Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.02.2023, Az. 1 ABR 28/21

1. Senat | REWIS RS 2023, 2264

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Gegenstand

Sozialplan - wirtschaftliche Vertretbarkeit


Leitsatz

Die Dotierung eines - außerhalb eines Insolvenzverfahrens aufgestellten - Sozialplans ist für das Unternehmen regelmäßig nicht wirtschaftlich vertretbar, wenn die Erfüllung der sich aus ihm ergebenden Verbindlichkeiten zu einer Illiquidität, einer bilanziellen Überschuldung oder einer nicht mehr hinnehmbaren Schmälerung des Eigenkapitals führt. Aus den Vorgaben des § 123 InsO ergibt sich nichts Abweichendes.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberinnen wird der Beschluss des [X.] vom 26. Oktober 2021 - 7 TaBV 19/21 - aufgehoben.

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberinnen wird der Beschluss des [X.] vom 2. März 2021 - 2 [X.] - abgeändert, soweit der Antrag der Arbeitgeberinnen abgewiesen wurde.

Es wird festgestellt, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 18. [X.]ezember 2019 (Sozialplan [X.]) unwirksam ist.

Gründe

1

A. [X.]ie Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines durch Einigungsstellenspruch beschlossenen Sozialplans.

2

[X.]ie beiden antragstellenden Arbeitgeberinnen - die [X.] Holding GmbH ([X.] Holding) und die [X.] B&G GmbH ([X.] B&G) - unterhielten bis April 2019 in [X.] einen Gemeinschaftsbetrieb mit zuletzt insgesamt etwa 276 Arbeitnehmern. [X.]er Beteiligte zu 3. ist der für diesen Gemeinschaftsbetrieb gebildete Betriebsrat.

3

[X.]ie [X.] B&G erzielte über mehrere Jahre negative Ergebnisse. [X.]iese wurden zuletzt im Jahr 2015 von der [X.] Holding auf der Grundlage eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags ausgeglichen. Ab dem [X.] war das Eigenkapital der [X.] B&G vollständig aufgezehrt. Am 31. Oktober 2019 wies deren Bilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag [X.]. etwa 12 Mio. Euro und zum 31. [X.]ezember 2019 [X.]. 15,8 Mio. Euro aus. [X.]ie Verbindlichkeiten des Unternehmens betrugen zu beiden Zeitpunkten mehr als 19 Mio. Euro. Zur Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung waren „[X.] Forderungen“ subordiniert.

4

Im Oktober 2018 erteilte eine [X.] Konzerngesellschaft der [X.] B&G eine auf einen Höchstbetrag von 4 Mio. Euro begrenzte [X.] „für eine insolvenzvermeidende Betriebsstilllegung“. [X.]er Betrag sollte deren - anhand einer „Liquiditätsplanung“ ermittelten - Bedarf an „liquiden Mitteln“ bis zum 31. [X.]ezember 2019 abdecken. Für den Fall, dass der Liquiditätsbedarf der [X.] B&G größer sein sollte, bestand eine Verhandlungspflicht „nach [X.] und Glauben“. [X.]ie [X.] galt „ausdrücklich nicht für etwaige Liquiditätslücken der Gesellschaft, welche im Zusammenhang mit Leistungen unter einem wie auch immer gearteten Sozialplan stehen“. [X.]arüber hinaus verpflichtete sich die [X.] Konzerngesellschaft, einen etwaigen „Vorfinanzierungsbedarf“ der [X.] B&G im [X.] [X.]. bis zu 1 Mio. Euro zu decken.

5

[X.]ie Arbeitgeberinnen informierten den Betriebsrat am 24. April 2018 über die geplante Betriebsstilllegung zum 30. April 2019. [X.]ie in der Folgezeit gerichtlich eingesetzte Einigungsstelle beschloss am 18. [X.]ezember 2019 einen Sozialplan. [X.]ort heißt es auszugsweise:

        

„§ 1 Geltungsbereich

        

1. [X.]ie Regelungen dieses Sozialplans gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer iSv. § 5 Abs. 1 [X.] des Gemeinschaftsbetriebs der [X.] B&G GmbH … und der [X.] Holding GmbH … in [X.], die zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Sozialplans bereits länger als 6 Monate in einem Arbeitsverhältnis zu den Gesellschaften stehen und deren Arbeitsverhältnis durch arbeitgeberseitige betriebsbedingte Beendigungskündigung wegen Betriebsstilllegung beendet worden ist.

        

2. [X.]er Sozialplan findet keine Anwendung auf Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen,

        

…       

        

g) die im unmittelbaren [X.] an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei einem anderen zur [X.]-Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmen zu gleichwertigen oder besseren Arbeitsbedingungen und unter Anerkennung der bisherigen Betriebszugehörigkeit im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses weiterbeschäftigt werden oder ohne wichtigen Grund ein solches zumutbares Angebot ausgeschlagen haben.

        

…       

        

§ 3 Gesamtvolumen des Sozialplans

        

[X.]er Sozialplan wird mit insgesamt [X.] 3 Mio. ausgestattet. [X.]arüberhinausgehende Zahlungen sind nicht geschuldet. [X.]ie pauschale Ausgleichszahlung für rentennahe Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (§ 4 Nr. 4) wird dem dotierten Betrag vorab entnommen. [X.]er Restbetrag wird nach den Regeln des § 4 Nr. 1 - 3 vergeben. [X.]ie beiden Arbeitgeberinnen schulden nur … [die] auf ihre Vertragsarbeitnehmer entfallenden Leistungen und tragen insoweit im Innen- wie im Außenverhältnis anteilig die Lasten des Sozialplans.

        

§ 4 Berechnung der Sozialplanansprüche/Ausschlusstatbestände

        

1. Auf der Grundlage des § 3 werden Sozialplanpunkte wie folgt vergeben:

        

…       

        

§ 5 Fälligkeit/Ausschlussfrist

        

1. [X.]ie Abfindungsansprüche entstehen mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie werden in drei gleich großen Raten zum 29. Februar, 30. April und 30. Juni 2020 fällig. …“

6

Von den unter den Geltungsbereich des Sozialplans fallenden Arbeitnehmern waren lediglich zwei bei der [X.] Holding beschäftigt. [X.]er ihnen zustehende [X.] belief sich auf insgesamt etwa 65.000,00 Euro. [X.]ie übrigen Anspruchsberechtigten waren Arbeitnehmer der [X.] B&G.

7

[X.]er vom Einigungsstellenvorsitzenden unterzeichnete [X.] wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberinnen am 14. Januar 2020 zugeleitet.

8

Mit dem am 27. Januar 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag haben die Arbeitgeberinnen den [X.] angefochten. Sie haben geltend gemacht, die Einigungsstelle habe mit der Festlegung eines Sozialplanvolumens [X.]. 3 Mio. Euro ihr Ermessen überschritten. [X.]er Betrag führe zum einen zu einer Überkompensation der den Arbeitnehmern infolge der Betriebsschließung entstehenden Nachteile, zum anderen sei er für die [X.] B&G wirtschaftlich nicht vertretbar.

9

[X.]ie Arbeitgeberinnen haben beantragt

        

festzustellen, dass der [X.] der Einigungsstelle zur Entscheidung über die Aufstellung eines Sozialplans vom 18. [X.]ezember 2019 unwirksam ist.

[X.]er Betriebsrat hat - zuletzt - beantragt, den Antrag abzuweisen.

[X.]ie Vorinstanzen haben den Antrag abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Arbeitgeberinnen ihr Feststellungsbegehren weiter.

B. [X.]ie zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberinnen ist begründet.

I. Am Verfahren ist - neben den antragstellenden Arbeitgeberinnen - der Betriebsrat beteiligt. Er hat nach der Stilllegung des Gemeinschaftsbetriebs gemäß § 21b [X.] ein Restmandat inne und ist deshalb nach § 83 Abs. 3 ArbGG zu hören. Unerheblich ist, dass die Arbeitgeberinnen in einem gesonderten Beschlussverfahren die Auflösung des Betriebsrats verfolgen. Erst durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung hierüber könnte das Restmandat enden (vgl. [X.] 27. Juli 2016 - 7 [X.] - Rn. 25, [X.]E 156, 1).

II. [X.]ie Vorinstanzen haben den Antrag der Arbeitgeberinnen zu Unrecht abgewiesen.

1. [X.]er Antrag ist zulässig. [X.]a eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit des [X.]s einer Einigungsstelle keine rechtsgestaltende Wirkung hat, ist er zutreffend auf die Feststellung der Unwirksamkeit des [X.] gerichtet (vgl. [X.] 7. Mai 2019 - 1 [X.] - Rn. 12 mwN).

2. [X.]er Antrag ist auch begründet. [X.]er [X.] der Einigungsstelle vom 18. [X.]ezember 2019 ist unwirksam. [X.]abei kann offenbleiben, ob die Einigungsstelle für die Aufstellung des für beide Arbeitgeberinnen geltenden Sozialplans zuständig war. Zwar haben beide eine Betriebsänderung in Form einer Stilllegung ihres Gemeinschaftsbetriebs (§ 111 Satz 3 Nr. 1 [X.]) vorgenommen. Ob es aber in diesem Fall für die Erzwingbarkeit eines solchen Sozialplans genügt, wenn dort in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt waren (in diesem Sinn [X.] GK-[X.] 12. Aufl. § 111 Rn. 17; [X.] NZA 2003, 695), oder ob es hierfür darauf ankommt, dass - was für die [X.] Holding vom [X.] nicht festgestellt wurde - jedes Trägerunternehmen die erforderliche Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigt (in diesem Sinn etwa [X.] 31. Aufl. § 111 Rn. 23; [X.]/Annuß [X.] 17. Aufl. § 111 Rn. 26; [X.] FS 25 Jahre ARGE Arbeitsrecht im [X.]AV 2006 S. 1037, 1050; differenzierend [X.] in [X.]/Hohenstatt/[X.]/[X.] Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 6. Aufl. Teil [X.] Rn. 10 f.), bedarf keiner Entscheidung. [X.]er [X.] ist jedenfalls deshalb unwirksam, weil die Einigungsstelle die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten hat.

a) [X.]ie Arbeitgeberinnen sind mit dem Vorbringen eines Ermessensverstoßes nicht nach § 76 Abs. 5 Satz 4 [X.] ausgeschlossen. Sie haben den ihnen am 14. Januar 2020 zugeleiteten [X.] der Einigungsstelle mit einem am 27. Januar 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag und damit innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen nach Erhalt gerichtlich angefochten.

b) Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle nach § 76 Abs. 5 Satz 4, § 112 Abs. 5 [X.] ist, ob sich der [X.] der Einigungsstelle als angemessener Ausgleich der Belange der beteiligten Unternehmen auf der einen und der betroffenen Arbeitnehmer auf der anderen Seite erweist. [X.]ie Frage, ob die der Einigungsstelle gezogenen [X.] eingehalten sind, unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Maßgeblich ist allein die getroffene Regelung. In ihr - als Ergebnis des [X.] - muss eine Überschreitung der [X.] liegen (vgl. [X.] 7. Mai 2019 - 1 [X.] - Rn. 18 mwN).

c) Nach § 112 Abs. 5 Satz 1 [X.] hat die Einigungsstelle bei ihrer Entscheidung über einen Sozialplan sowohl die [X.] Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das oder die Unternehmen zu achten. Im Rahmen billigen Ermessens muss sie unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls Leistungen zum Ausgleich oder zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile vorsehen, dabei die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt und die Förderungsmöglichkeiten berücksichtigen sowie bei der Bemessung des Gesamtbetrags der Sozialplanleistungen darauf achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach der [X.]urchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden (§ 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 3 [X.]; vgl. [X.] 7. Mai 2019 - 1 [X.] - Rn. 19 mwN). [X.]er Ausgleichs- und [X.] bemisst sich ausschließlich nach den den Arbeitnehmern voraussichtlich entstehenden Nachteilen und nicht nach der Wirtschaftskraft des Unternehmens. [X.]er wirtschaftlichen Vertretbarkeit des Sozialplans für den Arbeitgeber kommt - wie § 112 Abs. 5 Satz 1 [X.] zeigt - lediglich eine Korrekturfunktion zu ([X.] 7. Mai 2019 - 1 [X.] - Rn. 19; ausf. [X.] 24. August 2004 - 1 [X.] - zu [X.] 2 c cc der Gründe, [X.]E 111, 335).

d) Ficht der Arbeitgeber den Einigungsstellenspruch wegen Überdotierung des Sozialplans an, hat er entweder darzulegen, dass dessen Regelungen zu einer Überkompensation der den Arbeitnehmern voraussichtlich entstehenden Nachteile führen und schon deshalb die Obergrenze des § 112 Abs. 1 Satz 2 [X.] verletzen oder dass sie die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für das Unternehmen überschreiten (vgl. [X.] 22. Januar 2013 - 1 [X.] - Rn. 19; 24. August 2004 - 1 [X.] - zu [X.] 2 c dd der Gründe, [X.]E 111, 335).

e) Ausgehend hiervon hat die Einigungsstelle den ihr zustehenden Ermessensspielraum überschritten.

aa) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberinnen folgt dies allerdings nicht schon daraus, dass die Beteiligten übereinstimmend von einer Ermessensüberschreitung ausgingen. Abgesehen davon, dass der Betriebsrat im gerichtlichen Verfahren die Wirksamkeit des Sozialplans und damit gerade keinen Ermessensfehler geltend macht, handelt es sich bei der Ermessensfehlerhaftigkeit des [X.] um eine - uneingeschränkt überprüfbare - Rechts- und keine Tatsachenfrage (vgl. [X.] 31. August 1982 - 1 [X.] - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]E 40, 107). Sie kann deshalb nicht von den Beteiligten unstreitig gestellt werden.

[X.]) [X.]ie Arbeitgeberinnen nehmen auch zu Unrecht an, der Sozialplan führe zu einer Überkompensation der den Arbeitnehmern - voraussichtlich - entstehenden Nachteile.

(1) Bei der Bestimmung der ausgleichsbedürftigen Nachteile hat die Einigungsstelle einen Beurteilungsspielraum. [X.]ieser betrifft die tatsächliche Einschätzung der mit der Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer voraussichtlich verbundenen wirtschaftlichen Folgen, die sich regelmäßig nicht in allen Einzelheiten sicher vorhersagen lassen, sondern nur Gegenstand einer [X.]rognose sein können. Eine pauschalierende und typisierende Bewertung dieser wirtschaftlichen Nachteile ist daher zumeist unumgänglich ([X.] 7. Mai 2019 - 1 [X.] - Rn. 22 mwN).

(2) [X.]ie Einigungsstelle hat ihren Beurteilungsspielraum insoweit nicht überschritten.

(a) Sie hat insbesondere den Bedarf der einzelnen Arbeitnehmer durch Festlegung eines [X.]unkteschemas pauschalierend und typisierend bestimmt und bei der Bemessung der Abfindungen auch die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt in den Blick genommen. [X.]abei durfte sie die Auskunft der örtlichen [X.] zugrunde legen. Überdies hat sie berücksichtigt, dass sog. rentennahe Arbeitnehmer regelmäßig einen geringeren Ausgleichsbedarf haben. Arbeitnehmer, die im unmittelbaren [X.] an die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bei einem anderen zur Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmen zu gleichwertigen oder besseren Arbeitsbedingungen und unter Anerkennung der bisherigen Betriebszugehörigkeit unbefristet weiterbeschäftigt werden, hat sie von [X.]n ausgeschlossen.

(b) [X.]ie Arbeitgeberinnen haben nicht dargelegt, dass die im Sozialplan vorgesehenen Leistungen über die den Arbeitnehmern - prognostisch - entstehenden Nachteile hinausgegangen wären. Selbst wenn die Einigungsstelle - wie die Arbeitgeberinnen behaupten - von einer unzutreffenden Anzahl sozialplanberechtigter Arbeitnehmer ausgegangen sein sollte, lässt sich dem Vortrag nicht entnehmen, dass es keine weiteren Nachteile - insbesondere solche nach § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 [X.] - gegeben hätte, deren Ausgleich von der Einigungsstelle hätte beschlossen werden können.

cc) [X.]as Sozialplanvolumen überschreitet jedoch die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für die [X.] B&G.

(1) [X.]ie wirtschaftliche Vertretbarkeit iSd. § 112 Abs. 5 Satz 1 [X.] richtet sich grundsätzlich auch dann nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des sozialplanpflichtigen Arbeitgebers, wenn das Unternehmen einem Konzern angehört. [X.]ies zeigt der eindeutige Wortlaut von § 112 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 [X.]. Nur in Bezug auf [X.] ist nach § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 [X.] eine konzernbezogene Betrachtung vorzunehmen. Auch die Gesetzesmaterialien weisen nicht darauf hin, dass anstelle des Unternehmens auf die wirtschaftliche Lage des Konzerns abzustellen ist ([X.] 22. Januar 2013 - 1 [X.] - Rn. 17 mwN).

(2) Stellt die Einigungsstelle einen für mehrere Trägerunternehmen eines Gemeinschaftsbetriebs geltenden Sozialplan auf, der - wie hier in § 3 Satz 5 S[X.] sogar ausdrücklich vorgesehen - [X.] der Arbeitnehmer nur gegen den [X.] begründet, muss dessen Volumen für den jeweiligen Arbeitgeber im Umfang seiner Inanspruchnahme wirtschaftlich vertretbar sein (ebenso [X.] 31. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 259; [X.]/Annuß [X.] 17. Aufl. § 112 Rn. 144; [X.]/Hohenstatt/[X.] 10. Aufl. § 112 [X.] Rn. 74; [X.] in [X.]/Hohenstatt/[X.]/[X.] Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 6. Aufl. Teil [X.] Rn. 324; [X.]/[X.] 12. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 381; aA [X.]KW/[X.]äubler 18. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 152). Es genügt nicht, dass das Gesamtvolumen des Sozialplans für eines der Unternehmen die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit nicht übersteigt. Ob etwas anderes gilt, wenn der Sozialplan eine gesamtschuldnerische Haftung der Trägerunternehmen vorsieht, und ob die Einigungsstelle dies - mit Blick auf die Regelungen in § 112 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 [X.] - überhaupt beschließen könnte, kann dahinstehen (vgl. zur Frage der Vereinbarung einer gesamtschuldnerischen Haftung in einem einvernehmlich geschlossenen Sozialplan [X.] 12. November 2002 - 1 [X.] - zu [X.] 2 e aa der Gründe mwN, [X.]E 103, 312).

(a) Bereits der Wortlaut von § 112 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 [X.] deutet darauf hin, dass auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des jeweiligen [X.]s abzustellen ist. [X.]anach muss die Einigungsstelle die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung „für das Unternehmen“ berücksichtigen sowie bei der Bemessung des „Gesamtbetrags der Sozialplanleistungen“ ua. darauf achten, dass der Fortbestand „des Unternehmens“ nicht gefährdet wird. [X.]ie Regelungen gehen von der Annahme aus, dass Träger des von der Betriebsänderung betroffenen Betriebs ein einziges Unternehmen ist, welches die finanziellen Lasten des Sozialplans zu tragen hat. Verteilen sich die Kosten eines Sozialplans anteilig auf mehrere Unternehmen, spricht dies dafür, auf deren jeweilige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die durch den Sozialplan begründeten Belastungen abzustellen.

(b) [X.]er durch den Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachte Sinn und Zweck der Regelungen bestätigt dies. § 112 Abs. 5 [X.] wurde durch das Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 ([X.]I S. 710) zum 1. Mai 1985 eingeführt. [X.]ie Neuregelung sollte die Entscheidungen von Einigungsstellen berechenbarer und damit eine etwaige Sozialplanbelastung kalkulierbarer machen, um der Sorge mancher Arbeitgeber entgegenzuwirken, dass bei geplanten Betriebsänderungen unberechenbar hohe Sozialplanlasten auf das Unternehmen zukommen. Zugleich sollte sie im Fall einer Betriebsänderung eine finanzielle Entlastung der Unternehmen bewirken und damit bestehende Arbeitsplätze sichern sowie zusätzliche Beschäftigungschancen eröffnen (BT-[X.]rs. 10/2102 S. 17). [X.]ieser Zweck wird nur erreicht, wenn die wirtschaftliche Vertretbarkeit der [X.] jeweils bezogen auf den [X.] der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer beurteilt wird. Für ihn müssen die Kosten des Sozialplans im Umfang seiner finanziellen Inanspruchnahme wirtschaftlich vertretbar sein.

(3) [X.]er auf die [X.] B&G entfallende Teil des Sozialplanvolumens [X.]. gut 2,9 Mio. Euro ist für das Unternehmen wirtschaftlich nicht vertretbar.

(a) [X.]ie Voraussetzungen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit eines Sozialplans sind in § 112 Abs. 5 [X.] nicht gesetzlich geregelt. Maßgebend sind die Gegebenheiten des Einzelfalls. [X.]abei ist grundsätzlich von Bedeutung, ob und welche Einsparungen mit der Betriebsänderung verbunden sind, deren nachteilige Auswirkungen auf die Arbeitnehmer der Sozialplan kompensieren soll. [X.]er Umstand, dass sich ein Unternehmen bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, entbindet es nach den Wertungen des Betriebsverfassungsgesetzes nicht von der Notwendigkeit, weitere Belastungen durch einen Sozialplan auf sich zu nehmen. Sogar in der Insolvenz sind Betriebsänderungen nach § 123 [X.] sozialplanpflichtig ([X.] 22. Januar 2013 - 1 [X.] - Rn. 18 mwN).

(b) Bei der [X.]rüfung, wie sehr der Sozialplan das Unternehmen belastet und ob er möglicherweise dessen Fortbestand gefährdet, sind sowohl das Verhältnis von Aktiva und [X.]assiva als auch die Liquiditätslage zu berücksichtigen. Führt die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten zu einer Illiquidität, einer bilanziellen Überschuldung oder einer nicht mehr hinnehmbaren Schmälerung des Eigenkapitals, ist die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit regelmäßig überschritten. [X.]as gilt auch, wenn ein Unternehmen seinen einzigen Betrieb stilllegt und damit - wie hier - nach [X.]urchführung der Betriebsänderung keine Arbeitsplätze mehr vorhanden sind. Bereits die sprachliche Fassung von § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 [X.] zeigt, dass das Gesetz ausdrücklich zwischen dem Fortbestand des Unternehmens und der Aufrechterhaltung des von diesem unterhaltenen Betriebs (oder der Betriebe) unterscheidet. Auch nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers dürfen durch einen Abzug der für Sozialplanleistungen vorgesehenen finanziellen Mittel weder der Fortbestand des Unternehmens noch die nach [X.]urchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet werden (vgl. BT-[X.]rs. 10/2102 S. 27). Bei einer vollständigen Betriebsstilllegung besteht das Unternehmen - als Rechtsträger des Betriebs - jedoch grundsätzlich fort (vgl. [X.] 22. Januar 2013 - 1 [X.] - Rn. 18). Ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn die Gesellschafter des Unternehmens nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG seine - rechtliche - Auflösung (Liquidation) beschließen, hatte der [X.] nicht zu entscheiden. Für eine solche Absicht bestanden im Streitfall keine Anhaltspunkte.

(c) Ausgehend hiervon war die [X.]otierung des Sozialplans für die [X.] B&G wirtschaftlich nicht vertretbar.

(aa) [X.]ie finanzielle Belastung der [X.] B&G durch den Sozialplan [X.]. gut 2,9 Mio. Euro war schon deshalb wirtschaftlich unvertretbar, weil die Arbeitgeberin bilanziell überschuldet war. Ausweislich der in das Beschlussverfahren eingeführten Bilanzen war das Eigenkapital der [X.] B&G bereits seit mehreren Jahren vollständig aufgebraucht. [X.]er nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag (§ 268 Abs. 3 HGB) betrug am 31. Oktober 2019 12 Mio. Euro, am 31. [X.]ezember 2019 fast 16 Mio. Euro.

([X.]) Es fehlte der [X.] B&G zudem an einer ausreichenden Liquidität, um die Sozialplanverbindlichkeiten bei ihrer Fälligkeit im [X.] bedienen zu können.

([X.]) Nach den Feststellungen des [X.]s verfügte das Unternehmen am 31. Oktober bzw. 31. [X.]ezember 2019 über ein Bankguthaben [X.]. 1,1 Mio. Euro, das jedoch [X.]. etwa 1 Mio. Euro verpfändet war.

([X.]b) Auch aus der [X.] vom 16. Oktober 2018 ergaben sich keine hinreichenden liquiden Mittel zur Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten. Zum einen hatte sich die [X.] Konzerngesellschaft in dieser Zusage lediglich verpflichtet, diejenigen liquiden Mittel zur Verfügung zu stellen, die notwendig waren, um etwaige Liquiditätslücken bis zum 31. [X.]ezember 2019 zu schließen. Zum anderen war die Höhe der [X.] auf maximal 4 Mio. Euro begrenzt. [X.]iesem Betrag lag eine konkrete Berechnung des voraussichtlichen Bedarfs zugrunde, bei der mögliche Verbindlichkeiten aus einem Sozialplan ausdrücklich ausgenommen waren. Bereits der Umstand, dass der der Bedarfsberechnung zugrunde gelegte Zeitraum zum Zeitpunkt des [X.] fast abgelaufen war, spricht dafür, dass die von der [X.]n Konzerngesellschaft zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel zumindest überwiegend aufgebraucht waren. Jedenfalls bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass zu diesem Zeitpunkt von den zugesagten Mitteln noch ein Betrag [X.]. knapp 3 Mio. Euro übrig gewesen wäre. Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, ob die Kosten für einen Sozialplan von der Finanzierungszusage ausgenommen werden durften (vgl. für [X.]atronatserklärungen, die Ansprüche auf Betriebsrentenanpassungen ausnehmen: zB [X.] 21. Oktober 2014 - 3 [X.] 1027/12 - Rn. 60; 29. September 2010 - 3 [X.] 427/08 - Rn. 36 ff., [X.]E 135, 344).

([X.]) Auch die - sich auf das [X.] beziehende - Vorfinanzierungszusage der [X.]n Konzerngesellschaft genügte nicht, um eine ausreichende Liquidität zu gewährleisten. Ungeachtet der Frage, ob diese Zusage Verbindlichkeiten aus einem noch abzuschließenden Sozialplan umfasst hätte, war sie auf den Betrag [X.]. 1 Mio. Euro beschränkt. [X.]ieser war unter keinen Umständen ausreichend, die Sozialplanverbindlichkeiten zu decken.

(ddd) [X.]urch den - in der [X.] festgelegten - Anspruch der [X.] B&G auf Verhandlungen mit der [X.]n Konzerngesellschaft über die (etwaige) Zurverfügungstellung weiterer finanzieller Mittel war ebenfalls nicht sichergestellt, dass sie über die nötige Liquidität zur Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten verfügen würde. [X.]as [X.] Unternehmen hatte - neben einer Verhandlungspflicht - ausdrücklich keinerlei Verpflichtung übernommen, tatsächlich eine weitergehende [X.] abzugeben.

(cc) [X.]ie Einigungsstelle konnte auch nicht davon ausgehen, dass sich an dieser finanziellen Lage durch Verwertung des Anlagevermögens kurzfristig etwas ändern würde. Abgesehen davon, dass die Möglichkeit einer zeitnahen Verwertung nicht ersichtlich war, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass nach einer Verwertung und Abzug der bereits vorhandenen Verbindlichkeiten der [X.] B&G ein Erlös von knapp 3 Mio. Euro für einen Sozialplan zur Verfügung gestanden hätte.

(4) Entgegen der Auffassung des [X.]s ergibt sich aus § 123 [X.] nichts Gegenteiliges. [X.]ie dortigen Vorgaben finden außerhalb eines Insolvenzverfahrens keine Anwendung. [X.]ie Voraussetzungen für eine Analogie der Norm (vgl. hierzu [X.] 13. September 2022 - 1 [X.] - Rn. 39; 17. [X.]ezember 2019 - 1 [X.] - Rn. 41 mwN, [X.]E 169, 149) liegen nicht vor.

(a) Es fehlt bereits an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.

(aa) Bei der Aufstellung eines Sozialplans vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers hat die Einigungsstelle nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ausschließlich die Vorgaben in § 112 Abs. 5 [X.] in den Blick zu nehmen. Nach Maßgabe von § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 [X.] hat sie darauf zu achten, dass die Bemessung des Sozialplanvolumens für das betroffene Unternehmen wirtschaftlich vertretbar ist. Mit der Einfügung dieser Norm durch das Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 ([X.]I S. 710) zum 1. Mai 1985 wollte der Gesetzgeber die Bereitschaft der Arbeitgeber fördern, vermehrt Arbeitnehmer einzustellen. Zu diesem Zweck hat er ua. das - bereits im damaligen § 112 Abs. 4 Satz 2 [X.] vorgesehene - Kriterium der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für das Unternehmen konkretisiert. [X.]urch die ausdrückliche Klarstellung, dass durch den „Abzug der für die [[X.] vorgesehenen finanziellen Mittel weder der Fortbestand des Unternehmens noch die nach [X.]urchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet werden“ sollen, sollten die Unternehmen entlastet werden (vgl. BT-[X.]rs. 10/2102 S. 17, 27). [X.]ass dieser Regelungsplan unzureichend umgesetzt worden wäre, ist nicht ersichtlich.

([X.]) Auch durch das Inkrafttreten der §§ 123124 [X.] zum 1. Januar 1999 ist keine - vom Gesetzgeber unbeabsichtigte - Gesetzeslücke entstanden. [X.]ie Regelungen in §§ 123124 [X.] knüpften an die Bestimmungen im Gesetz über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren vom 20. Februar 1985 ([X.]I S. 369) an, die seit dem 21. Februar 1985 galten. In § 123 [X.] hat der Gesetzgeber bewusst das „Modell“ übernommen, das bereits § 2 und § 4 dieses Gesetzes zugrunde lag (vgl. BT-[X.]rs. 12/2443 S. 154). § 124 [X.], der (insolvenznahe) Sozialpläne außerhalb des Insolvenzverfahrens in den Blick nimmt, wurde zwar [X.] ausdrücklich anders ausgestaltet als die Regelungen in §§ 3, 4 des früheren Gesetzes. [X.]ennoch beruhen beide Bestimmungen auf demselben Grundgedanken einer Gleichstellung der erfassten Arbeitnehmer außerhalb und innerhalb des Insolvenzverfahrens (vgl. BT-[X.]rs. 12/2443 S. 155). [X.]ie Vorschriften stellen - wie zuvor die Bestimmungen im Gesetz über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren (vgl. dessen § 1) - Sonderregelungen dar, die den Zielen eines eröffneten Insolvenzverfahrens (vgl. § 1 Satz 1 [X.]) Rechnung tragen sollen. Über diesen speziellen Anwendungsbereich hinausreichende rechtliche Vorgaben für die wirtschaftliche Vertretbarkeit von Sozialplänen für Unternehmen, die außerhalb eines geordneten Insolvenzverfahrens ihren einzigen Betrieb stilllegen und damit ihre wirtschaftliche Aktivität aufgeben, lassen sich ihnen nicht entnehmen. § 124 [X.] zeigt lediglich, dass der Gesetzgeber den Abschluss von Sozialplänen auch zu einem insolvenznahen Zeitpunkt noch für möglich hält. Es ist aber nicht ersichtlich, dass er die Wertungen des § 123 [X.] auch schon für vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zustande gekommene Sozialpläne herangezogen wissen wollte. Hiergegen spricht insbesondere, dass § 124 [X.] - anders als § 3 des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren, der eine Teilunwirksamkeit des Sozialplans bei Überschreiten der nunmehr in § 123 [X.] enthaltenen absoluten Obergrenze vorsah - den Widerruf von insolvenznahen Sozialplänen nicht davon abhängig macht, dass diese ein bestimmtes Volumen überschreiten.

(b) Selbst wenn man annähme, es bestünde eine Regelungslücke, könnte diese nicht durch Heranziehung des § 123 [X.] geschlossen werden. Ungeachtet des Umstands, dass die Norm lediglich „Obergrenzen“ vorsieht und es damit dem Betriebsrat und Insolvenzverwalter überlässt, ob diese ausgeschöpft werden (vgl. BT-[X.]rs. 12/2443 S. 154), würde der Gleichheitssatz es nicht erfordern, die Regelungen des § 123 [X.] auch bei der Aufstellung von Sozialplänen außerhalb eines Insolvenzverfahrens anzuwenden. Während § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 [X.] einen Ausgleich der Interessen des Unternehmens auf der einen und denjenigen der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer auf der anderen Seite erreichen will (vgl. BT-[X.]rs. 10/2102 S. 27), treten bei § 123 [X.] an die Stelle des Unternehmens nunmehr die Gläubiger im Insolvenzverfahren. Schon diese unterschiedlichen Interessenlagen stünden einer Gleichstellung entgegen. Hinzu kommt, dass die Anwendung des § 123 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] die [X.]urchführung eines geordneten Insolvenzverfahrens verlangt. Hieran fehlt es, wenn ein Unternehmen seinen einzigen Betrieb außerhalb des Insolvenzverfahrens stilllegt und die verbliebenen Vermögenswerte veräußert.

(c) Aus diesen Gründen kann der spezialgesetzlichen Regelung in § 123 [X.] auch kein - wie auch immer gearteter - „Orientierungsmaßstab“ für die [X.]otierung von Sozialplänen außerhalb des Insolvenzverfahrens entnommen werden. [X.]ie wirtschaftliche Vertretbarkeit eines Sozialplans für ein Unternehmen, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren nicht eröffnet wurde, bemisst sich aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nach anderen Maßstäben als nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Vor diesem Zeitpunkt ist für die Grenze dieser Vertretbarkeit entscheidend, ob der Fortbestand des Unternehmens oder die nach [X.]urchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet werden. [X.]ies ist der Fall, wenn die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten zu einer Illiquidität, einer bilanziellen Überschuldung oder einer nicht mehr vertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals führt. [X.]er [X.] muss diese gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren. Eine Auslegung, die sich hierüber hinwegsetzen würde, würde unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers eingreifen (vgl. [X.] 6. Juni 2018 - 1 [X.] ua. - Rn. 73, [X.]E 149, 126; [X.] 19. November 2019 - 7 [X.] - Rn. 38, [X.]E 168, 360).

(5) [X.]er [X.] B&G ist es auch nicht nach den Grundsätzen von [X.] und Glauben verwehrt, sich auf die wirtschaftliche Unvertretbarkeit des Sozialplanvolumens zu berufen. § 2 Abs. 1 [X.] gebietet zwar die Anwendung dieser Grundsätze auch in der Betriebsverfassung (vgl. [X.] 19. November 2019 - 7 [X.] - Rn. 30 mwN; 26. September 2018 - 7 [X.] - Rn. 56 mwN). Es ist aber kein treuwidriges Verhalten erkennbar, das die Berücksichtigung der schlechten wirtschaftlichen Lage verbieten würde. Bei der [X.] handelt es sich um eine einseitige Erklärung des [X.]n Konzernunternehmens. Für die Annahme, beide Unternehmen hätten treuwidrig zusammengewirkt, um [X.] zu vermeiden, besteht keine Veranlassung.

(6) Auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anderer Konzernunternehmen kommt es im Streitfall nicht an. [X.]ie Voraussetzungen für einen Bemessungsdurchgriff sind nicht gegeben.

(a) Ob sich aus einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag in entsprechender Anwendung von § 302 Abs. 1 AktG bei der Festsetzung des Sozialplanvolumens ein Bemessungsdurchgriff auf das herrschende Unternehmen ergibt, kann dahinstehen (offengelassen auch in [X.] 15. März 2011 - 1 [X.] - Rn. 38, [X.]E 137, 203). [X.]er ehemals mit der [X.] Holding bestehende Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wurde zum 31. [X.]ezember 2015 aufgehoben.

(b) Soweit der Betriebsrat die Vornahme von Vermögensverschiebungen zu anderen Konzerngesellschaften behauptet, rechtfertigt dies ebenfalls keinen Bemessungsdurchgriff. Abgesehen davon, dass es insoweit an konkreten Feststellungen fehlt, sind die Voraussetzungen für einen Bemessungsdurchgriff nicht gegeben. Nach der neueren Rechtsprechung des [X.] zum existenzvernichtenden Eingriff setzt die Haftung nach § 826 BGB ua. den Entzug von Vermögenswerten, die fehlende Kompensation oder Rechtfertigung des [X.] und die dadurch hervorgerufene Insolvenz der Gesellschaft bzw. deren Vertiefung voraus (vgl. [X.] 15. Januar 2013 - 3 [X.] 638/10 - Rn. 37, [X.]E 144, 180; grundlegend [X.] 16. Juli 2007 - II ZR 3/04 - Rn. 16 ff., 33, [X.]Z 173, 246). Im Streitfall fehlt es jedenfalls am Eintritt der Insolvenz.

f) [X.]ie [X.] in Bezug auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit des Sozialplanvolumens für die [X.] B&G führt nach dem § 139 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken zur Unwirksamkeit des gesamten [X.]. [X.]ie Einigungsstelle hat für die beiden am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen einen Sozialplan aufgestellt und diesen einheitlich dotiert, ohne dass die absolute Höhe der einzelnen Abfindungen - etwa anhand einer Formel - berechenbar wäre. [X.]eshalb kann der [X.] nicht lediglich bezogen auf [X.] gegen die [X.] Holding aufrechterhalten werden.

        

    Ahrendt    

        

    Waskow    

        

    Rinck    

        

        

        

    Hayen    

        

    Rose    

                 

Meta

1 ABR 28/21

14.02.2023

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Iserlohn, 2. März 2021, Az: 2 BV 1/20, Beschluss

§ 76 Abs 5 S 4 BetrVG, § 111 S 3 Nr 1 BetrVG, § 112 Abs 1 S 2 BetrVG, § 112 Abs 5 BetrVG, § 123 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.02.2023, Az. 1 ABR 28/21 (REWIS RS 2023, 2264)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2264

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