Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.03.2021, Az. NotZ (Brfg) 9/20

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2021, 7648

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Gegenstand

Besetzung eines Anwaltsnotariats in Berlin: Anforderungen an die allgemeine Wartezeit und die Anwaltstätigkeit eines Einzelanwalts als Notarbewerber


Tenor

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des [X.] vom 22. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger, der seit 2011 als Rechtsanwalt zugelassen ist und neben seiner Tätigkeit als Einzelanwalt auch als Berufsbetreuer sowie als Notar- und [X.] tätig war, bewarb sich auf eine der im [X.]vom 6. Oktober 2017 ausgeschriebenen 79 [X.]n. Die Bewerbungsfrist endete am 30. November 2017.

2

Mit Bescheid vom 18. September 2019 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass seine Bewerbung keinen Erfolg habe, weil Bedenken gegen seine persönliche Eignung für das [X.] bestünden und er die nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] erforderlichen Erfahrungszeiten nicht aufweise.

3

Die hiergegen gerichtete Klage, mit welcher der Kläger die Aufhebung des Bescheids und die Verpflichtung des Beklagten zur erneuten Bescheidung seiner Bewerbung begehrt, hat keinen Erfolg gehabt. Mit seinem Antrag, die Berufung zuzulassen, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

II.

4

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

5

Ein Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 [X.] liegt nicht vor. Insbesondere bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO iVm § 111d Satz 2 [X.]) noch hat die Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO iVm § 111d Satz 2 [X.]. Eine Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, § 111d Satz 2 [X.]) ist weder dargelegt noch gegeben. Ein Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, § 111d Satz 2 [X.]) ist ebenfalls nicht hinreichend dargetan.

6

1. Die Zulassung der Berufung ist zunächst nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geboten.

7

a) Der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 111d Satz 2 [X.] setzt voraus, dass der Antragsteller im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und sich dies auf die Richtigkeit des Ergebnisses auswirken kann (vgl. zB Senat, Beschlüsse vom 20. Juli 2020 - [X.] ([X.]) 5/19, [X.] 2020, 467 Rn. 2; vom 23. April 2018 - [X.] ([X.]) 6/17, NJW 2018, 2567, 2568 Rn. 11; vom 23. November 2015, [X.] ([X.]) 5/15, D[X.] 2016, 311, 312 Rn. 5 und vom 20. Juli 2015 - [X.] ([X.]) 12/14, [X.], 1915, 1917 Rn. 19; [X.]. [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 111d Rn. 3; [X.] in [X.]/Miermeister, [X.], 5. Aufl., § 111d Rn. 5 [X.]).

8

b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. [X.] bleiben kann dabei, ob - wie der Beklagte meint - die Voraussetzungen des [X.] bereits nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt sind. Denn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen jedenfalls nicht vor. Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die dagegen vom Kläger vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

9

Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Bescheidung seiner Bewerbung (§ 111b Abs. 1 Satz 1 [X.], § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), weil der ablehnende Bescheid des Beklagten rechtmäßig ist. Dem Kläger kann die ausgeschriebene [X.] nicht übertragen werden, weil er den Nachweis dafür, dass er die hierfür nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] erforderliche allgemeine und örtliche Wartezeit erreicht hat, nicht erbracht hat.

aa) Zum [X.] soll nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] nur bestellt werden, wer nachweist, dass er mindestens fünf Jahre in nicht unerheblichem Umfang für verschiedene Auftraggeber als Rechtsanwalt tätig war. Die Formulierung ʺin nicht unerheblichem Umfang" ist dabei nach der Rechtsprechung des [X.] dahin auszulegen, dass der Bewerber in erheblichem, ins Gewicht fallendem Maße als Rechtsanwalt tätig gewesen sein muss (vgl. Senat, Beschluss vom 14. März 2016 - [X.] ([X.]) 5/15, [X.], 675 Rn. 6). Wie sich aus dem mit der Norm verfolgten Ziel ergibt, muss der Bewerber durch seine anwaltliche Tätigkeit zeitlich und quantitativ signifikante Erfahrungen im Anwaltsberuf erworben (vgl. [X.]. 16/4972 S. 11; [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., § 6 Rn. 19) und die erforderlichen wirtschaftlichen und organisatorischen Grundlagen für die spätere Tätigkeit als Notar gelegt haben (vgl. [X.]. 11/6007 [X.] und [X.]. 16/4972 S. 11; vgl. zur örtlichen Wartezeit Senat, Beschlüsse vom 26. November 2012 - [X.] ([X.]) 6/12, NJW-RR 2013, 695 f. Rn. 16 und vom 3. Dezember 2001 - [X.] 17/01, [X.], 968, 969 [X.] sowie [X.], Beschluss vom 24. Oktober 2019 - [X.], juris Rn. 21; [X.] in [X.]/[X.], [X.], aaO, § 6 Rn. 33).

Allein der zeitliche Umfang der Tätigkeit lässt dabei weder hinreichende Rückschlüsse auf die notwendigen Erfahrungen im Anwaltsberuf noch darauf zu, ob der Bewerber die wirtschaftlichen Grundlagen für eine erfolgreiche notarielle Tätigkeit und seine hierfür erforderliche persönliche Unabhängigkeit geschaffen hat (vgl. zur örtlichen Wartezeit [X.], Beschlüsse vom 24. Oktober 2019 - [X.], juris Rn. 25 und vom 24. August 2017 - Not 8/17, juris Rn. 31; [X.]. [X.]; [X.] in [X.], [X.], aaO, § 6 Rn. 20). Maßgeblich für die Beurteilung sind deshalb zumindest auch Art und Zahl der übernommenen Mandate sowie die Höhe der hiermit erzielten Erlöse (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Oktober 2019 - [X.], juris Rn. 25 zur örtlichen Wartezeit). Daneben müssen im Rahmen der Tätigkeit als Rechtsanwalt auch qualitative Mindeststandards erfüllt sein ([X.] in [X.], [X.], aaO, § 6 Rn. 19).

bb) Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] hat der Bewerber zudem den Nachweis zu erbringen, dass er seit mindestens drei Jahren ohne Unterbrechung in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich tätig war. Diese Voraussetzung einer örtlichen Wartezeit soll nicht nur sicherstellen, dass der Bewerber mit den örtlichen Verhältnissen vertraut ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 26. November 2012 - [X.] ([X.]) 6/12, NJW-RR 2013, 695 f. Rn. 16 und vom 3. Dezember 2001 - [X.] 17/01, [X.], 968, 969 [X.]); sie dient insbesondere auch dem Zweck, zu gewährleisten, dass der Bewerber gerade im künftigen [X.] die erforderlichen organisatorischen und wirtschaftlichen Grundlagen für die angestrebte [X.] gelegt hat, so dass die Voraussetzungen für seine persönliche Unabhängigkeit geschaffen sind ([X.]. 11/6007 [X.]; Senat, Beschlüsse vom 26. November 2012 - [X.] ([X.]) 6/12, NJW-RR 2013, 695 f. Rn. 16 und vom 3. Dezember 2001 - [X.] 17/01, [X.], 968, 969 [X.]; Urteil vom 5. März 2012 - [X.] ([X.]) 14/11, [X.], 615 Rn. 6; [X.] in [X.]/[X.], [X.], aaO, § 6 Rn. 36 f.; [X.] in [X.]/Miermeister, [X.], aaO, § 6 Rn. 14 [X.]; [X.] in [X.], [X.], aaO, § 6 Rn. 20 f.). Da der [X.] das [X.] nur im Nebenberuf ausübt und somit die wirtschaftlichen Grundlagen des aufzubauenden Notariats in seiner Anwaltstätigkeit liegen, reicht hierfür nicht aus, dass die laufenden Mittel, die den künftigen Notariatsbetrieb sicherstellen sollen, aus dem Gebührenaufkommen entnommen werden, das außerhalb des [X.] erwirtschaftet wird (Senat, Beschluss vom 26. November 2012 - [X.] ([X.]) 6/12, NJW-RR 2013, 695 f. Rn. 16; Urteil vom 5. März 2012 - [X.] ([X.]) 14/11, [X.], 615 Rn. 6; [X.] in [X.], [X.], aaO, Rn. 20 [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], aaO, § 6 Rn. 37 [X.]).

cc) Das Erreichen der allgemeinen und örtlichen Wartezeit hat der Kläger, wie sowohl der Beklagte als auch der Notarsenat des [X.]s zutreffend angenommen haben, nicht nachgewiesen.

(1) An einem Nachweis des Erreichens sowohl der allgemeinen als auch der örtlichen Wartezeit im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] fehlt es bereits deshalb, weil die Angaben des [X.] zu seiner anwaltlichen Tätigkeit teilweise nicht nachvollziehbar und nicht plausibel sind. Der Kläger hat hinsichtlich der vom Bewerber nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] regelmäßig vorzuweisenden anwaltlichen Tätigkeit in nicht unerheblichem Umfang lediglich grobe Schätzungen angestellt, die zumindest in Teilen, wie der Beklagte und das [X.] näher ausgeführt haben und was der Kläger auch nicht in Abrede gestellt hat, weder nachvollziehbar und stimmig noch plausibel sind und aus denen sich daher nicht hinreichend verlässlich darauf schließen lässt, dass die Voraussetzungen der allgemeinen und örtlichen Wartezeit erfüllt sind.

So hat der Kläger seine Schätzung zum Umfang seiner anwaltlichen Berufsausübung in den fünf Jahren vor Ablauf der Bewerbungsfrist nicht nur teilweise auf widersprüchliche Grundlagen (zB divergierende Angaben zum zeitlichen Aufwand eines Mandats) gestützt; die von ihm angegebenen anwaltlichen Tätigkeiten waren auch den [X.]eils angesprochenen Zeiträumen nicht immer zuzuordnen. Manche Angaben zum zeitlichen Umfang der Tätigkeit als Rechtsanwalt waren wiederum mit den zu den Mandaten vorgelegten Unterlagen nicht in Einklang zu bringen. Der Vortrag des [X.] zu dem von ihm behaupteten Umfang seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt bleibt zudem zumindest in Teilen auch derart pauschal und vage, dass sich nicht mit der notwendigen Verlässlichkeit feststellen lässt, ob der Kläger - wie von § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] gefordert - tatsächlich in nicht unerheblichem Umfang als Rechtsanwalt tätig war. Hinzu tritt, ohne dass es hierauf noch entscheidend ankäme, dass unklar ist, ob der vom Kläger geschätzte Zeitaufwand für die Bearbeitung der einzelnen Mandate tatsächlich ausnahmslos anwaltlicher Tätigkeit zuzuordnen ist oder aber in Teilen auf üblicherweise von [X.] zu erbringende Unterstützungsleistungen entfällt (vgl. Bescheid vom 18. September 2019, [X.]). Zweifel hieran bestehen, weil der Kläger seinen gesamten [X.] allein, also ohne fremde Unterstützung, organisiert und abgewickelt, hinsichtlich des angegebenen Zeitaufwands für die Mandate aber nicht exakt zwischen anwaltlicher und rein organisatorischer Tätigkeit differenziert hat.

(2) Entgegen der Auffassung des [X.] haben weder der Beklagte noch das [X.] überzogene Anforderungen an die Darlegung des Umfangs anwaltlicher Tätigkeit gestellt. Wie detailliert der Nachweis des konkreten Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit des Bewerbers sein muss, kann dabei offen bleiben. Denn jedenfalls muss das Vorbringen zu Art und Umfang der bisherigen anwaltlichen Tätigkeit, damit der Zweck der Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] überhaupt erreicht werden kann, widerspruchsfrei und so substantiiert sein, dass es eine geeignete Grundlage für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] bietet (vgl. hierzu auch [X.], Beschluss vom 24. August 2017 - Not 8/17, juris Rn. 27; [X.] in [X.], [X.], aaO, § 6 Rn. 20). Aus dem Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2002 ([X.] 15/02, NJW-RR 2003, 642, 643) ergibt sich entgegen der Auffassung des [X.] nichts anderes.

Diesen Darlegungsanforderungen genügt das Vorbringen des [X.] im Bewerbungsverfahren, wie der Beklagte und ihm folgend das [X.] zutreffend angenommen haben, nicht.

(3) Nachdem die Zahl der vom Kläger jährlich bearbeiteten anwaltlichen Mandate gering war und das Vorbringen des [X.] zum zeitlichen Umfang seiner anwaltlichen Tätigkeit insgesamt wenig konkret sowie in Teilen unzutreffend und widersprüchlich war, lässt sich das Erreichen des von § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] geforderten Mindestumfangs anwaltlicher Tätigkeit von vornherein nicht feststellen. Anderes würde auch nicht unter vollumfänglicher Berücksichtigung der daneben vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als Berufsbetreuer gelten, die der Beklagte und das [X.] ohnedies bereits teilweise als anwaltliche Tätigkeit berücksichtigt haben, soweit sie nach den Gebührentatbeständen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes abgerechnet wurde. Aus der Antragsschrift geht mit Blick auf die vom Kläger erbrachte [X.] schon nicht nachvollziehbar hervor, dass der Zeitaufwand für die Tätigkeit der nicht nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abgerechneten [X.] - zusammen mit den übrigen Zeiten der Berufstätigkeit des [X.] - einen solchen Umfang erreichte, dass die zeitlichen Anforderungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] erfüllt wären. Ob eine Tätigkeit als Berufsbetreuer der von § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] geforderten anwaltlichen Tätigkeit gleichzusetzen ist, kann danach schon deshalb dahingestellt bleiben.

(4) Die vom Kläger übernommenen Notar- und [X.] haben der Beklagte und der Notarsenat des [X.]s zu Recht bei der Bewertung des Umfangs der anwaltlichen Vorerfahrung des [X.] gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] inhaltlich unberücksichtigt gelassen (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2012 - [X.] 15/02, NJW-RR 2003, 642, 643; vgl. auch [X.], Beschluss vom 18. Dezember 2002 - 1 BvR 2251/02, NJW 2003, 1108). Es kann deshalb auf sich beruhen, ob - was der Kläger für unrichtig hält - die entsprechenden Tatsachen bereits deshalb unberücksichtigt bleiben mussten, weil er sie erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist vorgebracht hat.

(5) Schließlich hat der Kläger auch nicht dargetan und nachgewiesen, dass durch seine Tätigkeit als Rechtsanwalt die organisatorischen und wirtschaftlichen Grundlagen für eine Tätigkeit als [X.] geschaffen sind. Zu seinen aus der anwaltlichen Tätigkeit erzielten Erlösen hat er sich nicht erklärt. Die geringe Anzahl seiner Mandate verbunden mit dem Umstand, dass der Kläger seine Tätigkeit als Einzelanwalt ohne Kanzleiangestellte auszuüben vermag, mithin den gesamten [X.] selbst organisieren und abwickeln kann, legt die Annahme, dass die erforderlichen organisatorischen und wirtschaftlichen Grundlagen für eine notarielle Tätigkeit geschaffen sind, bereits nicht nahe. Zweifel am Vorliegen der für eine Tätigkeit als [X.] erforderlichen organisatorischen Voraussetzungen werden zudem dadurch verstärkt, dass der Kläger, wie er selbst geltend gemacht hat, nicht mehr über Unterlagen zu verschiedenen Mandaten verfügt, obwohl die hierfür geltende Aufbewahrungsfrist noch nicht abgelaufen war (vgl. Bescheid vom 18. September 2019, S. 9).

2. Die Zulassung der Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 111d Satz 2 [X.]) veranlasst.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und -fähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und die deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. zB Senat, Beschlüsse vom 20. Juli 2020 - [X.] ([X.]) 2/19, juris Rn. 5 und vom 20. Juli 2015 - [X.] ([X.]) 12/14, [X.], 248, 250 Rn. 9; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 26. Aufl., § 124 Rn. 10; [X.] in [X.]/Miermeister, [X.], aaO, § 111d Rn. 7; [X.]. [X.]). [X.] ist eine Rechtsfrage dabei nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Ist die Rechtsfrage höchstrichterlich bislang nicht entschieden, bestehen derartige Unklarheiten unter anderem dann, wenn sie von [X.] unterschiedlich beantwortet werden oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (Senat, Beschluss vom 14. März 2016 - [X.] ([X.]) 5/15, D[X.] 2016, 879, 882 f. Rn. 15 [X.]).

Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die durch das angefochtene Urteil aufgeworfene Rechtsfrage konkret zu benennen sowie ihre [X.]keit und ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im Einzelnen aufzuzeigen. Hierfür bedarf es insbesondere auch Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (Senat, Beschluss vom 14. März 2016 - [X.] ([X.]) 5/15, D[X.] 2016, 879, 882 f. Rn. 15 [X.]). Weiterhin ist die Entscheidungserheblichkeit für den konkreten Rechtsstreit darzulegen.

b) Ob der Zulassungsgrund überhaupt den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt ist, kann dahingestellt bleiben. Denn grundsätzliche Bedeutung kommt der Sache ungeachtet dessen nicht zu.

aa) Die Sache hat entgegen der Auffassung des [X.] insbesondere nicht deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil die Anforderungen an die Darlegungstiefe hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit des Bewerbers der grundsätzlichen Klärung bedurften. Die Frage, ob der zeitliche Aufwand der bisherigen Tätigkeit als Rechtsanwalt in [X.] darzulegen ist, stellt sich vorliegend nicht. Der Notarsenat des [X.]s hat zutreffend angenommen, dass dem vom Bewerber nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] zu erbringenden Nachweis jedenfalls durch den pauschalen und in Teilen widersprüchlichen und unplausiblen Vortrag des [X.] nicht Genüge getan ist. Nachdem die Angaben des [X.] diese Mängel aufwiesen, daneben aber auch derart unsubstantiiert waren, dass sie als Beurteilungsgrundlage für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] erkennbar ungeeignet waren, kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob es einer Darlegung in [X.] bedarf, nicht mehr an.

bb) Auch der vom Beklagten und - ihm folgend - dem Notarsenat des [X.]s verneinten Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Tätigkeit als Berufsbetreuer einer anwaltlichen Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] gleichzustellen ist, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil es insoweit an der Entscheidungserheblichkeit fehlt, nachdem der Kläger keinen nachvollziehbaren und hinreichend substantiierten Vortrag zu diesen Tätigkeiten gehalten hat (vgl. Ausführungen unter 1. b] cc] [3]).

cc) Von grundsätzlicher Bedeutung ist des weiteren auch nicht die Frage, ob Tätigkeiten eines Bewerbers als Notarvertreter oder [X.] als rechtsanwaltlicher Vorerfahrung im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] entsprechend anzusehen und daher für die Beurteilung des Erreichens der Wartezeiten zu berücksichtigen sind. Die Frage ist bereits dahin entschieden, dass dies nicht der Fall ist (Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2002 - [X.] 15/02, NJW-RR 2003, 642, 643), und schon deshalb nicht mehr klärungsbedürftig. Sie ist daneben auch nicht entscheidungserheblich, weil die Klage bereits mangels belastbaren und ausreichend substantiierten Vorbringens des [X.] zum Umfang der bisherigen Tätigkeit als Rechtsanwalt und mangels jeglichen Nachweises, dass die organisatorischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine künftige Tätigkeit als [X.] geschaffen sind, zu Recht vom [X.] abgewiesen wurde.

dd) Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist schließlich auch nicht mit Blick auf die Frage, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist nachgewiesen sein müssen, gegeben. Auch insoweit fehlt es bereits an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit (vgl. Ausführungen unter 1. b] cc] [4]).

3. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, § 111d Satz 2 [X.]) ist weder den Anforderungen entsprechend dargelegt noch liegt dieser vor.

a) Der Zulassungsgrund der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO iVm § 111d Satz 2 [X.] setzt voraus, dass das erstinstanzliche Urteil von der ober- oder höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt dabei vor, wenn das in [X.] erstinstanzlich zuständige [X.] mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der ober- oder höchstrichterlichen Judikatur aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 20. Juli 2020 - [X.] ([X.]) 2/19, juris Rn. 8 und vom 20. Juli 2015 - [X.] ([X.]) 12/14, [X.], 248, 253 Rn. 16 [X.]; vgl. auch [X.] in [X.]/Miermeister, [X.], aaO, § 111d Rn. 8 [X.]).

Zur Darlegung des [X.] der Divergenz müssen dabei sowohl der der obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Entscheidung zugrunde liegende abstrakte Rechtssatz als auch der vom [X.] in der angefochtenen Entscheidung aufgestellte abstrakte Rechtssatz aufgezeigt werden, der hierzu im Widerspruch steht und die oberlandesgerichtliche Entscheidung trägt (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Mai 1999 - 4 B 21.99, NVwZ-RR 2000, 260 [X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.] VwGO, [X.]. [Stand: 1. Januar 2021], § 124a Rn. 78 [X.]; vgl. auch [X.] in [X.]/Miermeister, [X.], aaO, § 111d Rn. 3 [X.]).

b) Hieran fehlt es vorliegend. Die Antragsschrift zeigt bereits keine tragenden Rechtssätze der angefochtenen Entscheidung einerseits und der ober- oder höchstrichterlichen Rechtsprechung andererseits auf, die in Divergenz zueinander stünden. Ein prinzipieller Auffassungsunterschied des Notarsenats des [X.]s und der sonstigen ober- oder höchstrichterlichen Rechtsprechung über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes wird schon nicht nachvollziehbar dargetan.

Einen Rechtssatz des Inhalts, dass der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 [X.] im Rahmen der Bewerbung detailgenau dargelegt sein müsse, stellt die Vorinstanz im angegriffenen Urteil nicht auf. Ebenso wenig lässt sich den vom Kläger angeführten Referenzentscheidungen des [X.]s Celle vom 24. Oktober 2019 ([X.], juris) und des Senats vom 2. Dezember 2002 ([X.] 15/02, NJW-RR 2003, 642, 643) ein Rechtssatz des Inhalts entnehmen, wonach es einer nachvollziehbaren substantiierten Darlegung des Umfangs anwaltlicher Tätigkeit des Bewerbers nicht bedürfe.

4. Schließlich ist die Zulassung der Berufung auch nicht wegen eines [X.] (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, § 111d Satz 2 [X.]) veranlasst.

a) Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist mit Blick auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO schon nicht ausreichend begründet. Zur Darlegung, dass die Entscheidung auf einem Verfahrensfehler beruht, bedarf es, soweit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht wird, nachvollziehbaren Vortrags dazu, welches Parteivorbringen übergangen worden sein soll und welche Schriftsätze den als übergangen gerügten Vortrag enthalten (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Januar 2011 - 10 [X.], juris Rn. 6; [X.] in [X.]/Wolf, [X.] VwGO, aaO, § 124a Rn. 64 ff., 79; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, aaO, § 124a Rn. 49; [X.]. [X.]). Der Zulassungsantrag muss es dem Berufungsgericht ermöglichen, auf seiner Basis - mithin ohne weitergehende Ermittlungen - zu erkennen, ob der gerügte Zulassungsgrund vorliegt oder nicht ([X.] in [X.]/[X.] aaO [X.]).

Diesen Anforderungen ist mit der Antragsschrift nicht Genüge getan. Welchen konkreten - entscheidungserheblichen - Vortrag das [X.] übergangen haben soll, ergibt sich hieraus nicht. Der bloße pauschale Hinweis auf erstinstanzliche Schriftsätze oder Teile hiervon genügt für die erforderliche Darlegung eines Gehörsverstoßes ebenso wenig wie die nicht näher belegte Behauptung, das Gericht habe sich mit dem Parteivorbringen nicht ausreichend auseinandergesetzt oder dieses nicht ausreichend referiert.

Auch soweit der Kläger das Vorliegen eines Gehörsverstoßes damit begründet, dass das [X.] die Stoßrichtung seines Vortrags zur Berücksichtigungsfähigkeit seiner Tätigkeit als Notarvertreter und [X.] verkannt und seinen diesbezüglichen Vortrag demzufolge offenbar nicht zur Kenntnis genommen habe, ist ein entsprechender Verfahrensmangel nicht nachvollziehbar dargelegt, weil nicht ausgeführt wurde, warum dieser in entscheidungserheblicher Weise übergangen worden sein sollte. Vielmehr hat sich die Vorinstanz mit diesem Vortrag befasst (S.12 des angefochtenen Urteils), diesen aber aus Rechtsgründen für unerheblich erachtet.

b) Ein Verfahrensmangel im Sinne einer Verletzung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Auf die vom Kläger als ungehört geblieben gerügten Ausführungen zu seinen Erfahrungen aus [X.], aus [X.] und aus Betreuertätigkeit kommt es wiederum schon deshalb nicht an, weil Art und Umfang der einzelnen Tätigkeiten sowie das Vorliegen der wirtschaftlichen und organisatorischen Voraussetzungen für eine Tätigkeit als [X.] nicht nachvollziehbar und substantiiert dargelegt wurden, hinsichtlich der [X.] und [X.] aber auch deshalb nicht, weil derartige Tätigkeiten für die Frage des Vorliegens der Wartezeit nicht zu berücksichtigen sind (Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2002 - [X.] 15/02, NJW-RR 2003, 642, 643).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 [X.] iVm § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 111g Abs. 2 Satz 1 [X.].

[X.]     

        

Tombrink     

        

Pernice

        

Brose-Preuß     

        

Müller-Eising     

        

Meta

NotZ (Brfg) 9/20

22.03.2021

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend KG Berlin, 22. Juli 2020, Az: AR 15/19 Not

§ 6 Abs 2 S 1 Nr 1 BNotO, § 6 Abs 2 S 1 Nr 2 BNotO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.03.2021, Az. NotZ (Brfg) 9/20 (REWIS RS 2021, 7648)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7648

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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