Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2011, Az. II ZR 100/09

2. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 8450

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Gegenstand

Insolvenz einer Kommanditgesellschaft: Haftung der Kapitalanleger aus abgetretenem Recht des Treuhandkommanditisten auf Rückzahlung von Ausschüttungen zur Einlagenrückgewähr; Aufrechnung mit Ansprüchen gegen den Treuhandkommanditisten und Verjährungsfrist für den abgetretenen Befreiungsanspruch des Treuhänders


Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 2. April 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.]     Büro- und Geschäftshaus Objekt B.     H.     und [X.] (im Folgenden: Schuldnerin), deren Gesellschaftszweck die Vermietung zweier in ihrem Eigentum stehender Immobilien war.

2

Der Beklagte erklärte am 20. Dezember 1996 gegenüber der Treuhänderin [X.]     Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH seinen Beitritt zur Schuldnerin mit einer Beteiligungssumme von 460.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Die Treuhänderin übernahm gemäß § 1 des [X.] für den Beklagten die förmliche Stellung als Kommanditistin im Handelsregister; nach § 5 des [X.] hatte der Treugeber die Treuhänderin von ihrer persönlichen Kommanditistenhaftung freizustellen.

3

  § 13 des Gesellschaftsvertrages lautet auszugsweise:

"(1) An dem Vermögen und an Gewinn und Verlust der Gesellschaft sind die Gesellschafter in dem zum 31. Dezember des jeweiligen Geschäftsjahres gegebenen Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten beteiligt, also im Verhältnis ihrer geleisteten [X.]

(3) Allen Kommanditisten werden [X.] auch dann zugerechnet, wenn diese die Kommanditeinlage übersteigen. Zum Ausgleich eines Verlustvortragskontos sind die Gesellschafter weder gegenüber der Gesellschaft, noch untereinander [X.]

(5) [X.] hat die [X.], die nach Leistung des Kapitaldienstes, Abdeckung ihrer sonstigen Kosten und Aufrechterhaltung einer Liquiditätsreserve in Höhe der in der Liquiditätsprognose des [X.] angegebenen Höhe verbleiben, halbjährlich, jeweils zum 31.1. und 31.7. des Jahres, erstmals am [X.], an die Gesellschafter im Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten auszuschütten. Das gilt auch dann, wenn die Kapitalkonten durch vorangegangene Verluste unter den Stand der Kapitalanlage gesunken sind.

(6) Soweit die Ausschüttungen der Gesellschaft an die Kommanditisten nach den handelsrechtlichen Vorschriften als Rückzahlung der von dem Treuhänder für Rechnung seiner Treugeber geleisteten Kommanditeinlage anzusehen sind, entsteht für den Treuhänder eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 172 Abs. 4 HGB). Von dieser Haftung haben diejenigen Treugeber bzw. Kommanditisten, für die der Treuhänder die Kommanditbeteiligung im eigenen Namen hält, den Treuhänder nach Maßgabe des [X.] freizustellen.“

4

In den Jahren 1998 bis 2004 erhielt der Beklagte in zwei halbjährlichen Zahlungen Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 71.734,25 €. Die Handelsbilanzen der Schuldnerin von 1996 bis 2006 wiesen in den Anfangsjahren erhebliche Anlaufverluste und nur für die [X.], 2003 und 2004 jeweils einen Gewinn aus.

5

Die Schuldnerin stellte am 12. Juni 2007 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit; das Verfahren wurde am 1. August 2007 eröffnet. Mit Vereinbarung vom 24./31. Oktober 2007 ließ sich der Kläger von der Treuhandkommanditistin deren Freistellungsansprüche gegen die Anleger abtreten.

6

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Rückzahlung der Ausschüttungen; er hat den Anspruch auf § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 2 HGB, hilfsweise auf abgetretenes Recht und auf §§ 134, 143 [X.] gestützt. Das [X.] hat der Klage aus abgetretenem Recht stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich seine vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.

8

I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

9

Dem Kläger stehe aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Erstattung der an den Beklagten zwischen 1998 bis 2004 ausgeschütteten 71.734,25 € zu. Die Abtretung sei wirksam, weil ein Abtretungsverbot weder aus § 399 [X.] noch aus dem Treuhandvertrag folge. Der Treuhandvertrag sei nicht wegen Verstoßes gegen das [X.] gemäß § 134 [X.] nichtig. Da das Kapitalkonto wegen anfänglicher umfangreicher Verluste, die der Beklagte nicht substantiiert bestritten habe, unter die Hafteinlage gesunken sei und auch durch spätere [X.] nie wieder den Stand der Hafteinlage erreicht habe, hafte die [X.] dem Kläger gemäß §§ 171, 172 Abs. 4 HGB auf Erstattung aller Ausschüttungen. Dass die Hafteinlagen zur Befriedigung der Gläubigerforderungen benötigt würden, habe der Kläger durch Vorlage der Insolvenztabelle hinreichend dargelegt. Dem Anspruch stehe weder § 172 Abs. 5 HGB entgegen, noch sei er verjährt. Soweit dem Beklagten eventuell Schadensersatzansprüche gegen die [X.] zustehen sollten, sei die Aufrechnung gegen den Anspruch des [X.] gemäß § 242 [X.] unzulässig.

II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

1. Der Senat hat die Rüge der mangelnden Zulässigkeit der Berufung geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

2. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen unmittelbaren Anspruch des [X.] gegen den beklagten Treugeber aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB mangels formeller Kommanditisteneigenschaft verneint (vgl. [X.], Urteil vom 28. Januar 1980 - [X.], [X.]Z 76, 127, 130; Urteil vom 11. November 2008 - [X.], [X.]Z 178, 271 Rn. 21; Urteil vom 12. Februar 2009 - [X.], [X.] 2009, 380 Rn. 35; Urteil vom 21. April 2009 - [X.], [X.], 1266 Rn. 15).

3. Dem Kläger steht jedoch, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat, ein Anspruch auf Rückzahlung der ausgeschütteten Beträge aus abgetretenem Recht der [X.] zu. Die [X.] hat den Freistellungsanspruch aus § 5 des [X.], der zudem aus dem [X.] zwischen [X.] und [X.] folgt (§§ 675, 670 [X.]), wirksam an den Kläger abgetreten; der Anspruch ist nicht verjährt und nicht durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen des Beklagten erloschen.

a) Der Treuhandvertrag - und damit die darin enthaltene Freistellungsverpflichtung - ist entgegen der Ansicht der Revision nicht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 [X.] nichtig. Für die Frage, ob eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art. 1 § 1 [X.] vorliegt, ist entscheidend, ob der Schwerpunkt der geschuldeten Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem oder auf rechtlichem Gebiet liegt (st.Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 16. Dezember 2002 - [X.], [X.]Z 153, 214, 218; Urteil vom 25. April 2006 - [X.], [X.]Z 167, 223 Rn. 15). Nur derjenige, der im Rahmen eines Immobilienfondsprojekts nicht nur die wirtschaftlichen Belange der Anleger wahrzunehmen, sondern für sie auch die erforderlichen Verträge abzuschließen hatte, bedurfte einer Erlaubnis nach dem [X.] (st.Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 14. Juni 2004 - [X.], [X.]Z 159, 294, 299; Urteil vom 8. Mai 2006 - [X.], [X.], 1201 Rn. 9). Eine Vollmacht, für den beklagten Treugeber Verträge zu schließen, die diesen selbst verpflichteten, enthält der Treuhandvertrag hier jedoch nicht. Die in § 1 Abs. 3 des [X.] genannten Verträge sind solche der Fondsgesellschaft oder der Objektgesellschaften mit Dritten.

b) Der Freistellungsanspruch ist, wie das Berufungsgericht weiter zutreffend erkannt hat, wirksam an den Kläger abgetreten worden.

Die Abtretung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht gemäß § 399 Fall 1 [X.] ausgeschlossen. Zwar verändert der Freistellungsanspruch infolge der Abtretung seinen Inhalt, da er sich in einen Zahlungsanspruch umwandelt. Eine solche Veränderung des [X.] hindert die Abtretung aber nicht, wenn der Freistellungsanspruch gerade an den Gläubiger der zu [X.] abgetreten wird (vgl. [X.], Urteil vom 22. Januar 1954 - [X.], [X.]Z 12, 136, 141 f.; Urteil vom 5. Mai 2010 - [X.], [X.], 1295 Rn. 12; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., § 399 Rn. 4 m.w.[X.]). Als solcher ist hinsichtlich der sich aus der Kommanditistenhaftung gemäß § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4 HGB ergebenden Ansprüche im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft der Insolvenzverwalter anzusehen (vgl. auch [X.], [X.] 2009, 543, 544; [X.], [X.], 1694, 1695 f. m.w.[X.]). Gemäß § 171 Abs. 2 HGB ist er zur Durchsetzung der Ansprüche gegen Kommanditisten ermächtigt, während die Gesellschaftsgläubiger, die materiell-rechtliche Anspruchsinhaber bleiben, daran gehindert sind, ihre Ansprüche selbst geltend zu machen. Berechtigte Interessen des Schuldners des [X.], deren Schutz das Abtretungsverbot nach § 399 Fall 1 [X.] bezweckt, werden durch die Abtretung an den Insolvenzverwalter anstelle des Gesellschaftsgläubigers nicht beeinträchtigt.

Die Parteien haben die Abtretung auch nicht vertraglich ausgeschlossen, § 399 Fall 2 [X.]. Eine solche Abrede ergibt sich insbesondere nicht aus § 5 des [X.], der den Freistellungsanspruch der [X.] regelt. [X.]altspunkte, die ein konkludent vereinbartes Abtretungsverbot nahe legen, sind nicht ersichtlich. Die Abtretung ist ferner weder sittenwidrig noch stellt sie eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 [X.] dar. Infolge der Abtretung verwirklicht sich vielmehr nur das mit dem Treuhandvertrag verbundene Ziel, dass die wirtschaftlichen Folgen der Kommanditbeteiligung die Treugeber selbst treffen.

c) § 172 Abs. 5 HGB steht dem Anspruch des [X.], wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, nicht entgegen. Ein Gutglaubensschutz nach dieser Vorschrift setzt den Bezug von Gewinn aufgrund einer unrichtigen Bilanz voraus, die tatsächlich nicht vorhandene Gewinne ausweist (vgl. [X.], Urteil vom 20. April 2009 [X.], [X.], 1222 Rn. 12 m.w.[X.]). Die Ausschüttungen beruhten hier nicht auf in den Bilanzen ausgewiesenen Gewinnen, sondern waren gemäß § 13 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages unabhängig von einem Gewinn der Gesellschaft aus den Liquiditätsüberschüssen zu zahlen.

d) Infolge der Abtretung des [X.] steht dem Kläger gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch in Höhe von 71.734,25 €zu. Die [X.] kann in dieser Höhe die Freistellung von dem ihr gegenüber begründeten Anspruch aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2  HGB von dem beklagten Treugeber verlangen.

aa) Durch die Ausschüttungen an die über die [X.] beteiligten Treugeber hat die Schuldnerin die Einlage im Sinne von § 172 Abs. 4 HGB teilweise zurückbezahlt (vgl. [X.], Urteil vom 20. Oktober 1975 - [X.], [X.], 130, 131; Urteil vom 28. Januar 1980 - [X.], [X.]Z 76, 127, 130; Strohn in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 172 Rn. 36). Der Anspruch aus § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 und 2 HGB ist zwar nicht begründet, soweit die [X.] zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht benötigt wird (vgl. [X.], Urteil vom 20. März 1958 - [X.], [X.]Z 27, 51, 56 f.; Urteil vom 11. Dezember 1989 - [X.], [X.]Z 109, 334, 344; Strohn in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 171 Rn. 96). Diese Voraussetzung ist hier indes erfüllt. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen, die nicht aus der Insolvenzmasse befriedigt werden können, übersteigen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Summe aller Ausschüttungen.

bb) Der Rückzahlungsanspruch des [X.] erfasst alle Ausschüttungen; sie waren alle haftungsbegründend nach § 172 Abs. 4 HGB.

Der Umfang, in dem die  Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebt, ist in dreifacher Hinsicht, nämlich durch die [X.], die Höhe des ausgezahlten Betrags und durch das Ausmaß der dadurch gegebenenfalls entstehenden [X.]nunterdeckung begrenzt (vgl. MünchKommHGB/[X.], 2. Aufl., §§ 171, 172 Rn. 65). Die Ausschüttungen in Höhe von 71.734,25 € sind die niedrigste Position. Die [X.] des Beklagten beträgt 235.194,26 €; die [X.]nunterdeckung übersteigt diese noch. Der Kläger hat in einer Beispielsberechnung für eine [X.] von 100.000 DM dargelegt, wie sich das Kapitalkonto eines Anlegers durch die Ausschüttungen und die Zuschreibungen der handelsbilanziell ausgewiesenen Gewinne und Verluste entwickelt hat. Übertragen auf die [X.] des Beklagten bedeutet dies, dass sein Kapitalkonto infolge der Ausschüttungen und der zugeschriebenen Verluste rechnerisch sogar negativ ist. Da die Schuldnerin im ersten Geschäftsjahr 1996 handelsbilanzielle Verluste von über 24 Mio. € und im zweiten Geschäftsjahr von über 19 Mio. € ausgewiesen hat, die gemäß § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages den Kapitalkonten der Treugeber im Verhältnis ihrer Anteile zugewiesen worden sind, lag bereits bei der ersten Ausschüttung am 12. August 1998 in Höhe von 5.879,86 € eine erhebliche [X.]nunterdeckung vor (Stand Kapitalkonto des Beklagten am 31. Dezember 1997: 68.165,58 € statt 235.194,26 €). Diese hat sich durch die dem Kapitalkonto in 1998, 1999, 2001 und 2002 zugewiesenen Verluste sowie die jährlichen Ausschüttungen noch weiter vertieft. Die Gewinne in 2000 (knapp 5 Mio. €), 2003 (16.798,33 €) und 2004 (83.017,72 €), die dem Kapitalkonto anteilig zugewiesen wurden, haben dieses nicht ansatzweise über einen Stand von 163.460,01 € (= [X.] ./. Ausschüttungen) bzw. gar auf den Stand der [X.] aufzufüllen vermocht.

e) Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision weiter zutreffend angenommen, dass der vom Kläger aus abgetretenem Recht geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht verjährt ist.

aa) Die Verjährungsfrist für den Befreiungsanspruch eines Treuhänders nach § 257 Satz 1 [X.] beginnt nach der neueren Rechtsprechung des [X.] frühestens mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem die Forderungen fällig werden, von denen zu befreien ist ([X.], Urteil vom 5. Mai 2010 - [X.], [X.], 1295 Rn. 21 f.; Urteil vom 12. November 2009 - [X.], [X.], 1299 Rn. 13). Der gesetzliche Befreiungsanspruch nach § 257 Satz 1 [X.] wird zwar nach allgemeiner Auffassung sofort mit der Eingehung der Verbindlichkeit, von der freizustellen ist, fällig, unabhängig davon, ob diese Verbindlichkeit ihrerseits bereits fällig ist ([X.], Urteil vom 5. Mai 2010 - [X.], aaO Rn. 20 m.w.[X.]). Nach allgemeinen verjährungsrechtlichen Grundsätzen wäre der Zeitpunkt, zu dem ein Befreiungsanspruch entsteht und fällig wird, auch maßgeblich dafür, zu welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist des [X.] beginnt (§ 199 [X.]). Dies widerspräche indes den Interessen der Vertragsparteien eines [X.] der hier vorliegenden Art. Wäre für den Lauf der Verjährungsfrist auf die Fälligkeit des [X.] abzustellen, wäre die [X.] regelmäßig bereits zu einem Zeitpunkt zur Geltendmachung ihres [X.] gegenüber den [X.] gezwungen, in dem weder die Fälligkeit der Drittforderung, von der freizustellen ist, absehbar ist noch feststeht, ob zu deren Erfüllung überhaupt auf Mittel der Treugeber zurückgegriffen werden muss.

bb) [X.] ist danach nicht verjährt. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass keine der eingegangenen Verbindlichkeiten im Sinne von § 257 Satz 1 [X.], für die die Treuhänderin nach § 128, § 161 Abs. 2, § 171 Abs. 1 und 2, § 172 Abs. 4 HGB in Höhe von 71.734,25 € haftet, in - im Hinblick auf die dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 [X.] und die Klageerhebung Ende Dezember 2007 (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) - unverjährter Zeit fällig geworden ist.

f) Ebenfalls zutreffend hält das Berufungsgericht eine Aufrechnung des Beklagten gegenüber dem an den Kläger abgetretenen Rückzahlungsanspruch mit etwaigen gegen die [X.] bestehenden Schadensersatzansprüchen für ausgeschlossen.

aa) Die Aufrechnung ist schon unzulässig.

Über die gesetzlich oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus ist eine Aufrechnung verboten, wenn nach dem besonderen Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses der Ausschluss als stillschweigend vereinbart angesehen werden muss (§ 157 [X.]) oder wenn die Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar (§ 242 [X.]) erscheinen lassen ([X.], Urteil vom 24. Juni 1985 - [X.], [X.]Z 95, 109, 113 m.w.[X.]). So liegt der Fall hier. Die [X.] hat die Beteiligung treuhänderisch für Rechnung der Treugeber übernommen und gehalten. Bei einer Gestaltung der Anlegerbeteiligung wie der vorliegenden darf der Anleger zwar grundsätzlich, soweit sich das nicht aus der Zwischenschaltung des Treuhänders unvermeidbar ergibt, nicht schlechter stehen, als wenn er selbst Kommanditist wäre; er darf aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn er sich unmittelbar beteiligt hätte. Ihn trifft daher, wenn keine besonderen Verhältnisse vorliegen, auch das Anlagerisiko so, als ob er sich unmittelbar als Kommanditist beteiligt hätte (vgl. [X.], Urteil vom 17. Dezember 1979 - [X.], [X.], 277, 278; Urteil vom 21. März 1988 - [X.], [X.]Z 104, 50, 55). Die Einbindung der Anleger durch das Treuhandverhältnis erfasst auch die Haftung der [X.] gegenüber [X.], soweit die Einlagen nicht erbracht oder wieder zurückbezahlt worden sind. Aus diesem Grund kann sich der Anleger der ihn mittelbar über die Inanspruchnahme durch die [X.] treffenden Haftung gegenüber [X.] nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB nicht durch Aufrechnung mit Ansprüchen gegen die [X.] entziehen (vgl. [X.], [X.], 1494, 1499; [X.], [X.] 2009, 543, 544; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 177a [X.]. B Rn. 102; [X.]/[X.], HGB, 2. Aufl., § 161 Rn. 176).

bb) Die Aufrechnung des Beklagten würde im Übrigen auch nicht durchgreifen, da er eine [X.] nicht ausreichend dargelegt hat. Dass die Ausschüttungen nicht mit Gewinnen gleichzusetzen waren, ergab sich hinreichend deutlich aus dem Fondsprospekt und dem Gesellschaftsvertrag, wo darauf hingewiesen wird, dass die Ausschüttungen aus der Liquidität/den Mietzinsüberschüssen der Gesellschaft erfolgen und auch dann ausgeschüttet wird, wenn die Kapitalkonten durch Verluste unter die [X.] gesunken sind. Ebenso wird unter Nennung von § 172 Abs. 4 HGB darauf hingewiesen, dass für die im Handelsregister eingetragenen Kommanditisten und für den [X.] eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft entsteht, soweit die Einlagen der Kapitalanleger aus Liquiditätsüber-schüssen der Gesellschaft zurückgezahlt werden. Zu einer weitergehenden Erläuterung der Haftungsvorschrift des § 172 Abs. 4 HGB war die [X.] nicht verpflichtet (vgl. [X.], Beschluss vom 9. November 2009 - [X.], [X.], 2335). Auf die eingeschränkte Handelbarkeit der Anteile weist der Prospekt ebenfalls hinreichend deutlich hin.

[X.]                               Caliebe                               Drescher

                         [X.]

Meta

II ZR 100/09

22.03.2011

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 2. April 2009, Az: 18 U 102/08, Urteil

§ 171 Abs 1 HGB, § 172 Abs 4 HGB, § 157 BGB, § 199 BGB, § 242 BGB, § 257 S 1 BGB, § 399 BGB, § 670 BGB, § 675 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2011, Az. II ZR 100/09 (REWIS RS 2011, 8450)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8450


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II ZR 100/09

Bundesgerichtshof, II ZR 100/09, 22.03.2011.


Az. 18 U 102/08

Oberlandesgericht Köln, 18 U 102/08, 02.04.2009.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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