Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.07.2019, Az. 6 AZR 548/18

6. Senat | REWIS RS 2019, 5546

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Gegenstand

Verkürzung der wöchentlichen Regelarbeitszeit nach § 9 Abs. 5 MTV T-Systems International


Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 29. August 2018 - 6 [X.] - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 18. Januar 2018 - 29 [X.]/17 - abgeändert.

3. Es wird festgestellt, dass sich die wöchentliche Regelarbeitszeit des [X.] seit dem 17. November 2016 gemäß § 9 Abs. 5 des Manteltarifvertrags T-Systems International vom 4. November 2014 reduziert.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine altersbedingte Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit des [X.].

2

Der am 17. November 1967 geborene Kläger war seit dem 1. Juli 2001 im Konzern der [X.] ([X.]) zunächst bei der [X.] (T-Data) beschäftigt. Seine wöchentliche Arbeitszeit betrug auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung durchschnittlich 40 Stunden.

3

Im Rahmen einer Fusion der T-Data mit anderen Konzerngesellschaften der [X.] ging das Arbeitsverhältnis des [X.] auf die [X.] ([X.]) über. Im Zuge dieses Übergangs schlossen der Kläger und die [X.] einen neuen Arbeitsvertrag, welcher die Anwendbarkeit der „für den Arbeitgeber geltenden betrieblich-fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung“ bestimmte. Nach § 9 Abs. 1 des Manteltarifvertrags der [X.] vom 28. Mai 2003 ([X.]) galt bei der [X.] grundsätzlich eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden. Eine altersbedingte Reduzierung der Arbeitszeit sah der [X.] nicht vor. Die Arbeitszeit des [X.] als von der T-Data kommender Arbeitnehmer bestimmte sich nach dem Tarifvertrag über besondere Arbeitsbedingungen bei der [X.] vom 28. Mai 2003 ([X.]). Nach § 5 [X.] wurden die Arbeitnehmer mit ihrer bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in das Arbeitszeitsystem gemäß § 9 [X.] überführt. Der Kläger wurde bei der [X.] dementsprechend weiterhin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt.

4

Nach einer Umfirmierung der [X.] zur [X.] ([X.]) erfolgte zum 1. Januar 2006 eine Fusion mehrerer Unternehmensteile der [X.] auf die [X.]. Ausweislich § 9 Abs. 1 des zum 1. Januar 2006 in [X.] getretenen Manteltarifvertrags für die [X.] ([X.] [X.]) galt bei der [X.] eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden. Eine altersbedingte Reduzierung der Arbeitszeit war nicht vorgesehen. Ebenfalls mit Wirkung zum 1. Januar 2006 trat der Tarifvertrag über besondere Arbeitsbedingungen bei der [X.] (TV SR [X.]) in [X.]. Mit diesem Tarifvertrag wurden in Ergänzung zum [X.] [X.] spezielle Regelungen zu den Arbeitsbedingungen der übergehenden Arbeitnehmer entsprechend ihrer unterschiedlichen Quelleinheiten getroffen. Nach § 4 TV SR [X.] wurden Arbeitnehmer mit ihrer bisherigen maßgebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in das Arbeitszeitsystem gemäß § 9 [X.] [X.] überführt. Hinsichtlich der Arbeitnehmer, die von der damaligen [X.] ausgehend von der dort geltenden Arbeitszeit von 40 Wochenstunden zum 1. Januar 2006 mit einer altersreduzierten Arbeitszeit ([X.]) oder mit einem Anspruch auf künftige altersbedingte Reduzierung auf die [X.] übergingen, gewährten § 52 Abs. 1 und Abs. 2 TV SR [X.] Bestandsschutz. Eine weitere Sonderregelung enthielt § 63 Abs. 2 TV SR [X.] für aus der [X.] stammende Arbeitnehmer, die mit einer [X.] von 38 Stunden innerhalb von zwei Jahren nach der Überleitung unter den Anwendungsbereich der sog. [X.]-Regelungen gefallen wären. Diese erhielten ab dem 53. Lebensjahr wahlweise eine gestaffelte altersbedingte [X.]gutschrift auf dem [X.] oder eine entsprechende Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit bei unverändertem Jahreszielgehalt. Der Kläger war von diesen Sonderregelungen nicht betroffen und wurde bei der [X.] nach § 4 TV SR [X.] über den 1. Januar 2006 hinaus mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt.

5

Aufgrund des Tarifvertrags zur [X.]absenkung auf der Grundlage des [X.] und zur Beschäftigungssicherung für die [X.] ([X.]) wurde die wöchentliche Arbeitszeit des [X.] bei der [X.] für die [X.] vom 1. Januar 2007 bis zum 31. März 2009 ohne Lohnausgleich um vier Stunden auf 36 Wochenstunden reduziert.

6

Mit Wirkung zum 1. April 2009 ging das Arbeitsverhältnis des [X.] im Zuge der Abspaltung des Geschäftsbereichs „Großkunden“ der [X.] auf die Beklagte über, die zu diesem [X.]punkt unter [X.] firmierte. Mit Wirkung zum 21. September 2009 erfolgte die Umfirmierung in [X.] ([X.]).

7

Der für die Beklagte geltende Manteltarifvertrag [X.] vom 4. November 2014 ([X.], nachfolgend [X.] [X.]) regelt in der Fassung des Tarifvertrags zur sozialverträglichen Begleitung des [X.] bei [X.] vom 14. Juni 2016 die Arbeitszeit der Beschäftigten vom 1. Juli 2016 bis zum 31. Dezember 2018 wie folgt:

        

§ 9   

        

Regelmäßige Arbeitszeit

        

…       

        

(3)     

Die tarifliche Regelarbeitszeit ist je nach Lebensphase unterschiedlich hoch. Sie beträgt für alle Arbeitnehmer bis zur Vollendung des 49. Lebensjahres 40 Wochenstunden.

        

…       

        
        

(5)     

Die Verkürzung der wöchentlichen Regelarbeitszeit erfolgt nach folgender Staffel:

                 

-       

vom 50. bis zur Vollendung des 52. Lebensjahres auf 38 Stunden,

                 

-       

vom 53. bis zur Vollendung des 54. Lebensjahres auf 36 Stunden,

                 

-       

ab dem 55. Lebensjahr auf 35 Stunden.

        

(6)     

Eine Reduzierung des [X.] (§ 4 ERTV) erfolgt aus Anlass der vorstehend geregelten … Regelarbeitsverkürzungen nicht.“

8

Im Rahmen der Tarifeinigung 2018 wurde die Geltungsdauer dieser Regelungen bis zum 31. Dezember 2020 verlängert.

9

Neben dem Manteltarifvertrag gelten bei der [X.] die „[X.] Sonderregelungen für Arbeitnehmer, die unter Anwendung der [X.] zur Behandlung von [X.] weiten Organisationsmaßnahmen im Rahmen einer gesellschaftsübergreifenden Organisationsmaßnahme von der [X.] zur [X.] übergeleitet werden“ (Sonderregelungen für übergeleitete Arbeitnehmer der [X.], nachfolgend [X.]) vom 15. März 2007. Dieser Tarifvertrag enthält hinsichtlich der Arbeitszeit ua. folgende Regelungen:

        

§ 5 Arbeitszeit gemäß § 9 [X.] [X.] Enterprise Services bei Arbeitnehmern ohne altersreduzierter Arbeitszeit

        

(1)     

Die bei der [X.] Business Services in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmer, die am Tag vor dem Überleitungsstichtag nicht den Regelungen der altersreduzierten Arbeitszeit unterfielen, werden vorbehaltlich der nachfolgenden Absätze mit der für sie geltenden tarifvertraglich festgelegten [X.] eines Vollbeschäftigten von 34 bzw. 38 Wochenstunden in das Arbeitszeitsystem gemäß § 9 [X.] [X.] Enterprise Services überführt. In Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer werden mit ihrer bisherigen individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in das Arbeitszeitsystem gemäß § 9 [X.] [X.] Enterprise Services überführt.

        

(2)     

Vollbeschäftigte Arbeitnehmer, für die bei der [X.] Business Services am Tag vor dem Überleitungsstichtag die tarifvertraglich festgelegte [X.] für Vollbeschäftigte in Höhe von 34 Wochenstunden zur Anwendung kam, können mit dem Arbeitgeber auf der Basis beiderseitiger Freiwilligkeit vereinbaren, mit Wirkung vom Überleitungsstichtag die [X.] auf 38 Stunden zu erhöhen. Zum Ausgleich der Erhöhung der [X.] wird das Jahreszielgehalt um 7 % angepasst.

        

(3)     

Für die von den Absätzen 1 bis 2 erfassten vollbeschäftigten Arbeitnehmer sowie auf dieser Basis Teilzeitbeschäftigten findet der § 9 Absatz 2 bis 7 [X.] [X.] Enterprise Services (altersreduzierte Arbeitszeit) keine Anwendung.

        

(4)     

Bei den Arbeitnehmern, deren [X.] am Tag vor dem Überleitungsstichtag auf der Grundlage des TV WAZ-Absenkung der [X.] Business Services befristet abgesenkt war, wird bei der Anwendung der vorstehenden Regelungen die [X.] zugrunde gelegt, die vor der befristeten Wochenarbeitsverkürzung für sie maßgebend war. ...“

Wöchentliche Arbeitszeiten von 34 bzw. 38 Stunden waren bei der [X.] die Regel.

§ 6 [X.] trifft Regelungen zur Arbeitszeit von Arbeitnehmern, die bei der [X.] gemäß § 52 TV SR [X.] eine altersreduzierte Arbeitszeit beanspruchen konnten. Diese werden grundsätzlich mit der für sie geltenden tarifvertraglich festgelegten [X.] in das Arbeitszeitsystem der [X.] bzw. der [X.] überführt (§ 6 Abs. 1 [X.]). Die Regelungen der altersreduzierten Arbeitszeit nach § 9 Abs. 2 bis Abs. 7 [X.] [X.] Enterprise Services finden einschließlich der bisher geltenden Sonderregelungen nach § 6 Abs. 2 [X.] in der Fassung Anwendung, die vor der Überleitung maßgebend waren. Nach der Protokollnotiz zu § 6 Abs. 1 [X.] findet § 6 [X.] allerdings auch auf Arbeitnehmer Anwendung, für die § 63 Abs. 2 TV SR [X.] nur deshalb nicht zur Anwendung kam, „weil der zweijährige [X.]raum bis zum Beginn der [X.]-Regelungen überschritten wurde“.

Mit Schreiben vom 9. April 2009 wurde der Kläger über die Veränderung seiner [X.] und seines [X.] ab dem 1. April 2009 informiert. Hierbei wurde ihm mitgeteilt, dass nach dem [X.] bei der Überführung die Arbeitszeit zugrunde gelegt wird, die ohne [X.]absenkung bei der [X.] gegolten hätte. Entsprechendes gelte für das Jahreszielgehalt. Am 4. November 2009 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag, der auf den [X.] Bezug nimmt. Der Kläger wurde deshalb bei der [X.] wieder mit einer wöchentlichen Regelarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt.

Mit seiner am 24. Juli 2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger nach einer vorangegangenen Ablehnung der [X.] die Feststellung verlangt, dass sich seine wöchentliche Regelarbeitszeit seit dem 17. November 2016 bei unverändertem Bruttogehalt von 40 auf 38 Stunden reduziert habe. Auf sein Arbeitsverhältnis finde § 9 Abs. 5 [X.] [X.] Anwendung. Da sein 50. Lebensjahr am 17. November 2016 begonnen habe, könne er ab diesem Tag die tarifliche Reduzierung seiner Arbeitszeit beanspruchen.

§ 5 Abs. 3 [X.] stehe dem nicht entgegen. Diese Ausnahmeregelung sei nicht anwendbar. Sie gelte nur für die in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] geregelten Fälle einer [X.] von 34 bzw. 38 Stunden. Seine [X.] habe ab dem 1. April 2009 wieder 40 Stunden betragen. Eine Nichtanwendbarkeit von § 9 Abs. 5 [X.] [X.] ergebe sich auch nicht aus § 5 Abs. 4 iVm. Abs. 3 [X.]. § 5 Abs. 4 [X.] verweise nicht allein auf den vorstehenden Abs. 3, sondern auf alle „vorstehenden Regelungen“ und damit auch auf die Voraussetzung einer [X.] von 34 bzw. 38 Stunden für den Anwendungsausschluss nach Abs. 3. Dies entspreche § 9 [X.] [X.], der von einer [X.] von 40 Stunden vor der Reduzierung ausgehe.

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass sich seine wöchentliche Regelarbeitszeit seit dem 17. November 2016 bei unverändertem Bruttogehalt von 40 auf 38 Stunden reduziert hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der auf den Kläger anwendbare § 5 Abs. 4 [X.] schließe in Verbindung mit § 5 Abs. 3 [X.] die Anwendung von § 9 Abs. 5 [X.] [X.] und damit die altersreduzierte Arbeitszeit aus. Dabei sei ohne Belang, dass § 5 Abs. 1 [X.] von den üblichen [X.]en von 34 bzw. 38 Stunden ausgehe. Im Fall des [X.] sei gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 [X.] seine reguläre Arbeitszeit von 40 Wochenstunden maßgeblich. Die in § 5 Abs. 1 [X.] genannten [X.]en seien durch diesen Wert zu ersetzen.

Dies entspreche der gesamten tarifvertraglichen Systematik. Der [X.] regle die Arbeitsbedingungen der zum 1. April 2009 von der [X.] auf die Beklagte übergegangenen Beschäftigten umfassend und abschließend. Für diese Beschäftigten hätten aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft nach den Vorgaben des TV SR [X.] unterschiedliche Regelungen gegolten (vgl. § 52 TV SR [X.]). Der [X.] nehme den TV SR [X.] mehrfach in Bezug und wolle damit die herkunftsspezifischen Arbeitsbedingungen fortschreiben. Dies zeige sich in der mit §§ 5 und 6 [X.] vorgenommenen Differenzierung. Demnach sollten nur diejenigen der auf die Beklagte übergeleiteten Arbeitnehmer einen Anspruch auf altersreduzierte Arbeitszeit haben, denen ein solcher Anspruch bereits vor der Überleitung zugestanden habe. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete Berufung des [X.] zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das [X.] hätte die Berufung des [X.] nicht zurückweisen dürfen. Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Der Antrag ist dahin auszulegen, dass der Kläger die Reduzierung seiner wöchentlichen Regelarbeitszeit ab dem 17. November 2016 nach § 9 Abs. 5 [X.] TSI festgestellt wissen will. Die Reduzierung von 40 auf 38 Stunden ist offensichtlich nur als Konkretisierung der ersten Stufe der Staffel angegeben. Das gesamte Vorbringen des [X.] ist auf die vollständige Anwendbarkeit des § 9 [X.] TSI gerichtet. Die Formulierung „bei unverändertem Bruttogehalt“ ist nur auf die Geltung von § 9 Abs. 6 [X.] TSI gerichtet und damit letztlich überflüssig. Zwischen den Parteien besteht kein Streit über die Vergütung bei einer etwaigen Arbeitszeitreduzierung nach § 9 Abs. 5 [X.] TSI.

2. Für den so verstandenen Antrag besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

a) Ein solches Feststellungsinteresse ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen ([X.] 7. Februar 2019 - 6 [X.] - Rn. 15).

b) Eine auf § 9 Abs. 5 [X.] TSI bezogene Antragstellung führt zu einer vollständigen und abschließenden Klärung des Umfangs der wöchentlichen Regelarbeitszeit des [X.] (vgl. zu einer bezahlten Freistellung [X.] 22. März 2018 - 6 [X.] - Rn. 15). Sie schafft Rechtsfrieden auch bzgl. des künftigen Umfangs der Arbeitspflicht bei steigendem Lebensalter des [X.].

II. Die Klage ist begründet. Seit dem 17. November 2016 ist die wöchentliche Regelarbeitszeit des [X.] nach § 9 Abs. 5 [X.] TSI verkürzt. Dessen Anwendbarkeit ist nicht durch § 5 Abs. 3 [X.] 2007 ausgeschlossen.

1. Sowohl der [X.] TSI als auch der [X.] 2007 sind nach Feststellung des [X.]s aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.

2. Die wöchentliche Regelarbeitszeit des [X.] ist nach § 9 Abs. 5 [X.] TSI seit dem 17. November 2016 verkürzt.

a) Nach § 9 Abs. 3 [X.] TSI beträgt die tarifliche [X.] für alle Arbeitnehmer bis zur Vollendung des 49. Lebensjahres 40 Stunden. Ab dem 50. Lebensjahr reduziert sich die wöchentliche Regelarbeitszeit nach der in § 9 Abs. 5 [X.] TSI vorgesehenen Staffel. Da der Kläger am 17. November 1967 geboren wurde, begann am 17. November 2016 sein 50. Lebensjahr. Die Vollendung des 49. Lebensjahres erfolgte gemäß § 186 iVm. § 187 Abs. 2 Satz 2, § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 16. November 2016 (vgl. [X.] 19. August 1965 - 2 [X.] -; BeckOGK/[X.] Stand 15. Juni 2019 BGB § 187 Rn. 44). Folglich ist die wöchentliche Regelarbeitszeit des [X.] gemäß § 9 Abs. 5 [X.] TSI seit dem 17. November 2016 auf 38 Stunden reduziert.

b) § 9 Abs. 5 des Tarifvertrags zur sozialverträglichen Begleitung des [X.] bei [X.] vom 14. Juni 2016 sieht allerdings vor, dass „bei den Arbeitnehmern, die aufgrund ihres Lebensalters die nächste Reduzierungsstufe der altersreduzierten Arbeitszeit erreichen, die Reduzierung der Arbeitszeit mit Beginn des Kalendermonats, der dem Kalendermonat folgt, in dem der Arbeitnehmer das maßgebende Lebensjahr erreicht hat, erfolgt“. Diese Regelung kommt nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur bei der „nächsten“ Reduzierungsstufe zur Anwendung. Die erste Reduzierungsstufe ist nicht erfasst, da eine „nächste“ Reduzierungsstufe eine vorangegangene Stufe voraussetzt. Die nächste Reduzierungsstufe erreicht der Kläger am 17. November 2019.

3. Die Anwendbarkeit des § 9 Abs. 5 [X.] TSI ist für den Kläger nicht gemäß § 5 Abs. 3 [X.] 2007 ausgeschlossen. Dies ergibt die Auslegung des § 5 [X.] 2007 (zur Tarifauslegung vgl. [X.] 7. Februar 2019 - 6 [X.] - Rn. 27).

a) § 5 [X.] 2007 regelt ausweislich seiner Überschrift die Arbeitszeit gemäß § 9 [X.] T-Systems Enterprise Services bei Arbeitnehmern ohne altersreduzierte Arbeitszeit. Dies bezieht sich nunmehr auf § 9 [X.] TSI. Mit der Beklagten ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien die Arbeitszeit aller vorher bei der [X.] Beschäftigten mit dem [X.] 2007 innerhalb seines Geltungsbereichs umfassend bezogen auf künftige Organisationsmaßnahmen regeln wollten. Hierfür sprechen die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern mit und ohne einem Anspruch auf altersreduzierte Arbeitszeit (§§ 5, 6 [X.] 2007) sowie die ergänzenden Bestimmungen zu [X.], [X.] und Gleitzeitregelungen (vgl. §§ 7 ff. [X.] 2007). Insoweit handelt es sich um eine Vorratsregelung, die in ihrem Anwendungsbereich den [X.] TSI verdrängt.

b) Innerhalb des § 5 [X.] 2007 werden in Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 verschiedene Beschäftigtengruppen unterschieden.

aa) § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2007 regelt die Überführung von „[X.]“ mit einer bisherigen tariflichen [X.] von 34 bzw. 38 Stunden in das neue Tarifsystem. Da solche [X.]en bei der [X.] die Regel waren, erfasst § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2007 den Großteil der in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmer. § 5 Abs. 1 Satz 2 [X.] 2007 bestimmt die Überführung der Teilzeitbeschäftigten mit ihrer individuellen Arbeitszeit.

bb) § 5 Abs. 2 [X.] 2007 ergänzt die Überführung von „[X.]“ mit einer bisherigen [X.] von 34 Stunden um die Möglichkeit einer künftigen Erhöhung auf 38 Stunden „auf der Basis beiderseitiger Freiwilligkeit“ und bestimmt die entsprechende Vergütungserhöhung.

cc) § 5 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2007 betrifft schließlich Arbeitnehmer, deren [X.] am Tag vor dem Überleitungsstichtag auf der Grundlage des [X.] befristet abgesenkt war. Bei diesen wird „bei der Anwendung der vorstehenden Regelungen“ die [X.] zugrunde gelegt, die vor der befristeten [X.]verkürzung für sie maßgebend war. Die Verwendung des Plurals „Regelungen“ verdeutlicht die Anwendbarkeit aller vorstehenden Regelungen. Darunter sind angesichts des in sich geschlossenen Regelungssystems des § 5 [X.] 2007 die vorstehenden Absätze dieser Tarifnorm zu verstehen. § 5 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2007 geht von deren „Anwendung“ aus, dh. deren Tatbestandsvoraussetzungen müssen zur Herbeiführung der jeweiligen Rechtsfolge erfüllt sein, soweit § 5 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2007 als [X.] keine Sonderregelung trifft. Eine solche sieht § 5 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2007 nur dergestalt vor, dass für die von der befristeten Arbeitszeitabsenkung Betroffenen deren vorher maßgebliche [X.] zugrunde zu legen ist. Dieser Wert ersetzt folglich die in § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2007 vorgesehenen [X.] bzw. 38 Wochenstunden oder entspricht ihnen. § 5 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2007 ermöglicht damit die Zuordnung der Beschäftigten mit einer vorherigen befristeten Arbeitszeitabsenkung zu der Überleitungsregelung des § 5 Abs. 1 [X.] 2007. Letztlich werden damit alle Arbeitnehmer mit ihren individuellen Arbeitszeiten nach § 5 Abs. 1 [X.] 2007 überführt.

c) Nach § 5 Abs. 3 [X.] 2007 finden die Regelungen zur altersreduzierten Arbeitszeit in § 9 Abs. 2 bis Abs. 7 [X.] T-Systems Enterprise Services bzw. [X.] TSI bzgl. der von § 5 Abs. 1 bis Abs. 2 [X.] 2007 erfassten Arbeitnehmer keine Anwendung. Beschäftigte mit einer [X.] von 40 Stunden sind von diesem Anwendungsausschluss nicht betroffen.

aa) Nach seinem Wortlaut bezieht sich § 5 Abs. 3 [X.] 2007 lediglich auf die unmittelbar von den ersten beiden Absätzen der Norm erfassten Beschäftigten. Das sind nur solche mit einer [X.] von 34 bzw. 38 Stunden sowie die auf dieser Basis Teilzeitbeschäftigten. Beschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden erfasst diese Bestimmung bei [X.] Verständnis daher nicht.

bb) Zum gleichen Ergebnis führt die Annahme, dass § 5 Abs. 3 [X.] 2007 grundsätzlich auch die Arbeitnehmer einbezieht, bei denen sich die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 [X.] 2007 erst durch § 5 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2007 ergibt. § 5 Abs. 3 [X.] 2007 ist dann bei Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs und seinem Zweck dahingehend einschränkend auszulegen, dass der mit ihm vorgesehene Anwendungsausschluss ausnahmsweise nicht gilt, wenn sich die [X.] eines nach § 5 Abs. 4 Satz 1 iVm. Abs. 1 [X.] 2007 übergeleiteten Arbeitnehmers auf 40 Stunden beläuft.

(1) Der Zweck des § 5 Abs. 3 [X.] 2007 ist klar erkennbar. Die Regelung bezieht sich auf § 5 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] 2007. Diese Vorschriften gehen vom Normalfall einer Arbeitszeit der Beschäftigten von 34 bzw. 38 Wochenstunden aus. Für diese Beschäftigten wäre die Anwendung der Absätze 2 bis 7 des § 9 [X.] T-Systems Enterprise Services bzw. [X.] TSI sinnwidrig, denn diese setzen eine Regelarbeitszeit von 40 Wochenstunden voraus und sehen deren altersbedingte Absenkung auf 38, 36 und schließlich 35 Stunden vor. Eine Absenkung von 34 bzw. 38 auf 38 Wochenstunden ist nicht möglich. Konsequent schließt § 5 Abs. 3 [X.] 2007 die altersreduzierte Arbeitszeit für die ohnehin nur 34 bzw. 38 Wochenstunden Leistenden daher aus.

(2) Dieser Regelungszweck des § 5 Abs. 3 [X.] 2007 kann nicht erreicht werden, wenn über § 5 Abs. 4 Satz 1 iVm. Abs. 1 [X.] 2007 der Sonderfall einer Überleitung mit einer [X.] von 40 Stunden eintritt. Diese [X.] deckt sich mit § 9 Abs. 3 [X.] T-Systems Enterprise Services bzw. [X.] TSI. Es besteht daher aus Sicht der Tarifvertragsparteien kein Anlass, Arbeitnehmern mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden den Anspruch auf eine Altersreduzierung der Arbeitszeit nach den Absätzen 2 bis 7 des § 9 [X.] T-Systems Enterprise Services bzw. [X.] TSI zu verwehren. § 5 Abs. 3 [X.] 2007 ist daher einschränkend dahingehend auszulegen, dass der Anwendungsausschluss für diese Personengruppe nicht zur Anwendung kommt.

cc) Das entgegenstehende Tarifverständnis des [X.]s findet weder im Wortlaut noch in der Systematik des [X.] 2007 einen hinreichenden Niederschlag.

(1) Dabei ist dem [X.] und der Beklagten im Ausgangspunkt darin zuzustimmen, dass die Tarifvertragsparteien - wie auch bei den vorangegangenen Umstrukturierungen (vgl. zB §§ 4, 52 TV SR [X.]) - eine Kontinuität der Arbeitsbedingungen und eine Sicherung des [X.] der Beschäftigten erreichen wollten. Dies belegt § 5 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] 2007 ebenso wie § 6 [X.] 2007.

(2) Die von der Beklagten mit Blick auf die Tarifentwicklung angenommene Differenzierung allein nach „Herkunft“ der Beschäftigten lässt sich dem [X.] 2007 jedoch nicht mit der vom Gebot der Normenklarheit (dazu zuletzt [X.] 14. März 2019 - 6 [X.] - Rn. 34; 16. Mai 2013 - 6 [X.] 836/11 - Rn. 26) verlangten Deutlichkeit entnehmen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass es entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 5 [X.] 2007 nicht auf das [X.] ankommen soll. Sowohl § 5 [X.] 2007 als auch § 9 Abs. 2 bis Abs. 7 [X.] T-Systems Enterprise Services bzw. [X.] TSI stellen auf die [X.]en ab. Wäre allein die „Herkunft“ der Beschäftigten maßgeblich, wäre die Regelungstechnik des § 5 [X.] 2007 nicht nachvollziehbar. Es hätte dann keines Bezugs zur [X.] bedurft um klarzustellen, dass Beschäftigte ohne bisherigen (ggf. potentiellen) Anspruch auf altersreduzierte Arbeitszeit unabhängig von ihrer [X.] entgegen § 9 Abs. 2 bis Abs. 7 [X.] T-Systems Enterprise Services bzw. [X.] TSI keinen solchen Anspruch haben sollen.

(3) Dieses Tarifverständnis widerspricht entgegen der Ansicht der Beklagten nicht der Protokollnotiz zu § 6 Abs. 1 [X.] 2007. Diese begründet zwar für Arbeitnehmer, deren Erwartung einer altersbedingten Arbeitszeit ehemals durch § 63 Abs. 2 TV SR [X.] geschützt wurde, einen entsprechenden Anspruch gegenüber der Beklagten. Hierbei handelt es sich jedoch um eine spezielle Anspruchsgrundlage, aus der kein Rückschluss auf den Anspruchsausschluss des § 5 Abs. 3 [X.] 2007 gezogen werden kann. Die Tarifvertragsparteien haben mit den §§ 5 und 6 [X.] 2007 iVm. § 9 Abs. 2 bis Abs. 7 [X.] T-Systems Enterprise Services bzw. [X.] TSI ein ausdifferenziertes Regelungssystem geschaffen, welches sich unterschiedlicher Regelungstechniken bedient (vollständige, eingeschränkte und erweiterte Geltung des [X.]). Hieraus kann ein Wille zur umfassenden Regelung geschlossen werden, der allerdings in unterschiedlichen, nicht vergleichbaren Einzelregelungen des [X.] 2007 Niederschlag gefunden hat. Dies steht einer Gesamtbetrachtung, wie sie die Beklagte vornimmt, entgegen.

(4) Aus demselben Grund führt der Hinweis der Beklagten auf weitere Überleitungsregelungen des [X.] 2007 nicht weiter. Diese stehen in keinem Bezug zu § 5 Abs. 3 [X.] 2007.

d) Der Kläger wird folglich vom Anwendungsausschluss des § 5 Abs. 3 iVm. Abs. 1 [X.] 2007 nicht erfasst. Für ihn verbleibt es bei der Anwendung der Grundregel des § 9 Abs. 5 [X.] TSI und dem sich daraus seit dem 17. November 2016 ergebenden Anspruch auf eine gestaffelte Altersreduzierung der Arbeitszeit.

III. Die Beklagte hat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Spelge    

        

    Heinkel    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Wollensak    

        

    Steinbrück    

                 

Meta

6 AZR 548/18

11.07.2019

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 18. Januar 2018, Az: 29 Ca 312/17, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.07.2019, Az. 6 AZR 548/18 (REWIS RS 2019, 5546)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5546

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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