Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.09.2016, Az. 17 W (pat) 20/14

17. Senat | REWIS RS 2016, 5640

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Kollisionsbestimmungsvorrichtung und Kollisionsbestimmungsprogramm" – Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit – zur Nichtberücksichtigung von nichttechnischen Merkmalen


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 11 2009 004 371.2

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.]. Dr. [X.], der Richterin [X.], der Richterin [X.]. [X.] und des [X.] [X.]. Dr. Forkel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Patentanmeldung geht hervor aus der internationalen Anmeldung PCT/[X.]/065860, die am 10. September 2009 eingereicht wurde und die Priorität einer [X.] Patentanmeldung vom 15. Januar 2009 beansprucht. Sie trägt in der [X.] Übersetzung die Bezeichnung

2

„[X.] und Kollisionsbestimmungsprogramm“.

3

Die Prüfungsstelle hat die Patentanmeldung mit dem in der Anhörung am 26. Februar 2014 verkündeten Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung führt sie aus, dass der Gegenstand des [X.]eweiligen Patentanspruchs 8 des damals geltenden [X.] und der damals geltenden Hilfsanträge 1 und 2 dem Patentschutz nicht zugänglich seien. Durch die Gegenstände dieser Ansprüche werde kein technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst, die über den bestimmungsgemäßen Einsatz einer Datenverarbeitungsanlage hinausgingen.

4

Gegen den Beschluss wendet sich die am 15. April 2014 eingegangene Beschwerde der Anmelderin.

5

Die Beschwerdeführerin beantragt,

6

den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

7

gemäß Hauptantrag mit

8

Patentansprüchen 1 bis 8 vom 18. Juni 2014,

9

Beschreibung Seiten 1 bis 17 und

4 Blatt Zeichnungen mit [X.]uren 1, 2A, [X.], 3 und 4, [X.]eweils vom 13. Juli 2011;

gemäß Hilfsantrag 1 mit

Patentansprüchen 1 bis 8 vom 18. Juni 2014,

im Übrigen wie Hauptantrag;

gemäß Hilfsantrag 2 mit

Patentansprüchen 1 bis 8 vom 18. Juni 2014,

im Übrigen wie Hauptantrag;

gemäß Hilfsantrag 3 mit

Patentansprüchen 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

im Übrigen wie Hauptantrag.

Im Prüfungsverfahren vor dem [X.] ist folgende Druckschrift genannt worden:

[X.]: [X.] 2006 059 829 A1.

Vom Senat wurden zusätzlich eingeführt:

D2: [X.] 6 714 213 B1

D3: [X.] 2004/0010346 A1

D4: [X.], [X.]: “[X.], Error Assessment, and Tool Path Correction for Five-Axis NC Milling”, [X.], [X.], [X.]. 5, pp. 331 – 344.

Der mit einer möglichen Gliederung versehene Patentanspruch 1 des [X.] betrifft eine

a) [X.] (100), Folgendes aufweisend:

c) eine Formdatenspeichereinheit (102) zum Speichern sowohl von Voxelmodelldaten (106), die eine Form eines ersten Ob[X.]ekts durch ein Voxelmodell darstellen, als auch [X.] (107), die eine Form eines zweiten Ob[X.]ekts durch ein [X.] darstellen, wobei das Voxelmodell durch ein Koordinatensystem definiert ist, das am ersten Ob[X.]ekt festliegt, wobei das [X.] durch ein Koordinatensystem definiert ist, das am zweiten Ob[X.]ekt festliegt;

d) eine [X.]nbezeichnungseinheit (101) zum Bezeichnen einer [X.] unter den das Voxelmodell bildenden Zellen, um eine Kollision zu bestimmen;

e) eine Bestimmungstestpunktgenerierungseinheit (103) zum Generieren von [X.], um eine Kollision für die [X.] zu bestimmen;

f) eine Raumkurvenerzeugungseinheit (104) zum Erzeugen einer räumlichen Kurve als Bahnkurve des Bestimmungstestpunkts, indem eine relative Starrkörperbewegung des ersten Ob[X.]ekts im Hinblick auf das zweite Ob[X.]ekt an [X.]eden der Bestimmungstestpunkte angelegt wird;

g) eine [X.] (105) zum Bestimmen, ob [X.]edes Umrisselement des [X.]s die räumliche Kurve schneidet oder nicht;

h) eine [X.] (105) zum Berechnen des kürzesten Abstands von der räumlichen Kurve zu einer Umrissfläche des [X.]s, wenn ein durch die [X.] bereitgestelltes [X.] zeigt, dass die räumliche Kurve kein Umrisselement schneidet; und

i) eine Kollisionsbestimmungseinheit (101) zum Bestimmen auf Grundlage sowohl des von der [X.] bereitgestellten [X.]ses als auch des von der [X.] bereitgestellten [X.], ob die Möglichkeit einer Kollision zwischen beiden Ob[X.]ekten besteht.

Im Patentanspruch 1 des [X.] ist gegenüber dem Anspruch 1 des [X.] das Merkmal f) ersetzt durch

f‘) eine Raumkurvenerzeugungseinheit (104) zum Erzeugen einer räumlichen Kurve als Bahnkurve

Der ebenfalls mit einer möglichen Gliederung versehene Patentanspruch 1 des [X.] betrifft eine

a) [X.] (100), Folgendes aufweisend:

b)

c) eine Formdatenspeichereinheit (102) zum Speichern sowohl von Voxelmodelldaten (106), die eine Form des ersten Ob[X.]ekts durch ein Voxelmodell darstellen, als auch [X.] (107), die eine Form des zweiten Ob[X.]ekts durch ein [X.] darstellen, wobei das Voxelmodell durch ein Koordinatensystem definiert ist, das am ersten Ob[X.]ekt festliegt, wobei das [X.] durch ein Koordinatensystem definiert ist, das am zweiten Ob[X.]ekt festliegt;

d) eine [X.]nbezeichnungseinheit (101) zum Bezeichnen einer [X.] unter den das Voxelmodell bildenden Zellen, um eine Kollision zu bestimmen;

e) eine Bestimmungstestpunktgenerierungseinheit (103) zum Generieren von [X.], um eine Kollision für die [X.] zu bestimmen;

f‘‘) eine Raumkurvenerzeugungseinheit (104) zum Erzeugen einer räumlichen Kurve als Bahnkurve

g) eine [X.] (105) zum Bestimmen, ob [X.]edes Umrisselement des [X.]s die räumliche Kurve schneidet oder nicht;

h) eine [X.] (105) zum Berechnen des kürzesten Abstands von der räumlichen Kurve zu einer Umrissfläche des [X.]s, wenn ein durch die [X.] bereitgestelltes [X.] zeigt, dass die räumliche Kurve kein Umrisselement schneidet;

i) eine Kollisionsbestimmungseinheit (101) zum Bestimmen auf Grundlage sowohl des von der [X.] bereitgestellten [X.]ses als auch des von der [X.] bereitgestellten [X.], ob die Möglichkeit einer Kollision zwischen beiden Ob[X.]ekten besteht; und

Im Patentanspruch 1 des [X.] (mit Korrektur eines offensichtlichen Fehlers) ist an die Merkmale a) bis i) des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag angefügt, dass

k) die Voxelmodelldaten (106) unter Verwendung eines adaptiv erfassten [X.] zum Darstellen einer Form auf Grundlage eines vorzeichenbehafteten Abstands von [X.]edem [X.] zum Umriss einer Form des ersten Ob[X.]ekts dargestellt werden, wobei sich der [X.] auf [X.]edem Rasterpunkt eines Raumunterteilungsrasters in einer Baumstruktur befindet,

l) die Bestimmungstestpunktgenerierungseinheit (103) als Bestimmungstestpunkte Rasterpunkte [generiert], die sich an Ecken der [X.] befinden,

m) die Kollisionsbestimmungseinheit (101) auf Grundlage des durch die [X.] (105) bereitgestellten [X.]ses, des durch die [X.] bereitgestellten [X.] und der Distanzfeldwerte der Bestimmungstestpunkte bestimmt, ob eine Möglichkeit einer Kollision besteht, und

n) wenn die Möglichkeit einer die [X.] betreffenden Kollision nicht bestimmt werden kann, die Zielzellbezeichnungseinheit eine Tochterzelle als neue [X.] bezeichnet.

Zu den übrigen Patentansprüchen und den weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht und auch sonst zulässig. Sie konnte [X.]edoch keinen Erfolg haben, da die Gegenstände des [X.]eweiligen Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag sowie nach den [X.], 2 und 3 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen (§ 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Satz 1 PatG).

1. Die Patentanmeldung betrifft Kollisionsbestimmung. Die Auftrittsmöglichkeit oder Nichtauftrittsmöglichkeit einer Kollision zwischen Ob[X.]ekten soll bestimmt werden, die sich in einem zwei- oder dreidimensionalen Raum bewegen. Im [X.] soll eine Kollision zwischen einem mechanischen Bestandteil einer Werkzeugmaschine und einem Werkstück in einer Simulationsvorrichtung zum Simulieren des Schneideprozesses in der Werkzeugmaschine bestimmt werden ([X.] Übersetzung [X.] 11 2009 004 371 T5 Abs. [0001]).

Bei bekannten technischen Verfahren zum Erfassen einer Kollision zwischen bewegten Ob[X.]ekten wie dem kontinuierlichen Sweep-Verfahren oder dem diskreten [X.]divisionsverfahren träten Probleme auf, etwa im Hinblick auf die universelle Anwendbarkeit für beliebige Bewegungen eines starren Körpers sowie hinsichtlich der Gesamtspeichermenge (Abs. [0003] bis [0008]).

Auf dem Gebiet der [X.] für Werkzeugmaschinen werde z. B. ein Werkstück bei fortschreitender Bearbeitung in der Form verändert, wodurch es während des Prozesses kompliziertere Formen aufweise. So werde die Form des Werkstücks oftmals durch ein Raumrastermodell wie etwa ein Voxel-Modell dargestellt, das keine Einschränkungen bezüglich der Phasenstruktur habe. Jedoch habe die Verwendung des Raumrastermodells, um für die Kollisionsbestimmung etwa ein mechanisches Bauteil einer Werkzeugmaschine darzustellen, erhebliche Nachteile bei der zuvor erwähnten Speichermenge und sei nicht praktisch (Abs. [0009]).

Der Patentanmeldung soll die Aufgabe zugrunde liegen, diese Probleme zu lösen und eine [X.] und ein Kollisionsbestimmungsprogramm bereitzustellen, das die [X.]twendigkeit einer Bearbeitung bei hohem Rechenaufwand abschafft und Kollisionen bei hohen Geschwindigkeiten mit hoher Zuverlässigkeit unter Einsatz einer reduzierten Datenspeichermenge bestimmen kann, während die Möglichkeit gesenkt wird, dass Kollisionen versehentlich nicht erfasst werden (Abs. [0010]).

Die Lehre der vorliegenden Anmeldung besteht im Wesentlichen in Folgendem:

Für die Kollisionsbestimmung zweier Ob[X.]ekte werden Daten der beiden Ob[X.]ekte gespeichert, und zwar für das erste (bewegbare) Ob[X.]ekt Voxelmodelldaten, die eine Form des ersten Ob[X.]ekts durch ein Voxelmodell darstellen, dessen Koordinatensystem am ersten Ob[X.]ekt festliegt, und für das zweite (ortsfeste) Ob[X.]ekt [X.], die eine Form des zweiten Ob[X.]ekts durch ein [X.] darstellen, dessen Koordinatensystem am zweiten Ob[X.]ekt festliegt (Merkmale a), c)). In einem [X.] wird im Fall eines dreidimensionalen Ob[X.]ekts dessen Oberfläche durch eine Vielzahl von Flächen, Kannten und Ecken und deren Beziehungen zueinander dargestellt (Abs. [0020]). Das Voxelmodell kann als adaptives Distanzfeld ausgebildet sein, in dem in einer Baumstruktur (von grob zu fein) für [X.] deren kürzeste Entfernung zum Umriss der dargestellten Form (mit Vorzeichen) enthalten ist (Abs. [0021], Merkmal k)).

Unter den das Voxelmodell bildenden Zellen wird eine [X.] festgelegt, um eine Kollision zu bestimmen (Merkmal d)). Als [X.] wird im Ausführungsbeispiel gemäß [X.]. 2A eine im Bereich der Oberfläche des ersten Ob[X.]ekts liegende Zelle (202) gewählt.

Sodann werden Bestimmungstestpunkte generiert, um eine Kollision für die [X.] zu bestimmen (Merkmal e)). Insbesondere können Eckpunkte (204, 205) der [X.] als Bestimmungstestpunkte gewählt werden ([X.]. [X.], Merkmal l)); diese können aufgrund der Oberflächenlage der [X.] außerhalb (204) oder innerhalb (205) des Ob[X.]ekts liegen.

Für [X.]eden Bestimmungstestpunkt (204, 205) wird eine räumliche Bahnkurve (206, 207 in [X.]. [X.]) erzeugt, anhand einer (vorgegebenen) relativen Starrkörperbewegung des ersten Ob[X.]ekts im Hinblick auf das zweite Ob[X.]ekt (Merkmal f)). Die Starrkörperbewegung kann z. B. aus der Kombination einer Rotation und einer Translation über die [X.] bestehen, wodurch sich eine parametrierte Bahnkurve ergibt (Abs. [0025]).

Es wird ermittelt, ob „[X.]edes“ Umrisselement des [X.]s (des zweiten Ob[X.]ekts) die räumliche Kurve schneidet oder nicht (Merkmal g)). Wie der Fachmann (hier ein Informatik-Ingenieur mit Erfahrung auf dem Gebiet der computergestützten Simulation und Modellierung, insbesondere für Werkzeugmaschinen) erkennt, ist damit gemeint, dass die Überschneidungsbestimmung für [X.]edes Umrisselement des [X.]s durchgeführt wird bzw. dass bestimmt wird, ob

Falls die räumliche Kurve kein Umrisselement schneidet, wird der kürzeste Abstand von der räumlichen Kurve zu einer Umrissfläche des [X.]s berechnet (Merkmal h)).

Auf Grundlage sowohl der Überschneidungsbestimmung als auch der Abstandsberechnung einschließlich des Distanzfeldwerts wird in einer Kollisionsbestimmungseinheit (101) bestimmt, ob die Möglichkeit einer Kollision zwischen beiden Ob[X.]ekten besteht (Merkmale i), m)), wobei ein Sicherheitsabstand einbezogen werden kann, vgl. Abs. [0027], [0033].

Gemäß [X.]. 3 und 4 mit Beschreibung wird das beschriebene Verfahren zunächst in einer relativ groben Rasterung für im [X.] des ersten Ob[X.]ekts liegende [X.]n durchgeführt. Wenn für eine [X.] nicht festgestellt werden kann, ob eine Kollision auftritt oder nicht, wird die [X.] unterteilt (in acht kleinere Zellen), und eine der durch die Teilung entstehenden Tochterzellen wird als neue [X.] bezeichnet (Merkmal n)). Mit den für eine Kollision in Frage kommenden Teilzellen als [X.]n kann das Verfahren erneut durchlaufen werden.

Im Anspruch 1 des [X.] ist in Merkmal f‘) klargestellt, dass die Bahnkurve für [X.]eden Bestimmungstestpunkt durch Bewegen des Bestimmungstestpunkts auf Grundlage von eingelesenen Starrkörperbewegungsdaten berechnet wird, die für eine relative Bewegung des starren Körpers des ersten Ob[X.]ekts im Hinblick auf das zweite Ob[X.]ekt stehen.

Sinngemäß ist diese Ergänzung auch in den Merkmalen b) i. V. m. f‘‘) des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthalten. Zudem wird hier nach Merkmal [X.]) das Ergebnis in einer Ausgabeeinrichtung ausgegeben.

Da der Fachmann bereits bei Merkmal f) des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag mitliest, dass die Starrkörperbewegung des ersten Ob[X.]ekts relativ zum zweiten Ob[X.]ekt vorgegeben und somit zu irgendeinem [X.]punkt von irgendwoher (z. B. von einer Eingabeschnittstelle oder von einem anderen Softwaremodul) eingelesen werden muss, und er zudem bei Merkmal i) gedanklich ergänzt, dass das Ergebnis der Kollisionsbestimmung irgendwohin (z. B. an einen Bildschirm) ausgegeben werden muss, geht der [X.]eweilige Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 inhaltlich nicht über den Anspruch 1 des [X.] hinaus.

2. Die Vorrichtung des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und ebenso die Vorrichtungen des [X.]eweiligen Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 sind nicht patentfähig, da diese Vorrichtungen nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

Aus der Druckschrift [X.] ist ein Universalcomputer bekannt, in dem alle notwendigen Hardware- und Softwarekomponenten in einem Gehäuse vereinigt sind ([X.], [X.], Arbeitsspeicher, Monitor, DVD/[X.], Tastatur usw.), siehe die Zeichnung und die Bezugszeichenliste.

[X.] zeigt somit einen übliche Komponenten aufweisenden Computer, also eine Vorrichtung, die für Berechnungen auf unterschiedlichsten Gebieten einsetzbar ist.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sind nur solche Anweisungen zu berücksichtigen, welche die Lösung eines technischen Problems, das durch zumindest einen Teilaspekt der unter Schutz gestellte Lehre bewältigt wird, mit technischen Mitteln bestimmen oder beeinflussen; vgl. [X.] 2011, 125 – Wiedergabe topografischer Informationen (m. w. N.).

Im Fall einer Datenverarbeitung verwendenden Lehre liegt gemäß der Entscheidung „Dynamische Dokumentengenerierung“ ([X.] 2010, 613) die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln vor, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

- Es werden Systemkomponenten modifiziert oder in neuartiger Weise adressiert, oder

- der Ablauf eines Datenverarbeitungsprogramms, das zur Lösung des Problems eingesetzt wird, wird durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt, oder

- die Lösung besteht gerade darin, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt.

Nach diesen Kriterien tragen die über einen Computer mit üblichen Komponenten (wie er etwa aus [X.] bekannt ist) hinausgehenden Merkmale des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und nach den [X.], 2 und 3 nicht zur Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bei und sind daher bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

Welches technische Problem durch eine Erfindung gelöst wird, ist ob[X.]ektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet ([X.] 2005, 141 – Anbieten interaktiver Hilfe).

Die beanspruchte Lehre leistet es, für als Datensätze in einem Computer gespeicherte, virtuelle Ob[X.]ekte, die sich entlang vorgegebener, im Computer gespeicherter Bahnen (ebenfalls virtuell) bewegen sollen, eine Kollisionsbestimmung durchzuführen, und löst damit ein entsprechendes Problem. Die Ob[X.]ekte und ebenso die Bewegungen, die diese ausführen sollen, sind als Daten in einem Computer vorhanden. Einen Bezug auf reale Ob[X.]ekte oder reale Bewegungen enthält der Anspruch nicht. Die gesamte Kollisionsbestimmung für diese virtuellen Datenob[X.]ekte einschließlich aller [X.] wird ausschließlich im Computer durchgeführt. Für die einzelnen hierfür verwendeten Einheiten werden übliche Komponenten eines Computers wie Speicher und Prozessoren verwendet.

Die Kollisionsbestimmung selbst erschöpft sich in einer reinen Modellierung und Simulation unter Zuhilfenahme mathematischer Methoden. Ein

An dieser Feststellung vermögen auch die einzelnen Einheiten der beanspruchten Vorrichtung nichts zu ändern. Diese tragen über die Verwendung üblicher Komponenten eines Computers hinaus nicht zur Lösung eines technischen Problems bei.

Dies gilt zum Einen für die Formdatenspeichereinheit (Merkmal c)), welche eine übliche, technisch nicht näher ausgebildete Speichereinheit darstellt, in der spezielle Daten (Voxelmodelldaten und [X.]) gespeichert sind. Die Art der gespeicherten Daten (siehe auch Merkmal k)) ist bedingt durch den speziellen Kollisionsbestimmungsalgorithmus, der im Rahmen der Modellierung und Simulation verwendet wird und lediglich Probleme der Datenverarbeitung löst. Einen Beitrag zur Lösung eines technischen Problems liefern weder dieser Algorithmus noch die zu seiner Durchführung gespeicherten, speziellen Daten.

Auch der Eingang zum Einlesen von Daten und die Ausgabeeinheit (vgl. die Merkmale b) und [X.])) sind in technischer Hinsicht nicht speziell ausgebildet und stellen lediglich Komponenten eines üblichen Computers dar. Die durch sie eingelesenen bzw. ausgegebenen Daten sind reine Modelldaten, ein Bezug zu realen Ob[X.]ekten ist nicht erkennbar. Ein technisches Problem wird durch die Art der eingelesenen bzw. ausgegebenen Daten nicht gelöst.

Entsprechendes gilt für die übrigen Einheiten des [X.]eweiligen Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den [X.] und 2 ([X.]nbezeichnungseinheit, Bestimmungstestpunktgenerierungseinheit, Raumkurvenerzeugungseinheit, [X.], [X.], Kollisionsbestimmungseinheit), zu deren Ausbildung in technischer Hinsicht der Anmeldung nichts zu entnehmen ist. Aus dem Kontext heraus erkennt der Fachmann, dass es sich hierbei um reine Softwaremodule handelt. Die durch diese Einheiten ausgeführten Vorgänge sind reine [X.] des zur Kollisionsbestimmung verwendeten Algorithmus ohne technischen Bezug. Auch hier ist kein Beitrag zur Lösung eines technischen Problems ersichtlich.

Im Anspruch 1 des [X.] sind weitere Schritte des Modellierungsalgorithmus angegeben, die in den bereits erwähnten Einheiten durchgeführt werden. Auch diese Schritte gehen nicht über reine Datenverarbeitung hinaus, ohne Bezug zur realen Welt. Ein technisches Problem wird dadurch nicht gelöst.

Letztendlich verbleibt als Gegenstand des [X.]eweiligen Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1, 2 und 3 ein herkömmliches Datenverarbeitungssystem, auf dem ein Kollisionsberechnungsverfahren als Computerprogramm implementiert ist, welches keine Lösung einer technischen Problemstellung zum Inhalt hat.

Die Anmelderin bringt vor, die beanspruchte Vorrichtung skizziere einen Algorithmus, der zu [X.]- und Speicherplatzersparnis führe. Die verwendete Datenstruktur (Baumstruktur, Hilfsantrag 3) trage hierzu bei. Zudem weist sie auf die Entscheidung des [X.] 17 W (pat) 32/09 hin, der ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde liege wie der vorliegenden Anmeldung.

Dieses Vorbringen konnte zu keiner anderen Beurteilung führen.

Der in der Anmeldung skizzierte Algorithmus stellt eine reine Maßnahme der Datenverarbeitung dar und hat keinen technischen Hintergrund. Insbesondere dient die Verwendung einer Baumstruktur allein einer effizienten Organisation von Daten und löst allenfalls organisatorische Probleme. Eine möglicherweise durch die Lehre der Anmeldung erreichte [X.]- und Speicherplatzersparnis beruht ausschließlich auf dem verwendeten Datenverarbeitungsalgorithmus. Dies kann nicht als Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln angesehen werden, nachdem in der gesamten Anmeldung weder eine besondere technische Ausgestaltung zu erkennen ist, etwa in Form einer speziellen verwendeten Hardware, noch eine Rücksichtnahme auf spezielle Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage, noch irgendein Bezug auf technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage, etwa in Form einer Verarbeitung von Messdaten oder einer Auswirkung auf technische Gegebenheiten (z. B. auf die Bewegung einer Werkzeugmaschine).

Auch die von der Anmelderin genannte Entscheidung 17 W (pat) 32/09 steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Dort wurde ein Patent erteilt für ein Verfahren, mit dem Messwerte ausgewertet wurden, wobei in den Messwerten spezielle Muster (Lumen in einer anatomischen Struktur) segmentiert wurden. Im vorliegenden Fall ist Derartiges nicht ersichtlich.

Damit sind die[X.]enigen Merkmale des [X.]eweiligen Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den [X.], 2 und 3 bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen, welche über einen Computer mit üblichen Komponenten (wie er etwa in [X.] ausgewiesen ist) hinausgehen.

Der [X.]eweilige Anspruch 1 des [X.] und der Hilfsanträge 1, 2 und 3 ist nicht gewährbar.

3. Auch die übrigen Patentansprüche des [X.] und der Hilfsanträge 1, 2 und 3 sind nicht gewährbar, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann ([X.] 1997, 120 „Elektrisches Speicherheizgerät“).

Meta

17 W (pat) 20/14

13.09.2016

Bundespatentgericht 17. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.09.2016, Az. 17 W (pat) 20/14 (REWIS RS 2016, 5640)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5640

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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