Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.12.2012, Az. 2 C 11/11

2. Senat | REWIS RS 2012, 380

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Gegenstand

Keine geburtsjahrbezogene Beschränkung des Bewerberfeldes für Berufssoldaten im Militärmusikdienst; Umwandlung von Soldatendienstverhältnissen; zuständiges Gericht


Leitsatz

1. Das Aufrufen einzelner Geburtsjahrgänge für die Besetzung von Berufssoldatenstellen mit Zeitsoldaten stellt keine Organisationsentscheidung dar, sondern unterfällt dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG.

2. Das Aufrufen einzelner Geburtsjahrgänge ist kein leistungsbezogenes Auswahlkriterium im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG für die Bewerberauswahl.

3. Es kann dahinstehen, ob der Verteidigungsauftrag (Art. 87a Abs. 1 Satz 1 GG) außerhalb des Militärmusikdienstes die Besetzung von Berufssoldatenstellen nach Geburtsjahrgängen grundsätzlich zu rechtfertigen vermag. Jedenfalls bedarf es hierzu einer Entscheidung des Gesetzgebers, die dem Gewicht des Art. 33 Abs. 2 GG angemessen Rechnung tragen muss.

Tatbestand

1

Die 1973 geborene Klägerin begehrt die Berufung in das Dienstverhältnis einer Berufssoldatin. Sie stand vom 1. Oktober 1992 bis zum 30. September 2012 als Zeitsoldatin im Dienst der [X.] und wurde zuletzt als Musikfeldwebel im Dienstgrad eines [X.] (Bes.-Gr. [X.]) mit dem Hauptinstrument Saxophon beim Marinemusikkorps [X.] verwendet. Ihren Antrag auf Umwandlung des Dienstverhältnisses in das einer Berufssoldatin lehnte die Beklagte im Jahr 2001 ab, weil sie anderen Mitbewerbern den Vorrang gab. In den Jahren 2002 und 2003 wurde die Klägerin nicht mehr in das Auswahlverfahren einbezogen, weil ein Bedarf im Jahrgang und in der Verwendungsreihe der Klägerin nicht bestanden habe. Auch den für das Auswahljahr 2009 gestellten [X.] lehnte die Beklagte ab, weil der Geburtsjahrgang der Klägerin für den Militärmusikdienst nicht zur Bedarfsdeckung aufgerufen worden sei.

2

Auf die dagegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, über den [X.] für das Auswahljahr 2009 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, der [X.] bestehe ungeachtet der Ernennung der für das [X.] ausgewählten Bewerber fort, weil sich die Beklagte bereit erklärt habe, die Klägerin nachträglich zu berücksichtigen. Die Beklagte habe die Bewerbung für 2009 ermessensfehlerhaft abgelehnt. Die Beschränkung des [X.] auf vorgegebene Geburtsjahrgänge stelle eine mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu vereinbarende Höchstaltersgrenze dar, weil es an einer normativen Regelung hierzu fehle.

3

Hiergegen richtet sich die Sprungrevision der [X.], mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt.

4

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des [X.] vom 20. Januar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Sprungrevision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass die Nichtberücksichtigung des Antrags der Klägerin auf Umwandlung ihres Dienstverhältnisses als Soldatin auf Zeit in das einer Berufssoldatin im Auswahljahr 2009 rechtswidrig gewesen ist.

6

Der Vertreter des [X.] beteiligt sich an dem Verfahren und unterstützt die Rechtsauffassung der [X.].

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit der Nichtberücksichtigung der Klägerin im Auswahlverfahren 2009 festgestellt wird. Das Urteil des [X.] verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO), weil das von der Beklagten praktizierte System zur Beschränkung des [X.] für die Besetzung von [X.] aus den Reihen der [X.]soldaten gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstößt.

8

1. Der vom Verwaltungsgericht zuerkannte Anspruch auf erneute Entscheidung über die Bewerbung der Klägerin als Berufssoldatin im Jahr 2009 besteht nicht mehr. Er ist jedenfalls mit der Ernennung der ausgewählten [X.]soldaten zu Berufssoldaten untergegangen, weil diese Ernennungen rechtsbeständig sind. Einstweiligen Rechtsschutz gegen die Auswahlentscheidung hat die Klägerin nicht in Anspruch genommen; Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin hieran wegen der Verletzung von Mitteilungs- oder Wartepflichten der Beklagten gehindert gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich (vgl. Urteil vom 4. November 2010 - [X.] 2 [X.] 16.09 - [X.]E 138, 102 <110> = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47, jeweils Rn. 29 ff.). Weitere [X.] dürfen erst nach einem auf sie bezogenen Vergabeverfahren besetzt werden (Urteil vom 4. November 2010 - [X.] 2 [X.] 16.09 - [X.]E 138, 102 = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 ). Inzwischen steht die Klägerin auch nicht mehr in einem für die Umwandlung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 [X.] erforderlichen Dienstverhältnis einer Soldatin auf [X.].

9

Diesen Änderungen hat die Klägerin Rechnung getragen, indem sie im Revisionsverfahren anstelle ihres Antrags auf Neubescheidung die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren 2009 beantragt hat. Dieser Feststellungsantrag ist als nachrangiges Begehren von dem weitergehenden [X.] umfasst. Er ist durch die Sprungrevision der Beklagten gegen die Verurteilung nach dem vorrangigen [X.] in der Revisionsinstanz angefallen (Urteil vom 28. April 2005 - [X.] 2 [X.] 1.04 - [X.]E 123, 308 <312> = [X.] 240 § 72a [X.] Nr. 1 S. 3 f.).

2. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Beschränkung des [X.] für die Umwandlung von [X.]- und [X.] auf vorgegebene Geburtsjahrgänge sei eine mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu vereinbarende Höchstaltersgrenze. Damit ist zwar der zutreffende rechtliche Maßstab benannt; das Vorgehen der Beklagten stellt aber keine Höchstaltersgrenze dar. Das verfassungsunmittelbar garantierte Zugangsrecht des Art. 33 Abs. 2 GG gilt auch für Ämter in der [X.] (vgl. auch Beschluss vom 20. September 2011 - [X.] 1 [X.] 48.10 - [X.]E 140, 342 <349> = [X.] 449.2 § 20 SLV 2002 Nr. 1, jeweils Rn. 33). Mit der ausdrücklichen Wiederholung der Auswahlgrundsätze in § 3 Abs. 1 [X.] hat dies auch der Gesetzgeber des [X.]es bekräftigt (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/Sohm, [X.], 2. Aufl. 2010, § 3 Rn. 1). Die mit dem Amt im statusrechtlichen Sinne verliehene Rechtsposition (vgl. Summer, [X.] im statusrechtlichen Sinne, in: Beiträge zum Beamtenrecht, 2007, S. 45 <50>) wird jedenfalls durch statusverändernde Ernennungsakte berührt. Hierzu gehört neben der Begründung eines Dienstverhältnisses und der Verleihung eines höheren [X.] auch die Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf [X.] in das eines Berufssoldaten. Es wird ein eigenständiges (vgl. § 1 Abs. 2 [X.]) Dienstverhältnis begründet, das jedenfalls hinsichtlich der Beendigung auch von unterschiedlichen Rechtsnormen bestimmt wird. Demgemäß sieht § 4 Abs. 1 Nr. 2 [X.] für die Umwandlung ein Ernennungserfordernis vor. Der Bewerber kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen abgelehnt wird, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (Urteil vom 17. August 2005 - [X.] 2 [X.] 37.04 - [X.]E 124, 99 <102> = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 18).

Das Lebensalter kann nur dann ein leistungsbezogenes Kriterium im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 [X.] darstellen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass Bewerber bei Überschreitung eines bestimmten Lebensalters typischerweise den Anforderungen des Amtes oder einer Laufbahn nicht mehr genügen. Auch in diesen Fällen muss die Altersgrenze normativ festgelegt werden (Urteile vom 19. Februar 2009 - [X.] 2 [X.] 18.07 - [X.]E 133, 143 <145> = [X.] 237.7 § 15 [X.] Nr. 6 , vom 24. September 2009 - [X.] 2 [X.] 31.08 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 44 Rn. 21 f. und vom 23. Februar 2012 - [X.] 2 [X.] 76.10 - [X.]E 142, 59 Rn. 15 = NVwZ 2012, 880). Dementsprechend sieht auch das [X.] für die Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf [X.] eine Höchstaltersgrenze von 40 Jahren vor (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 [X.]).

Der jahrgangsbezogene Aufruf von Umwandlungsstellen zur Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten stellt keine derartige Höchstaltersgrenze dar (ebenso Beschluss vom 26. Juni 2012 - [X.] 1 [X.] 34.11 - juris Rn. 23).

Nach § 39 des [X.]es in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Mai 2005 ([X.], im maßgeblichen [X.]punkt der Auswahlentscheidung zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009, [X.]) können Unteroffiziere mit der Beförderung zum Feldwebel und höhere Dienstgrade in das Dienstverhältnis eines Soldaten berufen werden, wenn die allgemeinen Berufungsvoraussetzungen aus § 37 [X.] erfüllt und keine Hinderungsgründe im Sinne des § 38 [X.] gegeben sind. § 21 SLV sieht als einschränkende Voraussetzung einer Umwandlung weiterhin vor, dass der Soldat das 24. Lebensjahr vollendet haben muss.

Die weiteren Einzelheiten für die Umwandlung und das Verfahren hat das [X.] in der Richtlinie für die Umwandlung des [X.] im Dienstverhältnis einer Soldatin auf [X.] oder eines Soldaten auf [X.] in das Dienstverhältnis einer Berufssoldatin oder eines Berufssoldaten vom 19. Dezember 2008 ([X.] 1 <30> - Az 16-02-09/7) geregelt. Danach ist Grundlage des Auswahlverfahrens der Bedarf in den einzelnen Ausbildungs- und Verwendungsreihen/[X.] (Nr. 1.1 der [X.]). Nach Nr. 1.4 der [X.] legt der zuständige Führungsstab im [X.] auf Grundlage der strukturellen Vorgaben und der haushälterischen Möglichkeiten die Ergänzungsquoten an Berufsunteroffizieren für das jeweilige Übernahmejahr bezogen auf den Geburtsjahrgang und differenziert nach Ausbildungs- und Verwendungsreihen/[X.] fest. Der danach für eine Bewerbung in Betracht kommende Personenkreis wird von der Stammdienststelle der [X.] in einer "Aktuellen Anweisung und Information zur Personalführung (AAIP SDBw)" bekannt gegeben (Nr. 2.2 der [X.]).

In das Auswahlverfahren einbezogen werden damit nur Bewerber, die einem Geburtsjahrgang und einer Ausbildungs- und Verwendungsreihe angehören, die in der AAIP SDBw für das jeweilige Auswahljahr zur Antragstellung aufgerufen sind (Nr. 3.1 der [X.]). Andere Antragsteller erhalten eine sofortige Ablehnung aufgrund fehlenden Bedarfs (vgl. Nr. 8.2 Satz 2 der [X.]). Hiervon ausgenommen sind sog. "Erstbewerber", die sich wegen fehlender Teilnahmevoraussetzungen noch nie bewerben konnten, denen in einem gesonderten Verfahren eine einmalige Auswahlmöglichkeit gegeben wird (vgl. Nr. 8.1 der [X.]).

Für das Auswahljahr 2009 ist in der AAIP SDBw im Militärmusikdienst nur in den [X.] 1979 bis 1981 ein Bedarf aufgerufen worden. Für die Geburtsjahrgänge 1972 bis 1977 ebenso wie für die Jahrgänge 1982 bis 1985 dagegen ist keine Umwandlungsstelle ausgewiesen. Die 1973 geborene Klägerin ist daher nicht in das Auswahlverfahren einbezogen worden.

Dies macht deutlich, dass die Beklagte die Übernahme in das Berufssoldatenverhältnis nicht von der Unterschreitung einer Altersgrenze, sondern vom Geburtsjahr der Bewerber abhängig macht. Da sie die Jahrgänge nicht fortschreitend nach dem Lebensalter, sondern "bedarfsorientiert" aufruft, gibt sie nicht vor, dass ab einem gewissen Alter die Ernennung zum Berufssoldaten nicht mehr möglich ist. Im Falle des streitgegenständlichen Auswahljahres 2009 etwa ist im Militärmusikdienst zwar ein Bedarf für die Jahrgänge 1979 bis 1981 ausgewiesen, die jüngeren Geburtsjahrgänge 1982 bis 1985 dagegen sind von der Bewerbung ausgeschlossen worden.

Darüber hinaus knüpft die Verfahrensweise auch nicht an Eignungsgesichtspunkte an, die mit dem fortschreitenden Alter typischerweise verbunden sind. Die Eignung wird nicht in Frage gestellt und durch die parallele Ernennung älterer Bewerber in anderen Verwendungsreihen bekräftigt. Auch in der Verwendungsreihe selbst kann es - bei entsprechendem Bedarf - in nachfolgenden Auswahljahren wieder zum Aufruf älterer Bewerber kommen, so dass ersichtlich nicht die Eignung älterer Bewerber in Frage gestellt oder als Auswahlkriterium herangezogen wird.

3. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ergibt sich die Befugnis zur jahrgangsbezogenen Beschränkung des [X.] für die zur Besetzung anstehenden [X.] auch nicht aus ihrer Organisationsgewalt: Diese Praxis betrifft nicht die Bereitstellung der Stellen, d.h. die Feststellung des Personalbedarfs, sondern deren Besetzung im Wege der Bewerberauswahl. Daher muss sie sich an Art. 33 Abs. 2 GG messen lassen. Die durch die Praxis der Beklagten bewirkte Einschränkung des [X.] kann nicht unter Berufung auf das in Art. 87a Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Gebot der Aufstellung funktionstüchtiger [X.] gerechtfertigt werden. Das Interesse an einem ausgewogenen Altersaufbau stellt kein unmittelbar leistungsbezogenes Auswahlkriterium nach Art. 33 Abs. 2 GG dar. Es hat jedenfalls für den Militärmusikdienst auch keinen verfassungsrechtlichen Stellenwert, der eine Einschränkung der in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Auswahlgrundsätze rechtfertigen könnte. Die Beklagte hätte die Klägerin daher in das Auswahlverfahren einbeziehen müssen.

a) Die einer Stellenbesetzung vorgelagerten Fragen, ob und ggf. wie viele Stellen (Ämter) mit welcher Wertigkeit geschaffen werden, unterfällt der Organisationsgewalt des Dienstherrn (Urteile vom 28. Oktober 2004 - [X.] 2 [X.] 23.03 - [X.]E 122, 147 <153> = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 30 f., vom 16. Oktober 2008 - [X.] 2 A 9.07 - [X.]E 132, 110 = [X.] 11 Art. 87a GG Nr. 6 und vom 30. Juni 2011 - [X.] 2 [X.] 19.10 - [X.]E 140, 83 = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49 ). Die Ausübung der Organisationsgewalt, vor allem die Feststellung des Stellen- bzw. [X.], wird nicht durch subjektive Rechtspositionen von Soldaten oder Beamten eingeschränkt (vgl. [X.], [X.] vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - [X.]K 12, 265 <270>; [X.], Urteil vom 25. April 1996 - [X.] 2 [X.] 21.95 - [X.]E 101, 112 <114>).

Dagegen gilt für die Besetzung der zur Verfügung stehenden Stellen, d.h. für die Deckung des festgestellten Personalbedarfs, Art. 33 Abs. 2 GG, wenn die ausgewählten Bewerber ein neues, insbesondere ein höherwertiges oder ein anderes Amt erhalten (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Juni 1989 - 1 BvR 32/87 - [X.]E 80, 257 <263>; [X.], Urteil vom 28. Oktober 2004 a.a.[X.] bzw. S. 30 f.). Der Aufruf von [X.] ist der Stellenbesetzung zuzuordnen. Die verfügbaren [X.] sollen nur an [X.]soldaten mit einem bestimmten Lebensalter vergeben werden. Die Einschränkung ist daher am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG zu messen.

b) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder [X.] nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des [X.]es zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des [X.]es gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet ([X.], [X.] vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; Urteile vom 25. August 1988 - [X.] 2 [X.] 51.86 - [X.]E 80, 123 <124>, vom 28. Oktober 2004 a.a.[X.], vom 17. August 2005 - [X.] 2 [X.] 37.04 - [X.]E 124, 99 <102> = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 18).

Belange, die nicht im [X.] verankert sind, können bei der Bewerberauswahl zur Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen außerhalb von Art. 33 Abs. 2 GG ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes ist durch die [X.] nach dem [X.] sicherzustellen. Soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung, sondern nur um Fragen des optimierenden Ausgleichs mit anderen verfassungsgeschützten Interessen geht, bedarf es zudem einer gesetzlichen Grundlage. Diese muss ihrerseits dem Zweck des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragen, d.h. ernsthaften Gefährdungen der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes vorbeugen (vgl. u.a. [X.], [X.] vom 2. April 1996 - 2 BvR 169/93 - NVwZ 1997, 54 S. 55; Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.[X.] f. bzw. S. 16 f. und vom 17. August 2005 a.a.[X.] 102 bzw. Rn. 19).

Danach gibt Art. 33 Abs. 2 GG die entscheidenden Beurteilungsgesichtspunkte für die Bewerberauswahl zur Besetzung von öffentlichen Ämtern abschließend vor. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt. Dienst- und Lebensalter gehören nicht zu den unmittelbar leistungsbezogenen Auswahlkriterien im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG (Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.[X.] 151 bzw. S. 17 f. und vom 30. Juni 2011 - [X.] 2 [X.] 19.10 - [X.]E 140, 83 = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49 ).

Da die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen nach der Vorgabe des Art. 33 Abs. 2 GG durch die strikte Beachtung des [X.]es bei der Deckung des Personalbedarfs sicherzustellen ist, können andere, nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckte Belange dessen Einschränkung im Interesse der Funktionsfähigkeit nur rechtfertigen, wenn ansonsten "schwerwiegende Defizite" bei der Erfüllung der staatlichen Aufgaben zu erwarten sind ([X.], [X.] vom 2. April 1996 a.a.O.; [X.], Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.[X.] f. bzw. S. 16 f. und vom 25. November 2004 - [X.] 2 [X.] 17.03 - [X.]E 122, 237 <242 f.> = [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31 S. 25). Das vorausschauende Anliegen, künftige Engpässe oder Einarbeitungsschwierigkeiten zu vermeiden, reicht dagegen nicht aus, um ein Zurücktreten der in Art. 33 Abs. 2 GG verbindlich angeordneten [X.] begründen zu können. Das Interesse des Dienstherrn an der Schaffung oder Aufrechterhaltung ausgewogener Altersstrukturen besitzt kein ausreichendes verfassungsrechtliches Gewicht, um eine Einschränkung des in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Zugangsrechts zu rechtfertigen (Urteil vom 28. Oktober 2004 a.a.[X.] bzw. S. 19).

c) Entgegen der Ansicht der Beklagten führt auch der verfassungsrechtlich verankerte [X.] der [X.] (Art. 87a Abs. 1 Satz 1 GG) zu keiner anderen Beurteilung. Art. 87a Abs. 1 Satz 1 GG enthält eine verfassungsrechtliche Grundentscheidung für eine wirksame militärische Landesverteidigung ([X.], Urteil vom 24. April 1985 - 2 [X.] u.a. - [X.]E 69, 1 <21>). Dieser Verfassungsauftrag umfasst auch das Gebot, das innere Gefüge der aufzustellenden [X.] so zu gestalten, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsen sind ([X.], Beschluss vom 18. Februar 1970 - 2 BvR 531/68 - [X.]E 28, 36 <47>; vgl. hierzu auch [X.], Beschluss vom 19. Juli 1995 - [X.] 1 [X.] 120.94 - [X.] 236.1 § 3 [X.] Nr. 4 = NVwZ 1996, 474).

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die wirksame Erfüllung des [X.]s außerhalb des Militärmusikdienstes nicht bereits hinreichend durch Höchstaltersgrenzen gewährleistet wird, sondern darüber hinaus jahrgangsbezogen ausgewogene Altersstrukturen erfordert. In jedem Fall wäre es zunächst Sache des [X.], etwaige aus dem [X.] folgende Besonderheiten für die Personalauswahl zu konkretisieren, wobei er die verfassungsrechtliche Grundentscheidung des Art. 33 Abs. 2 GG in den Blick zu nehmen hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten stellen die von ihr angeführten, bereits bestehenden Vorschriften (§ 44 SLV, § 1 Abs. 1 [X.] und § 3 Abs. 1 [X.]) keine hinreichende normative Grundlage im vorstehenden Sinne dar. Sie verfolgen ersichtlich nicht den Zweck, den unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleisteten [X.] des Art. 33 Abs. 2 GG zu relativieren. Sie sind von vornherein nicht darauf gerichtet, einen Ausgleich dieses Verfassungsgrundsatzes mit einem gegenläufigen verfassungsrechtlichen Belang herzustellen (Urteil vom 23. Februar 2012 - [X.] 2 [X.] 76.10 - [X.]E 142, 59 LS 2 und Rn. 15 ff.).

Darüber hinaus ist der Militärmusikdienst nicht dazu bestimmt, dem in Art. 87a Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich vorgegebenen [X.] der [X.] zu dienen. [X.] in früheren [X.]en der Militärmusikdienst als Erkennungszeichen einzelner Verbände und zur psychologischen Unterstützung der Soldaten auf dem Schlachtfeld eine unmittelbar militärische Aufgabe zugekommen sein, ist ihr Einsatz heute auf Friedenszeiten bezogen und beschränkt sich auf repräsentative und protokollarische Auftritte (vgl. Nr. 1.4.2 der vom Generalinspekteur der [X.] erlassenen "Teilkonzeption Militärmusik der [X.] vom 18. Dezember 2007" sowie [X.] der vom [X.] erlassenen Zentralen Dienstvorschrift "Der Militärmusikdienst in der [X.]" - [X.] -; hierzu auch Urteil vom 28. August 1996 - [X.] 6 [X.] 2.95 - [X.] 448.6 § 13 [X.] = NVwZ-RR 1997, 364).

Dies gilt auch angesichts des Umstands, dass Militärmusiker im Verteidigungsfall als Sanitäter eingesetzt werden sollen (Nr. 104 [X.]). Auch der [X.] nimmt eine Sonderstellung unter den [X.]laufbahnen ein, die als "waffenloser Dienst" gekennzeichnet wird (Urteile vom 28. August 1996 - [X.] 6 [X.] 2.95 - [X.] 448.6 § 13 [X.] = NVwZ-RR 1997, 364 und vom 22. Februar 2012 - [X.] 6 [X.] 11.11 - [X.]E 142, 48 Rn. 30; hierzu auch [X.], Urteil vom 24. April 1985 - 2 [X.] u.a. - [X.]E 69, 1 <56>). Die Soldaten werden zwar zur Selbstverteidigung mit Handfeuerwaffen, nicht aber für [X.] an schweren Waffen ausgebildet (vgl. Nr. 301 [X.]). Folgerichtig war traditionell für Frauen auch nur der Zugang zu den Laufbahnen des [X.] eröffnet worden (vgl. hierzu auch [X.], Urteil vom 11. Januar 2000 - [X.]-285/98 - Slg. 2000 I-69).

Die sanitätsdienstliche Ausbildung soll die Angehörigen des Militärmusikdienstes nur in die Lage versetzen, "bestimmte Funktionen im Rahmen der sanitätsdienstlichen Unterstützung wahrnehmen zu können"; die Ausbildung darf aber nicht zu einer Einschränkung der militärmusikalischen Auftragserfüllung führen (Nr. 3 und 4 der "Weisung sanitätsdienstliche Ausbildung und Einsatz der Soldatinnen und Soldaten des Militärmusikdienstes der [X.] vom 13. August 2012"). Angesichts der geringen Zahl von gegenwärtig 820 im Militärmusikdienst verwendeten Soldaten ist auch nicht ersichtlich, dass diesen ernstliche Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der [X.] beikommen könnte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der grundsätzlichen Eingliederung des Militärmusikdienstes in die [X.]. Zwar besteht nach § 6 Abs. 2 Satz 3 SLV bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres die Möglichkeit der Versetzung in den Truppendienst, so dass der Militärmusikdienst in gewissem Umfang auch als Reserve künftiger [X.] begriffen werden kann. Schon im Hinblick auf die Aus- und Vorbildung im Militärmusikdienst kann insoweit aber nicht von einer allseitigen Einsatz- und Verwendbarkeit der Laufbahnangehörigen ausgegangen werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die Zweitverwendung bei der Sanitätstruppe.

[X.] im Bereich des Militärmusikdienstes sind ausschließlich nach unmittelbar leistungsbezogenen Kriterien im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG zu vergeben. Hierzu gehört das Interesse an ausgewogenen Altersstrukturen nicht. Die Struktur des militärmusikalischen Fachdienstes und seine Einbindung in den militärischen Bereich orientieren sich vornehmlich an den musikfachlichen Ansprüchen sowie den Erfordernissen des Musikeinsatzes (Nr. 2.2 der Teilkonzeption Militärmusik der [X.]; vgl. zu den musikbezogenen Einstellungsvoraussetzungen auch § 34 Abs. 1 Nr. 1 SLV: bestandene Aufnahmeprüfung an einer [X.] und § 37 Abs. 1 Nr. 1 SLV: Kapellmeisterexamen für die Offizierslaufbahn). Dementsprechend ist die Altersgrenze für höhere Dienstgrade in dieser Laufbahn auch auf 65 Jahre angehoben worden (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Die besonderen Bedürfnisse der [X.] sind damit auch im bestehenden Altersregelungssystem der maßgebliche Anknüpfungspunkt (vgl. BTDrucks 16/7076, S. 174).

d) Die Klägerin, die die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten aus §§ 37 ff. [X.] erfüllt, hätte daher nicht bereits mit Blick auf die fehlende Zugehörigkeit zu einem im Jahr 2009 aufgerufenen Jahrgang vom Auswahlverfahren ausgeschlossen werden dürfen.

4. Anlass für die von der Beklagten im Hinblick auf die Rechtsprechung des [X.] des [X.] angesprochene Vorlage an den [X.] nach § 11 Abs. 2 VwGO besteht nicht, weil der 1. [X.] nicht über Rechtsfragen der Begründung oder Umwandlung von [X.] befindet. Rechtsstreitigkeiten, die die Rechtsstellung des Soldaten und damit sein Amt im statusrechtlichen Sinne betreffen, sind gemäß § 82 Abs. 1 Alt. 1 [X.] den allgemeinen Verwaltungsgerichten zugewiesen (ebenso Beschluss vom 27. September 2012 - [X.] 1 [X.] 28.12 - juris Rn. 16). Die enumerative Ausnahmezuständigkeit der Truppendienstgerichte nach § 82 Abs. 1 Alt. 2 [X.] i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]O dagegen umfasst nur den "inneren militärischen Dienstbereich", der durch das besondere militärische Über- und Unterordnungsverhältnis dem Vorgesetzten gegenüber geprägt ist (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BTDrucks 2/2359, [X.]; ebenso Beschluss vom 26. Oktober 2012 - [X.] 1 [X.] 6.12 u.a. - juris Rn. 26 und 31).

Meta

2 C 11/11

13.12.2012

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, 20. Januar 2011, Az: 12 A 178/09, Urteil

Art 33 Abs 2 GG, Art 87a Abs 1 S 1 GG, § 39 SG, § 6 Abs 2 S 3 SLV, § 34 Abs 1 Nr 1 SLV, § 37 Abs 1 Nr 1 SLV, §§ 37ff SG, § 37 SG, § 82 Abs 1 Alt 2 SG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.12.2012, Az. 2 C 11/11 (REWIS RS 2012, 380)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 380

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Höchstaltersgrenze für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes


1 WB 51/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes; Aufrufen einzelner Geburtsjahrgänge; Organisationshoheit; Bestenauslese


1 WB 2/16 (Bundesverwaltungsgericht)

Anforderungen an Bewerber für Laufbahnaufstieg


RO 1 K 16.802 (VG Regensburg)

Übernahme eines Zeitsoldaten als Berufssoldat - Unzulässige Fortsetzungsfeststellungsklage


Referenzen
Wird zitiert von

10 Ca 5830/20

M 21 K 15.3240

3 Ta 317/20

3 Ta 375/20

3 Ta 202/20

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