Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.01.2017, Az. 18 W (pat) 180/14

18. Senat | REWIS RS 2017, 17623

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Aufzeichnungs-Wiedergabegerät" – zur Zuständigkeit für die Prüfung einer im Beschwerdeverfahren entstandenen Teilanmeldung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 84 045.8

hat der 18. Senat (Techn. [X.]) des [X.] am 11. Januar 2017 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], Dipl.-Phys. [X.] und Dipl.-Ing. Altvater

beschlossen:

1. Das [X.] ist für die Prüfung der aufgrund der Teilungserklärung vom 6. März 2013 aus der [X.] 199 80 892.9 entstandenen Patentanmeldung 199 84 045.8 nicht zuständig.

2. Das aufgrund der Teilung durchzuführende Anmeldeverfahren wird zur weiteren Bearbeitung an das [X.] verwiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat am 16. April 1999 beim [X.] Antrag auf Erteilung eines Patents mit der Bezeichnung

2

„Aufzeichnungs-Wiedergabegerät“

3

gestellt.

4

Mit in der Anhörung vom 21. September 2012 verkündeten Beschluss, erstellt am 2. [X.]ktober 2012, hat die Prüfungsstelle für [X.] des [X.]s die Anmeldung 199 80 892.9 ([X.]) mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung des [X.] und des [X.] nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

5

Gegen diesen ihr am 8. [X.]ktober 2012 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin mit am 6. November 2012 eingegangenen Schriftsatz vom 6. November 2012 Beschwerde eingelegt.

6

Mit am 7. März 2013 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz vom 6. März 2013 hat die Anmelderin die Teilung der Anmeldung 199 80 892.9 erklärt. Die Prüfungsstelle für [X.] des [X.]s hat dem [X.] mit Schreiben vom 17. Juni 2013 mitgeteilt, die Wirksamkeit der am 6. März 2013 abgegebenen Teilungserklärung sei mit Schreiben vom 16. April 2013 bestätigt worden. Das [X.] hat unter dem Aktenzeichen 199 84 045.8 die Teilungsakte angelegt.

7

Bezüglich der [X.] 199 80 892.9 fand am 14. Dezember 2016 eine mündliche Verhandlung statt (18 W (pat) 113/14), in der der Bevollmächtigte der Anmelderin darauf hingewiesen wurde, dass der Senat nach vorläufiger Auffassung eine Zurückverweisung der Teilanmeldung an das [X.] beabsichtige, da in der Teilanmeldung Merkmale beansprucht werden, die in der [X.] bisher noch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Prüfungsverfahrens waren. Auf die mündliche Verhandlung wurde bezüglich der [X.] der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des [X.]s vom 21. September 2012 aufgehoben und die Sache zur weiteren Bearbeitung an das [X.] zurückverwiesen.

II.

8

1. Das [X.] ist für die Entscheidung über die Teilanmeldung nicht zuständig. Die Zuständigkeit für die Teilanmeldung liegt beim [X.], sodass die Teilanmeldung zur weiteren Bearbeitung an das [X.] zu verweisen ist.

9

Die gemäß § 39 [X.] wirksame Teilanmeldung ist zwar beim [X.] anhängig geworden, da die mit Schriftsatz vom 6. März 2013 erklärte Teilung während des Beschwerdeverfahrens zur [X.] beim [X.] eingegangen ist. Dies führt jedoch nicht zwingend dazu, dass das Gericht für die Prüfung der Teilanmeldung zuständig ist (ebenso B[X.] 12 W (pat) 42/14 – Beschluss vom 13. Mai 2014; 7 W (pat) 44/11 – Beschluss vom 22. November 2013; 7 W (pat) 108/11 – Beschluss vom 30. März 2012; 21 W (pat) 1/09 – Beschluss vom 21. Dezember 2010; a. M. [X.] GRUR 1999, 574 ff. – Mehrfachsteuersystem; [X.], 458 ff.  – Textdatenwiedergabe; B[X.] 17 W (pat) 6/13 – Beschluss vom 22. [X.]ktober 2013).

Die gegenteilige Auffassung beruht auf der Annahme, dass es sich bei der Teilung nach § 39 Abs. 1 [X.] um einen der Prozesstrennung nach § 145 ZP[X.] vergleichbaren Vorgang handelt (vgl. [X.], a. a. [X.].. – Mehrfachsteuersystem; a. a. [X.] – Textdatenwiedergabe). Wie der 21. Senat des [X.]s in seiner Entscheidung vom 7. Dezember 2010 (21 W (pat) 10/09, [X.], 949 – Teilung einer Patentanmeldung im Beschwerdeverfahren) im einzelnen dargelegt hat, ist dies jedoch nicht der Fall. Danach entsteht bei einer Teilung nach § 39 [X.] vielmehr ein neuer Verfahrensgegenstand, der im bisherigen Erteilungsverfahren bis zur Erklärung der Teilung keine Rolle gespielt hat. Dementsprechend fällt der Gegenstand der Teilanmeldung auch nicht in der Beschwerde an. Denn der Beurteilung durch das Beschwerdegericht unterliegt ein Rechtschutzbegehren nur insoweit, als darüber in der Vorinstanz entschieden wurde. Nur in diesem Umfang kommt einer Beschwerde der Devolutionseffekt zu (sog. Anfallwirkung). Sie ist das Mittel, um angegriffene Entscheidungen in der höhren gerichtlichen Instanz nachprüfen zu lassen. Entscheidend ist, dass das Rechtsmittelgericht alleine über das prozessuale Schicksal des erstinstanzlichen Streitgegenstandes entscheidet (vgl. [X.]. [X.] NVwZ 2000, 210 f. m. w. N.). Demgegenüber ist die erstmalige Prüfung von Patentanmeldungen – wozu auch die Prüfung einer Teilanmeldung gehört – grundsätzlich die Sache des [X.]s. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den o. g. Beschluss des 21. Senats Bezug genommen, dem sich der erkennende Senat im vollem Umfang anschließt.

Der Senat hält eine Verweisung an das [X.] insbesondere auch deshalb für sachgemäß, damit der Anmelderin für die abgetrennte Teilanmeldung zwei Instanzen zur Verfügung stehen (vgl. Busse/Keukenschrijver, [X.], 8. Aufl., § 39 Rn. 27). Die mit den Teilungsunterlagen eingereichten neuen Ansprüche waren in dieser Form nicht Gegenstand im Prüfungsverfahren der [X.]. Über den Anspruchsgegenstand der Teilanmeldung wurde daher inhaltlich bisher noch nicht entschieden.

Zwar hätte die Anmelderin auch im Beschwerdeverfahren die gemäß Teilungserklärung geltenden Ansprüche hilfsweise einreichen können. Da sie aber die Anmeldung „jederzeit“ bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die [X.] teilen darf, dürfte sie auch ein berechtigtes Interesse daran haben, zur Prüfung „neuer“ Aspekte in einer solchen Teilanmeldung alle Instanzen des Prüfungsverfahrens nutzen zu können.

Ein mangelndes Rechtsschutzbedürfnis wegen Verfahrensverschleppung (vgl. [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 39 Rn. 17) liegt nicht vor, weil die Teilungserklärung keinen Einfluss auf das Beschwerdeverfahren der [X.] hatte.

Da es somit an einer sachlichen Zuständigkeit des [X.]s zur Entscheidung über die Teilanmeldung mangelt, ist diese durch Beschluss gemäß § 17 a Abs. 2 i. V. m. § 13 [X.], § 39 Abs. 1 Satz 3 [X.] an das [X.] zu verweisen.

2. Die Rechtbeschwerde ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 100 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zuzulassen, da der Senat zwar mit der Rechtsprechung des 21. Senats des [X.]s übereinstimmt, hiermit aber von der bisherigen Rechtsprechung des [X.] und anderer Senate des [X.]s abweicht.

Meta

18 W (pat) 180/14

11.01.2017

Bundespatentgericht 18. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.01.2017, Az. 18 W (pat) 180/14 (REWIS RS 2017, 17623)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17623

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X ZB 9/18 (Bundesgerichtshof)

Zuständigkeit für patentrechtliche Teilungserklärung - Abstandsberechnungsverfahren


Referenzen
Wird zitiert von

X ZB 9/18

7 W (pat) 7/18

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