Bundesfinanzhof, Beschluss vom 16.11.2011, Az. V B 34/11

5. Senat | REWIS RS 2011, 1391

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Gegenstand

(Zweck des § 171 Abs. 14 AO)


Leitsatz

NV: Der Zweck des § 171 Abs. 14 AO besteht darin, zu vermeiden, dass der Stpfl. mit der Begründung, der Steuerbescheid sei unwirksam bekannt gegeben worden, innerhalb der fünfjährigen Zahlungsverjährungsfrist eine Erstattung der gezahlten Steuern verlangt und das FA wegen der nur vierjährigen Festsetzungsfrist die wirksame Bekanntgabe des Bescheides nicht nachholen kann.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet.

2

1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) zuzulassen, weil die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) keinen Verfahrensmangel geltend gemacht hat, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Unabhängig davon, ob das Finanzgericht ([X.]) zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) "ausweislich der Akten" zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich oder stillschweigend der Umsatzsteuervoranmeldung zugestimmt hat oder ob sich [X.] die [X.] eine Zustimmung des [X.] aus der Zusendung einer Abtretungsanzeige (Bl. 77 [X.]-Akte) ergibt, beruht das Urteil des [X.] hierauf nicht, weil es sich hierbei nur um eine Hilfserwägung handelt. Denn das [X.] hat das Vorliegen eines Erstattungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung [X.]) i.V.m. § 171 Abs. 14 [X.] im Wesentlichen deshalb abgelehnt, weil es aufgrund der Voranmeldung nicht zu einer Zahlung gekommen ist. Ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 [X.] setzt eine Zahlung ohne rechtlichen Grund voraus ("Ist eine Steuer, eine Steuervergütung ... ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden ..."). Ein Rückforderungsanspruch i.S. des § 37 Abs. 2 [X.] ist daher nur der Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht --ohne rechtlichen Grund-- ausgezahlter Vorsteuerüberschüsse (Urteil des [X.] --[X.]-- vom 2. Februar 1995 [X.]/94, [X.] 1995, 853; vom 21. Mai 1985 [X.], [X.], 412, [X.] 1985, 488, nicht dagegen der Anspruch auf Vorsteuerabzug, der auf Entlastung von der Steuer gerichtet ist, die der leistende Unternehmer --mit rechtlichem Grund-- als Teil des Preises auf den Leistungsempfänger abgewälzt hat (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, [X.], § 16 Rz 43 ff.).

3

2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) oder zum Zwecke der Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O) zuzulassen.

4

a) Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O) wäre es Aufgabe der Klägerin gewesen, innerhalb der Beschwerdefrist eine abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung für die Allgemeinheit zukommen soll (z.B. [X.] vom 20. Juni 2007 [X.]/06, [X.] 2007, 1705). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss hinreichend konkretisiert und in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargelegt werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. [X.] ist, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.] vom 22. März 2011 [X.]/10, [X.] 2011, 1165, m.w.[X.]; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.[X.]). Hat der [X.] bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer darüber hinaus begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung zu dieser Frage für erforderlich hält. Hierzu muss er substantiiert vortragen, welche neuen und gewichtigen, vom [X.] noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und/oder in der Literatur gegen die Rechtsprechung des [X.] vorgebracht worden sind (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.] in [X.] 2011, 1165, m.w.[X.]; vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.[X.], § 116 Rz 33, m.w.[X.]). Gleiches gilt für den von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O), der ein Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung ist. In beiden Fällen muss es sich um eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage handeln (z.B. [X.] vom 8. Februar 2007 [X.]/06, [X.] 2007, 902).

5

b) Die Beschwerde erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

6

Die Klägerin hat es versäumt, eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren. Die im Schriftsatz vom 9. September 2011 formulierte Rechtsfrage ist schon deshalb unbeachtlich, weil die Beschwerdefrist bereits abgelaufen war. Ganz abgesehen davon hat sich die Klägerin weder mit der Rechtsprechung zu § 171 Abs. 14 [X.] auseinandergesetzt, noch dargelegt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist. Insbesondere soweit die Klägerin meint, § 171 Abs. 14 [X.] sei verfassungswidrig, fehlt es schon an der Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung hierzu. Denn es ist geklärt, dass der Zweck des § 171 Abs. 14 [X.] darin besteht, zu Gunsten des [X.] zu vermeiden, dass der Steuerpflichtige mit der Begründung, der Steuerbescheid sei unwirksam bekannt gegeben worden, innerhalb der fünfjährigen Zahlungsverjährungsfrist eine Erstattung der gezahlten Steuern verlangen kann, ohne dass das [X.] die Steuerfestsetzung innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist durch wirksame Bekanntgabe des Steuerbescheids nachholen könnte ([X.]-Urteil vom 13. März 2001 [X.]/00, [X.]E 194, 326, [X.] 2001, 430). Dass diese Regelung verfassungsgemäß ist, hat das [X.] bereits entschieden (Beschluss vom 18. Februar 2003  2 BvR 1114/01, [X.] 2003, 718).

Meta

V B 34/11

16.11.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 15. März 2011, Az: 15 K 3350/08 U, Urteil

§ 171 Abs 14 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 16.11.2011, Az. V B 34/11 (REWIS RS 2011, 1391)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1391

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