Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2016, Az. 2 StR 391/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 16435

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:100216B2STR391.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 391/15
vom
10. Februar 2016
in der Strafsache
gegen

wegen
gefährlicher Körperverletzung u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
und
des Beschwerdeführers
am 10.
Februar 2016 gemäß §
349 Abs.
4
StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 17.
Juni 2015 mit Ausnahme der Entscheidung über den [X.] mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Nötigung, versuchter Nöti-gung, Bedrohung und Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verur-teilt. Darüber hinaus hat es aufgrund des Anerkenntnisses des Angeklagten eine Adhäsionsentscheidung zugunsten des [X.] getroffen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat [X.].

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I.
Nach den Feststellungen wollte der Angeklagte unter Mithilfe von drei weiteren Tätern dem zu diesem Zweck einbestellten Nebenkläger in der Woh-nung der Zeugin B.

eine Abreibung verpassen. [X.]. 15 Minuten vor dem Ein-treffen des [X.] erschien überraschend der weitere Geschädigte P.

,
der aufgrund eines Spontanentschlusses
des Angeklagten
u.a. unter Verwendung einer Stabtaschenlampe bis zur Bewusstlosigkeit zusam-mengeschlagen und getreten wurde.
Gleiches widerfuhr dem später eintreffenden Nebenkläger, der, als er aus der Bewusstlosigkeit erwachte, den Geschädigten P.

wahrnahm, der blutverschmiert auf dem Sofa saß und röchelte. Nunmehr verlangte
der An-geklagte von dem Nebenkläger aufzustehen und sich gerade hinzustellen, wo-raufhin er diesem einen Kopfstoß versetzte. Beide Geschädigten
mussten dann ihre Jacken ausziehen und entleeren. Sowohl der Angeklagte als auch seine Mittäter nahmen diverse Gegenstände an sich. Abschließend forderte der An-geklagte den Geschädigten P.

auf, A.

noch in derselben Nacht zu verlassen, wenn ihm sein Leben lieb sei.

II.
Das Urteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Die Urteilsgründe müssen so abgefasst werden, dass sie erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen der abgeurteilten Taten zuzuordnen sind und diese ausfüllen können (vgl. [X.]/[X.], [X.], 29.
Aufl., Rn.
281 ff.). Hier ist den Gründen einschließlich der rechtlichen Würdigung im 2
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Gesamtzusammenhang gerade noch hinreichend zu entnehmen, welche [X.] als Straftaten der Angeklagten abgeurteilt sind.
2. Fehlerhaft sind hingegen die Konkurrenzerwägungen der [X.], die insoweit ausgeführt hat, das gesamte Tathandeln des Angeklagten erscheine von einem einheitlichen Willen getragen und aufgrund seines räum-lich-zeitlichen Zusammenhangs derart eng miteinander verbunden, dass das gesamte Tätigwerden des Angeklagten bei natürlicher Betrachtungsweise als [X.] erscheine, weshalb eine natürliche Handlungseinheit anzunehmen sei.
So beruhen die vorausgeplanten Misshandlungen des [X.] und das Zusammenschlagen des
unerwartet und
zufällig 15
Minuten zuvor erschie-nenen Geschädigten P.

schon nicht auf einem einheitlichen Tatent-schluss. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des [X.] höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen und deren Verletzung einer additiven Betrachtungsweise, wie sie etwa der natürlichen Handlungsein-heit zugrunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich. Greift daher der Täter ein-zelne Menschen

wie hier

nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu beeinträchtigen, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatent-schluss und engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen (vgl. nur [X.], Beschluss vom 22.
Oktober 2015 -
4
StR 262/15; Urteil vom 11.
Oktober 2005 -
1
StR 195/05, [X.], 284, 286
mwN). Etwas anderes kann aus-nahmsweise dann gelten, wenn eine Aufspaltung in [X.] wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs, etwa bei Messerstichen innerhalb weniger Sekunden oder bei einem gegen eine aus der Sicht des [X.] nicht individualisierte Personenmehrheit gerichteten Angriff,
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willkürlich und gekünstelt erschiene ([X.], Urteil vom 11.
Oktober 2005 aaO, vgl. auch [X.], Beschluss vom 24.
Oktober 2000 -
5
StR 323/00, [X.], 82).
Hier liegt ein außergewöhnlich enger zeitlicher und situativer Zusam-menhang, wie ihn die Rechtsprechung des [X.] ausnahmsweise zur Begründung einer natürlichen Handlungseinheit in Fällen der vorliegenden Art heranzieht, nicht vor.
3. Darüber hinaus hat die [X.] verkannt, dass die ausgeurteilte Bedrohung hinter der durch die gleiche
Handlung verwirklichten
versuchten
Nö-tigung zurücktritt (vgl. Fischer, StGB, 63.
Aufl.,
§
241 Rn.
7).
4. Der Senat kann auch nicht ausschließen, dass der Angeklagte im vor-liegenden Fall durch die rechtsfehlerhafte Annahme von Tateinheit jeweils be-schwert ist. So hat das [X.] bei seiner [X.] einen minder schweren Fall des §
224 StGB u.a. mit der Begründung [X.], durch die Tat seien gleichzeitig zwei Geschädigte verletzt worden. Zudem seien durch die Tat weitere Straftatbestände verwirklicht worden, so u.a. eine versuchte Nötigung und eine Bedrohung.
5. [X.] bleibt bestehen, weil der Angeklagte die gel-tend gemachte Schadens-
und Schmerzensgeldansprüche anerkannt hat (§
406 Abs.
2 StPO) und die Wirksamkeit des Anerkenntnisses
von ihm nicht in Frage gestellt worden ist ([X.], Beschlüsse vom 9.
Oktober 2013 -
4 StR 364/13 und vom 2.
Februar 2006 -
4 [X.], [X.], 1890, 1891).
6. Für die neue Verhandlung und Entscheidung verweist der Senat, was eine eventuell zu treffende Bewährungsentscheidung anbelangt, auf die [X.]. Im Übrigen wird die [X.] ge-8
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gebenenfalls zu prüfen haben, ob eine für den am 11.
April 2015 von dem [X.] verübten Ladendiebstahl eventuell bereits verhängte Strafe gesamt-strafenfähig wäre.
Fischer [X.] Ott

Zeng

Bartel

Meta

2 StR 391/15

10.02.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2016, Az. 2 StR 391/15 (REWIS RS 2016, 16435)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16435

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