Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2013, Az. VIII ZR 225/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6554

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII [X.]/12
Verkündet am:

17. April 2013

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 305c Abs. 2
Zur Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung in einem Stromlieferungsver-trag über die Gewährung eines sogenannten "[X.]" für Neukunden.

[X.], Urteil vom 17. April 2013 -
VIII [X.]/12 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
17. April 2013
durch den Vorsitzenden [X.], die Richter Dr.
Frellesen
und Dr.
Achilles, die Richterin Dr.
Fetzer und [X.]
Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 29. Juni 2012 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24.
Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte
hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines "[X.]"
aus einem Stromlieferungsvertrag.
Der Kläger bezog von der Beklagten Strom aufgrund eines Vertrages, der am 1.
Mai 2010 begann.
Die in das Vertragsverhältnis einbezogenen [X.] Geschäftsbedingungen der Beklagten (Stand: 2.
Februar 2010) [X.] in Ziffer
7.3 folgende Regelung:
"Wenn Sie als Neukunde einen Vertrag mit [X.][Beklagte] schlie-ßen, gewährt Ihnen [X.] einen einmaligen [X.]. Dieser wird 1
2
-
3
-
nach 12
Monaten Belieferungszeit fällig und spätestens mit der ersten Jahresrechnung verrechnet. Neukunde ist,
wer in den letzten 6
Monaten vor Vertragsschluss in seinem Haushalt nicht von [X.]beliefert [X.].
Der [X.] entfällt bei Kündigung innerhalb des ersten [X.], es sei denn die Kündigung wird erst nach Ablauf des ersten Be-lieferungsjahres wirksam."
Das Vertragsverhältnis endete aufgrund fristgerechter Kündigung des [X.] nach einem Jahr Belieferung
mit Ablauf des 30. April 2011. In der Schlussrechnung vom 19.
September 2011 berücksichtigte die Beklagte nicht den der Höhe nach unstreitigen [X.] von 140

.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger Zahlung des [X.] sowie
weiterer 102,18

insgesamt 242,18

. Das Amtsgericht hat der Klage -
nach Anerkenntnis der Beklagten hinsichtlich des [X.] von 102,18

nebst Zinsen
-
stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich der [X.]zahlung abgewiesen. Der Kläger begehrt mit seiner vom Berufungs-gericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Ur-teils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von [X.], im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Zahlung des [X.] in Höhe von 140

gegen die Beklagte nach deren [X.] 3
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6
7
-
4
-
nicht zu, weil er die Kündigung bereits zum Ablauf der [X.] von einem Jahr ausgesprochen habe. Entgegen der Auffassung des [X.] sei die Klausel bereits nach ihrem Wortlaut eindeutig. Unter Zugrundelegung des Empfängerhorizonts eines rechtlich nicht vorgebildeten durchschnittlichen [X.]spartners ergebe die Auslegung der Klausel, dass der Kunde einen [X.] auf Zahlung des [X.] erst dann erhalte, wenn er länger als zwölf Mo-nate Strom von der Beklagten bezogen habe. Dies folge aus der einschränken-den Formulierung in Ziffer
7.3 der [X.] der [X.] im Zusammenhang mit
der Auswirkung einer Kündigung innerhalb des ersten Belieferungsjahres auf den [X.]anspruch: "i-gung wird
erst nach Ablauf des ersten Belieferungsjahres wirksam".
Der [X.] Wortlaut der
Klausel besage, dass der [X.] bei einer Kündigung inner-halb des ersten Belieferungsjahres entfalle. Dies bedeute zunächst einmal, dass bei allen Kündigungen innerhalb des ersten Jahres der [X.] nicht ge-währt werde. Anschließend werde eine Rückausnahme vom Entfallen des Bo-nus gemacht, wenn die -
wie vorliegend
-
innerhalb des ersten [X.] erklärte Kündigung erst nach und nicht zum Ablauf des ersten [X.] wirksam werde. Entgegen der Auffassung des [X.] sei die unter-schiedliche Bedeutung von "nach Ablauf"
und "zum Ablauf"
eindeutig erkenn-
und begreifbar. Bei einem am 1.
April beginnenden Vertrag bedeute "zum [X.]"
den 30.
April des Folgejahres und "nach Ablauf"
den 1.
Mai des [X.]. Ebenso verhalte es sich mit dem Begriff der Wirksamkeit. Allein eine Mehr-zahl unterschiedlicher Gerichtsentscheidungen vermöge den eindeutigen Wort-laut der Klausel nicht unklar zu machen.
-
5
-
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Klauselauslegung unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung, da bei [X.] ungeachtet der Frage, ob sie über den räumlichen Be-zirk des [X.] hinaus Verwendung finden, ein Bedürfnis nach ein-heitlicher Handhabung besteht ([X.]surteile
vom 9. Februar 2011 -
VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 29;
vom 9. Juni 2010 -
VIII ZR 294/09, NJW 2010, 2877 Rn. 11 mwN). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind -
ausgehend von den [X.] eines rechtlich nicht vorgebildeten durchschnittli-chen Vertragspartners -
einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten [X.] verstanden werden ([X.]surteile
vom 9. Februar 2011
-
VIII ZR 295/09,
aaO,
und 9. Juni 2010
-
VIII ZR 294/09, aaO
Rn.
12).
Dabei sind sie unabhängig von der Gestaltung des Einzelfalls sowie dem Willen und den Belangen der jeweils konkreten Vertragspartner nach ihrem typischen Sinn
auszulegen. Ansatzpunkt für die bei einem Formularvertrag gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende
Auslegung ist in erster Linie der [X.] (st. Rspr.; [X.]surteil vom 8. April 2009
-
VIII ZR 233/08, NJW-RR
2009, 1021 Rn.
19 mwN).
2. Hieran gemessen hält die Auslegung der vorliegenden Klausel durch das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, der rechtlichen Nachprü-fung nicht stand. Der [X.] teilt nicht die Auffassung des [X.] und einiger Instanzgerichte (vgl. [X.], Urteil vom 13. Januar 2012 -
56 S 58/11, juris; [X.], Urteil vom 6. Oktober 2011 -
15 C 1176/11, juris; [X.], Urteil vom 14. Dezember 2010 -
21 [X.], juris), wonach der Wortlaut der 8
9
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6
-
Klausel eindeutig in dem Sinne sei, dass ein Anspruch auf den [X.] nur be-stehe, wenn der Stromlieferungsvertrag länger als ein Jahr bestanden habe. Vielmehr kann die Formulierung der vorliegenden Klausel für einen juristisch nicht vorgebildeten Kunden ohne weiteres dahin verstanden werden, dass ein Anspruch auf den [X.] bereits dann besteht, wenn der [X.] bestanden hat (vgl. [X.], Urteil vom 29. Dezember 2010
-
12 [X.]/10 KfH, juris; [X.],
Urteil vom 17. Januar 2011-
3 C 355/10, juris; [X.], Urteil vom 30. April 2012 -
111 [X.], juris). Die Klausel ist deshalb nach §
305c Abs.
2 BGB in diesem Sinne auszulegen. Das Vorbringen der Beklagten in der Revisionserwiderung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Auslegung, nach der für den [X.]anspruch erforderlich sei, dass der [X.] länger als ein Jahr bestanden habe, mag auch möglich sein, beseitigt aber nicht die bestehenden Auslegungszweifel.

III.
Da die Revision begründet ist, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, weil weitere [X.] nicht zu treffen sind (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Da der Stromlieferungs-vertrag
zwischen den Parteien
-
wie von Ziffer
7.3 der [X.] der Beklagten gefordert -
ein volles Jahr bestand, hat der Kläger, wie das Amtsgericht zutreffend entschieden hat,
Anspruch auf Zahlung des der

11
-
7
-
Höhe nach unstreitigen [X.]. Die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Amtsgerichts ist daher zurückzuweisen.
[X.]
Dr. Frellesen
Dr. Achilles

Dr. Fetzer
Dr. Bünger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.01.2012 -
1 C 296/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 29.06.2012 -
1 S 31/12 -

Meta

VIII ZR 225/12

17.04.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2013, Az. VIII ZR 225/12 (REWIS RS 2013, 6554)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6554

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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31 O 56/21 (6 U 71/22 OLG Köln) (Landgericht Köln)


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VIII ZR 225/12

VIII ZR 295/09

VIII ZR 294/09

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