Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2014, Az. XI ZR 276/13

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6664

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI [X.]

vom

1.
April 2014

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 765, 138 Abs. 1 Bc
Zur Sittenwidrigkeit einer aus emotionaler Verbundenheit erteilten Bürgschaft bei hintereinander geschalteten [X.]n.
[X.], Beschluss vom 1. April 2014 -
XI [X.] -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], die Richter Dr.
Joeres, Dr.
Ellenberger
und
Dr.
Matthias
sowie die Richterin Dr.
Menges

am 1.
April 2014

beschlossen:
Der [X.] wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des 9.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 9.
April
2013 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge-währt.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.] wird der vor-bezeichnete Beschluss aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ein-schließlich der Wiedereinsetzung, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.
Streitwert: 40.000

-
3
-
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Bürgschaft in Anspruch.
Die Beklagte unterzeichnete unter dem 5.
Januar 2002, 29.
Juli 2002 und 16.
September 2003 Erklärungen über eine "[b]etragsmäßig beschränkte [X.]", in denen sie sich zunächst in Höhe von 41.000

von 45.000

[X.] (künftig auch:
Hauptschuldner) verbürgte.
Am 17.
November 2005 unterschrieb sie ein auf den 15.
November 2005 datiertes Formular über eine "[b]etragsmäßig beschränkte Bürgschaft", das ei-nen Höchstbetrag von 40.000

ä-gerin gegen den Lebensgefährten aus einem näher bezeichneten "Kontokor-rentkredit"
bis 70.000

gut 5.000

6.
Oktober 2005 zugrunde, in der sie unter anderem ihr monatliches Nettoar-beitseinkommen mit 322

h-tung mit knapp 945

e-henden) [X.] mit "Vermögen gemeinsam Haus H.

ca.
225.000

"
und die Summe ihrer Verbindlichkeiten gegenüber einer anderen Bank mit etwas über 171.000

Im Februar 2007, unter dem 27.
April 2009 und unter dem 1.
April 2011 auf einem Formular vom 24.
März 2011 erklärte die Beklagte erneut eine "[b]etragsmäßig beschränkte Bürgschaft"
jeweils über 40.000

Hauptschuld (nur noch) eine Forderung der Klägerin aus einem konkret be-zeichneten "Kontokorrentkredit"
mit wechselndem Kreditrahmen -
Februar 1
2
3
4
-
4
-
2007: bis 80.000

2009: bis 110.000

-
be-zeichnet war.
Im Januar 2012 kündigte die Klägerin die "Geschäftsverbindung"
zum (inzwischen insolventen) Hauptschuldner. Anschließend nahm sie die Beklagte als [X.] in Anspruch.
Ihrer auf Zahlung von 40.000

Landgericht stattgegeben, wobei es die Verpflichtung der [X.] aus dem [X.] von November 2005 hergeleitet hat.
Auf die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht den [X.] erteilt, es beabsichtige, das Rechtsmittel durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch aus der Bürgschaft von November 2005 zu. Der im November 2005 zwischen den [X.] geschlossene [X.] habe eine selbständige Verpflichtung der [X.] begründet und nicht nur die in den Jahren 2002 und 2003 über-nommene Verpflichtung bestätigt. Der [X.] sei auch nicht wegen einer krassen finanziellen Überforderung der [X.] sittenwidrig und nichtig. Dabei könne der tatsächliche Wert des [X.] der [X.]. Denn die Beklagte habe in ihrer Selbstauskunft vom 6.
Oktober 2005 angegeben, über Grundeigentum im Wert von "ca. 225.000

"
zu verfügen. [X.] "der noch valutierenden Darlehen von ca. 171.350

"
habe sie nach ei-genen Angaben noch "über freies Vermögen von über 50.000

"
verfügt, das sie zur vollständigen Tilgung der Bürgschaftsverbindlichkeit habe nutzen [X.]. Damit sei "die Vermutung für eine subjektiv anstößige Ausnutzung"
der emotionalen Verbundenheit der [X.] bei Begründung einer übermäßig finanziell belastenden Personalsicherheit durch die Klägerin widerlegt, weil sie von einer krassen finanziellen Überforderung der [X.] keine Kenntnis ge-5
6
7
-
5
-
habt habe. Dass die Beklagte ihre Angabe zum Wert des [X.] mit dem Zusatz "ca."
versehen habe, sei unschädlich, weil sie damit lediglich ihr Unvermögen zum Ausdruck gebracht habe, "eine -
betragsmäßig
-
genaue An-gabe"
zu machen. Die zum Erwerb und zur Sanierung des [X.] ursprünglich aufgenommenen Darlehen legten die Richtigkeit der Schätzung der [X.] nahe. [X.] für einen (nicht absehbaren) "Notverkauf"
des [X.] oder eine (ebenfalls nicht abschätzbare) Vorfälligkeits-entschädigung im Verhältnis zum dritten Darlehensgeber auf den Wert der [X.] habe die Klägerin nicht machen müssen.
Nach Stellungnahme der [X.] zu diesen Hinweisen hat das [X.] wie angekündigt entschieden. Ergänzend hat es ausgeführt: An der Wirksamkeit der [X.] ändere es nichts, wenn die [X.] von November 2005 durch spätere Bürgschaften in den Jahren 2007, 2009 und 2011 ersetzt worden sei bzw. sämtliche zwischen den Parteien ge-schlossenen [X.] seit
November 2005 nicht nur ändernden, sondern schuldneuschaffenden Charakter gehabt hätten. Die Klägerin nehme die Beklagte "nicht aus der Bürgschaft vom 17.

allgemein aus der ''"
in Anspruch. Bis in das [X.] hätten sich die Kriterien zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklag-ten aus Sicht der Klägerin nicht geändert, so dass sämtliche Verträge bis zu dem des Jahres 2011 vor §
138 Abs.
1 [X.] Bestand hätten.
Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.].
8
9
-
6
-
II.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zu-lässig. Der [X.] ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und zur Begründung der Nichtzulassungs-beschwerde zu gewähren, weil sie nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch den Senat fristgerecht sowohl die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt als auch begründet hat (§§
233, 234 Abs.
1 und 2 ZPO).
2. Die Revision ist nach §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Fall
2 ZPO zur Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil der angegriffene Be-schluss den Anspruch der [X.] auf rechtliches Gehör aus Art.
103 Abs.
1 GG verletzt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11.
Mai 2004 -
XI
ZB
39/03, [X.]Z
159, 135, 139
f. und vom 9.
Februar 2010 -
XI
ZR
140/09, BKR
2010, 515, 516). Aus demselben Grund ist er gemäß §
544 Abs.
7 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen.
a) Art.
103 Abs.
1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen ([X.] 60, 247, 249; 65, 293, 295 f.; 70, 288, 293; 83, 24, 35). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art.
103 Abs.
1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu [X.]. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG setzt eine gewisse Evidenz der Gehörsverletzung voraus. Im Einzelfall müssen besondere Umstände vorliegen, die deutlich ergeben, dass das Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kennt-10
11
12
-
7
-
nis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist ([X.] 22, 267, 274; 54, 86, 91
f.; 79, 51, 61; 86, 133, 146; 96, 205, 216 f.).
b) Nach diesen Maßgaben ist Art.
103 Abs.
1 GG verletzt.
Das Berufungsgericht hat erstmals in seinem die Berufung zurückwei-senden Beschluss nicht mehr

wie zuvor noch in seinem Hinweisbeschluss im [X.] an die Entscheidung des Landgerichts

einen Anspruch der Klägerin (nur) aus dem [X.] von November 2005, sondern "allgemein aus der '

'"
abgeleitet. Dabei hat es sämtliche [X.] bis April 2011 als "neue Verträge"
qualifiziert bzw. unterstellt, dass der [X.] von November 2005 "durch die späteren Bürgschaften"
von Februar 2007, April 2009
und April 2011 "ersetzt worden"
sei. Damit ist in dritter Instanz zugunsten der [X.] davon auszugehen, dass das [X.] die Vereinbarung von April 2011 als maßgeblich für die Herleitung ihrer Verpflichtung angesehen hat. Zugleich hat das Berufungsgericht ange-nommen, die Klägerin habe "die Vermutung für eine subjektiv anstößige [X.] durch Nachweis der fehlenden Kenntnis"
von einem "möglichen kras-sen Missverhältnis widerlegt", weil sie sich auf die Angaben der [X.] in ihrer Selbstauskunft vom 6.
Oktober 2005 habe verlassen dürfen. "[B]is zur

erst später erteilten

neuen Selbstauskunft vom 30.

"
hätten "sich die Kriterien zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der [X.] aus Sicht der Klägerin nicht geändert".
Dabei hat das Berufungsgericht, für das die eigene Einschätzung der [X.] in Bezug auf ihre Vermögenslage von zentraler Bedeutung für seine Argumentation zu §
138 Abs.
1 [X.] war, übersehen, dass die Beklagte bereits in erster Instanz in dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 6.
Dezember 2012 und erneut in ihrer Stellungnahme zu den Hinweisen des Berufungsgerichts mit 13
14
15
-
8
-
Schriftsatz vom 25.
März 2013 auf ihre Selbstauskunft vom 4.
November 2010

also vor April 2011

hingewiesen hatte, in der die "Summe der Verkehrswerte"
von Immobilien mit "ca. 125.000"

h-keiten von über 143.000

sie zwar entgegen der Bezugnahme im Schriftsatz vom 6.
Dezember 2012 nicht als dessen Anlage 11b, wohl aber bereits mit Schriftsatz vom 21.
Oktober 2012 ohne Benennung im [X.] an die dortige Anlage B
11 vorgelegt. Das [X.] hat diesen aus seiner Warte in einem zentralen Punkt entschei-dungserheblichen Vortrag ebenso außer [X.] gelassen wie das in der [X.] unter Beweis gestellte Vorbringen der [X.], die Klägerin selbst habe aufgrund einer Besichtigung im [X.] den Wert des Grund-stücks auf 125.000

c) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf der Verletzung des Art.
103 Abs.
1 GG, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Be-rufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte ([X.] 7, 95, 99; 60, 247, 250; 62, 392, 396; 89, 381, 392
f.). Das ist der Fall, weil das Berufungsgericht maßgeblich darauf abgestellt hat, die Klägerin habe bis Ende Juni 2012 keinen Anlass gehabt, die [X.] der [X.] neu und anders zu beurteilen.
d) Die Zurückweisung der Berufung kann mit keiner anderen Begründung Bestand haben ([X.], Urteil vom 18.
Juli 2003

V
ZR
187/02, WM
2004, 46, 47
f.; Musielak/Ball, ZPO, 10.
Aufl., §
543 Rn.
9k). Insbesondere lässt sie sich nicht
mit dem Argument halten, bei unterstellter Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit der Schuldum-
oder -neuschaffungen im April 2011 und April 2009 stehe der Klägerin (wenigstens) ein Anspruch aus dem [X.] von Februar 2007 zu, so dass es auf Erkenntnisse der Klägerin aufgrund einer Selbstaus-kunft der [X.] vom 4.
Oktober 2010 bzw. aufgrund einer im [X.] er-16
17
-
9
-
stellten eigenen Bewertung nicht ankomme. Denn bei einer Verpflichtung aus [X.] von Februar 2007, der überdies möglicherweise durch einen Folgevertrag aufgehoben wurde, handelte es sich um einen anderen Streitge-genstand (vgl. [X.], 4.
Aufl., §
322 Rn.
144). Zudem [X.] tragfähige Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen des §
138 Abs.
1 [X.], weil die Klägerin sich

unbeschadet der Frage, welche Wirkungen der Erklärung für einen Vertragsschluss Ende 2005 zukam

mehr als ein Jahr später nicht auf die Richtigkeit der am 6.
Oktober 2005 gemachten Angaben verlassen durfte.
3. Das Berufungsgericht wird
in der wiedereröffneten Berufungsverhand-lung das Rangverhältnis der [X.], auf die die Klägerin ihr Begehren stützt, zu klären haben (Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids: "Bürgschaft gem. [X.]"; [X.]: 2007, 2009 und 2011 "bestätigt[e]"
Bürgschaft vom "17.11.2005"; Schriftsatz vom 28.
November 2012: "[X.] vom 17.11.2005"). Weil es sich bei der Herlei-tung eines Zahlungsanspruchs aus mehreren selbständigen Bürgschaftsverträ-gen um mehrere Streitgegenstände handelt, kann wegen §
253 Abs.
2 Nr.
2, §
308 Abs.
1 und §
322 Abs.
1 ZPO (vgl. [X.], Urteil vom 18.
November 1993

IX
ZR
244/92, [X.]Z
124, 164, 166) nicht offen bleiben, auf welcher vertragli-chen Vereinbarung zwischen Gläubiger und Bürge und auf welcher Haupt-schuld (vgl. Senatsurteil vom 29.
Januar 2008

XI
ZR
160/07, [X.]Z 175, 161 Rn.
30; [X.], Urteil vom 18.
November 1993

IX
ZR
244/92, [X.]Z
124, 164, 167) die Verurteilung beruht. Eine alternative Klagenhäufung, die es dem [X.] überlässt, aus der Kette der [X.] den herauszusu-chen, den es als Verpflichtungsgrund gelten lassen will, ist unzulässig (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
März 2011 -
I
ZR
108/09, [X.]Z
189, 56 Rn.
6
ff.; Ur-teil vom 13.
September 2012 -
I
ZR
230/11, [X.]Z
194, 314 Rn.
18; Urteil vom 25.
April 2013 -
IX
ZR
62/12, WM
2013, 1040 Rn.
12).
18
-
10
-
Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls weiter Anlass haben zu [X.], ob den Vereinbarungen von 2007, 2009 und 2011 tatsächlich

wie in dritter Instanz zugunsten der [X.] zu unterstellen

schuldum-
oder neuschaffende Wirkung zukommt. Es wird dabei die von der [X.] als An-lagen BK
8 bis 11 vorgelegten Schreiben der Klägerin zu bewerten haben, in denen es unter Bezugnahme auf "gegenüber uns neu übernommeneg-schaften"
heißt, jeweils vorangehend erteilte Bürgschaften seien "entwertet zu unseren Akten genommen"
worden. Ob die Parteien einen Änderungsvertrag, eine Schuldum-
oder eine Schuldneuschaffung gewollt haben (dazu [X.], Urteil vom 8.
März 2012

IX
ZR
51/11, WM
2012, 857 Rn.
22; [X.]/
[X.], 6.
Aufl., §
311 Rn.
15; [X.]/[X.], [X.], 73.
Aufl., §
311 Rn.
8
ff.), ist durch Auslegung zu ermitteln. Wegen der weitreichenden Folgen einer Schuldum-
oder -neuschaffung muss ein dahingehender
Vertragswille deutlich erkennbar zum Ausdruck kommen. Wenn Zweifel verbleiben, ist regel-mäßig nur von einem Änderungsvertrag auszugehen ([X.], Urteil vom 14.
November 1985 -
III
ZR
80/84, WM
1986, 135, 136; Urteil vom 8.
März 2012 aaO Rn.
23; [X.]/[X.] aaO Rn.
8 [X.]). Der Umstand, dass
eine Er-weiterung des Kreditlimits des [X.] wegen §
767 Abs.
1 Satz
3 [X.] nicht ohne weiteres zulasten des Bürgen wirkt (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Mai 1995 -
IX
ZR
108/94, [X.]Z
130, 19, 34; Urteil vom 13.
November 1997

IX
ZR
289/96, [X.]Z
137, 153, 155
f.; Urteil vom 3.
November 2005

IX
ZR
181/04, [X.]Z
165, 28, 34), zwingt nicht zu der Annahme, die Parteien hätten bei jeder Erweiterung der Kreditlinie eine Schuldum-
oder -neuschaffung vorgenommen. Eine Haftungserweiterung kann auch Gegenstand einer (blo-ßen) Abänderung des
[X.]es in der Form des §
766 [X.] sein (vgl. [X.]/[X.], 6.
Aufl., §
767 Rn.
10), sofern die Identität der Hauptschuld gewahrt bleibt (vgl. [X.]/[X.], aaO Rn.
3).

19
-
11
-
Sollte das Berufungsgericht feststellen, dass einzelne der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarungen (lediglich) [X.] zum Gegenstand hatten, wird es die Untersuchung der Frage, ob der Bürgschafts-vertrag wegen krasser finanzieller Überforderung der [X.] sittenwidrig und damit nichtig ist, auf den Ausgangsvertrag bezogen zu beantworten haben, so-fern die [X.] lediglich eine Anpassung der Bürgschaft an den Umfang der Hauptschuld und nicht den Umfang der Bürgschaft selbst zum [X.] hatten (vgl. [X.], Urteil vom 27.
Januar 1977

VII
ZR
339/74, WM
1977, 399, 400; RGZ
86, 296, 298
f.).
Bei der Prüfung des §
138 Abs.
1 [X.] wird zu bedenken sein, dass eine krasse finanzielle Überforderung ausscheidet, wenn die Bürgenschuld durch den Wert eines dem Bürgen gehörenden Grundstücks abgedeckt ist ([X.], Ur-teil vom 26. April 2001 -
IX
ZR
337/98, WM
2001, 1330, 1331
f.). Bei der Beur-teilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist nur der
im Einzelfall effektiv verfügbare Sicherungswert des Grundeigentums in Ansatz zu bringen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf dem Grundeigentum ruhende dingliche Belastungen sind wertmindernd zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 14.
Mai 2002

XI
ZR
50/01, [X.]Z 151, 34, 38 f.; vom 28. Mai 2002

XI
ZR
199/01, WM
2002, 1647, 1648 und vom 24.
November 2009

XI
ZR
332/08, WM
2010, 32 Rn.
15; [X.] in Schimansky/Bunte/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
91 Rn.
98), wobei ausgehend von diesem Zeitpunkt der Umfang der dinglichen Belastung bei Eintritt des [X.] zu prognostizieren ist ([X.], Kommentar zum Kreditrecht, 2.
Aufl., §
765 [X.] Rn.
93). Darlegungs-
und beweispflichtig dafür, die von ihr übernommene [X.] habe bei Stellung
der Personalsicherheit ihre Leistungsfähigkeit bei wei-tem überschritten, ist die Beklagte (vgl. [X.], Urteil vom 24.
Februar 1994 -
IX
ZR
93/93, [X.]Z
125, 206, 217; [X.] in [X.]/[X.], Bank-
und Kapi-talmarktrecht, 4.
Aufl., Rn.
12.261; [X.], Handbuch der Beweis-20
21
-
12
-
last -
[X.] Schuldrecht BT
II, 3.
Aufl., §
765 Rn.
4; Senatsurteil vom 24.
November 2009 -
XI
ZR
332/08, WM
2010, 32 Rn.
16 betrifft die [X.] für eine voraussehbare nachträgliche Wertsteigerung). Wertangaben des Bürgen in einer in zeitlichem Zusammenhang mit dem Abschluss des [X.]svertrages erteilten Selbstauskunft, die seine objektiv krasse finanzielle Überforderung nicht erkennen lassen, widerlegen die tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des Gläubigers nicht ohne weiteres (vgl. [X.], Urteil vom 24.
März 1988 -
III
ZR
30/87, [X.]Z
104, 102, 108; Urteil vom 24.
Februar 1994 -
IX
ZR
93/93, [X.]Z
125, 207, 212
f., 217; Urteil vom 18.
September 2001 -
IX
ZR
183/00, WM
2001, 2156, 2158; Sack/Fischinger in [X.], [X.], Neubearb.
2011, §
138 Rn.
387; großzügiger Münch-Komm[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
765 Rn.
25 a.E.; [X.], Kommentar zum Kreditrecht, 2.
Aufl., §
765 [X.] Rn.
98 [X.] zur obergerichtlichen Rechtspre-chung; zur wahrheitswidrigen Selbstauskunft [X.] in Langenbucher/
[X.]/[X.], [X.], 2013, Kap.
29 Rn.
28 a.E.). Den (subjektiven) Vorwurf der Sittenwidrigkeit räumen sie nur aus, wenn sie einer sorgfältigen Überprüfung des Gläubigers standhalten ([X.], Urteil vom 24.
Februar 1994 aaO S.
217). Das bedarf für die Selbstauskunft vom 6.
Oktober 2005 näherer Überprüfung, da sie mittels der Wendungen "[X.]"
und "ca."
auf exakte Angaben verzichtete und damit schon aus sich [X.] zu Zweifeln an ihrer Verlässlichkeit Anlass gab.
Sofern das Berufungsgericht dahin gelangen sollte, die Bürgenschuld sei durch den Wert des der [X.] gehörenden Grundstücks nicht abgedeckt, wird es sich mit der Frage zu befassen haben, ob die Beklagte bei Abschluss des vom Berufungsgericht als maßgeblich ermittelten [X.]es (wenigstens) in der Lage war, die Zinslast aus dem pfändbaren Teil ihres [X.], bei dessen Ermittlung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit zu berücksichtigen sind, bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft zu [X.]
-
13
-
gen (vgl. Senatsurteil vom 19.
Februar 2013 -
XI
ZR
82/11, WM
2013, 608 Rn.
9
ff. [X.]).

[X.]

Joeres

Ellenberger

Matthias

Menges

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.12.2012 -
21 O 297/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.04.2013 -
9 [X.] -

Meta

XI ZR 276/13

01.04.2014

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2014, Az. XI ZR 276/13 (REWIS RS 2014, 6664)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6664

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