LG Landshut, Urteil vom 13.12.2018, Az. 71 O 2943/17

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Geltendmachung der Hafteinlage des Kommanditisten durch den Insolvenzverwalter der KG


Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.250,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.06.2017 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 11.250,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter der ... mbH & Co. KG Rückzahlung ausgeschütteter Beträge.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die ... mbH & Co. KG (nachfolgend ...) wurde am 29.11.2001 errichtet und im Handelsregister des Amtsgerichts H. zur Registernummer HRA - eingetragen. Die ... betrieb das gleichnamige Seeschiff, dessen Erwerb mittels eines Schiffshypothekendarlehens der K-Bank GmbH in Höhe von 23,6 Mio. US-Dollar und den Einlagen der Kommanditisten finanziert wurde. In den Jahren 2003 - 2007 erhielten die Anleger Ausschüttungen, wobei der Kapitalanteil unter dem Betrag der übernommenen Hafteinlage lag und dementsprechend die Jahresabschlüsse der Schuldnerin durchweg nicht durch Kommanditeinlagen gedeckte Verluste auswiesen. Hierbei wurde in den Gewinn- und Verlustrechnungen ausdrücklich festgehalten, dass die Haftung der Kommanditisten nach den §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB wiederaufgelebt ist. Die Anleger wurden mindestens einmal jährlich mittels Anschreiben über die Jahresfehlbeträge sowie die wiederaufgelebte unmittelbare Haftung der Kommanditisten durch Einnahmen informiert. Die Bilanzen der Schuldnerin waren öffentlich bekannt gemacht und für jedermann einsehbar. Am 12.09.2012 stellt die XY einen Insolvenzantrag über ihr Vermögen, woraufhin am 13.09.2012 zunächst das vorläufige Insolvenzverfahren durch das Amtsgericht H. angeordnet wurde (AZ: -) und schließlich am 07.11.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt wurde. Auf den Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts H. vom 07.11.2012 (Anlage K 1) wird Bezug genommen. Im Februar 2013 wurde das Schiff zu einem Preis in Höhe von 13,5 Mio. US-Dollar veräußert. Dies reichte nicht zur vollständigen Deckung der Darlehensforderung der K-Bank aus, zu deren Lasten eine festgestellte Insolvenzforderung in Höhe von 452.729,89 € verblieb. Insgesamt wurden 1.416.157,36 € an Forderungen zur Tabelle festgestellt. Insoweit wird auf die Insolvenztabelle gemäß § 175 InsO (Anlage K 2) Bezug genommen. Der Massebestand betrug 593.314,14 €. Insoweit wird auf die Verfahrenskonten (Anlage K 3) Bezug genommen. Der Beklagte war mit einer Einlage in Höhe von 25.000,00 € an der XY beteiligt und mit einer entsprechenden Hafteinlage als Kommanditist ab 21.09.2005 im Handelsregister eingetragen.

Auf den Auszug des Handelsregisters HRA - (Anlage K 4) wird Bezug genommen. Die Kapitalkonten des Beklagten waren seit Gründung der ... durchweg negativ. Der Beklagte erhielt folgende Ausschüttung:

27.06.2003 1.000,00 €

30.10.2003 1.250,00 €

16.06.2004 1.250,00 €

29.10.2004 2.250,00 €

31.05.2005 1.000,00 €

24.10.2005 1.250,00 €

29.06.2006 1.000,00 €

08.11.2006 1.250,00 €

04.12.2007 1.000,00 €

Insoweit wird auf die Zahlungsnachweise (Anlagenkonvolut K 5) Bezug genommen.

Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte sei mit dem Einwand fehlerhafter Handelsbilanz nach § 129 I HGB ausgeschlossen. Er hafte nach § 172 IV HGB. Der Kläger als Insolvenzverwalter sei nur seiner Pflicht nach § 93 InsO nachgegangen. Eine Verjährung sei nicht eingetreten, da hinsichtlich des Anspruchs aus § 172 II HGB eine Verjährung nach § 159 I, II HGB erst 5 Jahre nach Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister gegeben sei.

Der Kläger beantragt

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

Die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor die Handelsbilanzen seien fehlerhaft und das Ergebnis von Zins- und Wechselkursmanipulation der Banken, so dass der Kläger gehalten sei, die kreditgebenden Banken in Anspruch zu nehmen. Die Bilanzprüfung sei nicht regelgerecht erfolgt. Der Kläger habe seine Pflichten als Insolvenzverwalter verletzt, es seien Ansprüche Dritter (Reeder/ Geschäftsführer/Initiator) zur Masse zu ziehen. Vor seiner Eintragung am 21.09.2005 sei der Beklagte nur Treugeber gewesen, so dass Ansprüche aus dieser Zeit aktuell nicht gegeben seien. Der Beklagte sei trotz Hinweisen zum Wiederaufleben der Haftung auf Grund unterschiedlicher Beteiligungsverträge mit unterschiedlichen Feststellungen zur Kostenverteilung davon ausgegangen, sein persönliches Verlustkonto sei ausgeglichen.

Der Beklagte ist weiter der Ansicht, die Ansprüche seien verjährt Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

1. Der Anspruch beruht auf §§ 171 I, II und 172 I, IV HGB.

Gemäß § 171 I haftet der Kommanditist der Gläubigergesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar. Ist, wie hier über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird für die Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach § 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter ausgeübt. Somit ist der Kläger aktiv legitimiert, da er unstreitig Insolvenzverwalter im Rahmen des noch laufenden Insolvenzverfahrens über die XY ist.

2. Gemäß § 172 I HGB ist die Haftung des Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt. Dieser beträgt hier unstreitig 25.000,00 €. Im Streit sind Ansprüche wegen Zurückzahlung von Einlagen bzw. Entnahme von Gewinnanteilen gemäß § 172 IV HGB. Diese gelten den Gläubigern und somit auch dem Kläger gegenüber als nicht geleistet, wenn Gewinnanteile entnommen werden während der Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist oder soweit durch die Entnahme Kapital unter dem bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Unstreitig waren die Kapitalkonten im Minus, so dass die Voraussetzungen erfüllt sind.

Somit ist der Einwand einer nicht regelgerechten Bilanzprüfung rechtlich aus Sicht des Gerichts unerheblich.

3. Soweit der Beklagte Einwände erhebt, dass die Handelsbilanzen fehlerhaft und Ergebnis von Zins- und Wechselkursmanipulationen sind, ist der Beklagte gemäß § 129 I HGB mit diesem Einwand abgeschnitten. Die Forderungen sind zur Insolvenztabelle angemeldet worden und festgestellt. Dies hat für Gläubiger und Schuldner gemäß § 178 III InsO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils.

4. Die Klageforderung ist auch substantiiert. Sie genügt den Anforderungen des Urteils des BGH vom 20.02.2018 (II ZR 272/16). Ausreichend für die Darlegung ist es demnach, wenn sich der Insolvenzverwalter auf die Insolvenztabelle bezieht. Dies hat der Kläger vorliegend mit Anlage K 2 getan. Dabei entspricht die vorgelegte Insolvenztabelle den gesetzlichen Anforderungen (§§ 174, 175 InsO). Eine weitere Substantiierung ist somit nicht erforderlich.

5. Auch der Einwand, der Kläger als Insolvenzverwalter habe Pflichtverletzungen begangen, indem er Ansprüche Dritter nicht zur Masse gezogen habe, verfängt nicht. Dem Insolvenzverwalter obliegt nach § 93 InsO die Geltendmachung von Ansprüchen auf die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Er hat somit die Verpflichtung die hier genannten Ansprüche geltend zu machen. Einwände er habe derzeit weitere Ansprüche nicht geltend gemacht, können nach Auffassung des Gerichts hier nicht entgegen gehalten werden.

6. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind Ansprüche nicht verjährt. Dies auch unter dem Aspekt, dass der Beklagte im Hinblick auf die ersten Ausschüttungen bis zum 21.09.2005 nicht ins Handelsregister eintragen war und lediglich Treugeber war. Das Gericht schließt sich der Auffassung des OLG München (Entscheidung vom 07.05.2018, AZ: 7 U 354/17) an. Insoweit kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Ausschüttung an. Ansprüche aus § 172 II HGB verjähren nach § 159 I, II HGB 5 Jahre nach Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister. Diese Frist ist hier nicht abgelaufen. Ebenso wenig ist relevant, dass der Beklagte zunächst nur Treugeber war und erst später als Vollkommanditist der XY ins Handelsregister eingetragen wurde. Entscheidend ist allein, dass er bei Insolvenzeröffnung Vollkommanditist war und der Wert seiner Einlage die Hafteinlage nicht erreichte. Damit ist die 5-jährige Frist des § 159 I HGB nicht abgelaufen.

Die Nebenforderungen ergeben sich aus Verzug. Spätestens mit Zustellung des Mahnbescheides am 23.06.2017 war Verzug eingetreten, §§ 280, 286 BGB. Hierbei wirkt bei alsbaldiger Abgabe, wie hier, die Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids zurück bezogen. Zinsen wurden somit ab dem 23.06.2017 geschuldet.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht

Meta

71 O 2943/17

13.12.2018

LG Landshut

Urteil

Sachgebiet: O

Zitier­vorschlag: LG Landshut, Urteil vom 13.12.2018, Az. 71 O 2943/17 (REWIS RS 2018, 384)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 384

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 U 833/17 (OLG Nürnberg)

Außenhaftung des Kommanditisten in der Insolvenz der Gesellschaft


II ZR 100/09 (Bundesgerichtshof)

Insolvenz einer Kommanditgesellschaft: Haftung der Kapitalanleger aus abgetretenem Recht des Treuhandkommanditisten auf Rückzahlung von Ausschüttungen …


6 U 149/19 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


8 O 4235/18 (LG Nürnberg-Fürth)

Insolvenzverwalter, Insolvenzverfahren, Eintragung, Gesellschaft, Kommanditist, Insolvenzmasse, Haftsumme, Beteiligung, Anspruch, Gesellschafter, Einlage, Rechtsverfolgungskosten, Haftung, Handelsregister, Dauer …


II ZR 353/15 (Bundesgerichtshof)

Publikums-Kommanditgesellschaft: Erneute Einforderung einer unter Vorbehalt gezahlten gewinnunabhängigen- Ausschüttung; Wiederauffüllung der Einlage als Darlehensrückführung durch …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

II ZR 272/16

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.