Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.03.2017, Az. IX R 5/16

9. Senat | REWIS RS 2017, 14478

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Gegenstand

Gestaltungsmissbrauch bei An- und Verkauf von Wertpapieren


Leitsatz

Veräußert und erwirbt der Steuerpflichtige an einer Börse mit taggleicher Ausführung Bezugsrechte und kann er aufgrund der Umstände, seiner persönlichen Kenntnisse und seines Einflusses auf die Durchführung des Handels als Börsenmakler davon ausgehen, dieselbe Zahl von Bezugsrechten zum Verkaufspreis sicher wieder erwerben zu können, ohne die Kauforder eines Dritten fürchten zu müssen, kann in der Durchführung des Geschäfts ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegen (Abgrenzung zu BFH-Urteil vom 7. Dezember 2010 IX R 40/09, BFHE 232, 1, BStBl II 2011, 427, zur Anteilsrotation).

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 23. November 2015  8 K 2978/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die [X.]eteiligten streiten über die Höhe der Einkünfte aus dem Verkauf von Aktien.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1999 als [X.]örsenmakler tätig. Er war zu [X.]eginn des Jahres 1996 einer der Geschäftsführer der [X.] Die [X.] wurde im Dezember 1997 in die [X.] umgewandelt. Gleichzeitig wurde das Kapital auf 1.500.000 DM aufgestockt. Das Kapital war in 300 000 Aktien zum Nennbetrag von 5 DM unterteilt. Der Kläger hielt 90 000 Aktien (= 30 %).

3

[X.] verkaufte der Kläger zunächst seine Anteile an der [X.] in mehreren Tranchen bis auf 23 000 Aktien (= 7,6 %). [X.] erklärte der Kläger einen entsprechenden Veräußerungsgewinn nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Oktober 1998 erhöhte die [X.] ihr Kapital gegen Einlagen um 375.000 DM auf insgesamt 1.875.000 DM. In diesem Zusammenhang erhielt der Kläger für seine damals 23 000 Aktien 23 000 [X.]ezugsrechte für junge Aktien (zum [X.]ezugsrechtsverhältnis 4:1).

4

Nach einem Hinzukauf weiterer 224 [X.]ezugsrechte am 2. November 1998 verkaufte der Kläger am 5. November 1998 die damit auf insgesamt 23 224 aufgestockten [X.]ezugsrechte. Dazu gab er am 4. November 1998 um 19:00 Uhr bei einem [X.]erater des [X.] telefonisch eine Verkaufsorder über 23 224 [X.]ezugsrechte auf. Am 5. November rief der Kläger um 8:30 Uhr abermals bei dem [X.]erater des [X.] an und erteilte einen Kaufauftrag über 23 224 [X.]ezugsrechte. Am 5. November 1998 wurden beide Geschäfte jeweils zum Stückkurs von 58 DM durchgeführt. Der [X.] wurde vom Makler festgesetzt. Die Abrechnung des Verkaufs erfolgte unter der Auftragsnummer 4.../98 und unter der Abrechnungsnummer 1.../98. [X.] erfolgte unter der Auftragsnummer 3.../98 und unter der Abrechnungsnummer 2.../98. Der Kauf war demnach vom Makler an der [X.]örse vor dem Verkauf in Auftrag gegeben worden. Für den Handel mit [X.]ezugsrechten gab es an der [X.] eine Einheitskursfeststellung einmal am Tag. Dies bedeutete, dass alle Geschäfte eines Tages bei Vollausführung zum [X.] abgerechnet wurden. Der Handel mit [X.]ezugsrechten wurde entweder durch Eingabe in das [X.]örsenhandelssystem erfasst oder direkt beim Makler telefonisch aufgegeben. Die [X.] und [X.] bei der [X.] führten zeitgleich ebensolche Transaktionen durch.

5

Im November 1998 wurde im Wege einer weiteren Kapitalerhöhung gegen Einlagen das Kapital der [X.] um 375.000 DM auf 2.250.000 DM erhöht. Der Kläger erhielt in diesem Zusammenhang für seine 28 109 Aktien 28 109 [X.]ezugsrechte zum [X.]ezugsrechtsverhältnis 5:1. Nach Einlösung der [X.]ezugsrechte aus den beiden Kapitalerhöhungen des Jahres 1998 verkaufte der Kläger im Laufe des Jahres 1999 in mehreren Schritten zahlreiche seiner [X.] Aktien. Die aufgrund der streitigen [X.]ezugsrechte erworbenen insgesamt 5 109 jungen Aktien veräußerte der Kläger am 7. Oktober 1999.

6

Aus diesen Verkäufen sowie zahlreichen anderen Transaktionen erklärte der Kläger in der Einkommensteuererklärung 1999 einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Höhe von 2... DM. Die Veranlagung erfolgte seitens des [X.]eklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) zunächst erklärungsgemäß.

7

[X.]eim Kläger fand am 29. Oktober 2004 eine abgekürzte Außenprüfung statt. Der Prüfer erkannte die Veräußerung der [X.]ezugsrechte vom 5. November 1998 nicht an. Dementsprechend eliminierte er den Veräußerungsvorgang im Veranlagungszeitraum 1998. [X.] nahm er den Vorgang bei den Einkünften aus § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit einer Auswirkung auf die steuerliche [X.]emessungsgrundlage in Höhe von 377.718 DM heraus. Stattdessen ordnete der Prüfer im Veranlagungszeitraum 1999 die Veräußerung vom 7. Oktober 1999 den Einkünften aus § 17 EStG zu und erhöhte dort --für den hier strittigen [X.] die [X.]emessungsgrundlage um 377.718 DM auf 795.489 DM.

8

Mit geändertem Einkommensteuerbescheid 1999 vom 23. Dezember 2004 setzte das [X.] die Feststellungen der Außenprüfung um. Es wurden ein gewerblicher Veräußerungsgewinn in Höhe von 5... DM sowie (unstreitig fehlerhaft anstelle der Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft) negative Einkünfte aus Leistungen in Höhe von ./. 1... DM angesetzt. Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 25. Mai 2005 ordnete das [X.] wegen eines "Übertragungsfehlers" die negativen Einkünfte in Höhe von ./. 1... DM den Einkünften aus einem privaten Veräußerungsgeschäft zu.

9

Das vom Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 23. Dezember 2004 angestrengte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Die dagegen erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) mit dem in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2016, 1175 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Die vom Kläger begehrte [X.]erücksichtigung zusätzlicher Anschaffungskosten und der Ansatz des [X.] im Rahmen der privaten Veräußerungsgeschäfte könne nach § 42 der Abgabenordnung [X.]) wegen [X.] nicht erfolgen. Verkauf und Kauf der identischen [X.]ezugsrechte hätten sich gegenseitig neutralisiert. Es habe ein Gesamtplan vorgelegen, der die gegenläufige Gestaltung von Rechtsgeschäften zum Inhalt gehabt habe. Dies stelle einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von [X.]undesrecht. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liege bei taggleichem Verkauf und Ankauf nicht vor. Vielmehr liege eine rechtliche Gestaltung vor, die zur Erreichung des vom Kläger bezweckten Ziels vom Gesetzgeber so vorgegeben sei. Die für den Erwerb der [X.]ezugsrechte am 5. November 1998 aufgewandten Kosten seien daher als Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Der Ausweis höherer Anschaffungskosten wäre nur dann sinnvoll gewesen, wenn er vorgehabt hätte, die jungen Aktien innerhalb der Spekulationsfrist zu veräußern. Dazu habe das [X.] nichts festgestellt. Er habe im Zeitpunkt von Veräußerung und [X.] auch noch keinen Veräußerungszeitpunkt im Auge gehabt. Das [X.] habe weiter keinerlei [X.]eweis dazu erhoben, inwieweit Veräußerung und [X.] der [X.] gedient hätten. Es werde nicht gegen gesetzliche Wertungen verstoßen, wenn für die Veräußerung gerade ein Zeitpunkt gewählt werde, der die steuerliche [X.]erücksichtigung eines Verlusts ermögliche. Die Eigenheiten des Handels mit [X.]ezugsrechten, wonach bei [X.] Veräußerung und [X.] ein Kursrisiko ausgeschlossen sei, begründeten keinen Gestaltungsmissbrauch. Im Handel mit [X.]ezugsrechten seien die Umsätze regelmäßig sehr gering. Die Auffassung des [X.] stehe auch in Widerspruch zur Rechtsprechung des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) zum taggleichen Verkauf und Wiederkauf von Aktien, zur Gegenläufigkeit in [X.], bei Veräußerung von GmbH-Anteilen und bei [X.] und –erwerben. Für ihn sei die wirtschaftliche Situation vor und nach Verkauf und [X.] der [X.]ezugsrechte eine andere. Es sei eine neue Spekulationsfrist in Gang gesetzt worden. Zudem habe er durch den Verkauf am 5. November 1998 einen erheblichen Ertrag erwirtschaftet. Er habe nur genauso viele [X.]ezugsrechte erwerben können, weil es zu keinen dem [X.] entgegenstehenden Ordern Dritter gekommen sei. Zudem verstoße die Annahme eines [X.] gegen den Grundsatz der [X.]esteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Schließlich sei auch die Sachverhaltsdarstellung und –bewertung durch das [X.] fehlerhaft. Es liege eine widersprüchliche Darstellung des Sachverhalts im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen in [X.]ezug auf die vom Kläger am 5. November 1998 gehandelte Stückzahl vor. Auch hätten weder er noch das [X.] vorgetragen, dass die [X.] und [X.] [X.]ezugsrechte in identischer Höhe ebenfalls am 5. November 1998 verkauft hätten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] [X.]aden-Württemberg vom 23. November 2015  8 K 2978/13 und die Einspruchsentscheidung vom 14. August 2013 aufzuheben sowie den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 25. Mai 2005 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus § 17 EStG unter [X.]erücksichtigung von zusätzlichen Anschaffungskosten in Höhe von 1.185.288 DM angesetzt werden.

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 126 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Das [X.] hat ohne Rechtsfehler in dem taggleichen [X.]n- und Verkauf der Bezugsrechte im Jahr 1998 einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 [X.] gesehen (1.). Das [X.] hat den streitigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 795.489 DM zu Recht im Rahmen der Einkünfte aus § 17 EStG im Veranlagungszeitraum 1999 erfasst und nicht den Einkünften aus § 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung zugeordnet (2.). [X.]nhaltspunkte dafür, dass das [X.] seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 [X.]O) nicht nachgekommen ist, sind nicht erkennbar (3.).

1. In der am 5. November 1998 vorgenommenen Veräußerung und nachfolgenden [X.]nschaffung der Bezugsrechte hat das [X.] zutreffend einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 [X.]) gesehen.

a) Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 [X.] ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die --gemessen an dem erstrebten [X.] unangemessen ist, der [X.] dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. [X.]-Urteile vom 29. [X.]ugust 2007 IX R 17/07, [X.], 32, [X.], 502, m.w.N.; vom 29. Mai 2008 IX R 77/06, [X.], 231, [X.], 789, m.w.N., und vom 7. Dezember 2010 IX R 40/09, [X.], 1, [X.], 427). Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 231, [X.], 789; in [X.], 1, [X.], 427, und vom 17. Dezember 2003 IX R 56/03, [X.], 70, [X.], 648, m.w.N.). Eine Gestaltung, die überhaupt keinen erkennbaren wirtschaftlichen Zweck hat, kann der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Das ist z.B. der Fall, wenn durch mehrere Geschäfte, die sich wirtschaftlich gegenseitig neutralisieren, lediglich ein steuerlicher Vorteil erzielt werden soll oder wenn die Gestaltung in ihrer wirtschaftlichen [X.]uswirkung durch eine gegenläufige Gestaltung kompensiert wird und sich deshalb im Ergebnis lediglich als formale Maßnahme erweist (vgl. [X.]-Urteil vom 12. Juli 2012 I R 23/11, [X.], 344, [X.], 1901, unter [X.] [X.] fff; [X.]/Ratschow, [X.], 13. [X.]ufl., § 42 Rz 52).

Nach der Rechtsprechung des [X.] stellt es keinen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 [X.] dar, wenn der Steuerpflichtige gleichartige Wertpapiere unmittelbar anschließend oder zumindest kurzfristig nach deren Veräußerung zu unterschiedlichen Preisen wiedererwirbt ([X.]-Urteile jeweils vom 25. [X.]ugust 2009 IX R 60/07, [X.]E 226, 252, [X.], 999, und IX R 55/07, [X.]/NV 2010, 387, unter [X.]; gl.[X.] in [X.], § 23 EStG [X.], F 29; s.a. [X.] Hamburg, Urteil vom 9. Juli 2004 VII 52/02, E[X.] 2004, 1775, rechtskräftig). Insoweit bewegt er sich mit seinen Dispositionen angesichts der Schwankungsbreite von Börsenkursen und des daraus resultierenden Kursrisikos (Volatilität) im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Denn es steht in seinem Belieben (vgl. [X.]-Urteile vom 18. Oktober 2006 IX R 28/05, [X.]E 215, 202, [X.], 259, unter [X.] [X.] [X.]b (1), und in [X.]/NV 2010, 387, unter [X.]), ob, wann und mit welchem Risiko er von ihm gehaltene Wertpapiere ankauft, verkauft und danach wieder kauft und ggf. wieder verkauft. Insoweit handelt es sich bei dem Verkauf von Wertpapieren und dem anschließenden Wiederkauf gleichartiger Wertpapiere zu unterschiedlichen [X.]nkaufs- und Verkaufspreisen um eigenständige und damit separat zu beurteilende Vorgänge, so dass der Veräußerungsvorgang nicht i.S. des § 42 Satz 2 [X.] eliminiert wird (s.a. [X.]-Urteile vom 24. Juni 2003 IX R 2/02, [X.]E 202, 351, [X.] 2003, 752, unter [X.], betreffend Optionsgeschäfte; vom 15. Dezember 1999 I R 29/97, [X.]E 190, 446, [X.] 2000, 527, unter B.[X.], zum sog. [X.] bei [X.] [X.]n- und Verkauf).

[X.]nders kann dies hingegen zu beurteilen sein, wenn der Steuerpflichtige aufgrund spezieller Kenntnis der [X.]bläufe in den Handelssystemen von Wertpapierbörsen und –handelshäusern und der konkreten Marktsituation, davon ausgehen kann, die von ihm zum Verkauf platzierten börsennotierten Wertpapiere zeit- und wertgleich und damit ohne Kursrisiko wieder zurückerwerben zu können. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] kann ein steuerrechtlich erheblicher Vorgang dann nicht anerkannt werden, wenn er nach dem Willen des Steuerpflichtigen durch gegenläufige Rechtsakte erst geschaffen oder wieder ausgeglichen wird und damit von vornherein eine wirtschaftliche Belastung vermieden werden soll (vgl. u.a. [X.]-Urteil vom 27. Oktober 2005 IX R 76/03, [X.]E 212, 360, [X.] 2006, 359, unter [X.], m.w.N.).

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des [X.], unter den Umständen des Falls in dem zeitgleichen Kauf und Verkauf vom 5. November 1998 einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu sehen, rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Der Kläger hat nach den Feststellungen des [X.] am 4. November 1998 zusammen mit seinen Mitgesellschaftern [X.] und B nach Börsenschluss einen Verkaufsauftrag hinsichtlich seiner Bezugsrechte platziert. Vor [X.] am 5. November 1998 hat er einen entsprechenden Kaufauftrag platziert. Der Kläger hat sein Vorgehen damit bewusst so gestaltet, dass der am Vorabend platzierte Verkaufsauftrag durch einen vor Börsenbeginn übermittelten Kaufauftrag neutralisiert wurde. Da dem Kläger und seinen Mitgesellschaftern als Börsenmakler die Usancen des Börsenhandels und der Handelssysteme an der Börse in [X.] bekannt waren und der Kläger über die XYZ [X.]G selbst für [X.] die Durchführung des Bezugsrechtehandels und die Preisfestsetzung zuständig war, hat der Kläger durch sein Vorgehen darauf hingewirkt, dass am 5. November 1998 die von ihm platzierten Bezugsrechte zu dem von ihm und seinen Mitgesellschaftern über ihre Kauf- und Verkaufsaufträge festgelegten Kurs ausgeführt wurden. Damit hat der Kläger zielgerichtet darauf hingewirkt, dass lediglich formal ein Inhaberwechsel hinsichtlich der Bezugsrechte stattgefunden hat. Denn insoweit hat das [X.] festgestellt, dass der Kläger "das Ziel (hatte), die Bezugsrecht in der genannten Stückzahl im Prinzip weiterhin zu halten".

[X.]) Das [X.] hat auch zu Recht festgestellt, dass der Kläger und seine Mitgesellschafter zielgerichtet und aufgrund eines gemeinsamen Vorgehens die platzierten Bezugsrechte zurückerworben haben. Dies folgt zunächst aus dem Umstand, dass nach den Feststellungen des [X.] hinsichtlich der streitigen Bezugsrechte kein regelmäßiger Handel in diesem Umfang stattgefunden hat. Dritte hatten nach den Feststellungen des [X.] von dem [X.]ngebot der Bezugsrechte keine Kenntnis und konnten den [X.]n- und Verkauf nicht zum Scheitern bringen. Es sind keine [X.]nhaltspunkte vorhanden, dass am 5. November 1998 neben den Bezugsrechten des [X.] und der Mitgesellschafter an der XYZ [X.]G noch andere Bezugsrechte angeboten worden sind. Kauf- und Verkaufsaufträge lagen nach den Feststellungen des [X.] weder von [X.] vor noch hatten diese von der Existenz entsprechender [X.]ufträge Kenntnis. Kauf- und Verkaufsaufträge lagen daher zum Zeitpunkt der Preisfestsetzung und anschließenden [X.]usführung am 5. November 1998 um 12:00 Uhr ausschließlich durch den Kläger und seine Mitgesellschafter vor. Damit konnten der Kläger und seine Mitgesellschafter sicherstellen, dass hinsichtlich der Bezugsrechte weder das Risiko unterschiedlicher Preise noch einer fehlenden Verfügbarkeit der Wertpapiere bestand.

cc) Hinzu kommt, dass der Kläger als Börsenmakler tätig und mit den Gepflogenheiten der örtlichen Börse bestens vertraut war. Der Kläger hatte sowohl Einblick als auch über die XYZ [X.]G, an der er beteiligt war, Einfluss auf den Bezugsrechtehandel und konnte die Marktsituation überblicken. Er konnte damit sicherstellen, dass Verkaufs- und Kaufaufträge hinsichtlich der streitigen Bezugsrechte von ihm und seinen Mitgesellschaftern in gegenseitiger Deckung zur [X.]usführung kamen.

dd) Schließlich hat das [X.] zu Recht auch festgestellt, dass ein plausibler außersteuerlicher Grund für die vom Kläger gewählte Gestaltung nicht erkennbar war. Vielmehr hat der Kläger sich allein von steuerlichen Motiven leiten lassen, nämlich der Veröffentlichung des [X.] 1999/2000/2002, das hinsichtlich der Veräußerungsgewinne nach § 17 EStG eine erhebliche Verschlechterung ([X.]bschaffung des halben Steuersatzes, Einführung der Fünftelungsregelung) mit sich brachte. Ein anderer Grund für die vom Kläger vollzogenen [X.]n- und [X.] ist nicht ersichtlich und wurde vom Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren auch nicht vorgetragen.

ee) Der vorliegende Fall ist nicht mit den vom [X.] mit Urteilen in [X.], 231, [X.], 789; in [X.]E 226, 252, [X.], 999; in [X.], 1, [X.], 427, und in [X.]E 190, 446, [X.] 2000, 527 entschiedenen Fallkonstellationen vergleichbar.

Das Urteil in [X.], 231, [X.], 789 betraf die Veräußerung von GmbH-[X.]nteilen an eine von den Gesellschaftern der GmbH neu gegründete [X.] und damit mangels Rückerwerbs einen nicht vergleichbaren Sachverhalt. Im Urteil in [X.]E 226, 252, [X.], 999 handelte es sich um den Verkauf und Kauf börsengehandelter Wertpapiere an und von einem [X.] zu unterschiedlichen Kursen aufgrund der fortlaufenden Notierung des Wertpapiers. Nach der Entscheidung des [X.] handelte es sich um eigenständige und separat zu behandelnde Vorgänge. Zudem bestand aufgrund der fortlaufenden Notierung und der damit verbundenen Volatilität ein Kursrisiko. Diese Umstände sind im hier zu entscheidenden Fall gerade nicht gegeben.

[X.]uch die [X.]-Entscheidung zur [X.]nteilsrotation ([X.]-Urteil in [X.], 1, [X.], 427) betrifft eine andere Fallkonstellation. Denn dort wurden die [X.]nteile zielgerichtet an einen anderen Gesellschafter veräußert und wiederum [X.]nteile von einem weiteren Gesellschafter erworben. [X.]nders als dort bestehen hier hingegen zahlreiche [X.]nhaltspunkte dafür, dass der Kläger wirtschaftlich seine Bezugsrechte überhaupt nicht veräußern wollte und nur formal ein Verkaufs- und Kaufvorgang gestaltet werden sollte.

Ebenfalls nicht vergleichbar ist die Situation mit der [X.]-Entscheidung zum sog. Dividendenstripping ([X.]-Urteil in [X.]E 190, 446, [X.] 2000, 527). Denn auch dort erfolgte der Verkauf an einen (anrechnungsberechtigten) [X.]. Zudem sollte zielgerichtet der Übergang des wirtschaftlichen und rechtlichen Eigentums an den [X.]nteilen bewirkt werden.

2. Das [X.] hat auf der Grundlage seiner Feststellungen den streitigen Veräußerungsgewinn zu Recht den Einkünften aus § 17 EStG zugeordnet und nicht im Rahmen der Einkünfte aus § 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfasst.

Nach der im Streitjahr 1999 geltenden Regelung des § 23 [X.]bs. 2 Satz 2 EStG ist § 17 EStG nicht anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des § 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorliegen. Sinn und Zweck der Regelung des § 23 [X.]bs. 2 Satz 2 EStG ist es, Einkünfte  aus privaten Veräußerungsgeschäften auch bei gleichzeitigem Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 EStG der Einkunftsart der privaten Veräußerungsgeschäfte zuzuordnen (vgl. dazu [X.]-Urteil vom 13. Januar 2015 IX R 16/14, [X.]/NV 2015, 670). Bei einer Nichtanerkennung des Veräußerungs- und [X.]nschaffungsvorgangs vom 5. November 1998 ist hinsichtlich der veräußerten [X.]ktien die Haltefrist von einem Jahr überschritten.

Zwar ist die Kapitalerhöhung, die zu den Bezugsrechten und nachfolgend zu den neuen [X.]ktien geführt hat, am 26. Oktober 1998 erfolgt. Die [X.]usgabe von Bezugsrechten und das Entstehen von neuen [X.]nteilen in der Folge einer Kapitalerhöhung stellen aber keine [X.]nschaffung von neuen Vermögensgegenständen i.S. des § 23 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar. Vielmehr führen die [X.]usgabe von Bezugsrechten und die [X.]usgabe von neuen [X.] aufgrund einer Kapitalerhöhung wirtschaftlich zu einer [X.]bspaltung der in den [X.]ltaktien verkörperten Substanz und damit zu einer [X.]bspaltung eines Teils der ursprünglichen [X.]nschaffungskosten. Daher beginnt die Spekulationsfrist im Fall der Veräußerung von Bezugsrechten und von aufgrund der Bezugsrechte entstandenen jungen [X.]ktien mit dem Erwerb der jeweiligen [X.]ltaktien (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]-Urteile vom 21. Januar 1999 IV R 27/97, [X.]E 188, 27, [X.] 1999, 638, unter B.[X.]; vom 19. Dezember 2000 IX R 100/97, [X.]E 194, 182, [X.] 2001, 345, unter II.2., und vom 22. Mai 2003 IX R 9/00, [X.]E 202, 309, [X.] 2003, 712, unter II.3.).

3. Soweit der Kläger vorbringt, das [X.] sei der ihm obliegenden Pflicht zur Sachverhaltsermittlung (§ 76 [X.]O) nicht nachgekommen und habe den Sachverhalt fehlerhaft ermittelt und unzutreffend bewertet, liegt darin kein im Revisionsverfahren erheblicher Rechtsverstoß. Der Kläger legt nicht dar, in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] eine weitere Beweiserhebung beantragt zu haben, sondern hat vielmehr [X.] zur Sache verhandelt. Soweit der Kläger die Transaktionen der Mitgesellschafter [X.] und B anspricht, hat das [X.] diesen Umstand aus den im Urteil in Bezug genommenen Steuerakten entnehmen können, in denen eine entsprechende [X.]ussage des [X.] dokumentiert war. Zudem war ausweislich des Schriftsatzes des F[X.] vom 12. Oktober 2015 sowie des Protokolls der mündlichen Verhandlung den Klägern die Beiziehung der Steuerakten von [X.] und B bekannt.

4. [X.] beruht auf § 135 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

IX R 5/16

08.03.2017

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 23. November 2015, Az: 8 K 2978/13, Urteil

§ 42 AO, § 17 Abs 1 EStG 1997, § 22 Nr 2 EStG 1997, § 23 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 1997 vom 24.03.1999, § 23 Abs 2 S 2 EStG 1997 vom 24.03.1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.03.2017, Az. IX R 5/16 (REWIS RS 2017, 14478)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14478

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