Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.04.2005, Az. XII ZR 192/01

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3955

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/01 Verkündet am: 20. April 2005 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

BGB § 566 a.F. (§ 550 n.F.) Auch bei einem für längere [X.] als ein Jahr geschlossenen Mietvertrag bedarf die nachträgliche Vereinbarung der - auch unbefristeten - Herabsetzung des Mietzinses nicht der Schriftform, wenn der Vermieter sie jederzeit zumindest mit Wirkung für die Zukunft widerrufen darf.

[X.], Urteil vom 20. April 2005 - [X.]/01 - OLG Rostock

LG Neubrandenburg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Dr. [X.] und die Richterin Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 25. Juni 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt wurde. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 3. Mai 2000 unter Zurückweisung
der Anschlußberufung der [X.] abgeändert und wie folgt neu gefaßt:. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.379,75 • (10.521,88 DM) nebst 4 % Zinsen von je 285,82 DM für die [X.] vom 5. Oktober 1999 bis 31. Dezember 1999, 4. November 1999 bis 31. Dezember 1999 und [X.] 1999 bis 31. Dezember 1999 sowie je 1.339,80 DM seit dem 5. Oktober 1999, 4. November 1999 und 4. Dezember 1999 sowie je 1.625,62 DM seit dem 7. Januar 2000, 4. Februar 2000, 3. März 2000 und 5. April 2000 zu zahlen. In Höhe eines Betrages von 857,46 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Januar 2000 ist die Hauptsache erledigt. Die Widerklage wird abgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: Die Parteien streiten um rückständigen Mietzins und [X.] sowie um die vorzeitige Beendigung eines [X.]. Mit schriftlichem [X.] mietete die Beklagte unter Ausschluß der Kündigung bis Ende Januar 2006 ein Ladenlokal in einem von der Klägerin erstellten Einkaufszentrum zum Betrieb eines Kosmetikstudios und einer Parfümerie zu einem monatlichen Mietzins von 2.079 DM zuzüglich 246,40 [X.], jeweils nebst Mehrwertsteuer. In der Folgezeit bat die Beklagte um eine Herabsetzung des Mietzinses, da das Einkaufszentrum weniger attraktiv sei als vor Vertragsschluß von der Klägerin angepriesen; außerdem sei mehrfach in ihr Ladenlokal eingebrochen worden. Nach längeren Verhandlungen unterbreitete die Klägerin ihr mit [X.] vom 21. Juli 1997 folgendes Angebot: "Rückwirkend ab 1. Januar 1997 zunächst bis zum 31.12.1997 wollen wir Ihre Miete auf 15,00 DM/qm netto-kalt reduzieren. Dieses Angebot erfolgt ohne Präjudiz und kann von uns jederzeit widerrufen werden. Über eine Fortsetzung über den 31.12.1997 hinaus, müßten wir zu gegebener [X.] sprechen." Daraufhin zahlte die Beklagte - auch über das Jahresende 1997 hinaus - nur noch den auf monatlich 1.155,00 [X.] % [X.]. = 1.339,80 DM ermä-ßigten Mietzins zuzüglich [X.]en. Mit Schreiben vom 18. Mai 1999 kündigte die Beklagte das [X.] außerordentlich zum 30. September 1999, hilfsweise fristgemäß zum nächstzulässigen Termin. Die außerordentliche Kündigung begründete sie mit - 4 - unzureichender Attraktivität des Einkaufszentrums und zahlreichen Einbrüchen in ihr Ladenlokal. Im September 1999 räumte sie das Mietobjekt und stellte ihre Zahlungen zum Oktober 1999 ein. Das [X.] gab der Klage in Höhe eines Betrages von 4.876,86 DM (Mietzins und [X.]en für Oktober bis Dezember 1999) statt. Die weitergehende Klage (Mietzins und [X.] für die Monate Januar bis April 2000) wies es ab. Ferner stellte es auf die [X.] der [X.] entsprechend dem Hilfsantrag fest, daß das Mietverhältnis durch die Kündigung der [X.] zum 31. Dezember 1999 beendet wurde; den auf Feststellung der Beendigung schon zum 30. September 1999 gerichte-ten Hauptantrag wies es ab. Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin und die Anschlußberu-fung der [X.] wies das [X.] zurück, die Berufung der Kläge-rin jedoch aufgrund deren einseitiger Erledigungserklärung mit der Maßgabe, daß der Rechtsstreit hinsichtlich der [X.]en für die Mo-nate Oktober bis Dezember 1999 (857,46 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Januar 2000 in der Hauptsache erledigt ist. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der diese ihre Anträ-ge auf Zahlung des Mietzinses und der [X.]en für die Monate Januar bis April 2000 sowie auf Abweisung der [X.] der [X.] weiterverfolgt. - 5 - Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. 1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Voraussetzungen eines [X.] Kündigungsrechts der [X.] hätten nicht vorgelegen. Dies wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen, auch von der Revisions-erwiderung nicht gerügt und läßt Rechtsfehler nicht erkennen. 2. Das Berufungsgericht ist jedoch der Ansicht, die Kündigungserklärung der [X.] vom 18. Mai 1999 habe - als ordentliche Kündigung - das Miet-verhältnis gemäß §§ 566, 565 Abs. 1a [X.] vorzeitig zum 31. Dezember 1999 beendet, da der Mietvertrag nach Herabsetzung des Mietzinses nicht mehr der Schriftform entsprochen habe. Es geht davon aus, daß der Mietvertrag aufgrund fester körperlicher Ver-bindung der zugehörigen Anlagen mit der Vertragsurkunde ursprünglich der Schriftform entsprach, was die Revision als ihr günstig nicht angreift und auch keinen Rechtsfehler erkennen läßt. Das Berufungsgericht läßt zwar dahinstehen, ob die zunächst nur für 1997 vereinbarte Absenkung des Mietzinses der Schriftform bedurft hätte, stellt aber fest, die Parteien hätten später Einigkeit darüber erzielt, daß auch nach 1997 nur noch der reduzierte Mietzins zu zahlen war, ohne diese nachträgliche Vereinbarung in einer der erforderlichen Schriftform genügenden Weise getrof-fen zu haben. Die Beklagte verstoße auch nicht gegen [X.] und Glauben, wenn sie sich auf den Mangel der Schriftform berufe, da die Vereinbarung des [X.] Mietzinses sie nicht einseitig begünstige. Mit dieser Vereinbarung habe sie nämlich zugleich darauf verzichtet, wegen der von ihr zur außerordentlichen - 6 - Kündigung vorgebrachten Gründe Gewährleistungsansprüche geltend zu ma-chen oder sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen. 3. Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revi-sion nicht stand. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Vereinbarung der Herabsetzung des Mietzinses die Beklagte - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - einseitig begünstigte mit der Folge, daß diese sich nach [X.] und Glauben nicht auf einen darauf beruhenden Mangel der Schriftform berufen darf. Denn diese Vereinbarung bedurfte der Schriftform nicht. a) Die Beklagte hat das im Schreiben der Klägerin vom 14. Januar 1997 enthaltene Angebot auf "zunächst" bis Ende 1997 befristete Herabsetzung des Mietzinses durch entsprechend herabgesetzte Zahlungen konkludent ange-nommen. Diese Vereinbarung bedurfte indes - was das Berufungsgericht aus [X.] Sicht folgerichtig dahinstehen läßt - schon deshalb nicht der Schriftform, weil die Klägerin sich den jederzeitigen Widerruf des [X.] hatte. Deshalb wäre ein nach § 571 BGB a.F. auf Vermieterseite in den [X.], dessen Schutz § 566 BGB a.F. bezweckt, auch bei einem Erwerb im Jahre 1997 nicht an die vereinbarte Ände-rung gebunden gewesen, weil das Recht, sie jederzeit zu widerrufen, ebenfalls mit dem Erwerb auf ihn übergegangen wäre. Deshalb bedarf es hier auch keiner Entscheidung, ob eine nachträgliche Herabsetzung des Mietzinses nur dann nicht der Schriftform bedarf, wenn sie das erste Mietjahr betrifft (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 1969 - [X.] - [X.] § 126 BGB Nr. 7 [X.] 2 = [X.], 920 f.), oder - wozu der Senat neigt - - 7 - auch dann nicht, wenn sie zwar einen späteren [X.]raum betrifft, ihre Geltungs-dauer aber ein Jahr nicht übersteigt (h.M., vgl. [X.] 1970, 86, 87; [X.]/[X.] BGB [2003] § 550 [X.]. 31 m.N.; [X.]/[X.] Aufl. § 550 [X.]. 16; [X.]/Schultz 3. Aufl. § 566 [X.]. 197; Wolf/[X.]/[X.], Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl. [X.]. 118; Heile in Bub/[X.], Handbuch der Geschäfts- und Wohn-raummiete 3. Aufl. [X.]. 763, 773; Kellendorfer in [X.]/[X.] Miet- und Pachtrecht § 550 [X.]. 40; juris PK/Tonner 2. Aufl. § 550 [X.]. 13; [X.] Ham-burg [X.] 2003, 153 f.; vgl. auch Senatsurteil [X.] 154, 171, 180: § 566 BGB a.F. soll einen potentiellen Grundstückserwerber nur davor schützen, beim Eintritt in einen ihm nicht bekannten Vertrag an dessen Bedingungen länger als ein Jahr gebunden zu sein). b) Auch die Feststellung des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien bestehe "Einigkeit, daß auch nach 1997 nur der reduzierte Mietzins zu zahlen war", rechtfertigt nicht den Schluß, daß die Schriftform des [X.] vom [X.]punkt dieser Einigung an nicht mehr gewahrt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat nicht etwa festgestellt, die Parteien hätten [X.], daß der Mietzins - in erneuter Änderung der 1997 getroffenen [X.] - unwiderruflich bis zum vereinbarten Vertragsende herabgesetzt wird. Eine solche Feststellung hätte auch jeder tatsächlichen Grundlage entbehrt. Der Umstand, daß die Beklagte auch über 1997 hinaus nur den herabgesetzten Mietzins zahlte und die Klägerin dies unwidersprochen hinnahm, kann allenfalls als stillschweigende Einigung darüber angesehen werden, daß die ursprüngli-che Befristung des [X.] bis Ende 1997 entfallen sollte. Eine weiter-gehende Änderung der 1997 erzielten Übereinkunft, insbesondere der Wegfall des Vorbehalts ihres Widerrufs, konnte dem Verhalten der Klägerin in den [X.] auch aus der Sicht der [X.] nicht entnommen werden. Sie ist - 8 - auch nicht Bestandteil der das Revisionsgericht bindenden Feststellung des Berufungsgerichts. Denn die Feststellung, daß die Parteien sich über die [X.] des reduzierten Mietzinses auch nach 1997 einig waren, trifft zu, weil die Klägerin ihr Entgegenkommen nicht widerrufen hat; sie beinhaltet aber nicht, daß die Parteien sich auch darüber einig gewesen seien, daß die Klägerin es nicht mehr hätte widerrufen dürfen. Damit verblieb es bei dem im Angebot der Klägerin vom 21. Juli 1997 ausdrücklich erklärten Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs des gewährten [X.]. Aufgrund dieser nach wie vor bestehenden Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs konnte auch durch einen Wegfall der Befristung in der ursprünglichen Änderungsvereinbarung eine längerfristige künftige Bindung der Klägerin an den gewährten [X.] nicht eintreten, mag dieser der [X.] auch tat-sächlich länger als ein Jahr gewährt worden sein. Auch ein potentieller Grund-stückserwerber wäre daran nicht längerfristig gebunden gewesen, weil auch er nach seinem Eintritt in den Mietvertrag gemäß § 571 BGB a.F. von diesem Recht zum Widerruf jederzeit hätte Gebrauch machen können. c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß nur die Klägerin bzw. ein späterer Grundstückserwerber sich durch einseitige Erklärung von der vereinbarten Herabsetzung des Mietzinses lösen konnte, denn diese [X.] allein die Beklagte. Dieser wäre es jedenfalls unbenommen geblieben, zur Zahlung des ursprünglichen Mietzinses zurückzukehren; es erscheint nach der Lebenserfahrung ausgeschlossen, daß ihr Vertragspartner sich dem widersetzt hätte. Nichts anderes gilt, wenn die Beklagte mit Rücksicht auf die [X.] auf Gewährleistungsansprüche wegen der eingetretenen Geschäftsentwicklung verzichtet hätte, was das Berufungsgericht hat [X.] lassen. Denn der Verzicht auf Gewährleistungsansprüche wegen eines be-stimmten, bereits eingetretenen Mangels bedarf nicht der Schriftform, weil er - 9 - nicht den Inhalt des [X.] ändert, auch nicht den Umfang des geschul-deten Mietgebrauchs, sondern nur die rechtlichen Folgen seiner nicht vertrags-gemäßen Gewährung betrifft; abgesehen davon bedarf ein potentieller Grund-stückserwerber als neuer Vermieter insoweit keines Schutzes. 4. Die angefochtene Entscheidung kann nach alledem keinen Bestand haben, soweit sie die Klägerin beschwert. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden. Die Anschlußberufung der [X.] ist zurückzuweisen, weil der damit weiterverfolgte Antrag auf Feststellung der vorzeitigen Beendigung des [X.] unbegründet ist. Die Vereinbarung in § 4 Abs. 2 des [X.], daß das Mietverhältnis frühestens zum 1. Februar 2006 gekündigt werden kann, ist wirksam, weil die Schriftform des [X.] gewahrt ist. - 10 - Da das Mietverhältnis somit fortbestand, ist die Berufung der Klägerin auch insoweit begründet, als sie sich gegen die Abweisung der Klage auf [X.] und [X.] für die Monate Januar bis April 2000 in Höhe von 4 x 1.625,62 DM = 6.502,48 DM nebst Zinsen richtet. Hahne

[X.]

[X.]

[X.]

[X.]

Meta

XII ZR 192/01

20.04.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.04.2005, Az. XII ZR 192/01 (REWIS RS 2005, 3955)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3955

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