Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.12.2023, Az. 6 StR 472/23

6. Strafsenat | REWIS RS 2023, 9388

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten M.     wird das Urteil des [X.] vom 31. [X.]i 2023, soweit es ihn betrifft,

a) im Strafausspruch dahin geändert, dass die erste Gesamtfreiheitsstrafe auf vier Jahre und sechs Monate festgesetzt wird;

b) im [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

2. Die Revision des Angeklagten [X.].  wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten M.     wegen zahlreicher Straftaten unter Einbeziehung anderweitig erkannter Strafen zu zwei Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Zudem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Den Angeklagten [X.].  hat es wegen räuberischer Erpressung unter Einbeziehung anderweitig erkannter Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und einem Monat verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die [X.] der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Das Rechtsmittel des Angeklagten M.     hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es ebenso wie die Revision des Angeklagten [X.].  unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die gegen den Angeklagten M.    verhängte erste Gesamtstrafe bedarf der Änderung.

3

Das [X.] hat ihn wegen Diebstahls, räuberischer Erpressung, Bedrohung, schwerer Brandstiftung, Brandstiftung sowie Wohnungseinbruchdiebstahls unter Einbeziehung von Strafen zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, die im [X.] mit fünf Jahren, hingegen in den Urteilsgründen mit vier Jahren und sechs Monaten bestimmt ist. Der Senat hat daher entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf die niedrigere der beiden Strafen erkannt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 5. Juli 2017 – 4 StR 31/17; vom 17. Oktober 2017 – 3 [X.], vom 1. Dezember 2020 – 6 [X.]/20).

4

2. Die Anordnung der Unterbringung dieses Angeklagten in einer Entziehungsanstalt begegnet durchgreifenden Bedenken.

5

a) Der Senat hat seiner Entscheidung die am 1. Oktober 2023 in [X.] getretene Fassung des § 64 StGB ([X.] vom 2. August 2023) zugrunde-zulegen (§ 2 Abs. 6 StGB, § 354a StPO).

6

Genügte nach § 64 Satz 2 StGB in der bis zum 30. September 2023 geltenden Fassung eine „hinreichend konkrete Erfolgsaussicht“, setzt § 64 Satz 2 StGB nunmehr voraus, dass der Behandlungserfolg „aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten“ ist. Durch die Neufassung der Vorschrift sind die Anforderungen an eine günstige Behandlungsprognose „moderat angehoben“ worden, indem jetzt eine „Wahrscheinlichkeit höheren Grades“ vorausgesetzt wird; im Übrigen bleibt es dabei, dass die Beurteilung der Erfolgsaussicht im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgebenden Umstände vorzunehmen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 2. November 2023 – 6 StR 316/23; BT-Drucks. 20/5913, S. 70).

7

b) Hieran gemessen halten die die Erfolgsaussicht begründenden Erwägungen des [X.]s revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand. Seine Annahme, für den Angeklagten sei eine „noch hinreichend konkrete Behandlungsaussicht“ gegeben, lässt vor allem wegen der zahlreichen prognoseungünstigen Umstände – namentlich der mehrjährigen Suchterkrankung, des Rückfalls kurze [X.] nach einer stationären Rehabilitationsmaßnahme und des fehlenden [X.] Empfangsraums – nicht die Feststellung zu, dass die nunmehr für einen Therapieerfolg geforderte „Wahrscheinlichkeit höheren Grades“ besteht.

8

3. Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung – wiederum unter Heranziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) – neuer Verhandlung und Entscheidung. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass das neue Tatgericht Umstände feststellt, die eine Erfolgsaussicht der Therapie nach dem neuen [X.]ßstab begründen. Der Senat hebt die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht eigene, widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen (§ 353 Abs. 2 StPO).

[X.]     

      

Ri[X.] Dr. Feilcke ist
urlaubsbedingt an der
Unterschrift gehindert.

      

Fritsche

      

      

[X.]

      

      

      

von [X.]     

      

     Arnoldi     

      

Meta

6 StR 472/23

14.12.2023

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Stade, 31. Mai 2023, Az: 201 KLs 9/22

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.12.2023, Az. 6 StR 472/23 (REWIS RS 2023, 9388)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9388

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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