Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.03.2021, Az. 28 W (pat) 54/18

28. Senat | REWIS RS 2021, 8025

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "AUTOteam (Wort-Bildmarke)" – zur Zulässigkeit des Kostenauferlegungsantrags – zur fristgerechten Einlegung des Rechtsmittels und Beschwerdegebührenzahlung – zur Beteiligtenfähigkeit der Löschungsantragsgegnerin – keine Auferlegung der Verfahrenskosten aus Billigkeitsgründen


Tenor

In der Beschwerdesache

(hier: Löschungsverfahren [X.] 295/15 Lösch)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 10. März 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] sowie des [X.] Hermann

beschlossen.

Der Antrag, der [X.] die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Marke 30 2009 025 811 ist am 25. April 2009 durch die [X.] angemeldet und am 3. September 2009 für Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen mit Kfz-Ersatzteilen (Klasse 35), Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (Klasse 37) und Vermietung von Kraftfahrzeugen (Klasse 39) in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden.

2

Die Löschungsantragstellerin hat am 17. September 2015 einen Löschungsantrag wegen Verfalls gestellt und geltend gemacht, die Inhaberin der angegriffenen Marke sei ausweislich des [X.] seit dem 27. März 2015 gelöscht, weshalb diese ihre Marke nicht rechtserhaltend benutzen könne. Das [X.] hat diesen Antrag unter dem Aktenzeichen [X.] 295/15 Lösch geführt, der der [X.] zu Händen ihres früheren Geschäftsführers am 6. Februar 2016 zugestellt wurde.

3

Mit Schreiben vom 13. März 2016, eingegangen beim [X.] am 18. März 2016, widersprach dieser dem Löschungsantrag.

4

Dies teilte das [X.] der Löschungsantragstellerin daraufhin mit Schreiben vom 22. März 2016, das ihr am 30. März 2016 zugestellt wurde, mit und stellte ihr anheim, ihren Löschungsanspruch nach § 55 [X.] a. F. durch Klage vor dem zuständigen ordentlichen Gericht geltend zu machen.

5

Mit Schreiben vom 26. April 2016, eingegangen beim [X.] am gleichen Tag, hat die Löschungsantragstellerin Erinnerung gegen die Mitteilung vom 22. März 2016 eingelegt und beantragt, den Widerspruch des ehemaligen Geschäftsführers der [X.] für unwirksam zu erklären, die Eintragung der angegriffenen Marke zu löschen und die [X.] zu erstatten. Unbeschadet der äußeren Form handele es sich bei der Mitteilung vom 22. März 2016 um einen Beschluss, in dem festgestellt worden sei, dass wirksam Widerspruch gegen die beantragte Löschung erhoben worden sei. Dieser sei jedoch unzulässig, weil die [X.] bereits seit dem 27. März 2015 im Handelsregister gelöscht sei und somit an ihren ehemaligen Geschäftsführer nicht habe zugestellt werden können.

6

Das [X.] hat der Löschungsantragstellerin mit Schreiben vom 4. Mai 2016 mitgeteilt, dass die eingelegte Erinnerung als Beschwerde angesehen und dem [X.] vorgelegt werde. Ergänzend hat es unter Bezugnahme auf § 82 Abs. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. Nr. 401 100 des Gebührenverzeichnisses zu § 2 PatKostG über die Höhe der im Rahmen eines Löschungsverfahrens zu zahlenden [X.] in Höhe von 500,- [X.] unterrichtet. Diese ist am 31. Mai 2016 eingezahlt worden, nachdem am 26. April 2016 bereits 150,- [X.] auf dem Gebührenkonto eingegangen sind.

7

Die Eintragung der angegriffenen Marke ist nach [X.] am 30. April 2019 mangels Verlängerung gelöscht worden, wodurch sich das Löschungsverfahren in der Hauptsache erledigt hat.

8

Die Löschungsantragstellerin beantragt nunmehr sinngemäß,

9

der [X.] die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Löschungsantragstellerin hat im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und sich auch sonst nicht weiter geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Antrag, der [X.] die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, ist zulässig, aber unbegründet.

1. Ein Antrag auf Kostenentscheidung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] setzt ein Beschwerdeverfahren voraus (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 71, Rdnr. 2). Ein solches ist vorliegend in zulässiger Weise von der Löschungsantragstellerin eingeleitet worden:

a) Die Statthaftigkeit der Beschwerde der Löschungsantragstellerin gegen das Schreiben vom 22. März 2016 ist zu bejahen. Das besagte Rechtsmittel findet gegen die Beschlüsse der Markenstellen und Markenabteilungen des [X.]s statt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Hierbei handelt es sich um alle abschließenden Entscheidungen, die Rechte von Verfahrensbeteiligten berühren können (vgl. u. a. [X.]E 2, 56, 58 f.; 10, 43, 46). Auf die Bezeichnung „Beschluss“ kommt es hierbei nicht an. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob durch eine Äußerung des [X.]s eine Entscheidung im Sinne einer abschließenden Regelung getroffen wird (vgl. [X.], Beschluss vom 15. September 2016, 28 W (pat) 36/15 - [X.]). Dies ist hier der Fall.

Das [X.] ist in dem Schreiben vom 22. März 2016 davon ausgegangen, dass die [X.] wirksam Widerspruch gegen die Löschung erhoben habe und demzufolge gemäß § 53 Abs. 4 [X.] a. F. der Antrag auf Löschung durch Klage geltend zu machen sei. Wie die Löschungsantragstellerin hierbei zu Recht ausführt, hat das Amt damit zumindest mittelbar das Fortbestehen der [X.] der im Handelsregister am 27. März 2015 gelöschten [X.] und der Vertretungsbefugnis ihres ehemaligen Geschäftsführers bejaht. Es handelt sich hierbei nicht nur um eine sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Rechtsfolge. Vielmehr beruht die Annahme des Amtes auf einer ergänzenden Bewertung, die – auch wenn sie in dem Schreiben vom 22. März 2016 nicht ausdrücklich kenntlich gemacht worden ist– Grundlage für die Entscheidung war, das Löschungsverfahren wegen Verfalls im [X.] nicht fortzuführen (vgl. auch [X.]E 48, 33, 36 ff. - Rena-Ware).

b) Die Zulässigkeit der Beschwerde wird zudem nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Löschungsantragstellerin ihr Rechtsmittel in dem Schreiben vom 26. April 2016 als „Erinnerung“ bezeichnet hat. Erforderlich ist lediglich eine Beschwerdeerklärung, die erkennen lässt, welche Entscheidung in welchem Umfang angefochten wird. Die Verwendung des Begriffs „Beschwerde“ ist nicht notwendig. Falsche Bezeichnungen schaden dann nicht, wenn die Beschwerde das einzige statthafte Rechtsmittel gegen den angefochtenen Beschluss darstellt (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 66, Rdnr. 39). Vorliegend hat die Löschungsantragstellerin in ihrem Schreiben vom 26. April 2016 ausdrücklich angegeben, dass sich die „Erinnerung“ gegen die Mitteilung der Markenabteilung 3.4 vom 22. März 2016 richtet. Diese stammte von der Vorsitzenden der Markenabteilung 3.4, so dass mangels Anwendbarkeit des § 64 Abs. 1 Satz 1 [X.] ausschließlich die Beschwerde gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] als statthaftes Rechtsmittel in Betracht kommt.

c) Auch sind die Beschwerde und die dafür zu entrichtende Gebühr in Höhe von 500,- [X.] laut [X.] 100 gemäß der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG fristgerecht erhoben bzw. gezahlt worden.

Zwar hat die Löschungsantragstellerin ihre am 26. April 2016 beim [X.] eingegangene „Erinnerung“ gegen die Mitteilung vom 22. März 2016, die ihr am 30. März 2016 zugestellt worden ist, innerhalb der Monatsfrist des § 66 Abs. 2 [X.] eingelegt. Dies gilt jedoch nicht für die Einzahlung der [X.] in Höhe von 500,- [X.], die gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG grundsätzlich ebenfalls innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des [X.]s, hier der Mitteilung vom 22. März 2016, zu entrichten ist. Sie ist erst am 31. Mai 2016 vollständig auf dem Konto des [X.]s eingegangen, nachdem dort am 26. April 2016 lediglich die [X.] in Höhe von 150,- [X.] verbucht worden ist. Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Mitteilung vom 22. März 2016 nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Demzufolge kann gemäß § 61 Abs. 2 Satz 3 [X.] innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Beschlusses das Rechtsmittel eingelegt und damit auch die [X.] noch gezahlt werden. Diese Jahresfrist hat die Löschungsantragstellerin mit der Einzahlung eines Betrags in Höhe von 500,- [X.] am 31. Mai 2016 eingehalten, nachdem ihr der Beschluss in Form der Mitteilung vom 22. März 2016 am 30. März 2016 zugestellt worden ist.

d) Die [X.] der [X.] ist zu bejahen.

In das Handelsregister wurde zwar am 27. März 2015 eingetragen, dass die Liquidation der [X.] beendet und die Firma erloschen sei. Diese auf § 394 Abs. 1 FamFG beruhende Maßnahme hat die Vollbeendigung der [X.] sowie grundsätzlich den Verlust ihrer Rechts- und damit auch ihrer Partei- bzw. [X.] gemäß § 50 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 [X.] zur Folge (vgl. BGH NJW 2015, 2424, Rdnr. 19). Ausnahmsweise besteht diese jedoch fort, wenn es sich um einen Rechtsstreit handelt, der Ansprüche zum Gegenstand hat, die sich nach der Löschung als vorhanden herausstellen (vgl. [X.], 2232) oder Ansprüche gegen die [X.] geltend gemacht werden, die kein Aktivvermögen voraussetzen (vgl. [X.], Zivilprozessordnung, 33. Auflage, § 50, Rdnr. 4).

Zum Zeitpunkt des Eingangs der als Erinnerung bezeichneten Beschwerde am 26. April 2016 war die angegriffene Marke noch im Register eingetragen. Die Löschungsantragstellerin verfügte damals somit noch über zu liquidierendes Aktivvermögen, das ohne ihre Mitwirkung nicht entzogen werden durfte. Ein anderer Beteiligter auf Löschungsantragsgegnerseite kommt zudem nicht in Betracht.

Die [X.] der [X.] endete auch nicht durch die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer mit Ablauf des 30. April 2019. Damit hat sich zwar das Begehren der Löschungsantragstellerin in der Hauptsache erledigt. Allerdings hat sie mit Schreiben vom 3. Juni 2019 beantragt, der [X.] die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Insofern macht sie einen Anspruch geltend, der mit ihrer Beschwerde zusammenhängt und erst nach der Löschung der (ehemaligen) Markeninhaberin im Handelsregister entstanden ist. Unter Zugrundelegung der einleitend dargestellten Grundsätze zu § 50 Abs. 1 ZPO ist die [X.] der [X.] trotz der Löschung der Eintragung ihrer Marke somit weiterhin gegeben.

Vertreten wird die [X.] durch ihren früheren Geschäftsführer N…, der dadurch jedoch nicht die Stellung eines Beteiligten erlangt (vgl.
auch [X.]E 44, 113, Beschluss des 25. Senats vom 17. Mai 2001, 25 W (pat) 97/01 – [X.]. [X.]). Zustellungen zu seinen Händen waren und sind folglich geboten und wirksam.

2. Der Antrag der Löschungsantragstellerin, der [X.] die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, ist unbegründet.

a) Unter den von der Löschungsantragstellerin angesprochenen Kosten des Verfahrens sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu verstehen, da über die Kosten des Verfahrens vor dem [X.] das Amt befindet (§ 63 Abs. 1 [X.]) und mit der angegriffenen Mitteilung vom 22. März 2016 kein Kostenantrag zurückgewiesen wurde, wogegen sich die Beschwerde der Löschungsantragstellerin (auch) richten könnte.

b) Es sind keine [X.] erkennbar, die ein Abweichen von der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], nach der eine Kostenauferlegung grundsätzlich nicht erfolgt, angezeigt erscheinen lassen.

Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, ein Beteiligter habe in einer nach anerkannten [X.] aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (vgl. [X.]E 8, 60, 62). Es kann weder der Löschungsantragstellerin noch der [X.] der für eine Kostenauferlegung erforderliche Vorwurf gemacht werden, ihr jeweiliges Verhalten sei mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren gewesen.

Die Löschungsantragstellerin hat geltend gemacht, die [X.] habe das Löschungsverfahren unnötig verzögert und erschwert, da sie im März 2016 der Löschung widersprochen und dann im Jahr 2019 die Schutzdauer der Marke nicht verlängert habe. Dieses Verhalten kann jedoch nicht als Sorgfaltsverstoß gewertet werden. In der etwa dreijährigen Zwischenzeit können sich nämlich neue Gesichtspunkte ergeben haben, die zum Zeitpunkt des Widerspruchs noch nicht erkennbar waren. Weitere für eine Kostenauferlegung sprechenden [X.] hat die Löschungsantragstellerin nicht genannt und sind für den Senat auch nicht ersichtlich.

3. Die Rückzahlung der [X.] kommt nicht in Betracht.

Zum einen wurde die Beschwerde wirksam eingelegt, so dass ein Rechtsgrund für die Zahlung besteht und die Gebühr damit verfallen ist.

Zum anderen sind keine Gründe im Sinne des § 71 Abs. 3 [X.] erkennbar, die es unbillig erscheinen ließen, die [X.] einzubehalten. Insbesondere hat das [X.] die Sache nicht fehlerhaft behandelt, was ansonsten ein Billigkeitsgrund für die Rückzahlung der [X.] wäre (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 71, Rdnr. 65).

Meta

28 W (pat) 54/18

10.03.2021

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 61 Abs 2 S 3 MarkenG, § 66 Abs 1 S 1 MarkenG, § 71 Abs 1 MarkenG, § 82 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.03.2021, Az. 28 W (pat) 54/18 (REWIS RS 2021, 8025)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8025

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