Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2001, Az. IV ZR 101/00

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 2194

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:20. Juni 2001HerrwerthJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________[X.] § 152Ist im Haftpflichturteil ein schadensverursachender Pflichtverstoß des [X.] festgestellt, kann sich der Versicherer im Deckungsprozeß zur [X.] ("... Schadensverursachung durch ... wissent-liche Pflichtverletzung") nicht auf eine andere schadensverursachende Pflichtwidrig-keit berufen.[X.], Urteil vom 20. Juni 2001 - [X.]/00 - [X.]LG Mannheim- 2 -- 3 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] Richterin [X.] auf die mündliche Verhandlung vom20. Juni 2001für Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des12. Zivilsenats des [X.] vom2. März 2000 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger nimmt als Pfändungsgläubiger den beklagten [X.] aus einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung des Streithel-fers in Anspruch.Der Kläger beauftragte den Streithelfer als Prozeßanwalt, nachdem Tod seines [X.] einen Pflichtteilsanspruch gegen seine [X.] geltend zu machen. Der Streithelfer reichte eine von dem Ver-- 4 -kehrsanwalt des [X.] entworfene Stufenklage auf Auskunft, eides-stattliche Versicherung der Richtigkeit und Zahlung ein. Im [X.] zur mündlichen Verhandlung erklärte er die Auskunftsklage einseitigin der Hauptsache für erledigt; weitere Anträge stellte er nicht. [X.] wurde die Klage in der ersten Stufe abgewiesen. Der [X.] übermittelte das Teilurteil dem Kläger; darüber hinausgehendeMaßnahmen wurden durch ihn nicht getroffen. Auf fünf anschließendeSachstandsanfragen des [X.] bzw. des [X.] reagierte ernicht. Daraufhin kündigte der Kläger dem Streithelfer das Mandat fristlos.Die neu beauftragten Prozeßbevollmächtigten des [X.] bean-tragten die Fortsetzung des Pflichtteilsrechtsstreits in der zweiten unddritten Stufe. Die restliche Klage wurde durch [X.] wegen [X.] abgewiesen.In dem folgenden Haftpflichtprozeß wurde der Streithelfer rechts-kräftig verurteilt, wegen positiver Vertragsverletzung des [X.] dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 131.207,32 DM zu leisten.Für diesen Rechtsstreit hatte die Beklagte dem Streithelfer unter Vorbe-halt einer Prüfung der Leistungsfreiheit nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 ihrer All-gemeinen Bedingungen für die [X.] von Rechtsanwälten und Patentanwälten ([X.]) vorläufig Dek-kungsschutz erteilt. Die Klausel lautet:"Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprü-che ... wegen Schadenverursachung durch [X.] 5 -chen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auf-traggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung."Nachdem der Kläger nur Teilbeträge auf seine titulierte [X.] dem Streithelfer erhalten hatte, pfändete er dessen Ansprüche ausdem Versicherungsvertrag mit der Beklagten und ließ sie sich zur [X.] überweisen. Die Beklagte berief sich gegenüber dem Streithel-fer auf Leistungsfreiheit, weil dieser Sachstandsanfragen des Mandantennicht beantwortet und es unterlassen habe, Schritte zur [X.] Verjährung zu unternehmen.Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinZahlungsbegehren in Höhe von 114.176,73 DM weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils undzur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.[X.] Nach Ansicht des Berufungsgerichts greift der [X.] § 4 Ziff. 5 Satz 1 [X.] ein. Diese Klausel sei Inhalt des [X.] geworden, den der Streithelfer mit der [X.] habe. Sie stelle einen subjektiven [X.] dar undsei [X.] -Es sei zwar zweifelhaft, wenn nicht auszuschließen, daß [X.] den Pflichtteilsanspruch des [X.] vorsätzlich habe verjäh-ren lassen. In jedem Fall habe der Streithelfer seine Anwaltspflichtenaber wissentlich dadurch verletzt, daß er die Sachstandsanfragen des[X.] und des [X.] unbeantwortet gelassen habe. [X.] Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen sei ursächlichfür den Schaden des [X.] - die Abweisung des Pflichtteilsanspruchswegen Verjährung - gewesen. Die Beklagte sei nicht gehindert, sich [X.] auf diese Pflichtverletzung zu berufen. Denn das Land-gericht habe in dem Haftpflichtprozeß lediglich festgestellt, daß [X.] des [X.] infolge einer dem Streithelfer anzula-stenden Untätigkeit verjährt sei. Es habe die schuldhafte Vertragspflicht-verletzung des Streithelfers darin gesehen, daß dieser keine die Verjäh-rung unterbrechenden Maßnahmen ergriffen habe. Damit, wie die Nicht-beantwortung der Sachstandsanfragen zu bewerten sei, habe es [X.] befaßt.I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in [X.] Die Bestimmung des § 4 Ziff. 5 Satz 1 [X.] ist nach der vonder Revision nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts inden [X.] zwischen [X.] und dem Streithelfer einbezogen [X.] 7 -Sie enthält einen subjektiven [X.], der in [X.] von der dispositiven Vorschrift des § 152 [X.] abweicht. [X.] stellt § 4 Ziff. 5 Satz 1 [X.] zugunsten des Versicherungsneh-mers nur auf näher beschriebene Verstöße gegen konkrete Be-rufspflichten ab und läßt insoweit nicht bedingten Vorsatz genügen, son-dern fordert direkten Vorsatz. Zum anderen muß der Versicherungsneh-mer nicht den schädigenden Erfolg als möglich vorhergesehen und billi-gend in Kauf genommen haben (vgl. Senatsurteil vom 17. [X.] - [X.] - [X.], 174 unter [X.]).Ein solcher [X.] in Allgemeinen Versicherungsbedin-gungen ist wirksam (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1990 - [X.]/89 - [X.], 176 unter 6 c).2. Aufgrund der Bindungswirkung des Haftpflichturteils ist es [X.] im Deckungsprozeß verwehrt, sich auf eine wissentlichePflichtverletzung des Streithelfers durch Nichtbeantwortung der [X.] zu [X.]) In der Haftpflichtversicherung gilt das [X.]. DasHaftpflichtverhältnis, das zwischen dem geschädigten [X.] und demhaftpflichtigen Versicherungsnehmer besteht, ist von dem Deckungsver-hältnis zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer zutrennen. Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozeß zu entscheiden, ob und inwelcher Höhe der Versicherungsnehmer dem [X.] gegenüber haftet.Ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im [X.] -geklärt (ständige Rechtsprechung, zuletzt [X.]Z 117, 345, 350; [X.]Z119, 276, 278 m.w.[X.]) Notwendige Ergänzung des [X.]s ist die Bin-dungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den [X.]. Die Bindungswirkung folgt nicht aus [X.] des Haftpflichturteils, da der Versicherer am Haftpflichtpro-zeß nicht beteiligt ist. Vielmehr ist sie dem Leistungsversprechen, dasder Haftpflichtversicherer dem Versicherungsnehmer im [X.] gegeben hat, zu entnehmen ([X.]Z 119, 276, 280 f). Sie bedeu-tet, daß das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für [X.] verbindlich ist. Damit wird verhindert, daß die im [X.] getroffene Entscheidung und die zugrundeliegenden Fest-stellungen im Deckungsprozeß erneut überprüft werden können ([X.]Z117, 345, 350; [X.]Z 119, 276, 278 f m.w.N.).Trotz der Bindungswirkung bleiben dem Versicherer im Deckungs-prozeß etwaige versicherungsrechtliche Einwendungen erhalten; sokann er sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung oderaufgrund eines [X.] berufen ([X.], Urteile vom 28. [X.] - [X.]/57 - [X.], 361 unter 1 und vom 20. September1978 - V ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I). Ist eine für den [X.] im Hinblick auf eine Risikobegrenzung oder einen [X.] wesentliche Tat- oder Rechtsfrage im Haftpflichtprozeß of-fen geblieben, so ist sie im Deckungsprozeß zu entscheiden ([X.], [X.] 26. April 1962 - [X.] - [X.], 557 unter [X.] -Das Haftpflichturteil entfaltet aber im nachfolgenden Deckungs-prozeß Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstat-bestand geht ([X.]Z 119, 276, 278). Dieser umfaßt die tatsächlichenElemente, die der Tatrichter des Haftpflichtprozesses der Haftung desVersicherungsnehmers zugrunde gelegt hat. Wird dem Versicherungs-nehmer vorgeworfen, pflichtwidrig eine Handlung unterlassen zu haben,so gehört zum [X.] auch, was der Versicherungsnehmerhätte tun müssen, um pflichtgemäß zu handeln.c) Diese Grundsätze gelten auch hier. [X.] festgestellt ist [X.] nicht nur, daß der Pflichtteilsanspruch des [X.]verjährt und die Klage daher zu Recht abgewiesen worden ist. Auch derdem Streithelfer anzulastende Pflichtverstoß wird von der Bindungswir-kung erfaßt. Das Haftpflichturteil hat die Vertragspflichtverletzung [X.] darin gesehen, daß dieser es unterlassen hat, den [X.] Verjährung zu verhindern. Welche Maßnahmen der Streithelfer hätteergreifen müssen, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern, ist imHaftpflichturteil - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht offengeblieben. Vielmehr ist dem Gesamtzusammenhang der [X.], soweit sie sich mit der objektiven Pflichtwidrigkeit befassen, zuentnehmen, daß dem Streithelfer vorgeworfen worden ist, den [X.] nicht weiter betrieben zu haben. Als nächste Prozeßhandlung, diegeeignet gewesen wäre, die durch den Stillstand des Verfahrens erneutin Lauf gesetzte Verjährungsfrist zu unterbrechen (§ 211 Abs. 2 Satz [X.]), hat der Tatrichter des Haftpflichtprozesses die Einreichung [X.] genannt, mit dem die späteren Prozeßbevollmächtigten des[X.] beantragten, das Verfahren über die weiteren Stufen fortzuset-- 10 -zen. Außerdem ist im Haftpflichturteil festgehalten, daß dem Kläger [X.] in Höhe von 118.846,99 DM zuerkannt worden wäre,wenn der Streithelfer spätestens nach Erlaß des Teilurteils den [X.] um den Pflichtteil weitergeführt hätte. Damit hat der Tatrichter [X.] die Pflichtwidrigkeit des Streithelfers dahin konkreti-siert, daß er es versäumt hat, rechtzeitig einen Fortsetzungsantrag zustellen.d) Nachdem das Haftpflichturteil den [X.] so festgestellt hat, kann ihm im [X.] nicht die Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen als- andere - schadensverursachende Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden.Denn der Tatbestand der [X.] ("... Schadenverursachungdurch ... wissentliche Pflichtverletzung") deckt sich mit dem [X.], jedenfalls was die den Schaden verursa-chende Pflichtverletzung angeht. In einem solchen Falle muß der [X.] es hinnehmen, wenn das Gericht im Haftpflichtprozeßeinen Tatbestand feststellt, der zugleich versicherungsrechtlich einen[X.] ausfüllt. Umgekehrt kann der Versicherer, wenn - wiehier - im Haftpflichtprozeß festgestellt wurde, daß der Versicherungs-nehmer den Schaden durch ein bestimmtes Verhalten verursacht hat,diese Feststellung im Deckungsprozeß nicht mehr nachprüfen lassen([X.] in [X.]/[X.], [X.] 26. Aufl. § 149 Rdn. 30 m.w.N.).3. Offen geblieben ist im Haftpflichtprozeß allerdings, ob [X.] es wissentlich unterließ, den verjährungsunterbrechendenFortsetzungsantrag zu [X.] 11 -Der nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 [X.] notwendige direkte Vorsatzerfordert das Wissen und Wollen der Pflichtverletzung. Der Versiche-rungsnehmer muß die von ihm verletzte Pflicht positiv gekannt und sub-jektiv das Bewußtsein gehabt haben, gesetz-, vorschrifts- oder sonstpflichtwidrig zu handeln ([X.], Urteil vom 13. Juli 1959 - [X.]/58 -VersR 1959, 691 unter 2; Senatsurteil vom 17. Dezember 1986 aaO[X.], 174 unter [X.]). Demgemäß müßte der Streithelfer gewussthaben, daß er die Fortsetzung des Prozesses zu beantragen hatte, undwillentlich gegen diese Pflicht verstoßen haben. Darlegungs- und be-weispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerk-male des [X.] ist der beklagte Versicherer ([X.] 26. September 1990 aaO [X.], 176 unter 5 c).Die fehlenden Tatsachenfeststellungen zum Grad des Verschul-dens des Streithelfers wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.Dabei dürfte auch zu berücksichtigen sein, daß der Streithelfer durch diewiederholten Sachstandsanfragen Anlaß hatte, die materiellen und pro-zessualen Folgen des gegen den Kläger ergangenen Teilurteils zu [X.]. Zudem wird es den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vorbrin-gen und Beweisantritt geben müssen.Terno [X.] [X.] Wendt [X.]

Meta

IV ZR 101/00

20.06.2001

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2001, Az. IV ZR 101/00 (REWIS RS 2001, 2194)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2194

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