Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.05.2014, Az. 1 StR 150/14

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 5829

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Gegenstand

Strafverfahren wegen gewerbsmäßiger Hehlerei: Hehlerei durch Absetzen vorher angekaufter Waren


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 26. November 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 31 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Weiter hat es festgestellt, dass auf Verfall des aus den Taten [X.] nicht erkannt werden kann, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Im Übrigen hat das [X.] den Angeklagten freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2

Das [X.] hat Folgendes festgestellt:

3

1. Im Zeitraum vom 30. Juni 2011 bis zum 19. Dezember 2012 erwarb der Angeklagte von dem Mitangeklagten [X.] zehn Elektronikartikel, die dieser aus den Geschäftsräumen der Firma [X.] entwendet hatte, darunter insbesondere Flachbildfernseher und Laptops. Der Angeklagte bezahlte für die Elektronikartikel, deren „strafbare Herkunft" er billigend in Kauf nahm, ein Drittel bis ein Viertel des üblichen Verkaufspreises und wollte sich dadurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Der reguläre Verkaufspreis dieser Gegenstände betrug 7.770,96 Euro (Fall der Urteilsgründe).

4

2. Der Angeklagte veräußerte weiterhin zu 30 in den Urteilsgründen näher bestimmten Zeitpunkten zwischen [X.] 2011 und Ende Dezember 2012 [X.], die der Mitangeklagte [X.] ebenfalls aus den Geschäftsräumen der Firma [X.] entwendet hatte, an verschiedene Abnehmer. Der Angeklagte wollte sich auch hierdurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. In einigen Fällen blieb es allerdings bei einem erfolglosen Angebot an potentielle Erwerber.

5

Der Angeklagte hatte die Gegenstände, bei denen die Etiketten der Firma [X.] abgeschnitten bzw. abgekratzt worden waren, zuvor von dem Mitangeklagten [X.] für ein Drittel bis ein Viertel des [X.] erworben. Für den Verkauf setzte der Angeklagte jeweils einen gegenüber seinem Erwerb bei [X.] um einen Aufschlag von mindestens 50 Euro erhöhten Verkaufspreis an, der die Hälfte des Warenwerts nicht überstieg ([X.] [X.] Nr. 1 bis 30 der Urteilsgründe).

II.

6

Das [X.] hat die Handlungen des Angeklagten als 31 in [X.] stehende Fälle der gewerbsmäßigen Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB eingestuft. Es hat dabei ersichtlich die Tatbestandsvariante des „[X.]" in den Blick genommen; denn es führt aus, die Tatvollendung setze einen Absatzerfolg nicht voraus. Nach Auffassung des [X.]s reichte daher zur Tatvollendung der Hehlerei das bloße Tätigwerden zum Zweck des Absatzes, auch wenn dieser hier in einigen Fällen nicht gelang.

III.

7

Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

8

1. [X.] und [X.] Nr. 1 bis 30 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

9

a) Unabhängig davon, dass ein vollendetes Absetzen im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB nach neuer Rechtsprechung des [X.] einen Absatzerfolg voraussetzt ([X.], Beschluss vom 22. Oktober 2013 - 3 StR 69/13, NJW 2014, 951), der hier in einigen Fällen nicht eingetreten ist, begegnet die Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei in der Tatbestandsvariante des [X.] durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn der Angeklagte hatte die Waren zuvor vom Vortäter angekauft.

Unter Absetzen im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB ist die im Einvernehmen mit dem Vortäter, im Übrigen aber selbständig vorgenommene wirtschaftliche Verwertung einer bemakelten Sache durch ihre rechtsgeschäftliche Weitergabe an gut- oder bösgläubige Dritte gegen Entgelt zu verstehen (vgl. [X.], Urteil vom 26. Mai 1976 - 2 [X.], NJW 1976, 1698; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 259 Rn. 28; [X.] in [X.], 12. Aufl., § 259 Rn. 51; [X.], StGB, 61. Aufl., § 259 Rn. 15 f.). Der [X.] braucht nicht zu entscheiden, ob der Angeklagte hier beim Weiterverkauf der vom Vortäter [X.] erworbenen [X.] noch im Einvernehmen mit dem Vortäter oder allein im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt hat. Denn eine Bestrafung des [X.] als Hehlerei kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Hehler zuvor die Sache angekauft und sich bereits dadurch der Hehlerei (§ 259 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht hat. Das Absetzen ist dann, wenn der Hehler überhaupt noch im Einvernehmen mit dem Vortäter tätig wurde und „in dessen Lager" (vgl. [X.] aaO Rn. 16) stand, als [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 3. Juni 1975 - 1 [X.], NJW 1975, 2109 sowie [X.] aaO Rn. 107).

Ausgehend von diesen Maßstäben hat das [X.] rechtsfehlerhaft statt des „[X.]" des Diebesgutes allein dessen „Absatz" durch den Angeklagten in den Blick genommen. Denn die Urteilsfeststellungen belegen, dass der Angeklagte die [X.], die er im Tatkomplex [X.] der Urteilsgründe zur Erzielung eines eigenen Gewinns verkaufte oder zumindest zum Verkauf anbot, zuvor vom Mitangeklagten [X.] angekauft hatte. Damit war der Ankauf der gestohlenen [X.] die für die Verurteilung des Angeklagten maßgebliche Hehlereihandlung im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB, nicht die spätere Verwertung der angekauften Waren.

Es ist dem [X.] - ungeachtet etwaiger Hinweispflichten aus § 265 StPO - verwehrt, den Schuldspruch als vom Ankauf der [X.] durch den Angeklagten getragen anzusehen. Denn das Urteil enthält keine ausreichenden Feststellungen dazu, wann und aufgrund wie vieler Ankäufe der Angeklagte sich die zum Weiterverkauf bestimmten [X.] verschafft hat. Erwirbt aber ein Hehler einheitlich mehrere aus einer oder verschiedenen Vortaten stammende Sachen, liegt nur eine Hehlerei vor (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Juni 2005 - 4 [X.], [X.], 236). Damit kann der [X.] nicht entscheiden, in wie vielen Fällen der Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB sich der Angeklagte strafbar gemacht hat. Auch fehlen Feststellungen zum Schuldumfang der jeweiligen Taten.

b) Auch der Schuldspruch im Fall der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben. Zwar beschwert es den Angeklagten nicht, dass das [X.] die sich über einen Zeitraum von achtzehn Monaten erstreckenden Ankäufe von zehn aus Diebstählen stammenden Elektronikgeräten lediglich als eine Tat angesehen hat. Die Urteilsfeststellungen lassen jedoch nicht erkennen, durch welche Ankäufe der Angeklagte die zehn Gegenstände erworben hat. Damit bleibt auch offen, ob und gegebenenfalls in wie vielen Fällen vom Angeklagten Gegenstände aus dem Tatkomplex der Urteilsgründe zusammen mit solchen aus dem Tatkomplex [X.] der Urteilsgründe angekauft worden sind. Da sämtliche [X.] aus Diebstählen des Mitangeklagten [X.] bei der Firma [X.] stammten, liegt ein solcher gemeinsamer Ankauf mehrerer Gegenstände hier jedenfalls nicht fern. Der Schuldspruch im Fall der Urteilsgründe kann daher nicht isoliert bestehen bleiben. Das neue Tatgericht wird zu den Umständen des Ankaufs Feststellungen zu treffen haben.

2. Um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zum Ankauf der aus den Diebstählen des [X.] stammenden [X.] zu ermöglichen, hebt der [X.] die bisherigen, zwar nicht fehlerhaften, aber jedenfalls lückenhaften Urteilsfeststellungen vollständig auf.

3. Ergänzend weist der [X.] darauf hin, dass bei Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StGB der Umfang des [X.] im [X.] zu bezeichnen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 5. September 2013 - 1 [X.], Rn. 100 ff., [X.], 57).

Raum                                Jäger                                Cirener

                   Radtke                              [X.]

Meta

1 StR 150/14

07.05.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Amberg, 26. November 2013, Az: 11 KLs 105 Js 11087/12

§ 52 StGB, § 53 StGB, § 259 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.05.2014, Az. 1 StR 150/14 (REWIS RS 2014, 5829)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5829

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