Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.01.2019, Az. KZR 12/15

Kartellsenat | REWIS RS 2019, 10956

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Gegenstand

Rückzahlungsklage eines Eisenbahnverkehrsunternehmens wegen überhöhter Stationspreise: Aussetzung der Verhandlung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung der Bundesnetzagentur; richtlinienkonforme Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts bei der Überprüfung eines Entgelts für die Nutzung von Eisenbahnstationen - Stationspreissystem


Leitsatz

Stationspreissystem

1. Steht die Überprüfung eines Infrastrukturnutzungsentgelts (hier: für die Nutzung von Eisenbahnstationen) im Zivilprozess am Maßstab billigen Ermessens in Widerspruch zu den Regelungen einer Richtlinie der Europäischen Union, die die Aufgabe der Überprüfung des Entgelts am Maßstab der in der Richtlinie vorgesehenen Entgeltgrundsätze, die u.a. einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Infrastruktureinrichtungen sicherstellen sollen, ausschließlich einer Regulierungsstelle zuweist, sind die hierfür in Betracht kommenden Normen des nationalen Rechts nach Möglichkeit so auszulegen und anzuwenden, dass nicht nur die von der Richtlinie vorgesehenen Zuständigkeits- und Verfahrensvorgaben, sondern insbesondere auch die materiellen Entgeltgrundsätze bestmöglich zur Geltung kommen.

2. Kommt in Betracht, dass sich ein von einem Eisenbahnverkehrsunternehmen rechtshängig gemachter Anspruch auf Rückzahlung überhöhter Stationspreise aufgrund einer nachträglichen Überprüfung des Stationspreissystems durch die Bundesnetzagentur als ganz oder teilweise begründet erweist, kann die Verhandlung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung der Bundesnetzagentur ausgesetzt werden.

Tenor

Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung der Bundesnetzagentur über den Antrag der Klägerin vom 7. November 2018 auf nachträgliche Überprüfung und Rückforderung der Stationsnutzungsentgelte für den Zeitraum November 2006 bis Februar 2008 - Nr. 1 b und c sowie [X.] und c des Antrags - ausgesetzt.

Gründe

1

A. Die beklagte [X.], eine To[X.]htergesells[X.]haft der [X.], ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz ([X.]). Sie unterhält etwa 5.400 Bahnhöfe ([X.]) in [X.]. Die klagende Die Länderbahn GmbH [X.], ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, nutzt [X.] der [X.] im Rahmen des S[X.]hienenpersonennahverkehrs. Die Parteien streiten über die Höhe des dafür zu entri[X.]htenden Entgelts.

2

Die Beklagte s[X.]hließt mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen, die die von ihr vorgehaltene Infrastruktur in Anspru[X.]h nehmen wollen, jeweils Rahmenverträge über die Stationsnutzung ab. Darin nimmt sie hinsi[X.]htli[X.]h der Höhe der Nutzungsentgelte Bezug auf ihre jeweils gültige Stationspreisliste (Stationspreissystem, [X.]). Die Einzelnutzungen der Bahnhöfe werden in gesonderten Stationsnutzungsverträgen geregelt.

3

Die Parteien s[X.]hlossen im November 1998 einen derartigen Rahmenvertrag. Damals galt das Preissystem 1999 ([X.] 99), das Preise für jeden Bahnhof unter Berü[X.]ksi[X.]htigung unter anderem der Kosten des Betriebs dieses Bahnhofs vorsah. Zum 1. Januar 2005 führte die Beklagte ein neues Preissystem ([X.] 05) ein. Dana[X.]h wurden die Preise na[X.]h bestimmten Preiskategorien und bezogen auf die jeweiligen Bundesländer paus[X.]hal ermittelt. Die Klägerin, für die das neue System zu Preiserhöhungen führte, zahlte die [X.] ab dem 1. Januar 2005 nur no[X.]h unter Vorbehalt.

4

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Rü[X.]kzahlung von 747.057,74 €; das sind die von ihr gezahlten Stationsnutzungsentgelte für November 2006 bis Februar 2008, soweit sie über die Entgelte na[X.]h dem Preissystem 1999 hinausgehen. Das [X.] hat der Klage in Höhe von 605.116,76 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgeri[X.]ht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 473.917,88 € verurteilt. Dagegen wehren si[X.]h beide Parteien mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen.

5

Der Senat hat ein Vorabents[X.]heidungsersu[X.]hen an den [X.] geri[X.]htet (Bes[X.]hluss vom 7. Juni 2016 - [X.], [X.], 2047), das er zurü[X.]kgenommen hat, na[X.]hdem der Geri[X.]htshof auf eine Vorlage des [X.]s Berlin das Urteil vom 9. November 2017 in der Sa[X.]he [X.] gegen [X.] ([X.]/15, [X.] 2018, 74) erlassen hat.

6

Die Klägerin hat mit S[X.]hreiben vom 7. November 2018 bei der [X.] u.a. die na[X.]hträgli[X.]he Überprüfung der Stationsnutzungsentgelte für den Zeitraum November 2006 bis Februar 2008 beantragt.

7

B. Es ers[X.]heint sa[X.]hgere[X.]ht, die Verhandlung gemäß § 148 ZPO bis zur Ents[X.]heidung der [X.] auszusetzen.

8

I. Das Berufungsgeri[X.]ht hat seine Ents[X.]heidung darauf gestützt, dass der Klägerin ein Rü[X.]kzahlungsanspru[X.]h wegen ungere[X.]htfertigter Berei[X.]herung (§ 812 Abs. 1 BGB) zustehe, soweit die geleisteten Zahlungen die in das [X.] fortges[X.]hriebenen Entgelte na[X.]h dem [X.] 99 zuzügli[X.]h eines der allgemeinen Teuerungsrate entspre[X.]henden Zus[X.]hlags überstiegen. Das [X.] 05 sei ni[X.]ht maßgebend, weil es im Verhältnis der Parteien weder vereinbart no[X.]h von der [X.] wirksam einseitig festgelegt worden sei. Zwar habe der [X.] ein einseitiges Preisbestimmungsre[X.]ht zugestanden. Die in Ausübung dieses Re[X.]hts angeordnete Geltung des [X.] 05 sei für die Klägerin aber ni[X.]ht verbindli[X.]h, weil sie ni[X.]ht billigem Ermessen entspre[X.]he (§ 315 BGB).

9

II. Ob diese Beurteilung - jedenfalls im Ergebnis und dem Grunde na[X.]h - der revisionsre[X.]htli[X.]hen Na[X.]hprüfung standhält, hängt zunä[X.]hst von der Ents[X.]heidung der [X.] ab.

1. Der geltend gema[X.]hte Berei[X.]herungsanspru[X.]h besteht, wie das Berufungsgeri[X.]ht zu Re[X.]ht angenommen hat, ni[X.]ht s[X.]hon deshalb, weil si[X.]h die Parteien ni[X.]ht auf die von der [X.] in den Jahren 2006 bis 2008 vorgegebenen Stationsentgelte geeinigt haben. Unterbleibt eine Einigung über das Entgelt und wird die vertragli[X.]he Nutzung glei[X.]hwohl dur[X.]hgeführt, so ist die [X.] im Hinbli[X.]k auf das Glei[X.]hbehandlungsgebot (§ 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der Fassung des [X.] vom 27. April 2005, [X.]. [X.], S. 1138, im Folgenden: [X.] 2005; § 24 Abs. 4 [X.] 2005) dur[X.]h Rü[X.]kgriff auf die von der [X.] erstellten [X.] zu s[X.]hließen, sofern deren Heranziehung keine sonstigen Re[X.]htsgründe entgegenstehen (vgl. [X.], Urteil vom 18. Oktober 2011 - [X.], WuW/[X.] 3417 Rn. 12 - Stornierungsentgelt; Urteil vom 8. Oktober 2014 - [X.], NJW-RR 2015, 114 Rn. 19).

2. An der bisherigen Re[X.]htspre[X.]hung des [X.], na[X.]h der das jeweilige Preissystem der [X.] - wie anderer Eisenbahninfrastrukturunternehmen - im Re[X.]htsstreit um einen Zahlungsanspru[X.]h des [X.] oder einen Rü[X.]kzahlungsanspru[X.]h des [X.] daraufhin zu überprüfen ist, ob die festgelegten Entgelte billigem Ermessen entspre[X.]hen (s. nur [X.], Urteil vom 18. Oktober 2011 - [X.], WuW/[X.] 3417 - Stornierungsentgelt), kann jedenfalls dann ni[X.]ht festgehalten werden, wenn die Überprüfung der Entgelte dur[X.]h die [X.] eine effektive Dur[X.]hsetzung des Anspru[X.]hs der Eisenbahnverkehrsunternehmen auf einen diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur ermögli[X.]ht und einen fairen Wettbewerb bei der Erbringung von [X.] si[X.]herstellt.

a) Der [X.] hat in seinem Urteil vom 9. November 2017 zu [X.] ents[X.]hieden, dass die Ri[X.]htlinie 2001/14/[X.] Europäis[X.]hen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur in der dur[X.]h die Ri[X.]htlinie 2004/49/[X.] Europäis[X.]hen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 geänderten Fassung (im Folgenden: Ri[X.]htlinie 2001/14), insbesondere deren Art. 4 Abs. 5 und deren Art. 30 Abs. 1, 3, 5 und 6, dahin auszulegen sind, dass sie der Anwendung einer nationalen Regelung wie der des § 315 BGB entgegenstehen, wona[X.]h die [X.] im Eisenbahnverkehr von den ordentli[X.]hen Geri[X.]hten im Einzelfall auf Billigkeit überprüft und gegebenenfalls unabhängig von der in Art. 30 der Ri[X.]htlinie 2001/14 vorgesehenen Überwa[X.]hung dur[X.]h die [X.] abgeändert werden können.

Diese Auslegung des Unionsre[X.]hts beruht auf der Erwägung, dass die Ri[X.]htlinie 2001/14 einen ni[X.]ht diskriminierenden Zugang zu den Fahrwegen si[X.]herstellen und Entgelt- und Kapazitätszuweisungsregelungen einen fairen Wettbewerb bei der Erbringung von [X.] ermögli[X.]hen sollen, wie insbesondere in den Erwägungsgründen 5, 11 und 16 ausgeführt wird ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 36 f. mwN). Die [X.] dienen dabei au[X.]h dazu, die Unabhängigkeit der Infrastrukturbetreiber zu gewährleisten ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 38 mwN) und diesen zur Si[X.]herstellung einer effizienten Nutzung der ein Monopol begründenden Eisenbahninfrastruktur Anreize zu geben, die Nutzung der Fahrwege zu optimieren und wirts[X.]haftli[X.]h sinnvolle Investitionen vorzunehmen ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 39-42). Eine sol[X.]he effiziente Verwaltung sowie eine gere[X.]hte und ni[X.]ht diskriminierende Nutzung von Eisenbahnfahrwegen erfordern die Einri[X.]htung einer [X.], die über die Anwendung der eins[X.]hlägigen Vors[X.]hriften des Unionsre[X.]hts wa[X.]ht und - ungea[X.]htet der geri[X.]htli[X.]hen Na[X.]hprüfbarkeit - als Bes[X.]hwerdestelle fungieren kann ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 43 unter Hinweis auf Erwägungsgrund 46 der Ri[X.]htlinie).

Denn die Glei[X.]hbehandlung der Eisenbahnunternehmen bei der Erbringung von [X.] ist die Vorbedingung für die S[X.]haffung eines fairen [X.] ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 45). Indem die Infrastrukturbetreiber na[X.]h Art. 4 Abs. 5 der Ri[X.]htlinie dafür Sorge zu tragen haben, dass die Anwendung der Entgeltregelung zu glei[X.]hwertigen und ni[X.]ht diskriminierenden Entgelten für unters[X.]hiedli[X.]he Eisenbahnunternehmen führt und die tatsä[X.]hli[X.]h erhobenen Entgelte den in den Nutzungsbedingungen vorgesehenen Regeln entspre[X.]hen, wird der in Erwägungsgrund 11 genannte Grundsatz umgesetzt, dass bei den Entgelt- und Kapazitätszuweisungsregelungen allen Unternehmen ein glei[X.]her und ni[X.]ht diskriminierender Zugang geboten und den Bedürfnissen aller Nutzer und Verkehrsarten soweit wie mögli[X.]h gere[X.]ht und in ni[X.]ht diskriminierender Weise entspro[X.]hen werden soll ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 46); es handelt si[X.]h mithin um das zentrale Kriterium für die Entgeltbere[X.]hnung und das Gegenstü[X.]k zu dem Spielraum, den die Ri[X.]htlinie bei der Bere[X.]hnung und Erhebung der [X.] im Eisenbahnverkehr einräumt ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 47, 51).

Die mit der Überwa[X.]hung einer effizienten Verwaltung und der gere[X.]hten und ni[X.]ht diskriminierenden Nutzung von Eisenbahnfahrwegen betraute und zuglei[X.]h als Bes[X.]hwerdestelle fungierende [X.] kann von einem Antragsteller befasst werden, der der Auffassung ist, ungere[X.]ht behandelt, diskriminiert oder auf andere Weise in seinen Re[X.]hten verletzt worden zu sein; Gegenstand der Bes[X.]hwerde können insbesondere Ents[X.]heidungen des [X.] zur Höhe oder Struktur der zu zahlenden [X.] sein (Art. 30 Abs. 2 der Ri[X.]htlinie). Die [X.] hat also ni[X.]ht nur die im Einzelfall anwendbaren Entgelte zu beurteilen; sie hat au[X.]h dafür Sorge zu tragen, dass die Gesamtheit der Entgelte, d. h. die Entgeltregelung, mit der Ri[X.]htlinie in Einklang steht ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 57). Die zentrale Überwa[X.]hung dur[X.]h die [X.], die - dur[X.]h erga omnes wirkende Ents[X.]heidungen - dafür Sorge trägt, dass die Entgelte ni[X.]ht diskriminierend sind, entspri[X.]ht na[X.]h der Ents[X.]heidung des Geri[X.]htshofs dem Grundsatz, dass die zentrale Entgeltfestlegung unter Bea[X.]htung des Diskriminierungsverbots vom Betreiber vorgenommen wird ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 58-61). Eine mit dieser Überwa[X.]hung dur[X.]h die [X.] kollidierende Entgeltüberprüfung im [X.] wi[X.]pri[X.]ht dana[X.]h dem Überwa[X.]hungskonzept der Ri[X.]htlinie, insbesondere, aber ni[X.]ht nur dann, wenn sie zur Entgeltüberprüfung Maßstäbe heranzieht, die in der Ri[X.]htlinie ni[X.]ht vorgesehen sind ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 70 ff.).

b) Diese Auslegung des Unionsre[X.]hts ist au[X.]h dann zu bea[X.]hten, wenn, wie im Streitfall, keine [X.] in Streit stehen.

Na[X.]h Auffassung des Senats finden die vom [X.] angewandten Regelungen der Ri[X.]htlinie 2001/14 inhaltli[X.]h au[X.]h auf Entgelte für Servi[X.]eeinri[X.]htungen Anwendung (vgl. [X.]/Hermeier/[X.], Entgeltregulierung im Eisenbahnre[X.]ht, [X.] ff.; [X.], [X.] na[X.]h § 315 BGB und [X.] Eisenbahn-Regulierungsre[X.]ht, [X.] f.; [X.]., N&R 2018, 55, 57; [X.], [X.], 184, 187; aA Staebe in [X.]/Staebe, Einführung in das Eisenbahn-Regulierungsre[X.]ht Rn. 440).

Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass erst die - im Streitfall zeitli[X.]h no[X.]h ni[X.]ht anwendbare - Ri[X.]htlinie 2012/34 den diskriminierungsfreien Zugang au[X.]h zu Servi[X.]eeinri[X.]htungen sowie die diesbezügli[X.]hen Nutzungsbedingungen und [X.] eingehend geregelt und den Aufgabenberei[X.]h der [X.] ausdrü[X.]kli[X.]h hierauf erstre[X.]kt hat (Art. 3 Nr. 11, Art. 10 Abs. 1, Art. 13, Art. 27 Abs. 2, Art. 31, Art. 56 Abs. 1); glei[X.]hartige Regelungen enthält die Ri[X.]htlinie 2001/14 ni[X.]ht. Allerdings sind Servi[X.]eeinri[X.]htungen wie Personenbahnhöfe dort in [X.] Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.] aufgeführt und Gegenstand des Diskriminierungsverbots (Art. 5 Abs. 1). Die Erbringung der in [X.] Nr. 2 genannten Leistungen fällt zwar ni[X.]ht unter Art. 7 der Ri[X.]htlinie; bei der Festsetzung der Preise ist aber die [X.]situation des Eisenbahnverkehrs zu berü[X.]ksi[X.]htigen (Art. 7 Abs. 7).

Jedenfalls gebieten Sinn und Zwe[X.]k der Ri[X.]htlinie 2001/14 die Einbeziehung der Nutzung von [X.] in ihren Anwendungsberei[X.]h. Allein die diskriminierungsfreie Zuweisung von Trassen ist für ein Eisenbahnverkehrsunternehmen unzurei[X.]hend, wenn diese Zuweisung ni[X.]ht dur[X.]h einen adäquaten Zugang zu denjenigen Einri[X.]htungen ergänzt wird, die - wie Personenbahnhöfe - für eine effektive Nutzung der S[X.]hienenwege unabdingbar sind (vgl. Nr. 10 der Erläuterungen der [X.] zu Art. 5 der Ri[X.]htlinie, [X.]. 835/98, S. 72).

Im Übrigen hat der nationale Gesetzgeber bereits 2005 - ungea[X.]htet der in § 14 Abs. 4, 5 [X.] 2005 getroffenen Unters[X.]heidung - die Nutzungsbedingungen für Servi[X.]eeinri[X.]htungen eins[X.]hließli[X.]h der [X.] sowie die [X.] im Wesentli[X.]hen demselben [X.] unterstellt wie [X.] (vgl. § 14f Abs. 1, Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 und 3 [X.] 2005 sowie ferner § 14d Satz 1 Nr. 6, § 14e Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 [X.] 2005). Besteht aber na[X.]h nationalem Re[X.]ht ein Glei[X.]hlauf in den Kontrollbefugnissen der [X.], ers[X.]heint eine einheitli[X.]he Handhabung unter Bea[X.]htung der Ents[X.]heidung des [X.]s selbst dann geboten, wenn die dur[X.]h diese Ents[X.]heidung vorgegebene Auslegung der Ri[X.]htlinie 2001/14 nur für [X.], ni[X.]ht aber für die Nutzung von Servi[X.]eeinri[X.]htungen unmittelbare Bedeutung hätte.

[X.]) Es ist Aufgabe - allein - der deuts[X.]hen Geri[X.]hte, zu prüfen, ob und in wel[X.]her Weise das für den in Rede stehenden Zeitraum maßgebli[X.]he deuts[X.]he Re[X.]ht so ausgelegt und angewendet werden kann, dass die Vorgaben der Ri[X.]htlinie an die Ausgestaltung des nationalen Re[X.]hts wenn mögli[X.]h vollständig bea[X.]htet werden und, wo das Gesetz eine entspre[X.]hende, vollständig der Ri[X.]htlinie entspre[X.]hende Auslegung ni[X.]ht zulässt, diese Vorgaben zumindest soweit umgesetzt werden, wie dies mit einer ri[X.]htlinienkonformen Auslegung mögli[X.]h ist. Dabei darf die mit der Ri[X.]htlinie unvereinbare Anwendung des § 315 BGB ni[X.]ht isoliert in den Bli[X.]k genommen werden. Sie kann zwar grundsätzli[X.]h unterbleiben, weil sie vom Gesetz ni[X.]ht ausdrü[X.]kli[X.]h angeordnet wird ([X.], Bes[X.]hluss vom 7. Juni 2016 - [X.], [X.], 2047 Rn. 12). Bei einer ri[X.]htlinienkonformen Auslegung und Anwendung des deuts[X.]hen Re[X.]hts ist aber neben der zuständigkeits- und verfahrensre[X.]htli[X.]hen Frage, ob und gegebenenfalls wie die von der Ri[X.]htlinie gewollte Prärogative der [X.] für in der Vergangenheit liegende Sa[X.]hverhalte no[X.]h verwirkli[X.]ht werden kann, au[X.]h, wenn ni[X.]ht sogar in erster Linie zu prüfen, wie gewährleistet werden kann, dass ungea[X.]htet des dem Infrastrukturbetreiber zustehenden Ents[X.]heidungsspielraums und der gebotenen Effizienz- und Investitionsanreize ein diskriminierungsfreier Zugang zu den Fahrwegen si[X.]hergestellt werden und errei[X.]ht werden kann, dass [X.] und ihre Anwendung einen fairen Wettbewerb bei der Erbringung von [X.] erlauben. Dies ist umso mehr geboten, als der Infrastrukturbetreiber si[X.]h, wie au[X.]h der [X.] mit dem Hinweis auf dessen Monopol verdeutli[X.]ht, in einer marktbeherrs[X.]henden Stellung befindet, die er na[X.]h deuts[X.]hem Re[X.]ht wie na[X.]h dem Primärre[X.]ht der Europäis[X.]hen Union ni[X.]ht missbrau[X.]hen darf und die es ihm insbesondere verbietet, auf die Nutzung der Infrastruktur angewiesene Eisenbahnverkehrsunternehmen zu diskriminieren. Eine ri[X.]htlinienkonforme Auslegung und Anwendung des gesamten, im vorliegenden Zusammenhang relevanten nationalen Re[X.]hts hat daher au[X.]h soweit mögli[X.]h si[X.]herzustellen, dass dem Infrastrukturbetreiber keine Entgelte verbleiben, die er nur vereinnahmen konnte, weil er mit den von ihm selbst aufgestellten [X.] gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen hat.

d) Daraus ergibt si[X.]h, dass ni[X.]ht ausges[X.]hlossen werden kann, dass der Klägerin der geltend gema[X.]hte Berei[X.]herungsanspru[X.]h ganz oder teilweise zusteht.

aa) Sollte die [X.] zu dem Ergebnis kommen, dass die von der [X.] verlangten Entgelte zu beanstanden sind, dass sie jedo[X.]h über keine Befugnis verfügt, die Rü[X.]kzahlung überzahlter Entgelte anzuordnen, stünde der Klägerin ein entspre[X.]hender zivilre[X.]htli[X.]her Anspru[X.]h zu. Dies stünde ni[X.]ht im Wi[X.]pru[X.]h zu der Ri[X.]htlinie, denn die alleinige Befugnis der [X.] zur Überprüfung der Entgelte bliebe dabei unberührt. Dementspre[X.]hend hält au[X.]h der [X.] ausdrü[X.]kli[X.]h fest, dass eine Erstattung von Entgelten na[X.]h den Vors[X.]hriften des Zivilre[X.]hts in Betra[X.]ht komme, wenn die Unvereinbarkeit des Entgelts mit der Regelung über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zuvor von der [X.] oder von einem Geri[X.]ht, das die Ents[X.]heidung dieser Stelle na[X.]hgeprüft habe, im Einklang mit den Vors[X.]hriften des nationalen Re[X.]hts festgestellt worden sei und der Anspru[X.]h auf Erstattung Gegenstand einer Klage vor den nationalen Zivilgeri[X.]hten sein könne ([X.], [X.] 2018, 74 Rn. 97).

bb) Die [X.] hat die in ihre Zuständigkeit als [X.] fallende Ents[X.]heidung über die Bere[X.]htigung des im Streit stehenden Entgelts no[X.]h ni[X.]ht getroffen. Im Hinbli[X.]k auf den mit S[X.]hriftsatz vom 7. November 2018 gestellten Antrag der Klägerin auf Überprüfung und Rü[X.]kforderung hat sie mitgeteilt, dass die zuständige Bes[X.]hlusskammer si[X.]h no[X.]h keine abs[X.]hließende Meinung dazu gebildet habe, ob sie zu einem Aufgreifen von Bes[X.]hwerden von Zugangsbere[X.]htigten zu Entgelten aus zurü[X.]kliegenden Zeiträumen verpfli[X.]htet, bere[X.]htigt oder daran gehindert sei. Der Bes[X.]heid der [X.] vom 10. Dezember 2009, der im Übrigen ni[X.]ht bestandskräftig geworden ist, bezieht si[X.]h auf den Zeitraum ab 1. Juni 2010 und erfasst damit s[X.]hon ni[X.]ht den hier maßgebli[X.]hen Zeitraum. Eine hinrei[X.]hende und abs[X.]hließende Überprüfung der Zulässigkeit der in Re[X.]hnung gestellten Entgelte sowie eine verbindli[X.]he Ents[X.]heidung hierüber kann au[X.]h ni[X.]ht daraus abgeleitet werden, dass die [X.] den ihr jährli[X.]h mitgeteilten Stationsentgelten damals ni[X.]ht wi[X.]pro[X.]hen hat (§ 14e [X.] 2005); neben der Vorabprüfung gemäß § 14e [X.] 2005 sieht § 14f [X.] 2005 ausdrü[X.]kli[X.]h die Mögli[X.]hkeit einer na[X.]hträgli[X.]hen Prüfung vor.

[X.][X.]) Für den hier im Streit stehenden Zeitraum ist der [X.] eine Sa[X.]hents[X.]heidung na[X.]h § 14f Abs. 2, 3 [X.] 2005 jedenfalls ni[X.]ht offenkundig verwehrt.

Der Senat verkennt ni[X.]ht, dass es na[X.]h den hier anwendbaren Bestimmungen des deuts[X.]hen Eisenbahnre[X.]hts fragli[X.]h ers[X.]heinen mag, ob das na[X.]hträgli[X.]he Aufgreifen eines abges[X.]hlossenen Entgeltzeitraums dur[X.]h die [X.] mögli[X.]h und gegebenenfalls geboten ist und ob eine sol[X.]he Kontrolle im Na[X.]hhinein zu einer rü[X.]kwirkenden Änderung der [X.] unter bestmögli[X.]her Wahrung des Glei[X.]hbehandlungsgebotes führen kann (vgl. BVerwG, N&R 2015, 55; Bu[X.]hholz 442.09 § 14f [X.] Nr. 1; [X.], DVBl. 2015, 986; eine Wirkung ex tun[X.] befürwortend Otte, [X.], 327729).

Der Wortlaut des § 14f Abs. 2 und 3 [X.] 2005 s[X.]hließt ein sol[X.]hes Vorgehen aber au[X.]h ni[X.]ht s[X.]hle[X.]hthin aus. Soweit Antragsfristen einzuhalten sein sollten, ist zu bea[X.]hten, dass die Regulierungsbehörde au[X.]h von Amts wegen tätig werden kann. Die gemäß der Ents[X.]heidung des [X.]s anzuwendenden Vorgaben der Ri[X.]htlinie 2001/14 bedingen ein großzügiges Verständnis der dem Re[X.]htss[X.]hutz der betroffenen Unternehmen dienenden Kompetenzen der Regulierungsbehörde im Rahmen einer ri[X.]htlinienkonformen Re[X.]htsanwendung. Na[X.]h Art. 30 Abs. 2 der Ri[X.]htlinie kann, wie ausgeführt, jeder Antragsteller, der der Auffassung ist, er sei ungere[X.]ht behandelt, diskriminiert oder auf andere Weise in seinen Re[X.]hten verletzt worden, die [X.] befassen.

Abgesehen von dem bereits erörterten unionsre[X.]htli[X.]hen Gebot der mögli[X.]hst vollständigen Umsetzung der Vorgaben der Ri[X.]htlinie 2001/14 ist in der Re[X.]htspre[X.]hung anerkannt, dass es mit Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzli[X.]h ni[X.]ht zu vereinbaren wäre, bei staatli[X.]h regulierten Entgelten sowohl eine verwaltungsre[X.]htli[X.]he als au[X.]h eine zivilgeri[X.]htli[X.]he Kontrolle der materiellen Re[X.]htmäßigkeit der Entgelte zu Gunsten derjenigen zu versagen, die diese zu entri[X.]hten haben (vgl. [X.], DVBl. 2000, 556; [X.], Urteil vom 14. Juni 2007 - [X.], [X.], 1359 Rn. 26; BVerwG, Bes[X.]hluss vom 12. April 2018 - 3 C 20/16, juris Rn. 34; BVerwGE 117, 93, 104 f.; jeweils mwN). Au[X.]h unter diesem Gesi[X.]htspunkt werden si[X.]h die [X.] und na[X.]hträgli[X.]he Gestaltungsbefugnis der [X.] ni[X.]ht unabhängig davon beurteilen lassen, ob ein mögli[X.]herweise bena[X.]hteiligtes Verkehrsunternehmen seine Interessen au[X.]h im Rahmen einer zivilgeri[X.]htli[X.]hen Billigkeitskontrolle wahrnehmen kann. S[X.]heidet diese Mögli[X.]hkeit aus und ist die Regulierungsbehörde die einzige Stelle, die die Eisenbahnre[X.]htskonformität einer Preisfestlegung überprüfen kann, legt dies eine weite Interpretation der behördli[X.]hen Befugnisse nahe. An den Maßstäben, die vor der Ents[X.]heidung des [X.]s in der Annahme formuliert wurden, eine zivilre[X.]htli[X.]he Billigkeitsüberprüfung na[X.]h § 315 BGB sei ergänzend mögli[X.]h, wird ni[X.]ht unverändert festgehalten werden können (vgl. BVerwG, Bes[X.]hluss vom 12. April 2018 - 3 C 20/16, juris Rn. 34).

dd) Der Vorgreifli[X.]hkeit des bei der [X.] eingeleiteten Verfahrens steht au[X.]h ni[X.]ht entgegen, dass dieses Verfahren einen anderen Streitgegenstand hätte als der vorliegende Re[X.]htsstreit.

Das Verwaltungsverfahren umfasst den hier geltend gema[X.]hten Rü[X.]kforderungsanspru[X.]h. Führt es zu der Feststellung, dass die Höhe des gezahlten Entgelts mit den Regelungen über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur unvereinbar ist, kann der Klägerin der dana[X.]h überzahlte Betrag zugespro[X.]hen werden, soweit keine sonstigen Einwendungen entgegenstehen und sofern das Verwaltungsverfahren no[X.]h ni[X.]ht zu einem vollstre[X.]kbaren Zahlungstitel geführt hat. Diese dem Zivilgeri[X.]ht verbleibende Ents[X.]heidungsbefugnis wird von dem Streitgegenstand des ursprüngli[X.]hen Berei[X.]herungsanspru[X.]hs, der vornehmli[X.]h, aber ni[X.]ht auss[X.]hließli[X.]h mit Erwägungen zu § 315 BGB begründet wurde, umfasst, zumal die im Verwaltungsverfahren zu prüfenden und na[X.]h der Ents[X.]heidung des Geri[X.]htshofs allein maßgebenden Grundsätze der Entgeltbestimmung na[X.]h den eisenbahnre[X.]htli[X.]hen Regeln au[X.]h bei einer Prüfung gemäß § 315 BGB zu bea[X.]hten sind ([X.], Bes[X.]hluss vom 7. Juni 2016 - [X.], [X.], 2047 Rn. 43).

III. Über mögli[X.]he kartellre[X.]htli[X.]he Ansprü[X.]he der Klägerin, mit denen si[X.]h das Berufungsgeri[X.]ht ni[X.]ht befasst hat und die weitergehenden Darlegungsanforderungen unterliegen können (vgl. [X.], aaO Rn. 49), kann der Senat jedenfalls ni[X.]ht abs[X.]hließend ents[X.]heiden. Für die Frage, ob im Revisionsverfahren eine den Re[X.]htsstreit beendende Ents[X.]heidung getroffen werden kann, ist daher das von der Klägerin angestrengte Verwaltungsverfahren vorgreifli[X.]h. Im Übrigen kann gegebenenfalls eine eisenbahnre[X.]htli[X.]he Überprüfung der Infrastrukturnutzungsentgelte auf Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot wertvolle Erkenntnisse über diskriminierungsfreie [X.] erbringen, die au[X.]h einer etwa erforderli[X.]hen kartellre[X.]htli[X.]hen Beurteilung förderli[X.]h sind.

[X.]     

      

Meier-Be[X.]k     

      

Raum   

      

[X.]     

      

Dei[X.]hfuß     

      

Meta

KZR 12/15

29.01.2019

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend BGH, 7. Juni 2016, Az: KZR 12/15, EuGH-Vorlage

§ 315 BGB, § 14 AEG 2005, Art 4 EGRL 14/2001, Art 7 EGRL 14/2001, Art 30 EGRL 14/2001, § 148 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.01.2019, Az. KZR 12/15 (REWIS RS 2019, 10956)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10956

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XII ZR 164/12

3 C 20/16

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