Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2010, Az. 2 StR 407/10

2. Strafsenat | REWIS RS 2010, 3579

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Gegenstand

Strafurteil wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln: Notwendige Begründung der Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. Mai 2010 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht - Strafrichter - [X.] zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

2

In seiner Zuschrift an den [X.] hat der [X.] unter anderem ausgeführt:

"Die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe hält rechtlicher Nachprüfung indes nicht stand.

Grundsätzlich ist die Strafzumessung Sache des Tatrichters und eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle durch das Revisionsgericht ausgeschlossen. Dieses darf lediglich nachprüfen, ob dem Tatrichter ein Rechtsfehler unterlaufen ist (st. Rspr.; vgl. die Nachweise bei [X.] 57. Auflage § 46 Rn 146).

Davon ausgehend ist zu besorgen, dass das [X.] bei der Beurteilung, ob besondere Umstände im Sinne von § 47 Abs. 1 StGB vorgelegen haben, von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe unter sechs Monaten hat regelmäßig nur dann Bestand, wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar bzw. "unerlässlich" (§ 47 Abs. 1 StGB) erweist (BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 6; Fischer a.a.O. § 47 Rn 7). Die [X.] hat die kurze Freiheitsstrafe anstelle einer Geldstrafe jedoch lediglich für "geboten" ([X.]) erachtet. Dass eine Freiheitsstrafe "geboten" (d.h. angebracht, sinnvoll, präventiv Erfolg versprechend usw.) ist, reicht allerdings nicht aus (Fischer a.a.O.; [X.] StraFo 2009, 118 f.). Zwar war sich die Kammer des Ausnahmecharakters der Vorschrift des § 47 StGB durchaus bewusst (vgl. [X.]). Jedoch vermögen auch die Erwägungen der Kammer zur Begründung der kurzen Freiheitsstrafe - namentlich die Ausführungen zum Lebenswandel des Angeklagten und dessen Haltung zur Tat ([X.]) - nicht zu belegen, dass die Kammer - entgegen dem von ihr gewählten Wortlaut - die kurze Freiheitsstrafe für unerlässlich gehalten hat. Auch diese Ausführungen sprechen dafür, dass die Kammer die Freiheitsstrafe lediglich für geboten erachtet hat.

Im Hinblick auf die - angesichts des Bestreitens des Handeltreibens durch den Angeklagten - nicht unbedenklichen Erwägungen der Kammer zur Bagatellisierung seiner Tat, erscheint die Aufhebung der zugehörigen Feststellungen sachgerecht, auch wenn diese rechtsfehlerfrei getroffen wurden.

Schließlich erscheint es sachgerecht, von der Möglichkeit des § 354 Abs. 3 StPO Gebrauch zu machen und die Sache an das Amtsgericht - Strafrichter - [X.] zurückzuverweisen, da dessen Strafgewalt ausreicht."

3

Dem kann sich der [X.] nicht verschließen und bemerkt ergänzend:

4

Dass der Angeklagte - für den [X.] nicht nachvollziehbar - hinsichtlich der in seinem Wohnzimmer sichergestellten 10 kg Amphetamin nicht wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge bzw. wegen unerlaubten Besitzes an dieser Rauschgiftmenge verurteilt worden ist, beschwert ihn nicht.

[X.]     

Appl     

RiBGH Prof. Dr. Schmitt ist wegen
Urlaubs an der Unterschrift gehindert.

[X.]

Eschelbach     

Ott     

Meta

2 StR 407/10

08.09.2010

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 4. Mai 2010, Az: 68 KLs 105 Js 394/09, Urteil

§ 49 Abs 1 StGB, § 29 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2010, Az. 2 StR 407/10 (REWIS RS 2010, 3579)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3579

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