Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.01.2013, Az. 1 ABR 92/11

1. Senat | REWIS RS 2013, 8837

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Gegenstand

Durchführung eines angefochtenen Einigungsstellenspruchs


Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des [X.] vom 18. Oktober 2011 - 11 [X.] - aufgehoben.

2. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 22. September 2010 - 2 [X.] - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die [X.] wie folgt neu gefasst wird:

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, den Spruch der Einigungsstelle vom 16. Januar 2009 über einen Sozialplan hinsichtlich der Berechnung der Abfindungen durchzuführen und die sich aus der Berechnung ergebenden Beträge an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Durchführung eines Sozialplans, der durch einen Spruch der Einigungsstelle zustande gekommen ist. Diesen hat die Arbeitgeberin wegen wirtschaftlicher Unvertretbarkeit fristgemäß angefochten und die Feststellung der Unwirksamkeit des [X.] begehrt.

2

Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitgeberin habe den Sozialplan durchzuführen und nach Maßgabe des [X.] die Abfindungen zu berechnen und an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

3

Der Betriebsrat hat beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, den Spruch der Einigungsstelle vom 16. Januar 2009 über einen Sozialplan hinsichtlich der Berechnung der Abfindungen durchzuführen und die sich aus der Berechnung ergebenden Beträge an die berechtigten Arbeitnehmer auszuzahlen.

4

Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt.

5

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen, das [X.] hat ihn auf die Beschwerde der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen [X.] weiter. Mit Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 [X.] - hat der Senat die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin, mit der sich diese gegen die Abweisung ihres Antrags auf Feststellung der Unwirksamkeit des [X.] durch die Vorinstanzen gewandt hatte, zurückgewiesen.

6

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Das [X.] hat den Antrag zu Unrecht abgewiesen.

7

I. Der Antrag bedarf der Auslegung.

8

Dem Wortlaut nach kann sich die vom Betriebsrat begehrte Durchführung des Sozialplans sowohl auf die [X.] bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschlussverfahrens, in dem die Arbeitgeberin die Feststellung der Unwirksamkeit des Sozialplans beantragt hat, beziehen als auch auf die [X.] danach. Gegen ein derart umfassendes Antragsverständnis spricht jedoch, dass nach § 85 Abs. 1 Satz 1 ArbGG in Beschlussverfahren die Zwangsvollstreckung grundsätzlich nur aus rechtskräftigen Beschlüssen stattfindet. Nur in vermögensrechtlichen Streitigkeiten sind Beschlüsse der Arbeitsgerichte gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 ArbGG vorläufig vollstreckbar (vgl. GMP/[X.] ArbGG 7. Aufl. § 85 Rn. 5 f.). Mit seinem auf Durchführung des [X.] gerichteten Antrag geht es dem Betriebsrat jedoch nicht um die Verfolgung eigener vermögensrechtlicher Rechtspositionen, sondern um die Durchsetzung seines Mitbestimmungsrechts bei der Aufstellung von Sozialplänen. Wie er in den Vorinstanzen klargestellt hat, verfolgt er nicht als Prozessstandschafter Vermögensansprüche der Beschäftigten, sondern verlangt aus eigenem Recht die Durchführung des von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans. Da somit eine Vollstreckung des [X.] erst mit Rechtskraft der Entscheidung in dem parallel geführten Verfahren über die Anfechtung des Sozialplans möglich ist, kann der Antrag gesetzeskonform nur so verstanden werden, dass er allein auf Durchführung des [X.] nach rechtskräftiger Entscheidung über den auf Feststellung der Unwirksamkeit des [X.] gerichteten Antrag der Arbeitgeberin gerichtet ist.

9

II. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Betriebsrat verlangt vom Arbeitgeber die Berechnung der Abfindung nach Maßgabe der Sozialplanregelungen und deren Auszahlung an die berechtigten Arbeitnehmer.

III. Der Betriebsrat ist [X.]. Wie die Antragsauslegung ergeben hat, verfolgt er nicht die Individualinteressen einzelner Arbeitnehmer, er nimmt vielmehr für sich in Anspruch, aus eigenem Recht vom Arbeitgeber die Durchführung des [X.] verlangen zu können. Ob der von ihm reklamierte [X.] besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags ([X.] 5. Oktober 2010 - 1 [X.] - Rn. 14, [X.]E 135, 382).

IV. Der ausgelegte Antrag ist begründet. Da durch Senatsbeschluss vom heutigen Tag in dem Verfahren - 1 [X.] - der auf Feststellung der Unwirksamkeit des [X.] gerichtete Antrag der Arbeitgeberin im Ergebnis rechtskräftig abgewiesen wurde, kann der Betriebsrat von dieser gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dessen Durchführung verlangen (vgl. [X.] 18. Mai 2010 - 1 [X.] - Rn. 16, [X.]E 134, 249).

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Benrath    

        

    [X.]    

                 

Meta

1 ABR 92/11

22.01.2013

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Oldenburg (Oldenburg), 22. September 2010, Az: 2 BV 2/09, Beschluss

§ 77 BetrVG, § 85 Abs 1 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.01.2013, Az. 1 ABR 92/11 (REWIS RS 2013, 8837)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8837

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Referenzen
Wird zitiert von

3 TaBVGa 6/17

9 TaBV 86/14

13 TaBV 38/13

2 Ta 44/21

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