Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.01.2014, Az. X B 191/13

10. Senat | REWIS RS 2014, 8905

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Gegenstand

Darlegung der Höhe einer Rückstellung für Nachbetreuungsleistungen bei Versicherungsvertretern in Altfällen - Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bei kumulativer Begründung des FG


Leitsatz

1. NV: Für Bilanzstichtage, die vor Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 19. Juli 2011 X R 26/10 (BFHE 234, 239, BStBl II 2012, 856) liegen, kann ein Versicherungsvertreter zur Darlegung der Höhe einer Rückstellung für künftige Nachbetreuungsleistungen ggf. auch auf später erstellte Aufzeichnungen zurückgreifen, sofern diese geeignet sind, die voraussichtlich anfallenden Kosten zu belegen .

2. NV: Hat das FG sein Urteil kumulativ auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich das Entscheidungsergebnis trägt, ist die Revision nur zuzulassen, wenn für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund schlüssig dargelegt wird und vorliegt .

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2004 und 2005 zur Einkommensteuer [X.] wurden. Der Kläger ist Geschäftsstellenleiter einer [X.]ersicherungsagentur und erzielt als [X.]ersicherungsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb; er ermittelt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Nach § 3 Nr. 3 des zwischen der [X.]ersicherungsgesellschaft ([X.]) und dem Kläger geschlossenen [X.]ertrags hat der Kläger u.a. die Aufgabe, "im Rahmen der Bestandspflege und der Betreuung der [X.]ersicherten den übertragenen und den neuerworbenen [X.]ersicherungsbestand zu verwalten". Nach der Anlage zu diesem [X.]ertrag erhält er für Lebensversicherungsverträge im [X.]ersicherungs-Bestand --nicht jedoch im [X.] eine laufende [X.]erwaltungsprovision von 1 % der gezahlten Beiträge.

2

Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2004 bildete der Kläger eine Rückstellung für Nachbetreuungsleistungen, die er zum 31. Dezember 2005 erhöhte. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) berücksichtigte weder die Bildung noch die Erhöhung der Rückstellung.

3

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Im angefochtenen Urteil führte das Finanzgericht ([X.]) --nach Einholung von Auskünften der [X.]-- aus, aus dem Agenturvertrag könne mangels ausreichender Präzisierung keine rechtliche [X.]erpflichtung des [X.] zur Betreuung abgeleitet werden. Dort sei eine bloße [X.]erhaltensanforderung und im eigenen Interesse des [X.] liegende Obliegenheit beschrieben worden. Auch die Ausführungen des [X.] in der mündlichen [X.]erhandlung würden darauf hindeuten, dass die von ihm als "Betreuung" bezeichneten Kontaktaufnahmen seiner Mitarbeiter mit den Kunden vornehmlich dem Abschluss weiterer [X.]erträge dienen sollten.

4

Auch reiche das [X.]orbringen der Kläger in tatsächlicher Hinsicht nicht aus, um einen künftigen [X.] überhaupt beziffern zu können. Die Kläger hätten trotz mehrmaliger Aufforderung keine Aufzeichnungen vorgelegt. Insbesondere fehle jeder substantiierte [X.]ortrag zum voraussichtlichen zeitlichen Umfang der Betreuungsleistungen. Da die Kläger die [X.] ihrer Sphäre stammenden-- [X.] nicht mitgeteilt hätten, sei eine Schätzung nicht möglich.

5

Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

6

Das [X.] hat mitgeteilt, es könne der Beschwerde keine Gründe für eine Revisionszulassung entnehmen und verzichte daher auf eine Stellungnahme.

Entscheidungsgründe

7

II. [X.] ist unzulässig.

8

Die Kläger haben den geltend gemachten Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O) entsprechenden Weise dargelegt.

9

a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache setzt voraus, dass die Beschwerdebegründung konkrete Rechtsfragen bezeichnet und auf deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit im angestrebten Revisionsverfahren sowie auf deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (Beschluss des [X.] --BFH-- vom 18. November 2010 VII B 12/10, [X.], 406, unter [X.], m.w.N.).

Hat das [X.] sein Urteil kumulativ auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich das Entscheidungsergebnis trägt, ist die Revision nur zuzulassen, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 [X.]O schlüssig dargelegt wird und vorliegt ([X.] vom 26. Oktober 2010 V B 104/09, [X.], 609, m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen erfüllt die von den Klägern eingereichte Beschwerdebegründung nicht.

Sie hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob eine Rückstellungsbildung schon deshalb dem Grunde nach abgelehnt werden dürfe, weil die im Senatsurteil vom 19. Juli 2011 [X.] ([X.], 239, [X.], 856) aufgestellten Voraussetzungen acht Jahre nach dem Bilanzstichtag für die Vergangenheit nicht mehr in der geforderten Form vorgelegt werden könnten.

Insoweit fehlt es an der Darlegung sowohl der Klärungsbedürftigkeit als auch der Klärungsfähigkeit.

aa) Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung in [X.], 239, [X.], 856 (unter [X.]) ausdrücklich ausgeführt, zum Nachweis der Höhe der Rückstellung könne "ggf. auch auf spätere Aufzeichnungen zurückgegriffen werden, sofern sie geeignet sind, die voraussichtlich anfallenden Kosten zu belegen". Weshalb trotz dieser Aussage eine weitere höchstrichterliche Entscheidung zu den [X.] für [X.], die vor Bekanntwerden des angeführten [X.] liegen, erforderlich sein soll, wird aus der Beschwerdebegründung nicht deutlich.

bb) Das [X.] hat seine Entscheidung in erster Linie auf seine Auffassung gestützt, im Streitfall sei bereits keine rechtliche Verpflichtung des Klägers zur Erbringung von Nachbetreuungsleistungen erkennbar. Bei den --von den Klägern beanstandeten-- Ausführungen zum unterbliebenen Nachweis der Höhe der Rückstellung handelt es sich lediglich um eine Hilfsbegründung des angefochtenen Urteils.

In einem solchen Fall ist die zur Hilfsbegründung aufgeworfene Rechtsfrage aber nur klärungsfähig, wenn die Beschwerde zugleich auch Revisionszulassungsgründe zur [X.] vorbringt (vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 24. April 2013 X B 179/12, [X.], 1229). Daran fehlt es. Die Kläger behaupten lediglich, der Kläger sei nach dem Agenturvertrag zur Nachbetreuung verpflichtet. Eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil oder die Darlegung eines Zulassungsgrundes ist der Beschwerdebegründung in diesem Zusammenhang nicht zu entnehmen.

Meta

X B 191/13

07.01.2014

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 27. August 2013, Az: 3 K 1838/10, Urteil

§ 249 HGB, § 5 Abs 1 EStG 2002, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 6 Abs 1 Nr 3a EStG 2002, EStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.01.2014, Az. X B 191/13 (REWIS RS 2014, 8905)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8905

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