Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.06.2015, Az. 14 W (pat) 2/11

14. Senat | REWIS RS 2015, 9022

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Verfahren zum Testen der Aktivität einer möglichen wirksamen Substanz, die die enzymatische Aktivität der Phopholipase A2 hemmen kann" – zur Ausführbarkeit einer Erfindung – einzelne Ausführungsformen sind nicht ausführbar


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 103 62 194.6 - 44

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. Maksymiw, der Richterin [X.], des [X.] [X.] sowie der Richterin Dr. Wagner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Mit Beschluss vom 7. Juli 2010 hat die [X.] des [X.] das Patent 103 62 194 mit der Bezeichnung

2

"Verfahren zum Testen der Aktivität einer möglichen wirksamen Substanz,

3

die die enzymatische Aktivität der [X.] hemmen kann"

4

beschränkt aufrechterhalten.

5

Dem Beschluss liegen die am 2. Juli 2010 als Hilfsantrag 1 eingereichten und in der Anhörung vor der [X.] am 7. Juli 2010 zum Hauptantrag gemachten Patentansprüche 1 bis 7 zugrunde, von denen die nebengeordneten Patentansprüche 1, 2, 4 und 6 wie folgt lauten:

Abbildung

6

Die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents ist im Wesentlichen damit begründet, dass der Streitgegenstand neu sei gegenüber den Entgegenhaltungen

7

[X.] [X.] T

8

[X.] WO 00/15179 [X.] und

9

[X.] WO 02/30387 [X.].

Entgegen der Auffassung der [X.] stelle die Beschränkung des Wirkstoffs, welcher gemäß Hauptanspruch zur Herstellung einer kosmetischen bzw. pharmazeutischen Zusammensetzung ausgewählt wird, auf Substanzen mit Phospholipase [X.] (= PL[X.]) hemmender Aktivität kein unzulässiges, weil auf die Entdeckung eines Wirkungsmechanismus und nicht auf eine Erfindung gerichtetes Merkmal, dar. Dieses Merkmal diene ausschließlich der Abgrenzung des Gegenstands gemäß Streitpatent gegenüber den Extrakten des Standes der Technik ab. Diese Charakterisierung sei zulässig, da der Anspruch auf eine unbekannte Menge an wirksamen Substanzen gerichtet sei. Die [X.] sei nachveröffentlicht und komme daher als Stand der Technik nicht in Frage. Die [X.] zeige keine Methode zur Gewinnung des offenbarten Guarana-Extrakts auf und der Bezug auf [X.] lasse nicht einen gutachterlichen Nachweis des [X.] zu, da nicht sichergestellt sei, dass sich sowohl die Zusammensetzung als auch der Weg der Gewinnung von [X.]T

2 inhibitors”, [X.] 2001, 58, 865 bis 874

in Betracht zu ziehen. Zum einen offenbare die [X.] nicht, dass der dort beschriebene Guarana-Extrakt eine inhibierende Wirkung auf die PL[X.]-Aktivität besitze. Zum anderen untersuche die [X.], eine ethnopharmakologische Studie zur Überprüfung von Extrakten ausgewählter Pflanzen auf ihre PL[X.] inhibierende Wirkung mit dem Ziel der Isolierung des für diese Wirkung verantwortlichen Wirkstoffs, keinen Guarana-Extrakt. Zudem gelange man auch bei einer Kombination dieser beiden Entgegenhaltungen nicht zum Streitgegenstand, da weder eine PL[X.] inhibierende Wirksamkeit des Guarana-Extrakts noch das [X.]e Extraktionsverfahren nahe gelegt werde. Schließlich sei der Streitgegenstand ausführbar, da die Beschreibung zur Auslegung des Gegenstandes der Patentansprüche heranzuziehen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der [X.]. Sie macht geltend, der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 sei nicht ausführbar, da gemäß den Ergebnissen in der [X.]elle 2 des Streitpatents Zubereitungen umfassend 1% Sonnenblumenextrakt keine Hemmung der enzymatischen Aktivität der Phospholipase [X.] zeigten und der Fachmann daher den Anteil an Sonnenblumenextrakt um einen nicht offenbarten Anteil erhöhen müsse, um die anspruchsgemäß geforderte signifikante Hemmung zu erreichen. Es fehle daher an einer so deutlichen und vollständigen Offenbarung, dass ein Fachmann den Streitgegenstand ausführen könne. Weiterhin mache die neu entdeckte technische Wirkung der Hemmung der enzymatischen Aktivität von Phospholipase [X.] vom Typ I und/oder [X.] die Verwendung eines bekannten Stoffes für einen bekannten nicht medizinischen - vorliegend kosmetischen - Zweck nicht neu, wenn die neu entdeckte technische Wirkung der bekannten Verwendung bereits zu Grunde liege. So sei die Verwendung von Guarana Extrakten als Kosmetikum mit [X.]n Eigenschaften aus den Druckschriften [X.], [X.] und [X.] bekannt, wobei durch die Erklärung des technischen Direktors der Firma [X.] gemäß

E9 Erklärung von [X.], [X.], [X.] Inc. vom 16. November 2010

nachgewiesen werde, dass [X.] Stand der Technik zum [X.] gewesen sei, und zudem zu beachten sei, dass im Streitpatent anspruchsgemäß die Extrakte nicht näher gekennzeichnet seien. Schließlich stelle auch die neu im Beschwerdeverfahren vorgelegte Druckschrift

[X.] 2001-348338 A, [X.] Übersetzung

neuheitsschädlichen Stand der Technik dar. [X.]0 offenbare die Verwendung eines [X.] Extrakts von

Die Einsprechende beantragt,

den Beschluss der [X.] des [X.] vom 7. Juli 2010 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

[X.] beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der von der [X.] beschränkten Fassung aufrecht zu erhalten,

hilfsweise das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:

Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 1,

Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 2,

Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 3,

jeweils eingereicht mit Schriftsatz vom 29. Januar 2015,

übrige Unterlagen jeweils gemäß Hauptantrag.

[X.] argumentiert, dass die Broschüre [X.] und das Produkt mit dem Markennamen "[X.]T

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der nachgeordneten Patentansprüche 3, 5 und 7 gemäß Hauptantrag und der Patentansprüche 1 bis 7 nach den [X.] wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

[X.]

1. [X.] ist zulässig (§ 73 [X.]). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, weil die beanspruchten Verwendungen und Verfahren gemäß Hauptantrag alle Anforderungen an die Patentfähigkeit erfüllen.

2. Bezüglich der Offenbarung der Patentansprüche 1 bis 7 bestehen keine Bedenken. Sie entsprechen den erteilten Patentansprüchen 1 bis 7, wobei im Patentanspruch 6 der Rückbezug auf die Patentansprüche 2 und 3 gestrichen und somit nur mehr auf die Patentansprüche 1, 4 und 5 gerichtet ist. Sie basieren auf den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 1 bis 8 der Trennanmeldung bzw. den Patentansprüchen 15, 17, 18, 21, 22 und 24 bis 26 der Offenlegungsschrift der Stammanmeldung.

3. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 ist ausführbar, weshalb die von der Patentinhaberin aufgeworfene Frage, ob die Ausführbarkeit bereits im Einspruchsverfahren vor der [X.] des [X.] angegriffen war, dahin gestellt bleiben kann.

Für die Ausführbarkeit ist es ausreichend, wenn in der Patentschrift ein ausführbarer Weg offenbart ist (vgl. [X.], 813 [X.]. - [X.]). Vorliegend wird im Beispiel 1 der Streitpatentschrift eine Vielzahl von Ausführungsformen offenbart, die eine Hemmung von PL[X.] zeigen (vgl. [X.]. 2). Demnach hemmen Extrakte von Traubensamen,

Dem steht nicht entgegen, dass Zubereitungen umfassend 1% Sonnenblumenextrakt keine Hemmung der enzymatischen Aktivität der Phospholipase [X.] zeigen (vgl. [X.]. 2). Denn gelegentliche Ausreißer oder das Versagen der Lehre in einzelnen Fällen steht der Ausführbarkeit nicht im Wege (vgl. Busse, [X.], 7. Aufl., § 34 Rn. 276 und [X.], [X.], 9. Aufl. § 34 Rn. 357; siehe auch [X.] 1991 518 [X.]. 2 - Polyesterfäden). Daher ist die nicht wirksame Hemmung der enzymatischen PL[X.]-Aktivität durch 1%ige Sonnenblumenextrakte unerheblich, da ansonsten alle beanspruchten Extrakte sowohl in 1%iger als auch in reiner Form die [X.]e [X.] aufweisen (vgl. [X.]. 2). Voraussetzung für die Ausführbarkeit ist des weiteren nicht, dass die Unterlagen dem fachkundigen Leser so genaue Angaben z. B. über die Menge des einzusetzenden Materials machen, dass er sofort und ohne jeglichen Fehlschlag zu einem Endprodukt mit den erstrebten Eigenschaften gelangen kann. Vielmehr reicht es aus, dass er anhand der Angaben auf Grund seines Fachwissens und -könnens ohne eigenes erfinderisches Zutun Unvollständigkeiten ergänzen und sich notfalls mit Hilfe orientierender Versuche alsbald ein zuverlässiges Bild über die zur Erreichung des gewünschten Erfolgs erforderliche Menge verschaffen kann (vgl. Busse, [X.], 7. Aufl. § 34 Rn. 292 und [X.], [X.], 9. Aufl. § 34 Rn. 355; [X.], 2013, 1210, 1211 Rn. [19] - Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren). Dem folgend übersteigt die Ermittlung des Gehalts an Sonnenblumenextrakt, der für die PL[X.]-Hemmung mindestens erforderlich ist, nicht den für den Fachmann zumutbaren Aufwand und steht der Ausführbarkeit nicht im Wege.

4. Die Verwendung nach Patentanspruch 1 ist neu.

Das in den Druckschriften [X.] und [X.] jeweils offenbarte Markenprodukt [X.]T

Der Argumentation der [X.], dass es sich bei der [X.] beanspruchten Hemmung der PL[X.]-Aktivität lediglich um die Entdeckung der Wirkungsweise einer bekannten Verwendung handele und diese daher nicht patentfähig sei (vgl. [X.] 2011, 999 [X.]. - Memantin), kann nicht überzeugen. Denn es ist nicht erwiesen, dass sämtliche Hautreizungen und -entzündungen durch Hemmung der enzymatischen Aktivität der [X.] ausgewählten PL[X.]s vom Typ I oder [X.] reduziert werden können. Gemäß den Angaben im Streitpatent kommt zwar PL[X.] hauptsächlich in Zellen vor, die mit entzündlichen Phänomenen verbunden sind, wobei die Regulation der Aktivierung von [X.] ein vorherrschendes Element in den Signalkaskaden und somit auch der Signalamplifikation während der entzündlichen Reaktionen darstellt (vgl. [X.] [0010] und S. 3/29 Abs. [0011]). Dies besagt aber nicht, dass die Regulation der PL[X.]-Aktivität das einzige Element in den Signalkaskaden ist und dass es keine anderen beeinflussbaren Elemente gibt, durch die die Entzündungen und Reizungen der Haut reduziert werden können. Zudem gibt es fünf Gruppen von PL[X.]s und im Streitpatent wird nur die Hemmung der PL[X.]s vom Typ I und [X.] untersucht und beansprucht (vgl. Streitpatentschrift Patentanspruch 1 und S. 3/29 Abs. [0012]).

Schließlich sprechen auch die Untersuchungsergebnisse in der [X.] dagegen, dass das darin offenbarte [X.]T

[X.]T

Aus der [X.] ist die Verwendung von Haferextrakten für kosmetische Zusammensetzungen zur Zellerneuerung ohne störende Irritationen (Reizungen) bekannt (vgl. [X.] Patentanspruch 1 und S. 1 Z. 5 bis 7). Diese kosmetischen Zusammensetzungen können darüber hinaus hautkonditionierende Agentien enthalten, zu denen auch Guaranaextrakte gehören (vgl. [X.] S. 9 Z. 5 bis 10 und S. 12 Bsp. 2 [X.]. i. V. m. S. 13 [X.]. 4). Eine [X.] oder anti-inflammatorische Wirkung von Guaranaextrakten bzw. eine signifikante Hemmung der enzymatischen Aktivität von PL[X.] vom Typ I oder [X.] von Guaranaextrakten geht aus der [X.] aber wiederum nicht unmittelbar und eindeutig hervor.

[X.]0 betrifft einen Extrakt von

Die weiteren Druckschriften, die im Übrigen auch nicht von der [X.] hinsichtlich der Neuheit angeführt worden sind, können die Neuheit des Streitgegenstands ebenfalls nicht angreifen. So untersucht zwar die [X.] die hemmende Wirkung von Pflanzenextrakten auf die enzymatische Wirkung von PL[X.]. In dieser Untersuchung sind aber nicht die [X.] beanspruchten Pflanzenextrakte einbezogen (vgl. [X.] S. 865 Abstract und S. 866 [X.]. 1). Die [X.] und das korrespondierende [X.] Familienmitglied [X.] beschreiben eine pharmazeutische Zusammensetzung zur Behandlung von Verbrennungen bei Sonnenbrand oder Laserbehandlungen, die aber als aktive Substanz Sonnenblumenöl bzw. Traubenkernöl und nicht Sonnenblumenextrakt bzw. Traubensamenextrakt enthalten (vgl. [X.] Patentansprüche 1, 5, 6 und Abs. [0036]). Die Druckschrift [X.] betrifft eine die Antitumoraktivität fördernde Polyphenolfraktion aus Traubenkernen. Einleitend wird in dieser Druckschrift die anti-inflammatorische Wirkung von Procyanidinen aus Traubenkernextrakten beschrieben, eine Hemmung der enzymatischen Aktivität der PL[X.] geht aus dieser Druckschrift aber wiederum nicht hervor (vgl. [X.] Titel und Abstract 1. Satz). Die [X.] schließlich offenbart einen kosmetischen [X.], der als weiteren Extrakt zur Linderung von Cellulite Guarana enthalten kann (vgl. [X.] u. a. Patentanspruch 2). Für diese Druckschrift gilt dieselbe Argumentation, wie für die Druckschriften [X.] bis [X.]. Denn die Linderung von Cellulite, eine konstitutionell bedingte, nicht entzündliche Veränderung des subkutanen Fettgewebes (vgl. [X.] Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl., [X.] Berlin 2002, S. 1811 Stichwort "Zellulitis"), steht dabei ebenfalls nicht im Zusammenhang mit der [X.]en anti-irritativ und anti-inflammatorisch wirkenden Hemmung der PL[X.]-Aktivität.

5. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dem Patent liegt die Aufgabe zugrunde, einen im Bereich der Reduzierung von Hautentzündungen und Hautreizungen wirksamen Bestandteil für kosmetische oder pharmazeutische Zusammensetzungen bereitzustellen (vgl. [X.] [0024], [0026] und [0028]). Diese Aufgabe entspricht der von der [X.] in der mündlichen Verhandlung ausgehend von [X.]0 als Stand der Technik vorgetragenen Aufgabenformulierung, nach der die [X.]e Aufgabe in der Bereitstellung einer gegenüber dem Stand der Technik anderen Zubereitung zu Linderung der Hautreizung und Hautentzündung liege.

Eine Einengung der Aufgabe auf die Bereitstellung von Hautreizungen und Hautentzündungen reduzierende Zusammensetzungen, die die enzymatische Aktivität der PL[X.] vom Typ I und/oder [X.] hemmen können (vgl. [X.] [0025] und [0027]), würde bereits einen Teil der Lösung in die Aufgabenformulierung einfügen, weshalb der Senat davon abgesehen hat. Denn die Definition eines technischen Problems dient nicht dazu, eine Vorentscheidung über die Frage der Patentfähigkeit zu treffen. Deshalb dürfen Elemente, die zur patentgemäßen Lösung gehören, nicht berücksichtigt werden. Vielmehr ist das technische Problem so allgemein und neutral zu formulieren, dass sich die Frage, welche Anregungen der Fachmann durch den Stand der Technik insoweit erhielt, ausschließlich bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit stellt. Im Streitfall besteht die Aufgabe deshalb darin, einen im Bereich der Reduzierung von Hautentzündungen und Hautreizungen wirksamen Bestandteil für kosmetische oder pharmazeutische Zusammensetzungen bereitzustellen. Die Frage, welche Wirkungsmechanismen - wie beispielsweise die Hemmung der PL[X.]-Aktivität - dem Fachmann zur Erreichung dieses Ziels nahegelegt waren, ist demgegenüber ausschließlich für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Bedeutung (vgl. [X.] 2015, 352 [X.]., 353 Abs. [16] und [17] - Quetiapin).

Zur Lösung dieser Aufgabe, wie sie durch die Ausgestaltung der Verwendung mit den Merkmalen nach Patentanspruch 1 erreicht wird, gelangt der Fachmann mit keinem der im Verfahren genannten Dokumente. Denn keine dieser Druckschriften kann ihm Hinweise dahingehend vermitteln, einen Wirkstoff aus einem pflanzlichen Extrakt, der die enzymatische Aktivität von PL[X.] vom Typ I oder [X.] hemmt, zur Herstellung einer kosmetischen Zusammensetzung vorzusehen, um so Reizungen und/oder Entzündungen von Hautgewebe zu reduzieren (vgl. [X.] [0030], [0032] und [0033]).

a) Die von der [X.] hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit herangezogene Druckschrift [X.]0 strebt nach einem Mittel zur Förderung der Kollagenproduktion, das den Metabolismus der Fibroblasten der Dermis aktiviert, die Produktion von neuem Kollagen fördert und Veränderungen der Kollagenfasern korrigieren kann, wobei es bei äußerlicher Anwendung auf der Haut die Hautalterung durch zunehmendes Alter oder Stress effektiv verhindern sowie Verbesserungen im Erscheinungsbild bewirken kann (vgl. [X.]0 Abs. 0004). Dazu schlägt [X.]0 einen Extrakt der Kudzu-Wurzel (= Wurzel von

Dem Argument der [X.], dass die [X.]0 verschiedene Extraktionsverfahren offenbare, weshalb der Fachmann veranlasst gewesen sei, diese im Bestreben zur Vereinfachung des Verfahrens zu variieren und dabei zwangsläufig auch zu einem Extraktionsverfahren gekommen sei, wie es im Streitpatent beschrieben werde, kann nicht beigetreten werden. Auch bei einer Optimierung des [X.] gemäß [X.]0 im Sinne einer Vereinfachung würde der Fachmann auf einen hohen Anteil an [X.] im Extrakt achten und dabei Extrakte erhalten, die sich von dem [X.] verwendeten Extrakt unterscheiden. Denn der im Streitpatent offenbarte Extrakt enthält einen sehr geringen Anteil an [X.] von lediglich 0,06 % (vgl. [X.]. 8).

b) Auch der zweite Angriff der [X.] bezüglich der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Druckschrift [X.] in Verbindung mit der Druckschrift [X.] oder der Druckschrift [X.] führt nicht zum Erfolg.

Die ethnopharmakologische Studie [X.] beschäftigt sich mit der PL[X.] inhibierenden Wirkung von Extrakten ausgewählter Pflanzen (vgl. [X.] S. 865 Titel, Abstract und S. 866 [X.]. 1) mit dem Ziel, einen allen Extrakten gemeinsamen Wirkstoff für die PL[X.]-Hemmung zu finden (vgl. [X.] S. 867 li. [X.]. Abs. 3). Der [X.] entnimmt der Fachmann somit, dass die Inhibierung der PL[X.]-Aktivität eine erfolgversprechende Strategie für die Behandlung entzündlicher Prozesse darstellt (vgl. [X.] S. 865 re. [X.]. 2. vollst. Satz) und dass in bekannten PL[X.]-hemmenden Pflanzenextrakten [X.] und dessen oxidierte Form [X.]säure die verantwortlichen Wirkstoffe sind (vgl. [X.] S. 865 Abstract und S. 870 bis 871 Kap. 2.3.). Ein Hinweis, dass Extrakte von

Auch eine Kombination der [X.] mit der [X.] oder der [X.] kann die [X.]e Lehre nicht nahe legen. Zum einen hätte der Fachmann - wie bereits dargelegt - ausgehend von [X.] die in [X.] bzw. [X.] offenbarten Guaranaextrakte gar nicht herangezogen (vgl. [X.] S. 14 Z. 17 bis 19; [X.] S. 12 Bsp. 2 [X.]. i. V. m. S. 13 [X.]. 4). Denn [X.] gibt ihm keinen Anlass, Guaranaextrakte ins Auge zu fassen. Vielmehr wird dort als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen der Wirkstoff [X.] bzw. [X.]säure gelehrt.

Zum anderen enthalten auch [X.] und [X.] keine Hinweise, dass die darin offenbarten Guaranaextrakte eine hemmende Wirkung auf die PL[X.]-Aktivität haben, um so Reizungen und/oder Entzündungen von Hautgewebe zu reduzieren. Denn [X.] offenbart lediglich, dass das als [X.] wirkende Verkaufsprodukt [X.]T

[X.] betrifft die Verwendung von Haferextrakten in topisch anwendbaren kosmetischen Zusammensetzungen, um die Rate der natürlichen Abschuppung (= Desquamation) zur Hauterneuerung zu steigern, ohne dabei die Reizung der Haut zu verstärken (vgl. [X.] Patentanspruch 1 i. V. m. S. 1 Z. 5 bis 8 und S. 2 Z. 18 bis 20). Als kosmetische Zusatzstoffe können dabei auch [X.] zugesetzt werden, wobei in [X.] diese Zusatzstoffe von entzündungs- und/oder reizungshemmenden Zusatzstoffen unterschieden werden (vgl. [X.] S. 9 Z. 5 bis 10 i. V. m. S. 8 Z. 30 bis S. 9 Z. 4), so dass der Fachmann von der Lehre der [X.] ebenfalls nicht veranlasst worden ist, Guaranaextrakte zur Lösung der [X.]en Aufgabe ins Auge zu fassen.

Daran ändert auch die Auffassung der [X.] nichts, dass gemäß [X.]. 4 in der [X.] die Zusammensetzungen 1, 3 und 4 einen "Antistinging"-Effekt (= Antibrenneffekt) gegenüber der Kontrolle zeigten und damit anti-irritierend wirkten und sogar die keinen Haferextrakt - der nach der Lehre der [X.] erfindungsgemäß sei - enthaltende Zusammensetzung 2 einen derartigen Effekt aufweise, weshalb der Fachmann die Veranlassung hatte, [X.] näher zu betrachten (vgl. [X.] S. 13 [X.]. 4 i. V. m. S. 12 [X.].). Denn die angesprochenen Zusammensetzungen weisen eine Vielzahl von Komponenten und Zusatzstoffen auf, von denen Panthenol bekanntermaßen einen entzündungshemmenden Zusatzstoff darstellt. Der nachgewiesene "Antistinging"-Effekt der Zusammensetzungen 1 bis 4 in [X.]. 4 führt daher den Fachmann nicht zwangsläufig zu dem Schluss, dass der enthaltene Guarana-Extrakt dafür verantwortlich ist, und er somit [X.] für seine weiteren Betrachtungen zur Bereitstellung einer Hautreizungen und Hautentzündungen reduzierenden Zusammensetzung, deren Wirkstoff die enzymatische Aktivität von PL[X.] vom Typ I oder [X.] signifikant hemmt, aus diesen Zusammensetzungen der [X.] auszuwählen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ergibt sich damit nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.

c) Die Berücksichtigung der weiteren dem Senat vorliegenden und in der mündlichen Verhandlung nicht mehr diskutierten Druckschriften aus dem Einspruchs- und Prüfungsverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts. Denn dort ist nirgends eine Anregung zur Verwendung der im Patentanspruch 1 angeführten Pflanzenextrakte für eine kosmetische Zusammensetzung zur Reduktion von Hautreizungen und Hautentzündungen durch Hemmung der enzymatischen Aktivität der PL[X.] vom Typ I oder [X.] zu finden.

6. Nachdem die Verwendung nach dem Patentanspruch 1 alle Kriterien der Patentfähigkeit erfüllt, ist der Patentanspruch 1 bestandsfähig. Gleiches gilt für die ebenfalls auf Verwendungen gerichteten Patentansprüche 2 und 4 sowie für den auf ein Verfahren zur kosmetischen Pflege gerichteten Patentanspruch 6, für die die vorstehenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 sinngemäß ebenfalls gelten.

Die Patentansprüche 3, 5 und 7 betreffen besondere Ausgestaltungen der Gegenstände der ihnen jeweils übergeordneten Patentansprüche 1, 2, 4 oder 6 und sind mit diesen gewährbar.

Meta

14 W (pat) 2/11

26.06.2015

Bundespatentgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.06.2015, Az. 14 W (pat) 2/11 (REWIS RS 2015, 9022)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9022

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