Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.09.2011, Az. VIII ZR 25/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3560

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 25/11

vom

7. September
2011

in dem Rechtsstreit

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 7. September 2011 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.]
Bünger
beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision
der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
552a Satz
1, §
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§
543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt.
1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs.
2 Satz
1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.
Die Maßstäbe, nach denen zu beurteilen ist, ob einem Gasversorgungs-unternehmen gegenüber einem Normsonderkunden ein einseitiges Preisände-rungsrecht zusteht, sind durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. [X.] ist geklärt, unter welchen Voraussetzungen bei einem Normsonder-kundenvertrag von einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung eines Preisän-derungsrechts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgegangen werden kann (vgl. nur Senatsurteile vom 9. Februar 2011 -
VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 26 ff.; vom 14. Juli 2010 -
VIII ZR 246/08, [X.], 180 Rn. 32 ff., 38
ff.; vom 13. Januar 2010 -
VIII ZR 81/08, NJW-RR 2010, 1202 Rn. 17; [X.] mwN), ob beim Fehlen einer wirksamen Vereinbarung eines Preisände-1
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rungsrechts ein solches aus der ergänzenden Auslegung des [X.] hergeleitet werden kann (Senatsurteile vom 9. Februar 2011 -
VIII ZR 295/09, aaO Rn. 38 f.; vom 14.
Juli 2010 -
VIII ZR 246/08, aaO Rn. 49 ff.; vom 13.
Januar 2010 -
VIII ZR 81/08, aaO Rn. 26 ff.; jeweils mwN) und ob in einer vorbehaltlosen Zahlung der vom [X.] einseitig erhöh-ten Gaspreise durch den Kunden eine stillschweigende Zustimmung zu dem erhöhten Preis gesehen werden kann (vgl. Senatsurteile vom 14. Juli 2010 -
VIII
ZR 246/08, aaO Rn. 57-59, 65 f.; vom 9.
Februar 2011 -
VIII ZR 295/09, aaO Rn. 40-42; jeweils mwN). Der vorliegende Fall weist keinen darüber hin-ausgehenden Klärungsbedarf auf.

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung stand.
a) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich ein einseitiges Preis-änderungsrecht der Beklagten nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung herleiten. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine ergänzende Ver-tragsauslegung nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer un-wirksamen [X.] entstehende Lücke nicht durch [X.] Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt,
das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (vgl. Senatsurteile vom 9.
Februar 2011 -
VIII ZR 295/09, aaO Rn. 38; vom 13. Januar 2010 -
VIII
ZR 81/08, aaO Rn. 27; jeweils mwN).
Das ist hier nicht der Fall. Der Beklagten steht gemäß §
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der Vertrags-bedingungen das Recht zu, sich mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten jeweils zum Ende des [X.] vom Vertrag zu lösen. In einem sol-chen Fall ist ihr, auch wenn sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an den ver-3
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traglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, ein Festhalten am Vertrag zu den bestehenden Bedingungen nicht ohne Weiteres unzumutbar (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2011 -
VIII ZR 295/09, aaO Rn. 39 mwN).
Die Kläger haben
bereits am 14. Januar 2005
der ersten streitgegen-ständlichen Preiserhöhungen widersprochen und sodann auch gegen alle [X.] Preiserhöhungen Widerspruch erhoben. Für die Beklagte bestand des-halb Anlass, eine Kündigung des mit den
Klägern bestehenden Vertrages
-
etwa mit dem Ziel der Rückkehr in ein Tarifkundenverhältnis
-
in Betracht zu ziehen, um auf diese Weise einer unbefriedigenden Erlössituation zu begegnen.
Soweit die Revision demgegenüber anführt, die Kläger hätten sich nur gegen die Billigkeit der Preiserhöhungen gewandt, rechtfertigt dies ebenfalls keine ab-weichende Bewertung.
Auf die tatsächlichen oder von der Beklagten vermute-ten Gründe für den Widerspruch kommt es nicht an.
Soweit die Beklagte geltend macht, bei Bestätigung des Berufungsurteils habe sie massenhaft Rückforderungsansprüche zu erwarten, die [X.] Verluste zur Folge hätten, kann dahinstehen, ob diesem Umstand für die Frage der ergänzenden Vertragsauslegung im Hinblick
auf ein einseiti-ges Preisänderungsrecht Bedeutung zukommt (vgl. Senatsurteile vom 15.
Juli 2009 -
VIII [X.], [X.], 59
Rn. 37; vom 14. Juli 2010 -
VIII ZR 246/08, aaO Rn. 54). Denn die Beklagte führt dazu keinen hinreichenden Vor-trag in den Tatsacheninstanzen
an.
b) Entgegen der Ansicht der Revision liegen auch die Voraussetzungen des §
306 Abs. 3 BGB nicht vor. Eine Gesamtnichtigkeit nach §
306 Abs.
3 BGB kommt nur dann in Betracht, wenn durch die unwirksame [X.] eine
Lücke verbleibt, die weder durch [X.] Recht noch durch ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann,
und das Festhalten am Vertrag 6
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eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellt ([X.], Urteile vom 30.
Juni 1995 -
V
ZR 184/94, [X.]Z 130, 150, 155 f.; vom 8. Mai 2007 -
KZR 14/04, NJW 2007, 3568 Rn. 12). Dies ist hier nicht der Fall (vgl. oben 2 b).
c) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die von der Beklagten geltend gemachte Entreicherung gemäß §
818 Abs. 3 BGB abgelehnt. Auf der Grundlage der getroffenen Fest-stellungen steht § 818 Abs. 3 BGB dem Bereicherungsanspruch der Kläger nicht entgegen. Die Beklagte kann sich vorliegend schon deshalb nicht auf [X.] berufen, weil die Kläger seit ihrem Widerspruch vom
14. Januar 2005
Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung gestellt haben und die Beklagte dem nicht widersprochen hat.
In diesem Fall hindert
§
820
Abs. 1 Satz
1
BGB analog die Anwendbarkeit des §
818 Abs. 3 BGB
([X.], Urteile vom 20.
Oktober 2005 -
III
ZR 37/05, [X.], 286 unter [X.]; vom 8. Juni 1988 -
IVb [X.], NJW 1989, 161 unter 2 e).
Die von der Revision angesprochene Frage der Verjährung stellt sich nicht, denn die Kläger haben insoweit die Teilabweisung der Klage durch das Amtsgericht hingenommen.
d) Zu Recht hat das Berufungsgericht den Anspruch der Kläger auch nicht als verwirkt angesehen. Die Verwirkung eines Rechts setzt nach der Rechtsprechung des [X.] voraus, dass zu dem Umstand des Zeitablaufs (Zeitmoment) besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beru-hende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtferti-gen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (st.
Rspr., z.B. Senatsurteil vom 17. Februar 2010 -
VIII ZR 104/09, [X.]Z 184, 253 Rn. 19; [X.], Urteil vom 20. Oktober 1988 -
VII ZR 302/87, [X.]Z 105, 290, 298). Derartige Umstände
hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Übergan-9
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genen Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die Revision insoweit nicht auf. Schon aus dem Inhalt des ersten Widerspruchsschreibens ergibt
sich viel-mehr deutlich, dass die Kläger mit der Preiserhöhung nicht einverstanden wa-ren
und deshalb künftige Zahlungen nur unter Vorbehalt leisteten.
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei
Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Ball

[X.]

[X.]

[X.]

Dr. Bünger
Hinweis:
Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erledigt worden.

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.03.2010 -
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C 850/09 -

LG [X.], Entscheidung vom 15.12.2010 -
5 [X.]/10 -

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Meta

VIII ZR 25/11

07.09.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.09.2011, Az. VIII ZR 25/11 (REWIS RS 2011, 3560)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3560

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

VIII ZR 25/11

VIII ZR 295/09

VIII ZR 246/08

VIII ZR 81/08

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