Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.07.2013, Az. B 5 R 185/13 B

5. Senat | REWIS RS 2013, 4258

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - mangelnde Prozessfähigkeit einer betreuten Person - Verfahrenseintritt des Betreuer


Tenor

Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 18. April 2013 ([X.] R 395/12 B) wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Verfahren der Gegenvorstellung keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Der Senat hat die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 11.6.2012 mit Beschluss vom [X.] als unzulässig verworfen. Mit seiner Gegenvorstellung vom [X.] begehrt der Kläger, den Senatsbeschluss aufzuheben und die Revision gegen das vorbezeichnete Urteil des [X.] zuzulassen.

2

Es kann dahinstehen, ob Gegenvorstellungen im sozialgerichtlichen Verfahren nach Einführung der Anhörungsrüge (§ 178a SGG) überhaupt noch statthaft sind (bejahend [X.] Beschlüsse vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 - [X.]E 122, 190, 199 f, 201 f und der [X.] des 2. Senats - 2 BvR 2674/10 - NJW 2012, 1065 sowie [X.]-1500 § 178a [X.] Rd[X.] 4; offenlassend BSG Beschluss vom [X.] - B 1 KR 6/06 BH - Juris Rd[X.] 1) und der Senat befugt sein könnte, seinen unanfechtbaren Beschluss vom [X.] ohne gegenläufige gesetzliche Grundlage (vgl dazu [X.] Beschluss vom [X.] - [X.]/07 - [X.]E 225, 310; [X.], [X.] 9/2009 [X.] unter D.) im Verfahren der Gegenvorstellung mit dem Ziel aufzuheben, die formelle und materielle Rechtskraft (§ 141 Abs 1 SGG) des angefochtenen Urteils vom 11.6.2012 rückwirkend wieder zu beseitigen, die gemäß § 160a Abs 4 S 3 SGG kraft Gesetzes mit der Ablehnung der Beschwerde durch das BSG zugunsten der Beklagten eingetreten ist (zur Abänderungsbefugnis als Voraussetzung einer Gegenvorstellung vgl [X.] Beschluss vom 25.11.2008 - 1 BvR 848/07 - [X.]E 122, 190 = NJW 2009, 829, 830 Rd[X.]6; [X.] Beschlüsse vom 2.2.2004 - II ZR 294/01 - NJW-RR 2004, 574 und vom [X.] - [X.] - NJW 1981, 55; [X.] Beschluss vom 10.10.2012 - 5 [X.] 991/12 (A) - [X.], 167, 168 Rd[X.]; [X.] Beschlüsse vom 6.12.2011 - [X.]/11 - [X.]/NV 2012, 438 und vom 28.5.2010 - III S 11/10 - [X.]/NV 2010, 1651).

3

Denn selbst nach dem Recht, das vor Einführung der Anhörungsrüge galt, konnte eine unanfechtbare Entscheidung auf einen außerordentlichen Rechtsbehelf nur geändert werden, wenn diese Entscheidung offensichtlich dem Gesetz widersprach oder grobes prozessuales Unrecht enthielt (vgl [X.] SozR 1500 § 62 [X.] 16; [X.]-1500 § 160a [X.] 24 und Beschluss vom [X.], aaO). Das jetzige Vorbringen im Schriftsatz vom [X.] bietet für einen solchen Sachverhalt keinen Anhalt. Der Kläger legt weiterhin nicht dar, warum die Rechtsfolge des § 71 (nicht: § 75) Abs 6 SGG iVm § 53 ZPO im Berufungsverfahren nicht eingetreten sein könnte, obwohl sich seine Betreuerin mit Schriftsatz vom 10.6.2012 aktiv am Verfahren beteiligt hat. Nach diesen Vorschriften steht - auch im sozialgerichtlichen Verfahren - ein Prozessfähiger einem Prozessunfähigen gleich, wenn er im jeweiligen Rechtsstreit durch einen Betreuer (§ 1896 BGB) oder Pfleger vertreten wird. In seinem Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 BGB), erlangt also die Stellung eines gesetzlichen Vertreters ([X.] Urteil vom 14.10.1998 - 6 U 120/97 - NJW-RR 1999, 1699). Folglich erlischt die Prozessfähigkeit des Betreuten, sobald der Betreuer in den Prozess eintritt (vgl [X.] Beschluss vom 21.10.1982 - [X.]/82 - [X.]E 137, 3 und bereits [X.] vom 1.10.1902 - [X.] - [X.], 224); die Prozessführung liegt dann allein in den Händen des Betreuers, auch wenn der Betreute - mangels [X.] - an sich voll geschäftsfähig und damit nach § 71 Abs 1 SGG prozessfähig ist (vgl [X.] Urteil vom 24.6.1987 - [X.] - NJW 1988, 49, 51; [X.] Beschluss vom 22.3.1996 - 12 UF 451/95 - FamRZ 1997, 301, 302). Hat sich die Betreuerin aber aktiv am Prozessgeschehen beteiligt und ist durch den damit verbundenen Eintritt in das Verfahren die Prozessfähigkeit des Klägers erloschen, kommt es nicht mehr darauf an, ob er "ausdrücklich erklärt [hat], dass er sich im Berufungsverfahren selbst vertrete". Einen eventuellen "Dissens zwischen Betreutem und Betreuer" regelt § 71 Abs 6 SGG iVm § 53 ZPO in der Weise, dass nur Prozesshandlungen des Betreuers wirksam sind, so dass einander widersprechende [X.] - im Interesse eines sachgemäßen Prozessverlaufs (vgl [X.] Urteil vom 24.6.1987 - [X.] - NJW 1988, 49, 51; [X.] Beschluss vom 22.3.1996 - 12 UF 451/95 - FamRZ 1997, 301, 302) - ausgeschlossen sind (vgl [X.] Beschluss vom 21.10.1982 - [X.]/82 - [X.]E 137, 3). Eine Klärung "durch das Betreuungsgericht" kommt damit von vornherein nicht in Betracht. Es ist daher nicht erkennbar, dass dem Kläger durch den Senatsbeschluss vom [X.] grobes prozessuales Unrecht widerfahren sein könnte. Auch legt der Kläger keine rechtlich bedeutsamen Umstände dar, die die erste [X.] des [X.] als sachgrundlosen Willkürakt erscheinen lassen und den angegriffenen Senatsbeschluss im dargestellten Sinne als offenkundig unrichtig oder grob prozessrechtswidrig erschüttern könnten. Keinesfalls kommt es darauf an, ob "der Kläger davon ausgeht, dass das [X.] eben gerade keine substantiierte Grundlage für seine Einschätzung hatte". Stattdessen ist allein maßgebend, ob die Entscheidung des [X.] - wie der Senat im angefochtenen Beschluss betont hat - "unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist".

4

Dieser Beschluss ergeht in entsprechender Anwendung des § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.

5

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 5 R 185/13 B

10.07.2013

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Koblenz, 21. Oktober 2011, Az: S 10 R 839/09, Gerichtsbescheid

§ 71 Abs 1 SGG, § 71 Abs 6 SGG, § 160a SGG, § 1896 BGB, § 1902 BGB, § 53 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.07.2013, Az. B 5 R 185/13 B (REWIS RS 2013, 4258)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4258

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Referenzen
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Zitiert

12 UF 451/95

III S 11/10

IX S 19/11

1 BvR 848/07

2 BvR 2674/10

6 U 120/97

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