betracht kommenden Person.

bb) Die Ehefrau hat die Urkunde allerdings weder aufgefunden noch wurde sie zu ihrer Benutzung in den Stand gesetzt, §
580 Nr.
7
b
ZPO.

(1)
Aufgefunden wird eine Urkunde, wenn ihre Existenz oder ihr Verbleib der [X.] bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des [X.] bzw. bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist in diesem Verfahren
unbekannt war ([X.] Beschluss vom 11.
Mai 1999

[X.] [X.]98 B

juris Rn.
11; [X.] 1982, 60, 61; [X.]/[X.] ZPO 29. Aufl. § 580 Rn.
23;
[X.]/[X.] ZPO
5. Aufl. §
580 Rn.
12; Meller-Hannich in Prütting/Gehrlein ZPO
4. Aufl. §
580 Rn.
14; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] ZPO 71.
Aufl. § 580 Rn. 24; Musielak/Musielak ZPO 10.
Aufl. §
580 Rn.
22). Die 17
18
19
-
10
-
streitgegenständliche Urkunde an sich war der Ehefrau jedoch bekannt, ledig-lich ihr Inhalt weicht von dem seitens des Ehemanns behaupteten Inhalt ab.

(2) Ebenso wenig
wurde die Ehefrau zur Benutzung der Urkunde nach-träglich in den Stand gesetzt. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn einer [X.] die Urkunde bislang nicht zugänglich war, insbesondere wenn die Urkunde sich in Händen eines nicht vorlagebereiten bzw. vorlegungsverpflichteten Dritten befand (vgl. [X.] Beschluss vom 11.
Mai 1999

B
13 [X.]98 B

juris Rn.
11; [X.]/[X.] ZPO
5.
Aufl. §
580 Rn.
13; Meller-Hannich in Prüt-ting/Gehrlein ZPO 4.
Aufl. §
580 Rn.
14; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] ZPO 71.
Aufl. §
580 Rn.
24; [X.]/[X.] ZPO 29.
Aufl. §
580 Rn.
23; Musielak/Musielak ZPO 10.
Aufl. §
580 Rn.
22). Das ist hier nicht der Fall. Der Ehemann hatte
die Einsicht in seine [X.] gestattet, die Ehefrau hätte darauf auch

wie noch ausgeführt wird

Zugriff
haben können.

(a) Das [X.] hat allerdings entschieden, dass die Erheblichkeit von Urkunden für einen Rechtsstreit so fernliegen könne, dass sich von ihnen sagen lasse, sie seien erst neuerdings aufgefunden worden und auch ohne Verschulden der [X.] nicht auffindbar gewesen ([X.], 203, 207). Ob der
in Heranziehung dieser Rechtsprechung vom Beschwerdegericht bejahte Aus-nahmefall
dem Grunde nach anzuerkennen
ist, bedarf hier aber keiner Ent-scheidung (ebenso offengelassen in [X.] Urteil vom 21.
November 1961

VI
ZR 246/60

VersR 1962, 175). Denn die genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Erheblichkeit der Urkunde ergibt sich bereits daraus, dass sie im Ausgangsverfahren zentraler Verfahrensgegenstand und Grundlage für den zwischen den [X.]en geschlossenen Vergleich und die daran anknüpfende Kürzung des Anspruchs auf Versorgungsausgleich
der Ehefrau war. Die Erheblichkeit
entfällt nicht dadurch, dass die Ehefrau andere 20
21
-
11
-
Vorstellungen über den Inhalt der Urkunde hatte oder möglicherweise hierüber von dem Ehemann getäuscht wurde.

(b) Der Fall, dass eine [X.] über den Inhalt einer Urkunde vorsätzlich getäuscht wird, sei es auch
mittels einer

was hier nahe liegt

zu diesem Zweck angefertigten
Collage, wird bereits von §
580 Nr.
4 ZPO erfasst
und er-fährt in §
581 Abs.
1 ZPO weitreichende Einschränkungen, da unter anderem wegen einer Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen sein muss. [X.] Einschränkungen würden unterlaufen, wenn Fälle wie der
vorliegende
als Fallgruppe von §
580 Nr.
7
b
ZPO eingeordnet würden.
Erst recht kann es nicht auf die subjektive Vorstellung einer [X.] vom Inhalt oder von der Echtheit ei-ner Urkunde
ankommen.
Es entspricht dem in §§
580 ff.
ZPO zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, dem Betroffenen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen die Möglichkeit zu eröffnen, im Wege der Restitutionsklage die Rechtskraft einer auf fehlerhafter Grundlage beruhenden, ihn ohne sein [X.] unbillig belastenden Entscheidung zu beseitigen ([X.] Urteil vom 23.
Januar 1974

VIII
ZR 131/72

NJW 1974, 557
mwN). Die
Heranziehung subjektiver Vorstellungen einer [X.]
würde die objektiven Voraussetzungen des §
580 Nr.
7
b
ZPO um eine subjektive Komponente erweitern, die weit über das hinausginge, was das [X.] mit "fern liegender [X.]"
umschrieben hat.
Eine solche Ausdehnung des Anwendungsbereichs von §
580 Nr.
7
b
ZPO würde daher den Boden des Gesetzes verlassen und zudem in das vorliegende Versorgungsausgleichsverfahren eine Unsicherheit hineintragen, die mit dem Wesen der materiellen Rechtskraft unvereinbar wäre (vgl. Senats-beschluss [X.]Z 89, 114 = FamRZ 1984, 159, 160).

22
-
12
-
cc) Die
Ehefrau war auch nicht ohne ihr Verschulden außerstande, den [X.] in dem früheren Verfahren geltend zu machen, §
582 ZPO.

(1) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung schon des Reichsge-richts, dass insoweit an die Sorgfaltspflicht einer Prozesspartei strenge Anforde-rungen zu stellen sind und eine auch nur leicht fahrlässige Verletzung dieser Pflichten die Zulässigkeit einer späteren
Restitutionsklage ausschließt. Dabei ist der Restitutionskläger

unbeschadet der Verpflichtung des Gerichts zur Prü-fung von Amts wegen

für sein mangelndes Verschulden beweispflichtig ([X.] Urteil vom 23.
Januar 1974

VIII
ZR 131/72

NJW 1974, 557
mwN).

(2) Einer [X.] ist als Verschulden im Sinne des §
582 ZPO anzurech-nen, wenn sie es unterlassen hatte, die dem Gericht vorgelegten Akten einer Behörde einzusehen und deshalb keine Kenntnis von Urkunden besaß, die in diesen Akten enthalten waren (BVerwG DVBl
2003, 868
und ZLA
1975, 124). Nichts anderes kann gelten, wenn

wie hier

die Möglichkeit bestand, die maßgeblichen Informationen
auf andere Weise zu erhalten.
Der
Ehefrau wäre es bereits während des Ausgangsverfahrens
möglich gewesen, beim [X.] Auskunft darüber zu verlangen, ob in den erschlossenen Unterlagen Informati-onen zu ihrer Person enthalten sind,
und diese gegebenenfalls durch Einsicht-nahme in die Akten zu verifizieren (§§
3, 13 [X.]). Dass die Antragstellerin möglicherweise Dritte i.S.v.
§
6 Abs.
7 [X.] war, ist unerheblich, da sie nach §
13 Abs.
7 Satz
1 [X.]

wie geschehen

durch Nennung eines konkreten Aktenteils die erforderlichen Informationen erhalten konnte. Selbst wenn es nach Vorlage der Auskünfte des
[X.] beim
Ausgangsgericht

oder unabhängig davon

noch auf die Urkunde angekommen wäre, hätte die Ehefrau die Vorlage erwirken und Einsicht darin nehmen können.

23
24
25
-
13
-
dd) Danach
hätte die Ehefrau die später erlangten Kenntnisse bereits im Ausgangsverfahren einführen können.
An diesem Versäumnis
ändert
auch der Umstand nichts, dass der anwaltlich vertretene Ehemann offensichtlich eine manipulierte Kopie vorgelegt hat. Da die Ehefrau
nach eigener Darstellung da-von ausging, dass der Inhalt des vorgelegten Aktenauszugs nicht den Tatsa-chen entsprach, wäre sie bzw. ihr Verfahrensbevollmächtigter entgegen der Auffassung des [X.] erst recht zu einer
Nachprüfung gehalten gewesen.
Vor der Nachprüfung, ob ein Dokument mit diesem Inhalt überhaupt existiert, war die Annahme, es handele sich um ein authentisches, lediglich in-haltlich unrichtiges Dokument, nicht gerechtfertigt.

Der mit der Prozessführung betraute Rechtsanwalt ist seinem Mandan-ten gegenüber verpflichtet, dafür einzutreten, dass die zu
dessen Gunsten sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte so umfassend wie möglich ermittelt und bei der Entscheidung
des Gerichts berücksichtigt werden ([X.] Urteil vom 18.
Dezember 2008

IX
ZR 179/07

NJW 2009, 987 Rn.
8 mwN).
Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten steht dabei nach §
85 26
27
-
14
-
Abs.
2 ZPO dem der [X.] gleich (vgl. Senatsurteil vom 17.
März 1993

XII
ZR 256/91

NJW 1993, 1717 mwN).
Ob darüber hinaus

wie die [X.] meint

bereits das optische Erscheinungsbild der vorgelegten Kopie Anlass zu einer genaueren Nachprüfung gegeben hätte, wofür vieles spricht, kann of-fenbleiben.

Dose

[X.]

Schilling

Günter

Botur

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.04.2009 -
46 F 180/08 -

OLG [X.], Entscheidung vom 03.12.2009 -
15 UF 62/09 -

Meta

XII ZB 242/09

24.04.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2013, Az. XII ZB 242/09 (REWIS RS 2013, 6338)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6338

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 242/09

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