Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2017, Az. BLw 1/15

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2017, 11710

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:280417BBLW1.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
BLw 1/15
vom

28. April 2017

in der Landwirtschaftssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 9 Abs. 1 Nr. 1
In den Genehmigungsverfahren nach dem Grundstückverkehrsgesetz muss unter Berücksichti-gung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, ob ein Landwirt das Grundstück zur [X.] seines Betriebes dringend benötigt; es lässt sich nicht allgemein definieren, welches Verhältnis zwischen Pacht-
und [X.] als unausgewogen anzusehen ist.
[X.] § 10 Abs. 1 Nr. 1
Ein bestehender Versagungsgrund kann durch eine [X.] nur ausgeräumt wer-den, wenn dadurch eine absehbare Übergangszeit bis zu dem bevorstehenden Wegfall des [X.] überbrückt werden kann.
[X.], Beschluss vom 28. April 2017 -
BLw 1/15 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der Bundesgerichtshof, [X.],
hat am 28. April 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
[X.], die Richterin [X.] und [X.] Göbel sowie die ehrenamtlichen Richter [X.] und Beer

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 5 wird der Beschluss des 7. Zivilsenats -
[X.] -
des Oberlandesgerichts Celle vom 9. Dezember 2014 aufgehoben.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts -
Landwirtschaftsgericht -
Hameln vom 29. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Die in den Rechtsmittelverfahren angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 5 trägt der Beteiligte zu 1. Im Übrigen findet keine Erstattung außergerichtlicher Kosten statt.

Der Gegenstandswert wird unter Abänderung der Beschlüsse des Amtsgerichts -
Landwirtschaftsgericht -
Hameln vom 29. Juli 2014 und des 7.
Zivilsenats -
[X.] -
des Oberlandesgerichts Celle vom 9. Dezember 2014 für alle Instanzen auf 1.000.000

festgesetzt.

-
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-
Gründe:
I.
Im Jahr 1981 erwarb der Vater der Beteiligten zu 2 land-
und forstwirt-schaftlichen Grundbesitz in einer Gesamtgröße von 83,86 ha, der bis dahin zu einem einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb gehört hatte. Der Grundbesitz
umfasst Acker (31,56 ha), Wald (39,94 ha), Grünland (9,38 ha), Wege, Gräben und Gewässer (2,63 ha) sowie Gebäude-
und Freiflächen (0,35 ha); er setzt sich aus fünfzehn [X.] zusammen. Der Vater der Beteiligten zu 2 war kein Landwirt. Ihm ging es bei dem Erwerb um den mit dem Grundbesitz ver-bundenen [X.]. Das Acker-
und Grünland verpachtete er. Etwa 5 ha Grünland sind bis heute an den Landwirt K.

verpachtet. Pächter des restli-chen Bestands an Ackerflächen und Grünland war und ist
der Landwirt M.

Infolge des Todes des [X.] im Jahr 2009 erbte den Grundbesitz die [X.] zu 2, die ebenfalls keine Landwirtin ist.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 20. November 2013 verkaufte die [X.] zu 2 den Grundbesitz zum Preis von 1.450.000

(Antragsteller). Dieser ist Bankkaufmann und als Vorstand einer Sparkasse tä-tig. Sein Antrag auf Genehmigung des Kaufvertrags ging am 7.
Januar 2014 bei dem Beteiligten zu 3 (Landkreis) ein, der die Frist zur Ausübung des Vorkaufs-rechts auf zwei Monate verlängerte. Am 28. Februar 2014 übte die Beteiligte zu
5 (Siedlungsunternehmen) ihr Vorkaufsrecht aus. Nach einer weiteren Frist-verlängerung auf drei Monate teilte der Landkreis den Beteiligten mit Bescheid vom 31. März 2014 mit, dass das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht ausgeübt worden und der Kaufvertrag nicht genehmigungsfähig sei.
Die von dem Antragsteller gegen das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht erhobenen Einwendungen hat das Amtsgericht -
Landwirtschaftsgericht -
zu-1
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rückgewiesen. Auf die Beschwerde hat das Oberlandesgericht -
[X.] -
den Beschluss geändert. Es hat den Bescheid vom 31.
März 2014 aufgehoben und festgestellt, dass die Ausübung des Vorkaufs-rechts durch das Siedlungsunternehmen nicht wirksam geworden sei. Den notariellen
Kaufvertrag vom 20. November 2013 hat es unter der Auflage ge-nehmigt, dass der Antragsteller die Grünlandflächen bis zum 30.
September
2023 weiterhin an einen Landwirt bzw. an mehrere Landwirte zu angemessenen Bedingungen verpachte, wobei er vorzugsweise die bereits seit Jahren bestehenden Pachtverträge mit den Landwirten K.

und M.

fort-zuführen habe. Hiergegen wendet sich das Siedlungsunternehmen mit der zu-gelassenen Rechtsbeschwerde, mit der es erreichen will, dass die Einwendun-gen des Antragstellers gegen das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht zurückge-wiesen werden. Der Antragsteller beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzu-weisen.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die Voraussetzungen für die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts lägen im Ergebnis nicht vor, weil die Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz im Lichte der (hier [X.] nicht unmittelbar anwendbaren) Rechtsprechung des [X.] ausnahmsweise unter einer Auflage erteilt werden müsse.
Im Ausgangspunkt seien die Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht allerdings
gegeben. Die Mindestgröße von zwei Hektar werde überschritten, weil die Flurstücke eine wirtschaftliche Einheit darstellten und als solche veräu-ßert worden seien, wobei der Schwerpunkt der Nutzung bei der Landwirtschaft liege. Ferner sei der Antragsteller als Nichtlandwirt anzusehen, obwohl er plane, den Grundbesitz nach Beendigung seiner Berufstätigkeit spätestens in zehn 4
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Jahren selbst zu bewirtschaften. Auch habe der von dem [X.] als Kaufinteressent benannte Landwirt P.

als Vollerwerbslandwirt ein dringendes Aufstockungsbedürfnis; er sei zum Kauf entschlossen und in der Lage.
Die Versagung der Genehmigung verstoße jedoch gegen den im [X.] verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da -
jedenfalls unter der nunmehr ausgesprochenen Auflage -
eine Veränderung der seit Jahrzehnten bestehenden tatsächlichen Verhältnisse durch den Erwerb der Flächen nicht eintrete. Von
einer [X.] müsse Gebrauch gemacht werden, wenn diese als milderes Mittel geeignet sei, einen ansonsten bestehenden [X.] zu beheben. Hier werde der Pächter M.

bei einem Verlust der gepachteten Flächen in seiner Existenz gefährdet. Zudem habe das Beschwer-degericht ebenso wie zuvor das Landwirtschaftsgericht den Eindruck gewon-nen, dass es dem Antragsteller ein besonderes persönliches Anliegen sei, nach Beendigung seiner derzeitigen Berufstätigkeit die Landwirtschaft auf den [X.] Flächen selbst auszuüben. Dies begründe die Erwartung, dass der Grundbesitz unter seiner Führung eine eigenbewirtschaftete landwirtschaftliche Einheit werde; eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden trete infolge-dessen nicht ein.
III.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei geht das Beschwerdegericht [X.] davon aus, dass die Frist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 [X.] nach einer wirksamen Verlängerung auf drei Monate eingehalten ist,
und dass der [X.] vom 20. November 2013 insgesamt der Genehmigungspflicht nach § 2 [X.] unterlag. Da jedenfalls auch Grundstücke verkauft wurden, 6
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deren Größe die Genehmigungsfreigrenze überschreitet, wurde der Gesamtver-trag genehmigungspflichtig, weil die Genehmigung grundsätzlich nur einheitlich erteilt oder versagt werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 28. November 2014 -
BLw 3/13, NJW 2015, 1520 Rn.
6, insoweit in [X.]Z
203, 297 nicht ab-gedruckt). Ob die verkauften Flächen ein einheitliches Grundstück im wirtschaft-lichen Sinn bilden, ist für den hier allein interessierenden Umfang der [X.] nach § 2 [X.] ohne Bedeutung. Diese Frage spielt ausschließ-lich eine Rolle für das Bestehen eines Vorkaufsrechts nach § 4 RSG; im [X.] nach §
10 RSG ist sie grundsätzlich nicht zu prüfen. Die [X.] sind insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob die [X.] der Genehmigung bedurfte und ob diese nach § 9 Abs. 1 [X.] zu versagen wäre (näher [X.], Beschluss vom 28. November 2014 -
BLw 3/13, NJW 2015, 1520 Rn.
30, insoweit in [X.]Z
203, 297 nicht abgedruckt; [X.] vom 28. April 2017 -
BLw 2/16, zur [X.] bestimmt).
2. Entgegen der Auffassung des [X.] ist der Kaufvertrag nicht genehmigungsfähig.
a) Als Rechtsgrundlage für die Versagung der Genehmigung kommt nur § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] in Betracht. Nach dieser Vorschrift darf die Genehmi-gung zur Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet. Nach Absatz 2 der Vorschrift liegt eine ungesunde Bodenverteilung dann vor, wenn die Veräuße-rung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Diese [X.] zielen in erster Linie auf die Schaffung und die Erhaltung selbständiger und lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe ab. Da Grund und Boden in der Land-
und Forstwirtschaft der maßgebende Produktionsfaktor ist, aber
nicht in unbeschränktem Umfang zur Verfügung steht, soll der vorhandene landwirt-9
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schaftliche Grundbesitz in erster Linie den Landwirten zugutekommen und vor-behalten bleiben, die ihn selbst bewirtschaften. Dementsprechend liegt eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann vor, wenn landwirtschaftlich ge-nutzter Boden an einen Nichtlandwirt veräußert werden soll und ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufver-trages zu erwerben (st. Rspr., vgl. zum Ganzen nur [X.], Beschluss vom 26.
November 2010 -
BLw 14/09, NJW-RR
2011, 521
Rn. 10 mwN).
b) Nach diesen Grundsätzen geht das Beschwerdegericht zunächst ohne Rechtsfehler davon aus, dass der Versagungsgrund vorliegt.
aa) Der Antragsteller ist als Nichtlandwirt anzusehen. Daran ändert es nichts, dass er nach dem Ende seiner Berufstätigkeit selbst Landwirtschaft be-treiben möchte. Solche Vorstellungen des Käufers sind in den Verfahren über die Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nur dann einer bereits ausgeübten Landwirtschaft gleichzustellen, wenn der Nichtlandwirt über konkrete und in absehbarer Zeit zur verwirklichende Absichten zur Auf-nahme einer leistungsfähigen landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügt und bereits entsprechende Vorkehrungen getroffen hat. Unklare oder unverbindliche Ab-sichtserklärungen reichen nicht aus (st. Rspr., vgl. zum Ganzen nur [X.], [X.] vom 26. November 2010 -
BLw
14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn.
13
mwN). Um Absichtserklärungen dieser Art handelt es sich hier. Die Plä-ne des Antragstellers sind zwar nach der Einschätzung der Vorinstanzen [X.], aber gleichwohl unverbindlich und nicht näher konkretisiert; zudem [X.] er deren Verwirklichung -
bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts im Jahr 2014
(vgl. [X.], Beschluss vom 28.
April 2006 -
BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 22) -
erst ein Jahrzehnt später.
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-
bb) Rechtlicher Nachprüfung hält es auch stand,
dass das Beschwerde-gericht einen dringenden [X.] des von dem Siedlungsunter-nehmen benannten Landwirts P.

bejaht. Die dagegen erhobene Gegenrüge des Antragstellers greift nicht durch.
(1) Für das [X.] ist nicht erforderlich, dass der kaufin-teressierte Landwirt zur Aufrechterhaltung seines Betriebes auf das streitge-genständliche Grundstück angewiesen ist. Grundsätzlich stellt jeder Schritt auf dem Weg zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen [X.] und [X.] eine strukturelle Verbesserung dar und dient damit der wirtschaftlichen Stärkung des Betriebs, was wiederum einen [X.] begründet. Dringend ist der [X.], wenn eine gesteigerte Notwendigkeit für den Erwerb nach wirtschaftlichen und agrarstrukturellen Gesichtspunkten in mittel-
und langfristiger Perspektive zu bejahen ist ([X.], Beschluss vom 26.
April 2002 -
BLw 2/02, [X.], 242
f.). Anerkannt hat der [X.] dies auch bei einer geringfügigen Anhebung eines bislang geringen [X.]anteils ([X.], Beschluss vom 26. April 2002 -
BLw 36/01, NJW-RR 2002, 1169
f.). Nach verbreiteter Ansicht besteht ein dringendes Aufstockungsbedürfnis bei Betrieben, die bis zu ca. 50 % aus [X.] bestehen (vgl. z.B. [X.], RdL
2013, 77, 80; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 2069). [X.] lehnen es andere ab, sich von starren Prozentsätzen leiten zu lassen ([X.], [X.] 2013, 425
Rn. 83).
(2) Aus Sicht des [X.]s muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls
beurteilt werden, ob ein Landwirt das Grundstück zur Aufsto-ckung seines Betriebes dringend benötigt. Es lässt sich nicht allgemein definie-ren, welches Verhältnis zwischen Pacht-
und [X.] als unausgewogen [X.] ist (vgl. [X.], [X.] 2014, 415,
418). Dies hängt nämlich von den konkreten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab, die sich im Lauf der 13
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Zeit ändern und zudem regionale Unterschiede aufweisen können; darüber hin-aus müssen Besonderheiten des Einzelfalls Berücksichtigung finden. Je [X.] die Verlängerung von Pachtverhältnissen (auch infolge veränderter [X.]) in der betroffenen Region erscheint, desto eher kann eine Erhöhung des [X.]anteils dringend geboten sein. Zudem kann sich ein dringender [X.] schon daraus ergeben, dass die zu erwerbenden Flächen in unmittelbarer Nähe der Hofstelle oder der bereits bewirtschafteten Flächen des kaufinteressierten Landwirts liegen und daher besonders geeignet sind, die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung zu verbessern (vgl.
[X.], Beschluss vom 26. April 2002 -
BLw 36/01, NJW-RR 2002, 1169, 1170; [X.], [X.], 42; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 2073). Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist und alle maßgeblichen Umstände gewürdigt hat.
(3) Dieser Überprüfung hält die Entscheidung des [X.] stand.
(a) Es ist -
auch unter Bezugnahme auf die sorgfältige Begründung des Amtsgerichts -
unter Abwägung aller
Umstände rechtsfehlerfrei zu dem [X.] gelangt, dass der Landwirt P.

dringend aufstockungsbedürftig ist. Dabei hat es einbezogen, dass dessen [X.]anteil 35 % beträgt, der überwiegen-de Teil der von ihm bewirtschafteten Flächen aber mehr als 10 km von der [X.] entfernt liegt, während sich die zu erwerbenden Flächen in direkter Nach-barschaft befinden. Darüber hinaus plane der Landwirt P.

im [X.] mit einem Stallneubau eine Vergrößerung des [X.], wobei das gegenwärtig vorhandene Grünland für den erhöhten Futterbedarf nicht aus-reiche und sich zudem auf viele kleine Flächen verteile. Er habe gerade 8,5 ha an zugepachteten Flächen verloren, weil die von dem Verpächter geforderte 16
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Pacht zu hoch gewesen sei. Das Risiko eines zukünftigen Verlusts weiterer [X.] sei angesichts der in [X.] steigenden Pachtpreise als real einzuschätzen.
(b) Ohne Erfolg wendet der Antragsteller ein, der Landwirt P.

verfüge ohnehin schon über einen außergewöhnlich großen Betrieb. Die Größe seines Betriebs von ca. 200 ha steht für sich genommen einem dringenden Aufstockungsbedürfnis
nicht entgegen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 3.
März 2009 -
3 [X.], juris Rn. 62; [X.], 562, 564
f.; OLG
Frankfurt, RdL 2005,
77,
78; [X.], [X.], 42). Auch auf den weiteren von dem Antragsteller angeführten Umstand, dass der Landwirt P.

Teile der bereits von ihm bewirtschafteten Flächen für den Anbau von Mais für Biogasanlagen verwendet, kommt es nicht an. Der [X.] hat bereits entschieden, dass der für die Erzeugung von Biogas mit Hilfe gezielt angebau-ter Energiepflanzen (nachwachsende Rohstoffe) erforderliche Flächengebrauch als landwirtschaftliche Nutzung im Sinne von § 1 Abs. 2 GrdStVG angesehen werden kann (näher [X.], Beschluss vom 24. April 2009 -
BLw 21/08, [X.]Z
180, 285 Rn. 13
f.). Der dringende [X.] entfällt folglich nicht deshalb, weil der Kaufinteressent die für den Maisanbau verwendeten Flächen umwidmen könnte, um den erhöhten Bedarf an Grünland auf diese Weise zu decken.
c) Entgegen der Ansicht des [X.] kann der bestehende Versagungsgrund nicht durch die Genehmigung unter einer [X.] (§
10 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) ausgeräumt werden.
aa) Im Ausgangspunkt stellt der Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks durch einen Nichtlandwirt selbst dann eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden dar, wenn der Erwerber zu einer langfristigen Verpach-18
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tung an einen Landwirt bereit ist. Eine Pachtlanderweiterung gibt dem Landwirt keine dem Eigentumserwerb an den bewirtschafteten Flächen vergleichbar si-chere Grundlage für langfristige Betriebsdispositionen (vgl. zum Ganzen [X.], Beschluss vom 26. November 2010 -
BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn.
22
mwN).
bb) Vor diesem Hintergrund kann ein bestehender Versagungsgrund durch eine [X.] nur ausgeräumt werden, wenn dadurch eine absehbare Übergangszeit bis zu dem bevorstehenden Wegfall des [X.] überbrückt werden kann (vgl. [X.], [X.], 45, 49; [X.], [X.], 330, 331; [X.], [X.], 242 f.; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 2860 mwN; BT-Drucks. 3/2635, [X.]. Daran fehlt es. Eine [X.] ändert nichts daran, dass der Käufer im maßgeblichen Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts einem Landwirt nicht gleichgestellt werden kann, sondern als Nichtlandwirt anzusehen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 8.
Mai 1998 -
BLw 2/98, NJW-RR 1998, 1472, 1473;
Beschluss
vom 28. April 2006 -
BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 40).
cc) Nichts anderes ergibt sich aus der von dem Beschwerdegericht her-angezogenen Entscheidung des [X.] ([X.],
Urteil vom 23. September 2003,
Ospelt und [X.],
[X.]/01, [X.]:[X.]:[X.]). Sie ist, wie auch das Beschwerdegericht er-kennt, nicht unmittelbar anwendbar, weil es an einer Auslandsberührung fehlt. Die Entscheidung ist aber -
wie die Rechtsbeschwerde zutreffend hervorhebt -
auch in der Sache nicht einschlägig.
(1) Das [X.] ([X.]), das Gegenstand der zitierten Entscheidung des [X.] war, unterschied sich in der maßgeblichen Fassung vom 23. September 1993 in einem entscheidenden 21
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Punkt von dem [X.] Grundstückverkehrsgesetz. Nach §
5 [X.] durfte der Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken unter anderem dann ge-nehmigt werden, wenn der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines land-wirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftete und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hatte. Hierauf bezogen hat der [X.] ausgeführt, dass es sich als unverhältnismäßige Beschränkung der Kapitalver-kehrsfreiheit erweisen könnte, wenn die Genehmigung in jedem Fall versagt wird, in dem die genannten Voraussetzungen nicht
vorliegen. Dem lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem das Grundstück im Zeitpunkt des Verkaufs ver-pachtet war und der Erwerber diese Verpachtung fortsetzen wollte. Der [X.] hat darauf hingewiesen, dass die Versagung der Genehmi-gung aus dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich sein muss, um das europarechtlich nicht zu beanstandende Ziel des Gesetzes -
nämlich die dauerhafte Verwendung des Grundstücks für Bedürfnisse der [X.] -
zu erreichen; daran könne es fehlen, wenn die landwirtschaftliche Nut-zung durch die Veräußerung nicht in Frage gestellt werde.
(2) Nach dem [X.] Grundstückverkehrsgesetz wäre die Genehmi-gung in einer derartigen Fallkonstellation ohnehin zu erteilen. Der Erwerb durch Personen, die keine Land-
oder Forstwirte sind, wird nämlich dann gebilligt, wenn Land-
und Forstwirte an den veräußerten Grundstücken nicht interessiert sind, selbst wenn der Erwerber eine reine Kapitalanlage bezweckt (vgl.
[X.]
21, 73, 86). Versagt werden kann die Genehmigung nur unter der Voraussetzung, dass ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines [X.] dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben. Dann aber erweist sich die Versagung der Genehmigung ohne weiteres als erforderlich, um die Ziele des [X.] zu erreichen. Der Eigentumserwerb durch einen dringend aufstockungsbedürftigen Landwirt ist nämlich besser geeignet 24
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als die bloße Fortsetzung der zuvor bestehenden Verpachtung, um eine dauer-hafte landwirtschaftliche Verwendung des Grundstücks zu sichern (vgl. [X.], Beschluss
vom 26. November 2010 -
BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn.
22
mwN). Aufgrund der höheren Anforderungen an die Versagung der [X.] kommt die [X.] nach [X.] Recht nur in den bereits aufgezeigten engen -
und hier nicht einschlägigen -
Grenzen als milde-res Mittel in Betracht. An der Europarechtskonformität bestehen bei einem [X.] Verständnis des § 9 Abs. 1 Nr.
1 [X.] keine Zweifel; bestätigt wird dies durch den Umstand, dass das [X.] als Re-aktion auf die Entscheidung des [X.] der Sache nach an das [X.] Grundstückverkehrsgesetz angenähert worden ist (näher [X.], öJZ
2005, 281, 284 f.; [X.], [X.] 2016, 442, 444).
dd) Unbegründet sind schließlich die von dem Antragsteller erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 und § 10 Abs. 1 Nr. 1 [X.] enthaltenen Regelungen sind in ihrer Ausformung
durch die Recht-sprechung des [X.]s mit dem Grundgesetz vereinbar ([X.] 21, 73 ff.; 21,
87
ff.; 21, 92 ff.; 21, 306 ff.).
IV.
Der angefochtene Beschluss des [X.] war daher aufzu-heben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da es weiterer Fest-stellungen nicht bedarf. Das führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts, das zu Recht einen Versagungsgrund nach § 9 [X.] ange-nommen und deshalb die Anträge des Beteiligten zu 1 im Einwendungsverfah-ren nach § 10 RSG zurückgewiesen hat.
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V.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 [X.]. Die Festsetzung des [X.] richtet sich gemäß § 47, § 60 Abs. 1, § 61 Abs. 1 Satz 1 [X.] grundsätzlich nach dem vereinbarten Kaufpreis (vgl. [X.]/[X.], [X.], 19. Aufl., § 60 Rn. 26 f.). Dieser über-schreitet jedoch den Höchstwert von einer Million Euro (§ 60 Abs. 3 [X.]).
Dementsprechend waren die Festsetzungen der Vorinstanzen gemäß §
79 Abs.
2 Nr. 2 [X.] zu ändern.

[X.]
Brückner
Göbel
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.07.2014 -
32 Lw 30/14 -

[X.], Entscheidung vom 09.12.2014 -
7 W 72/14 (L) -

27

Meta

BLw 1/15

28.04.2017

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2017, Az. BLw 1/15 (REWIS RS 2017, 11710)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11710

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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