Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.04.2012, Az. VII ZR 13/11

7. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7360

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Gegenstand

Klage auf Restwerklohn: Passivlegitimation bei Ausstellung einer Werklohnrechnung auf einen Dritten und der Begleichung durch diesen


Leitsatz

Allein das Ausstellen einer Rechnung auf einen am Werkvertrag nicht beteiligten Dritten und deren Begleichung durch diesen stellt keine Schuldübernahme durch den Dritten dar.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 16. Dezember 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn für [X.]. Die Parteien streiten im Revisionsverfahren darüber, ob der Beklagte passivlegitimiert ist.

2

Der Beklagte und seine Ehefrau sind Eigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses in [X.] Ein Teil des Anwesens ist an die [X.] vermietet, die dort ein Ladengeschäft betreibt. Der Beklagte ist leitender Angestellter der [X.], seine Ehefrau Geschäftsführerin. Am 3. Mai 2007 beauftragte der Beklagte mündlich die Klägerin mit der Durchführung von [X.] anlässlich der Sanierung des Gebäudes. Ob er dabei zum Ausdruck brachte, dass er für die [X.] handelte, ist streitig. Die Klägerin erstellte unter dem 11. Oktober 2007 eine erste Abschlagsrechnung, die nach ihrem Vortrag auf den Beklagten persönlich ausgestellt war. Streitig ist, ob der Beklagte die Rechnung erhalten hat. Jedenfalls sandte das für den Beklagten tätige Planungsbüro die Rechnung an die Klägerin zurück mit der Bitte, sie auf die [X.] auszustellen. Dem kam die Klägerin nach und richtete auch ihre zweite Abschlagsrechnung und die Schlussrechnung an die [X.]. Beide Abschlagsrechnungen wurden von dieser bezahlt.

3

Die Klägerin hat den Schlussrechnungsbetrag von 48.249,88 € nebst Zinsen eingeklagt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.

I.

5

Das Berufungsgericht ist der Meinung, zwischen der Klägerin und der [X.] sei eine Schuldübernahme nach § 414 BGB vereinbart worden, so dass der [X.] nicht passivlegitimiert sei. Es könne dahinstehen, ob der [X.] bereits am 3. Mai 2007 für die Klägerin erkennbar für die [X.] gehandelt habe. Denn jedenfalls durch die Stellung der Rechnungen gegenüber der [X.] habe die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie diese als Schuldnerin akzeptiere und mit einer Schuldübernahme einverstanden sei. Durch die Abschlagszahlungen habe die [X.] das Angebot der Klägerin auf Vereinbarung einer Schuldübernahme angenommen. Umstände, dass die Klägerin Wert darauf gelegt hätte, dass der [X.] weiterhin persönlich verpflichtet bleibe, seien nicht ersichtlich. Dass die Beteiligten von der Passivlegitimation der [X.] ausgegangen seien, ergebe sich auch daraus, dass der vom Planungsbüro entworfene, wenn auch nicht von den Parteien unterschriebene Bauvertrag vom 2. Oktober 2008 die [X.] als Auftraggeberin ausweise. Zudem habe der Geschäftsführer der Klägerin auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten des [X.]n mit Schreiben vom 25. März 2009 erklärt, der mündliche Bauvertrag sei mit der [X.] zustande gekommen.

II.

6

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Erwägungen des Berufungsgerichts rechtfertigen nicht die Annahme, zwischen der Klägerin und der [X.] sei eine Schuldübernahme vereinbart worden.

7

1. Die befreiende Schuldübernahme ist ein ungewöhnliches und bedeutsames Rechtsgeschäft. Sie enthält in untrennbarer Verknüpfung die Verpflichtung des Übernehmers und die Verfügung über die Forderung des Gläubigers. In aller Regel hat sie eine solche Bedeutung, dass kein Gläubiger ohne weiteres auf seinen bisherigen Schuldner verzichten wird. Ein hierauf gerichteter Wille des Gläubigers kann nur dann angenommen werden, wenn er deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist oder wenn die Umstände den in jeder Hinsicht zuverlässigen Schluss darauf zulassen (vgl. [X.], Urteil vom 20. Oktober 1982 - [X.], NJW 1983, 678, 679). Wegen der regelmäßig für den Gläubiger nachteiligen Folgen sind an seine Erklärung strenge Anforderungen zu stellen (vgl. [X.], Urteil vom 21. März 1996 - [X.], [X.] 1996, 702). Ein Schluss auf den Entlassungswillen des Gläubigers ist nur unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, insbesondere der wirtschaftlichen Interessen der Parteien und des Zwecks der Vereinbarung, zulässig (vgl. [X.]/[X.], 6. Aufl., § 414 Rn. 3 m.w.N.).

8

2. Diese Grundsätze beachtet das Berufungsgericht nicht in ausreichendem Maße. Es unterlässt eine umfassende Abwägung aller Umstände des Falles und verstößt gegen den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung.

9

Das Berufungsgericht stellt entscheidend darauf ab, dass die erste Abschlagsrechnung auf die [X.] umgeschrieben wurde und die weiteren Rechnungen von vornherein an sie adressiert waren. Dieser Umstand allein ist jedoch angesichts der engen Verflechtung zwischen dem [X.]n und seiner Ehefrau einerseits und der [X.] andererseits wenig aussagekräftig. Für diese Adressierung sind viele Gründe auch außerhalb einer Schuldübernahme denkbar. Sie sagt nichts darüber aus, dass die Klägerin mit einer Entlassung des [X.]n aus seiner Verpflichtung und mit einer Schuldübernahme durch die [X.] einverstanden gewesen wäre. Das Berufungsgericht beachtet nicht, dass es für die Klägerin durchaus von Wert gewesen sein kann, dass der [X.] ihr weiterhin persönlich verpflichtet bleibt. Denn er haftet der Klägerin im Gegensatz zur [X.] unbeschränkt. Das Berufungsgericht trifft keine Feststellungen dazu, dass die Klägerin trotzdem mit seiner Entlassung aus der Haftung einverstanden gewesen wäre.

Die Schlüsse, die das Berufungsgericht aus dem Verhalten der Beteiligten nach dem 3. Mai 2007 zieht, sind ebenfalls nicht stichhaltig. Der über ein Jahr später entworfene Bauvertrag wurde nicht unterschrieben. Dass die Klägerin im März 2009 die Rechtsansicht äußerte, den mündlichen Vertrag mit der [X.] geschlossen zu haben, ist nur ein schwaches Indiz für die Frage, wer im Mai 2007 tatsächlich ihr Vertragspartner wurde. Denn diese Äußerung kann - wie die Klägerin auch geltend macht - auf einem durch die Rechnungsumstellung bedingten Irrtum beruhen.

Das Berufungsgericht lässt bei seiner Würdigung außer Betracht, dass der [X.] sich vor Prozessbeginn gegenüber einem Sicherungsverlangen der Klägerin mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27. Juni 2009 noch nicht darauf berufen hat, er schulde den Werklohn nicht, sondern das Verlangen unter anderem wegen überzogener Forderung zurückgewiesen hat. Er hat vielmehr erstmals im Prozess geltend gemacht, er sei nicht Schuldner der Forderung, vielmehr sei der [X.] mit der [X.] zustande gekommen. Insoweit konsequent hat er auch nicht behauptet, er habe für die [X.] eine Schuldübernahme erklärt.

III.

Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Dieser hat Gelegenheit, sich auch mit den weiteren, beachtlichen [X.] der Revision auseinanderzusetzen. Ein unternehmensbezogenes Geschäft kommt nur in Betracht, wenn der [X.] hinreichend deutlich gemacht hat, dass er für die [X.] auftritt (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 2000 – [X.], [X.], 2984, 2985). Allein der Umstand, dass die [X.] einen Teil der dem [X.]n und seiner Ehefrau gehörenden Räumlichkeiten gemietet hatte und insoweit die Elektroinstallation auf ihr Geschäft zugeschnitten war, reicht dafür selbst dann nicht, wenn der Klägerin diese Umstände bekannt gewesen sein sollten.

[X.]                                                 Kuffer                                              Safari Chabestari

                             Eick                                                 Leupertz

Meta

VII ZR 13/11

12.04.2012

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 16. Dezember 2010, Az: 13 U 60/10

§ 414 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.04.2012, Az. VII ZR 13/11 (REWIS RS 2012, 7360)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7360

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

VII ZR 103/12

VII ZR 103/12

VII ZR 13/11

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