Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2012, Az. VII ZR 13/11

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7357

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 13/11
Verkündet am:

12. April 2012

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 414
Allein das
Ausstellen einer Rechnung auf einen am Werkvertrag nicht beteiligten [X.] und deren Begleichung durch diesen stellt keine Schuldübernahme durch den [X.] dar.
[X.], Urteil vom 12. April 2012 -
VII ZR 13/11 -
OLG [X.]

LG Ellwangen

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12.
April 2012
durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Kniffka, den
Richter
Dr.
[X.],
die
Richterin [X.],
[X.] Eick
und den Richter Prof. Leupertz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13.
Zivilsenats des [X.] vom 16.
Dezember 2010 aufge-hoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des
Berufungsgerichts
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn für Elektroinstallationsarbeiten. Die Parteien streiten im Revisionsverfahren darüber, ob der [X.] passivle-gitimiert ist.
Der [X.] und seine Ehefrau sind Eigentümer eines Wohn-
und [X.] in [X.] Ein Teil des Anwesens ist an die S.
GmbH vermietet, die dort ein Ladengeschäft betreibt. Der [X.] ist leitender Angestellter der S.
GmbH, seine Ehefrau Geschäftsführerin. Am 3.
Mai 2007 beauftragte der [X.] mündlich die Klägerin mit der Durchführung von Elektroinstallationsar-1
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beiten anlässlich der Sanierung des Gebäudes. Ob er dabei zum Ausdruck brachte, dass er für die S.
GmbH handelte, ist streitig. Die Klägerin
erstellte un-ter dem 11.
Oktober 2007 eine erste Abschlagsrechnung, die nach ihrem Vor-trag auf den [X.]n persönlich ausgestellt war. Streitig ist, ob der [X.] die Rechnung erhalten hat. Jedenfalls sandte das für den [X.]n tätige [X.] die Rechnung an die Klägerin zurück mit der Bitte, sie auf die S.
GmbH auszustellen. Dem kam die Klägerin nach und richtete auch ihre zwei-te Abschlagsrechnung und die Schlussrechnung an die S.
GmbH. Beide [X.] wurden von dieser bezahlt.
Die Klägerin hat den Schlussrechnungsbetrag von 48.249,88

Zinsen eingeklagt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen [X.] verfolgt sie ihr Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an einen anderen Senat des
Berufungsgerichts.

I.
Das Berufungsgericht ist der Meinung, zwischen der Klägerin und der S.
GmbH sei eine Schuldübernahme nach §
414 BGB vereinbart worden, so dass der [X.] nicht passivlegitimiert sei. Es könne dahinstehen, ob der [X.] bereits am 3.
Mai 2007 für die Klägerin erkennbar für die S.
GmbH ge-3
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handelt habe. Denn jedenfalls durch die Stellung der Rechnungen gegenüber der S.
GmbH habe die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie diese als Schuldnerin akzeptiere und mit einer Schuldübernahme einverstanden sei. Durch die Abschlagszahlungen habe die S.
GmbH das Angebot der Klägerin auf Vereinbarung einer Schuldübernahme angenommen. Umstände, dass die Klägerin Wert darauf gelegt hätte, dass der [X.] weiterhin persönlich ver-pflichtet bleibe, seien nicht ersichtlich. Dass die Beteiligten von der [X.] der S.
GmbH ausgegangen seien, ergebe sich auch daraus, dass der vom Planungsbüro entworfene, wenn auch nicht von den Parteien unterschrie-bene Bauvertrag vom 2.
Oktober 2008 die S.
GmbH als Auftraggeberin [X.]. Zudem habe der Geschäftsführer der Klägerin auf Nachfrage des Prozess-bevollmächtigten des [X.]n mit Schreiben vom 25.
März 2009 erklärt, der mündliche Bauvertrag sei mit der S.
GmbH zustande gekommen.

II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Erwägungen des Berufungsgerichts
rechtfertigen nicht die Annahme, zwischen der Klägerin und der S.
GmbH sei eine Schuldübernahme vereinbart worden.
1. Die befreiende Schuldübernahme ist ein ungewöhnliches und bedeut-sames Rechtsgeschäft. Sie enthält in untrennbarer Verknüpfung die Verpflich-tung des Übernehmers und die Verfügung über die Forderung des Gläubigers. In aller Regel hat sie eine solche Bedeutung, dass kein Gläubiger ohne [X.] auf seinen bisherigen Schuldner verzichten wird. Ein hierauf gerichteter Wil-le des Gläubigers kann nur dann angenommen werden, wenn er deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist oder wenn die Umstände den in jeder Hinsicht zuverlässigen Schluss darauf zulassen (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Oktober 1982 6
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IVa
ZR 81/81, NJW 1983, 678, 679). Wegen der regelmäßig für den Gläubiger nachteiligen Folgen sind an seine Erklärung strenge Anforderungen zu stellen (vgl. [X.], Urteil vom 21.
März 1996 -
IX
ZR 195/95, [X.] 1996, 702). Ein Schluss auf den Entlassungswillen des Gläubigers ist nur unter Berücksichti-gung der gesamten Umstände, insbesondere der wirtschaftlichen Interessen der Parteien und des Zwecks der Vereinbarung,
zulässig (vgl.
[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
414 Rn.
3
m.w.[X.]).
2. Diese Grundsätze beachtet das Berufungsgericht nicht in [X.] Maße. Es unterlässt eine umfassende Abwägung aller Umstände des [X.] und verstößt gegen den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung.
Das Berufungsgericht stellt entscheidend darauf ab, dass die erste [X.] auf die S.
GmbH umgeschrieben wurde und die weiteren Rechnungen von vornherein an sie adressiert waren. Dieser Umstand
allein
ist jedoch angesichts der engen Verflechtung zwischen dem [X.]n und seiner Ehefrau einerseits und der S.
GmbH andererseits wenig aussagekräftig. Für diese Adressierung sind viele Gründe
auch
außerhalb einer Schuldübernahme denkbar. Sie
sagt nichts darüber aus, dass die Klägerin mit einer
Entlassung des [X.]n aus seiner Verpflichtung und mit einer
Schuldübernahme durch die [X.] einverstanden gewesen wäre. Das Berufungsgericht beachtet nicht, dass
es für die Klägerin
durchaus
von Wert gewesen sein kann, dass der [X.] ihr weiterhin persönlich verpflichtet bleibt. Denn er haftet
der Klägerin im Gegensatz zur [X.] unbeschränkt. Das Berufungsgericht trifft keine Feststellungen dazu, dass die Klägerin trotzdem mit seiner Entlassung aus der Haftung einverstanden gewesen wäre.
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Die Schlüsse, die das Berufungsgericht aus dem Verhalten der Beteilig-ten nach dem 3.
Mai 2007 zieht, sind ebenfalls nicht stichhaltig. Der über ein Jahr später entworfene Bauvertrag wurde nicht unterschrieben. Dass die Kläge-rin im März 2009 die Rechtsansicht äußerte, den
mündlichen Vertrag mit der
[X.] geschlossen zu haben, ist nur ein schwaches Indiz für die Frage, wer im Mai 2007 tatsächlich ihr Vertragspartner wurde. Denn diese Äußerung kann -
wie die Klägerin auch geltend macht -
auf einem durch die [X.] bedingten Irrtum beruhen.
Das Berufungsgericht lässt bei seiner Würdigung
außer Betracht, dass der [X.] sich vor Prozessbeginn gegenüber einem Sicherungsverlangen der Klägerin mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27. Juni 2009 noch nicht darauf berufen hat, er schulde den Werklohn nicht, sondern das Ver-langen unter anderem wegen überzogener Forderung zurückgewiesen hat. Er hat vielmehr erstmals im Prozess geltend gemacht, er sei nicht
Schuldner der Forderung, vielmehr sei der [X.] mit der [X.] zustande gekommen. Insoweit konsequent hat er auch nicht behauptet, er habe für die
[X.] eine Schuldübernahme erklärt.

III.
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Das Berufungsur-teil ist daher aufzuheben. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch [X.], die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückzuver-weisen, §
563 Abs.
1 Satz
2 ZPO. Dieser hat Gelegenheit, sich auch mit den weiteren, beachtlichen [X.] der Revision auseinanderzusetzen. Ein [X.] Geschäft kommt nur in Betracht, wenn der [X.] [X.] deutlich gemacht hat, dass er für
die [X.] auftritt (vgl. [X.], Urteil 10
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vom 4. April 2000

[X.], [X.], 2984, 2985). Allein der Umstand, dass die [X.] einen Teil der dem [X.]n und seiner Ehefrau gehören-den Räumlichkeiten gemietet hatte
und insoweit die Elektroinstallation auf ihr Geschäft zugeschnitten war, reicht dafür selbst dann nicht, wenn der Klägerin diese Umstände bekannt gewesen sein sollten.

Kniffka
[X.]
[X.]

Eick

Leupertz
Vorinstanzen:
LG Ellwangen, Entscheidung vom 10.03.2010 -
5 O 215/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 16.12.2010 -
13 [X.] -

Meta

VII ZR 13/11

12.04.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2012, Az. VII ZR 13/11 (REWIS RS 2012, 7357)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7357

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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