Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.09.2018, Az. 3 KSt 1/18, 3 KSt 1/18 (3 A 6/16)

3. Senat | REWIS RS 2018, 4209

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Gegenstand

Terminsgebühr bei fernmündlichem Vergleichsvorschlag des Klägeranwalts


Leitsatz

Die Terminsgebühr für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen (Nr. 3104 i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG ) entsteht auch dann, wenn ein Prozessbevollmächtigter einen auf Erledigung des Verfahrens gerichteten fernmündlichen Vorschlag des gegnerischen Prozessbevollmächtigten zur Weiterleitung an seine Partei entgegennimmt.

Gründe

1

[X.]ie Erinnerung des [X.] vom 26. Juli 2018 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des [X.] vom 12. Juli 2018 für das Verfahren BVerwG 3 A 6.16 ist gemäß § 151 i.V.m. § 165 VwGO zulässig, aber nicht begründet.

2

Über sie entscheidet der Berichterstatter des Senats gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 VwGO. [X.]as vorbereitende Verfahren im Sinne dieser Vorschrift erfasst nach seinem [X.] auch [X.] (hier) über die Kosten, sofern das Verfahren ohne mündliche Verhandlung und ohne Entscheidung des [X.] beendet worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. [X.]ezember 2004 - 9 KSt 6.04 - NVwZ 2005, 466 <467>; [X.], in: [X.], VwGO, 2. Aufl. 2016, § 87a Rn. 16).

3

1. [X.]er Kläger beanstandet die antragsgemäße Festsetzung einer 1,2-fachen Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG, Nr. 3104 des [X.] zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ([X.] RVG Anlage 1). [X.]ie Gebühr sei durch das zwischen seinem Prozessbevollmächtigten und dem Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen geführte Telefonat vom 18. Januar 2018 nicht entstanden. [X.]as Gespräch sei nicht von beiden Seiten mit dem Ziel einer vergleichsweisen Erledigung des Klageverfahrens geführt worden. [X.]er Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen habe sich auf den klägerseitigen Vergleichsvorschlag hin nicht einmal zur Vergleichsbereitschaft seiner Mandanten äußern können, sondern lediglich erklärt, er werde den Vorschlag an diese weiterleiten. Eine [X.]iskussion habe nicht ansatzweise stattgefunden. [X.]er Vorschlag habe auch nicht zur Erledigung geführt, weil die Beigeladenen ihn abgelehnt haben und die Klage ausschließlich wegen geringer Erfolgsaussichten zurückgenommen worden sei.

4

2. Nach dem unstreitigen Inhalt des Telefonats vom 18. Januar 2018 sind die Voraussetzungen für das Entstehen der Terminsgebühr nach Nr. 3104 [X.] RVG erfüllt.

5

a) Ein Rechtsanwalt verdient die Terminsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 [X.] RVG für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen, die auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Nach der Rechtsprechung des [X.], der sich der Senat anschließt, entsteht die Gebühr auch dann, wenn der gegnerische Anwalt - wie hier - die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Vorschläge zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine [X.] entgegennimmt ([X.], Beschlüsse vom 21. Januar 2010 - [X.] - Zfs 2010, 286 Rn. 7 und vom 20. November 2006 - [X.]/06 - NJW-RR 2007, 286 Rn. 6 ff. unter Bezugnahme auf den Entwurf des [X.], [X.]. 15/1971 S. 209). [X.]as liegt in der Intention des Gesetzgebers, das Kostenrecht zu vereinfachen und an das Merkmal einer Besprechung keine besonderen Anforderungen zu stellen. [X.]em entspricht es, dass einem Rechtsanwalt außergerichtliche Besprechungen - einer gängigen Praxis folgend - auch fernmündlich möglich sind (ebenso [X.], Beschlüsse vom 3. Juli 2006 - [X.] - NJW-RR 2006, 1507 Rn. 9 und vom 20. November 2006 - [X.]/06 - NJW-RR 2007, 286 Rn. 7; für Telefonate des Gerichts offengelassen in [X.], Beschluss vom 3. August 2017 - 13 [X.] 136/14 - juris Rn. 3).

6

Eine Besprechung setzt daher nur die Bereitschaft der Gegenseite voraus, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten (vgl. [X.], Beschluss vom 28. März 2018 - 2 VO 350/15 - juris Rn. 7 und [X.], Beschluss vom 3. August 2017 - 13 [X.] 136/14 - juris Rn. 5). [X.]ass sie darüber hinaus kausal für die Erledigung des gerichtlichen Verfahrens geworden ist, ist nicht erforderlich. Mit der Regelung über die Terminsgebühr soll das ernsthafte Bemühen eines Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich - auch zur Entlastung der Gerichte - die außergerichtliche Streitbeilegung gefördert werden ([X.]. 15/1971 S. 209). [X.]ie [X.] der Gebühr würde beeinträchtigt, wäre die Honorierung der unter Umständen aufwändigen Einigungsbemühungen von ihrem Erfolg abhängig. [X.]aher kommt es nicht darauf an, dass die Klage hier letztlich aus anderen Motiven, nämlich wegen geringer Erfolgsaussichten, zurückgenommen worden ist.

7

b) Seine Bereitschaft zur Einigung hat der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen am 18. Januar 2018 verlautbart. Anders ist die Entgegennahme des klägerseitigen Vorschlags zur Weiterleitung an die Beigeladenen nicht zu verstehen. Ein Rechtsanwalt kann es in solchen Fällen nicht dabei belassen, seiner [X.] den gegnerischen Vorschlag als Bote unkommentiert weiterzuleiten; er ist aufgrund seiner prozessualen Beratungspflicht im Gegenteil zu dessen Prüfung und zur Abgabe einer Empfehlung oder jedenfalls Stellungnahme verpflichtet. Hierin liegt die innere Berechtigung für das Entstehen der Terminsgebühr. [X.]em kann der Kläger nicht überzeugend entgegenhalten, dass bei dieser Sicht jedes Telefonat die Gebühr auslöse. Eine "Besprechung" kommt nämlich dann nicht zustande, wenn der Gegner von vornherein ein sachbezogenes Gespräch oder eine gütliche Einigung verweigert oder ihm auf Erledigung zielende Erwägungen gar nicht abverlangt werden. [X.]as kann der Fall sein, wenn nur ein Gespräch über die grundsätzliche Bereitschaft zur Streitbeilegung geführt wird oder die abstrakte Möglichkeit einer außergerichtlichen Erledigung ausgelotet werden soll (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Januar 2010 - [X.] - Zfs 2010, 286 Rn. 7 m.w.N.). So aber lag der Fall hier nicht, weil der Prozessbevollmächtigte des [X.] mit einem konkreten Vergleichsvorschlag an den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen herangetreten war.

8

Aus der vom Kläger zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich nichts anderes. In den Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts für das [X.] vom 3. August 2017 - 13 [X.] 136/14 - (juris Rn. 5), des [X.] vom 28. März 2018 - 2 VO 350/15 - (juris Rn. 10) und des [X.] vom 2. September 2015 - 10 C 13.2563 [[X.]:[X.]E:[X.]] – (juris Rn. 26) sind die Gerichte, soweit entscheidungserheblich, von den vorgenannten Grundsätzen ausgegangen, konnten aber eine Einigungsbereitschaft nicht feststellen.

9

3. [X.]as Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei. [X.]ie Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

3 KSt 1/18, 3 KSt 1/18 (3 A 6/16)

03.09.2018

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: A

§ 87a Abs 1 Nr 5 VwGO, § 151 VwGO, § 165 VwGO, Vorbem 3 Abs 3 S 3 Nr 2 RVG-VV, Nr 3104 RVG-VV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.09.2018, Az. 3 KSt 1/18, 3 KSt 1/18 (3 A 6/16) (REWIS RS 2018, 4209)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4209

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