Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.12.2016, Az. X B 91/16

10. Senat | REWIS RS 2016, 1404

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Steuerbarkeit einer Hinterbliebenenrente trotz abstrakter Unterhaltsersatzfunktion


Leitsatz

1. NV: Eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist auch dann steuerbar, wenn der Tod des rentenversicherten Ehegatten auf einer Straftat beruht und der Täter den Hinterbliebenen gemäß § 844 Abs. 2 BGB zum Ersatz weggefallener Unterhaltsansprüche verpflichtet ist, dieser Ersatzanspruch aber nicht realisiert werden kann .      

2. NV: Die Rechtsfrage, ob eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch dann steuerbar ist, wenn es dem Rentenversicherungsträger gelingt, von derjenigen Person, die den Tod des Versicherten durch eine Straftat verursacht hat, aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 116 SGB X in vollem Umfang Ersatz zu erlangen, hat grundsätzliche Bedeutung .     

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 9. Juni 2016 6 K 1793/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.      

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.    

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bezog in den Streitjahren 2005 bis 2011 eine Witwenrente nach ihrem Ehemann, der ermordet worden war. Der [X.] hatte versucht, bei den [X.] für die erbrachten Rentenzahlungen Regress zu nehmen. Das Regressverfahren wurde jedoch eingestellt, da aus Sicht des [X.]s nicht zu erwarten war, dass sich Ansprüche bei den [X.] realisieren ließen.

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) unterwarf die Witwenrente in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2005 bis 2011 gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem Besteuerungsanteil von 50 % der Einkommensteuer.

3

Hiergegen brachte die Klägerin vor, sie haben gegen die Täter einen Schadensersatzanspruch für weggefallene Unterhaltsansprüche gehabt (§ 844 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--). Dieser Schadensersatzanspruch sei gemäß § 116 des [X.] ([X.]) auf den [X.] übergegangen. Letztlich erhalte sie also Schadensersatzleistungen, die weggefallenen Unterhalt kompensieren sollten. Derartige Leistungen seien aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Urteil des [X.] --BFH-- vom 26. November 2008 [X.], [X.], 471, [X.], 651) nicht steuerbar.

4

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, Grundlage für die Rentenzahlungen sei ein Rechtsanspruch der Klägerin aus § 46 des [X.] ([X.]), nicht aber ein Schadensersatzanspruch gegen die Täter.

5

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

6

Das [X.] tritt der Beschwerde entgegen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

8

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O-- zuzulassen).

9

a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des [X.] zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 [X.]43/10, [X.]/NV 2011, 636, unter II.1.).

b) Die Klägerin hält die Rechtsfrage, ob eine [X.] auch dann steuerbar ist, wenn ein Schadensersatzanspruch der Hinterbliebenen auf den Rentenversicherungsträger übergeht, für grundsätzlich bedeutsam.

Diese Rechtsfrage ist jedoch nicht klärungsbedürftig. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es insbesondere dann, wenn die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das [X.] getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist ([X.]-Beschlüsse vom 21. September 2009 VI B 31/09, [X.]E 226, 329, [X.], 382, und vom 14. April 2011 [X.]104/10, [X.]/NV 2011, 1343, unter b).

Wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, erhält die Klägerin tatsächlich keine Schadensersatzleistungen nach § 844 Abs. 2 BGB, sondern Rentenversicherungsleistungen aufgrund ihres Rechtsanspruchs aus § 46 [X.]. Leibrenten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen unterliegen aber gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. [X.] [X.] stets der Einkommensteuer. Dies gilt insbesondere auch für Renten wegen Todes (Senatsurteil vom 19. August 2013 X R 35/11, [X.]E 242, 364, [X.], 557, Rz 16).

Vorliegend waren für die Bemessung der [X.] allein die Vorschriften des [X.] maßgebend. Die Höhe des weggefallenen Unterhaltsanspruchs der Klägerin, der für die Bemessung des Schadensersatzanspruchs nach § 844 Abs. 2 BGB entscheidend ist, hatte auf die Höhe der ausgezahlten [X.] keinen Einfluss. Auch der --von der Klägerin in den Vordergrund ihrer rechtlichen Argumentation [X.] gesetzliche Anspruchsübergang nach § 116 SGB X war im Streitfall sowohl bei rechtlicher als auch bei wirtschaftlicher Betrachtung ohne Bedeutung, da ein Ersatzanspruch gegen die Täter nicht realisiert werden konnte.

Ohne den gesetzlichen Anspruch nach § 46 [X.] hätte die Klägerin vielmehr gar keine Zahlungen erhalten. Schon dies zeigt, dass für ihre Renteneinkünfte nicht der Schadensersatzanspruch nach § 844 Abs. 2 BGB, sondern allein das Rentenversicherungsverhältnis kausal geworden ist.

c) Von grundsätzlicher Bedeutung wäre allenfalls die Rechtsfrage, ob eine [X.] auch dann steuerbar ist, wenn es dem Rentenversicherungsträger tatsächlich gelingt, bei den [X.] zu nehmen.

Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren im Streitfall aber nicht klärungsfähig. Denn es steht aufgrund der schriftlichen Auskunft des Rentenversicherungsträgers vom 15. April 2013 fest und ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Versuche des Rentenversicherungsträgers, bei den [X.] zu nehmen, erfolglos geblieben sind.

2. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

3. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O ab.

Meta

X B 91/16

05.12.2016

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 9. Juni 2016, Az: 6 K 1793/13, Urteil

§ 22 Nr 1 S 3 Buchst a DBuchst aa EStG 2002, § 844 Abs 2 BGB, § 46 SGB 6, § 116 SGB 10, § 22 Nr 1 S 3 Buchst a DBuchst aa EStG 2009, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007, EStG VZ 2008, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, EStG VZ 2011

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.12.2016, Az. X B 91/16 (REWIS RS 2016, 1404)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1404

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X R 35/11 (Bundesfinanzhof)

Erziehungsrenten sind mit dem Besteuerungsanteil zu besteuern - Abgrenzung zu nicht steuerbaren Schadensersatzrenten oder Unterhaltsrenten


X R 33/19 (Bundesfinanzhof)

Ermittlung der Höhe des Betrags einer etwaigen doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen


X R 48/14 (Bundesfinanzhof)

Ausgleichszahlung zur Abfindung des Versorgungsausgleichs


VI ZR 423/16 (Bundesgerichtshof)

Haftung bei Kfz-Unfall: Aktivlegitimation eines geschädigten Beifahrers gegenüber einem angehörigen Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer bei …


X B 58/23 (Bundesfinanzhof)

Klagebefugnis und Rechtsschutzbedürfnis bei Geltendmachung der doppelten Besteuerung in Bezug auf eine Hinterbliebenenrente der Basisversorgung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.