Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2016, Az. XII ZB 653/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17856

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:130116BXII[X.]653.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 653/14

vom

13. Januar 2016

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 233 Fd
Sind einer Rechtsanwaltsfachangestellten in der Vergangenheit bei der Ferti-gung oder Versendung fristgebundener [X.]riftsätze
Fehler unterlaufen, so muss der Rechtsanwalt
durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass sich solche nicht wiederholen.
[X.], Beschluss vom 13. Januar 2016 -
XII [X.] 653/14 -
OLG [X.]

AG Ratingen

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat am 13.
Januar 2016 durch den
Vorsitzenden
Richter Dose, die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Botur und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss
des 7.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 24.
No-vember
2014 wird auf Kosten der Antragstellerin verworfen.
Wert: 3.516

Gründe:
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde sowie die Zurückweisung ihres [X.] in einer Unterhalts-sache.
Der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts ist durch den ihr am 2.
Juli 2014 zugestellten Beschluss des [X.] zurückgewiesen worden. Dagegen hat sie rechtzeitig Beschwerde einge-legt. Der die Beschwerdebegründung enthaltende und am 2.
September 2014 um 17.38
Uhr per Telefax beim [X.] eingegangene [X.]riftsatz war nicht unterzeichnet.
Nach entsprechendem Hinweis auf die Unzulässigkeit der Beschwerde hat das [X.] das Wiedereinsetzungsgesuch der Antragstellerin 1
2
3
-
3
-
zurückgewiesen
und das Rechtsmittel verworfen. Dagegen richtet sich die von der Antragstellerin eingelegte Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§
117 Abs.
1 Satz
4 FamFG, 522 Abs.
1 Satz
4, 574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1
ZPO,
§§
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG,
238 Abs.
2
Satz
1
ZPO statthaft. Sie ist jedoch nach
§
574 Abs.
2 ZPO unzulässig und deshalb gemäß §
74 Abs.
1 Satz
2 FamFG zu verwerfen.
1. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung
des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt die Antragstellerin
nicht in ihrem
verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten
Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtferti-gender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11.
März 2015

XII
[X.]
317/14

FamRZ 2015, 838 Rn.
5 mwN).
2. Das
[X.] hat die Beschwerde nach §
68 Abs.
2 Satz
2 FamFG als unzulässig verworfen, weil die Frist zur Beschwerdebegründung nach §
117 Abs.
1 Satz
3 FamFG nicht eingehalten worden ist, sowie das entsprechende
Wiedereinsetzungsgesuch der Antragstellerin (§
117 Abs.
5 FamFG, §
233 ZPO) zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde vermag nicht aufzuzeigen, dass eine Entscheidung des [X.] zur Si-cherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre (§
574 Abs.
2 ZPO).
4
5
6
-
4
-
a) Das [X.] hat ausgeführt, den Verfahrensbevollmächtig-ten treffe ein Organisationsverschulden, das die Antragstellerin sich zurechnen lassen müsse. Die Mitarbeiterin [X.]., welche statt des unterschriebenen [X.]riftsatzes die für die Antragstellerin vorgesehene Abschrift gefaxt habe, sei vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin nicht hinreichend über-wacht und kontrolliert worden. Entgegen der Darstellung der Antragstellerin sei diese [X.] und habe daher besonders intensiver Überwachung und Kontrolle bedurft. Der Mitarbeiterin sei bereits im [X.] in einem früheren Verfahren zum Versorgungsausgleich
ein Fehler unterlaufen, worauf die Antragstellerin seinerzeit ein Wiedereinsetzungsgesuch gestützt ha-be. Die Mitarbeiterin habe damals einen Antrag auf Fristverlängerung an das falsche Gericht adressiert und den Fehler selbst auf eine entsprechende An-weisung nicht korrigiert. Diese Unachtsamkeit habe dem Rechtsanwalt Veran-lassung geben müssen, die Mitarbeiterin besonders zu überwachen und immer wieder stichprobenweise zu kontrollieren, ob Weisungen befolgt werden. [X.] dies könne dem Vorbringen der Antragstellerin aber nicht entnommen wer-den. Damit sei eine unverschuldete Fristversäumung nicht hinreichend [X.] gemacht
worden.
b) Das hält sich im Rahmen der Rechtsprechung
des Bundesgerichts-hofs.
Zwar stellt die Versendung der Rechtsmittelbegründung per Telefax eine einfache Bürotätigkeit dar, mit der jedenfalls eine voll ausgebildete und er-
fahrene Rechtsanwaltsfachangestellte beauftragt werden darf. Dies gilt indes-sen mit der Einschränkung, dass
es sich um [X.] handeln muss
und keine Umstände vorliegen
dürfen, die eine besondere Kontrolle durch den Rechtsanwalt erfordern (vgl. [X.] Beschluss vom 11.
März 2014

VI
[X.]
45/13

NJW-RR
2014, 634 Rn.
9 mwN; Senatsbeschlüsse
vom 22.
Juli 7
8
9
-
5
-
2015

XII
[X.]
583/14

FamRZ 2015, 1878 Rn.
18 und vom 5.
Juni 2013

XII
[X.]
47/10

NJW-RR 2013, 1393 Rn.
10).
Von diesen Maßstäben ist auch das [X.] ausgegangen. Dass es aufgrund eines früheren Vorfalls die Zuverlässigkeit der Angestellten [X.]. verneint und insofern im Rahmen der dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin obliegenden [X.] zusätzliche Kontrollen für er-forderlich gehalten hat, entspricht den genannten Maßstäben. Die Darlegungen der Antragstellerin zur Glaubhaftmachung einer unverschuldeten Fristversäu-mung hat das [X.] im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdi-gung als nicht ausreichend angesehen.
Die von der Rechtsbeschwerde
dagegen erhobenen [X.] vermögen das
Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Dass bei dem früheren Vorfall in Wirk-lichkeit keine Frist versäumt worden und nur der Verfahrensbevollmächtigte davon irrtümlich ausgegangen war, ändert nichts daran, dass die Angestellte sich bei der Adressierung und Versendung des damaligen

als fristgebunden angesehenen

[X.]riftsatzes als unzuverlässig erwiesen hat. Dass regelmäßig die allgemeine Anweisung des Rechtsanwalts ausreicht, sämtliche [X.] [X.]riftsätze auf das Vorhandensein der Unterschrift und bei Übermittlung per Telefax anhand des [X.] zu überprüfen, gibt lediglich den für zuverlässige Büroangestellte geltenden Grundsatz wieder. Demgegenüber ist das [X.] im vorliegenden Fall in nicht zu beanstandender Weise von dem Sonderfall ausgegangen, dass sich eine Büroangestellte als unzuver-lässig erwiesen hatte und demzufolge trotz ihrer
Berufserfahrung zunächst be-sondere Kontrollen veranlasst waren. Da solche Kontrollen, die in Reaktion auf den damaligen Fehler erfolgt wären,
nicht dargelegt sind,
kann es auch dahin-stehen, in welcher Form und für welche Dauer diese veranlasst waren. In zeitli-cher Hinsicht
ist ein hinreichender Bezug zum hier in Rede stehenden Fehler 10
11
-
6
-
gegeben, zumal sich der vorangegangene Vorfall noch im Vorjahr
ereignet hat-te.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde handelt es sich bei dem der Angestellten früher unterlaufenen Fehler auch nicht um einen einmali-gen Fehler in einem anders gelagerten Fall. Vielmehr betreffen beide Fehler die allgemeine Sorgfalt im Zusammenhang mit der Anfertigung und Absendung

tatsächlich oder auch nur vermeintlich

fristwahrender [X.]riftsätze.
Dass sich der erste Fehler nicht auswirkte, ist unerheblich, da für den Verfahrensbevoll-mächtigten im Rahmen der ihm obliegenden [X.] auch ohne eingetretenen Nachteil ein besonderer Bedarf für Kontrollen erkennbar gewor-den war. [X.]ließlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass das [X.] des [X.] als nicht ausgeräumt angesehen hat (vgl. [X.] Beschluss vom 5.
September 2012

VII
[X.]
25/12

NJW 2012, 3516 Rn.
12 mwN).
Dose

[X.]

Klinkhammer

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
AG Ratingen, Entscheidung vom 01.07.2014 -
5 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 24.11.2014 -
II-7 [X.] -

12

Meta

XII ZB 653/14

13.01.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2016, Az. XII ZB 653/14 (REWIS RS 2016, 17856)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17856

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IV ZB 30/09 (Bundesgerichtshof)


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