Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.04.2017, Az. BLw 1/15

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2017, 11706

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Gegenstand

Genehmigungsverfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz: Beurteilung des dringenden Aufstockungsbedarfs des kaufinteressierten Landwirts; Ausräumung eines Versagungsgrunds durch eine Verpachtungsauflage


Leitsatz

1. In den Genehmigungsverfahren nach dem Grundstückverkehrsgesetz muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, ob ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt; es lässt sich nicht allgemein definieren, welches Verhältnis zwischen Pacht- und Eigenland als unausgewogen anzusehen ist.

2. Ein bestehender Versagungsgrund kann durch eine Verpachtungsauflage nur ausgeräumt werden, wenn dadurch eine absehbare Übergangszeit bis zu dem bevorstehenden Wegfall des Versagungsgrundes überbrückt werden kann.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 5 wird der Beschluss des 7. Zivilsenats - [X.] Landwirtschaftssachen - des [X.] vom 9. Dezember 2014 aufgehoben.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - [X.] vom 29. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Die in den Rechtsmittelverfahren angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 5 trägt der Beteiligte zu 1. Im Übrigen findet keine Erstattung außergerichtlicher Kosten statt.

Der Gegenstandswert wird unter Abänderung der Beschlüsse des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - [X.] vom 29. Juli 2014 und des 7. Zivilsenats - [X.] Landwirtschaftssachen - des [X.] vom 9. Dezember 2014 für alle Instanzen auf 1.000.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

[X.] erwarb der Vater der Beteiligten zu 2 land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz in einer Gesamtgröße von 83,86 ha, der bis dahin zu einem einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb gehört hatte. Der Grundbesitz umfasst [X.] (31,56 ha), Wald (39,94 ha), Grünland (9,38 ha), Wege, Gräben und Gewässer (2,63 ha) sowie Gebäude- und Freiflächen (0,35 ha); er setzt sich aus fünfzehn [X.] zusammen. Der Vater der Beteiligten zu 2 war kein Landwirt. Ihm ging es bei dem Erwerb um den mit dem Grundbesitz verbundenen [X.]. Das [X.]- und Grünland verpachtete er. Etwa 5 ha Grünland sind bis heute an den Landwirt [X.]     verpachtet. Pächter des restlichen Bestands an [X.]flächen und Grünland war und ist der Landwirt [X.] Infolge des Todes des [X.] im Jahr 2009 erbte den Grundbesitz die Beteiligte zu 2, die ebenfalls keine Landwirtin ist.

2

Mit notariellem Kaufvertrag vom 20. November 2013 verkaufte die Beteiligte zu 2 den Grundbesitz zum Preis von 1.450.000 € an den Beteiligten zu 1 (Antragsteller). Dieser ist Bankkaufmann und als Vorstand einer Sparkasse tätig. Sein Antrag auf Genehmigung des Kaufvertrags ging am 7. Januar 2014 bei dem Beteiligten zu 3 (Landkreis) ein, der die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts auf zwei Monate verlängerte. Am 28. Februar 2014 übte die Beteiligte zu 5 (Siedlungsunternehmen) ihr Vorkaufsrecht aus. Nach einer weiteren Fristverlängerung auf drei Monate teilte der Landkreis den Beteiligten mit Bescheid vom 31. März 2014 mit, dass das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht ausgeübt worden und der Kaufvertrag nicht genehmigungsfähig sei.

3

Die von dem Antragsteller gegen das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht erhobenen Einwendungen hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - zurückgewiesen. Auf die Beschwerde hat das [X.] - [X.] für Landwirtschaftssachen - den Beschluss geändert. Es hat den Bescheid vom 31. März 2014 aufgehoben und festgestellt, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Siedlungsunternehmen nicht wirksam geworden sei. Den notariellen Kaufvertrag vom 20. November 2013 hat es unter der Auflage genehmigt, dass der Antragsteller die Grünlandflächen bis zum 30. September 2023 weiterhin an einen Landwirt bzw. an mehrere Landwirte zu angemessenen Bedingungen verpachte, wobei er vorzugsweise die bereits seit Jahren bestehenden Pachtverträge mit den Landwirten [X.]     und [X.] fortzuführen habe. Hiergegen wendet sich das Siedlungsunternehmen mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der es erreichen will, dass die Einwendungen des Antragstellers gegen das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht zurückgewiesen werden. Der Antragsteller beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

II.

4

Das Beschwerdegericht meint, die Voraussetzungen für die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts lägen im Ergebnis nicht vor, weil die Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz im Lichte der (hier allerdings nicht unmittelbar anwendbaren) Rechtsprechung des [X.] ausnahmsweise unter einer Auflage erteilt werden müsse.

5

Im Ausgangspunkt seien die Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht allerdings gegeben. Die Mindestgröße von zwei Hektar werde überschritten, weil die Flurstücke eine wirtschaftliche Einheit darstellten und als solche veräußert worden seien, wobei der Schwerpunkt der Nutzung bei der Landwirtschaft liege. Ferner sei der Antragsteller als Nichtlandwirt anzusehen, obwohl er plane, den Grundbesitz nach Beendigung seiner Berufstätigkeit spätestens in zehn Jahren selbst zu bewirtschaften. Auch habe der von dem Siedlungsunternehmen als Kaufinteressent benannte Landwirt [X.]als Vollerwerbslandwirt ein dringendes Aufstockungsbedürfnis; er sei zum Kauf entschlossen und in der Lage.

6

Die Versagung der Genehmigung verstoße jedoch gegen den im Grundgesetz verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da - jedenfalls unter der nunmehr ausgesprochenen Auflage - eine Veränderung der seit Jahrzehnten bestehenden tatsächlichen Verhältnisse durch den Erwerb der Flächen nicht eintrete. Von einer [X.] müsse Gebrauch gemacht werden, wenn diese als milderes Mittel geeignet sei, einen ansonsten bestehenden Versagungsgrund zu beheben. Hier werde der Pächter [X.]bei einem Verlust der gepachteten Flächen in seiner Existenz gefährdet. Zudem habe das Beschwerdegericht ebenso wie zuvor das Landwirtschaftsgericht den Eindruck gewonnen, dass es dem Antragsteller ein besonderes persönliches Anliegen sei, nach Beendigung seiner derzeitigen Berufstätigkeit die Landwirtschaft auf den gekauften Flächen selbst auszuüben. Dies begründe die Erwartung, dass der Grundbesitz unter seiner Führung eine eigenbewirtschaftete landwirtschaftliche Einheit werde; eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden trete infolgedessen nicht ein.

III.

7

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

8

1. Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei geht das Beschwerdegericht allerdings davon aus, dass die Frist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 [X.] nach einer wirksamen Verlängerung auf drei Monate eingehalten ist, und dass der notarielle Kaufvertrag vom 20. November 2013 insgesamt der Genehmigungspflicht nach § 2 [X.] unterlag. Da jedenfalls auch Grundstücke verkauft wurden, deren Größe die Genehmigungsfreigrenze überschreitet, wurde der Gesamtvertrag genehmigungspflichtig, weil die Genehmigung grundsätzlich nur einheitlich erteilt oder versagt werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 28. November 2014 - [X.], NJW 2015, 1520 Rn. 6, insoweit in [X.], 297 nicht abgedruckt). Ob die verkauften Flächen ein einheitliches Grundstück im wirtschaftlichen Sinn bilden, ist für den hier allein interessierenden Umfang der Genehmigungspflicht nach § 2 [X.] ohne Bedeutung. Diese Frage spielt ausschließlich eine Rolle für das Bestehen eines Vorkaufsrechts nach § 4 RSG; im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG ist sie grundsätzlich nicht zu prüfen. Die [X.] sind insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob die Veräußerung der Genehmigung bedurfte und ob diese nach § 9 Abs. 1 [X.] zu versagen wäre (näher [X.], Beschluss vom 28. November 2014 - [X.], NJW 2015, 1520 Rn. 30, insoweit in [X.], 297 nicht abgedruckt; Beschluss vom 28. April 2017 - [X.], zur Veröffentlichung bestimmt).

9

2. Entgegen der Auffassung des [X.] ist der Kaufvertrag nicht genehmigungsfähig.

a) Als Rechtsgrundlage für die Versagung der Genehmigung kommt nur § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] in Betracht. Nach dieser Vorschrift darf die Genehmigung zur Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet. Nach Absatz 2 der Vorschrift liegt eine ungesunde Bodenverteilung dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Diese Maßnahmen zielen in erster Linie auf die Schaffung und die Erhaltung selbständiger und lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe ab. Da Grund und Boden in der Land- und Forstwirtschaft der maßgebende Produktionsfaktor ist, aber nicht in unbeschränktem Umfang zur Verfügung steht, soll der vorhandene landwirtschaftliche Grundbesitz in erster Linie den Landwirten zugutekommen und vorbehalten bleiben, die ihn selbst bewirtschaften. Dementsprechend liegt eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann vor, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt veräußert werden soll und ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (st. Rspr., vgl. zum Ganzen nur [X.], Beschluss vom 26. November 2010 - [X.], NJW-RR 2011, 521 Rn. 10 mwN).

b) Nach diesen Grundsätzen geht das Beschwerdegericht zunächst ohne Rechtsfehler davon aus, dass der Versagungsgrund vorliegt.

aa) Der Antragsteller ist als Nichtlandwirt anzusehen. Daran ändert es nichts, dass er nach dem Ende seiner Berufstätigkeit selbst Landwirtschaft betreiben möchte. Solche Vorstellungen des Käufers sind in den Verfahren über die Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nur dann einer bereits ausgeübten Landwirtschaft gleichzustellen, wenn der Nichtlandwirt über konkrete und in absehbarer [X.] zur verwirklichende Absichten zur Aufnahme einer leistungsfähigen landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügt und bereits entsprechende Vorkehrungen getroffen hat. Unklare oder unverbindliche Absichtserklärungen reichen nicht aus (st. Rspr., vgl. zum Ganzen nur [X.], Beschluss vom 26. November 2010 - [X.], NJW-RR 2011, 521 Rn. 13 mwN). Um Absichtserklärungen dieser Art handelt es sich hier. Die Pläne des Antragstellers sind zwar nach der Einschätzung der Vorinstanzen ernsthaft, aber gleichwohl unverbindlich und nicht näher konkretisiert; zudem beabsichtigt er deren Verwirklichung - bezogen auf den maßgeblichen [X.]punkt der Ausübung des [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 28. April 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1245 Rn. 22) - erst ein Jahrzehnt später.

bb) Rechtlicher Nachprüfung hält es auch stand, dass das Beschwerdegericht einen dringenden [X.] des von dem Siedlungsunternehmen benannten Landwirts [X.]bejaht. Die dagegen erhobene Gegenrüge des Antragstellers greift nicht durch.

(1) Für das [X.] ist nicht erforderlich, dass der kaufinteressierte Landwirt zur Aufrechterhaltung seines Betriebes auf das streitgegenständliche Grundstück angewiesen ist. Grundsätzlich stellt jeder Schritt auf dem Weg zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen [X.] und [X.] eine strukturelle Verbesserung dar und dient damit der wirtschaftlichen Stärkung des Betriebs, was wiederum einen [X.] begründet. Dringend ist der [X.], wenn eine gesteigerte Notwendigkeit für den Erwerb nach wirtschaftlichen und agrarstrukturellen Gesichtspunkten in mittel- und langfristiger Perspektive zu bejahen ist ([X.], Beschluss vom 26. April 2002 - [X.], [X.], 242 f.). Anerkannt hat der [X.] dies auch bei einer geringfügigen Anhebung eines bislang geringen [X.]anteils ([X.], Beschluss vom 26. April 2002 - [X.], NJW-RR 2002, 1169 f.). Nach verbreiteter Ansicht besteht ein dringendes Aufstockungsbedürfnis bei Betrieben, die bis zu ca. 50 % aus [X.] bestehen (vgl. z.B. [X.], [X.], 77, 80; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 2069). Dagegen lehnen es andere ab, sich von starren Prozentsätzen leiten zu lassen ([X.], [X.] 2013, 425 Rn. 83).

(2) Aus Sicht des [X.]s muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, ob ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt. Es lässt sich nicht allgemein definieren, welches Verhältnis zwischen Pacht- und [X.] als unausgewogen anzusehen ist (vgl. [X.], [X.] 2014, 415, 418). Dies hängt nämlich von den konkreten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab, die sich im Lauf der [X.] ändern und zudem regionale Unterschiede aufweisen können; darüber hinaus müssen Besonderheiten des Einzelfalls Berücksichtigung finden. Je unsicherer die Verlängerung von Pachtverhältnissen (auch infolge veränderter Konditionen) in der betroffenen Region erscheint, desto eher kann eine Erhöhung des [X.]anteils dringend geboten sein. Zudem kann sich ein dringender [X.] schon daraus ergeben, dass die zu erwerbenden Flächen in unmittelbarer Nähe der Hofstelle oder der bereits bewirtschafteten Flächen des kaufinteressierten Landwirts liegen und daher besonders geeignet sind, die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung zu verbessern (vgl. [X.], Beschluss vom 26. April 2002 - [X.], NJW-RR 2002, 1169, 1170; [X.], [X.], 42; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 2073). Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist und alle maßgeblichen Umstände gewürdigt hat.

(3) Dieser Überprüfung hält die Entscheidung des [X.] stand.

(a) Es ist - auch unter Bezugnahme auf die sorgfältige Begründung des Amtsgerichts - unter Abwägung aller Umstände rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Landwirt [X.] dringend aufstockungsbedürftig ist. Dabei hat es einbezogen, dass dessen [X.]anteil 35 % beträgt, der überwiegende Teil der von ihm bewirtschafteten Flächen aber mehr als 10 km von der Hofstelle entfernt liegt, während sich die zu erwerbenden Flächen in direkter Nachbarschaft befinden. Darüber hinaus plane der Landwirt [X.] im Zusammenhang mit einem Stallneubau eine Vergrößerung des [X.], wobei das gegenwärtig vorhandene Grünland für den erhöhten Futterbedarf nicht ausreiche und sich zudem auf viele kleine Flächen verteile. Er habe gerade 8,5 ha an zugepachteten Flächen verloren, weil die von dem Verpächter geforderte Pacht zu hoch gewesen sei. Das Risiko eines zukünftigen Verlusts weiterer [X.] sei angesichts der in [X.] steigenden Pachtpreise als real einzuschätzen.

(b) Ohne Erfolg wendet der Antragsteller ein, der Landwirt [X.]verfüge ohnehin schon über einen außergewöhnlich großen Betrieb. Die Größe seines Betriebs von ca. 200 ha steht für sich genommen einem dringenden Aufstockungsbedürfnis nicht entgegen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 3. März 2009 - 3 [X.], juris Rn. 62; [X.], 562, 564 f.; [X.], [X.], 77, 78; [X.], [X.], 42). Auch auf den weiteren von dem Antragsteller angeführten Umstand, dass der Landwirt [X.] Teile der bereits von ihm bewirtschafteten Flächen für den Anbau von Mais für Biogasanlagen verwendet, kommt es nicht an. Der [X.] hat bereits entschieden, dass der für die Erzeugung von Biogas mit Hilfe gezielt angebauter Energiepflanzen (nachwachsende Rohstoffe) erforderliche Flächengebrauch als landwirtschaftliche Nutzung im Sinne von § 1 Abs. 2 GrdStVG angesehen werden kann (näher [X.], Beschluss vom 24. April 2009 - [X.], [X.], 285 Rn. 13 f.). Der dringende [X.] entfällt folglich nicht deshalb, weil der Kaufinteressent die für den Maisanbau verwendeten Flächen umwidmen könnte, um den erhöhten Bedarf an Grünland auf diese Weise zu decken.

c) Entgegen der Ansicht des [X.] kann der bestehende Versagungsgrund nicht durch die Genehmigung unter einer [X.] (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) ausgeräumt werden.

aa) Im Ausgangspunkt stellt der Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks durch einen Nichtlandwirt selbst dann eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden dar, wenn der Erwerber zu einer langfristigen Verpachtung an einen Landwirt bereit ist. Eine [X.]erweiterung gibt dem Landwirt keine dem Eigentumserwerb an den bewirtschafteten Flächen vergleichbar sichere Grundlage für langfristige Betriebsdispositionen (vgl. zum Ganzen [X.], Beschluss vom 26. November 2010 - [X.], NJW-RR 2011, 521 Rn. 22 mwN).

bb) Vor diesem Hintergrund kann ein bestehender Versagungsgrund durch eine [X.] nur ausgeräumt werden, wenn dadurch eine absehbare Übergangszeit bis zu dem bevorstehenden Wegfall des [X.] überbrückt werden kann (vgl. [X.], [X.], 45, 49; [X.], [X.], 330, 331; [X.], [X.], 242 f.; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 2860 mwN; BT-Drucks. 3/2635, [X.]. Daran fehlt es. Eine [X.] ändert nichts daran, dass der Käufer im maßgeblichen [X.]punkt der Ausübung des Vorkaufsrechts einem Landwirt nicht gleichgestellt werden kann, sondern als Nichtlandwirt anzusehen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Mai 1998 - [X.], NJW-RR 1998, 1472, 1473; Beschluss vom 28. April 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1245 Rn. 40).

cc) Nichts anderes ergibt sich aus der von dem Beschwerdegericht herangezogenen Entscheidung des [X.] ([X.], Urteil vom 23. September 2003, [X.] und [X.], [X.]/01, [X.]:[X.]:[X.]). Sie ist, wie auch das Beschwerdegericht erkennt, nicht unmittelbar anwendbar, weil es an einer Auslandsberührung fehlt. Die Entscheidung ist aber - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend hervorhebt - auch in der Sache nicht einschlägig.

(1) Das [X.] ([X.]), das Gegenstand der zitierten Entscheidung des [X.] war, unterschied sich in der maßgeblichen Fassung vom 23. September 1993 in einem entscheidenden Punkt von dem [X.] Grundstückverkehrsgesetz. Nach § 5 [X.] durfte der Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken unter anderem dann genehmigt werden, wenn der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftete und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hatte. Hierauf bezogen hat der [X.] ausgeführt, dass es sich als unverhältnismäßige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit erweisen könnte, wenn die Genehmigung in jedem Fall versagt wird, in dem die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Dem lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem das Grundstück im [X.]punkt des Verkaufs verpachtet war und der Erwerber diese Verpachtung fortsetzen wollte. Der [X.] hat darauf hingewiesen, dass die Versagung der Genehmigung aus dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich sein muss, um das europarechtlich nicht zu beanstandende Ziel des Gesetzes - nämlich die dauerhafte Verwendung des Grundstücks für Bedürfnisse der Landwirtschaft - zu erreichen; daran könne es fehlen, wenn die landwirtschaftliche Nutzung durch die Veräußerung nicht in Frage gestellt werde.

(2) Nach dem [X.] Grundstückverkehrsgesetz wäre die Genehmigung in einer derartigen Fallkonstellation ohnehin zu erteilen. Der Erwerb durch Personen, die keine Land- oder Forstwirte sind, wird nämlich dann gebilligt, wenn Land- und Forstwirte an den veräußerten Grundstücken nicht interessiert sind, selbst wenn der Erwerber eine reine Kapitalanlage bezweckt (vgl. [X.] 21, 73, 86). Versagt werden kann die Genehmigung nur unter der Voraussetzung, dass ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben. Dann aber erweist sich die Versagung der Genehmigung ohne weiteres als erforderlich, um die Ziele des [X.] zu erreichen. Der Eigentumserwerb durch einen dringend aufstockungsbedürftigen Landwirt ist nämlich besser geeignet als die bloße Fortsetzung der zuvor bestehenden Verpachtung, um eine dauerhafte landwirtschaftliche Verwendung des Grundstücks zu sichern (vgl. [X.], Beschluss vom 26. November 2010 - [X.], NJW-RR 2011, 521 Rn. 22 mwN). Aufgrund der höheren Anforderungen an die Versagung der Genehmigung kommt die [X.] nach [X.] Recht nur in [X.] - und hier nicht einschlägigen - Grenzen als milderes Mittel in Betracht. An der Europarechtskonformität bestehen bei einem solchen Verständnis des § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] keine Zweifel; bestätigt wird dies durch den Umstand, dass das [X.] als Reaktion auf die Entscheidung des [X.] der Sache nach an das [X.] Grundstückverkehrsgesetz angenähert worden ist (näher Khakzadeh, öJZ 2005, 281, 284 f.; [X.], [X.] 2016, 442, 444).

[X.]) Unbegründet sind schließlich die von dem Antragsteller erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 und § 10 Abs. 1 Nr. 1 [X.] enthaltenen Regelungen sind in ihrer Ausformung durch die Rechtsprechung des [X.]s mit dem Grundgesetz vereinbar ([X.] 21, 73 ff.; 21, 87 ff.; 21, 92 ff.; 21, 306 ff.).

IV.

Der angefochtene Beschluss des [X.] war daher aufzuheben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf. Das führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts, das zu Recht einen Versagungsgrund nach § 9 [X.] angenommen und deshalb die Anträge des Beteiligten zu 1 im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG zurückgewiesen hat.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 [X.]. Die Festsetzung des [X.] richtet sich gemäß § 47, § 60 Abs. 1, § 61 Abs. 1 Satz 1 [X.] grundsätzlich nach dem vereinbarten Kaufpreis (vgl. [X.]/[X.], [X.], 19. Aufl., § 60 Rn. 26 f.). Dieser überschreitet jedoch den Höchstwert von einer Million Euro (§ 60 Abs. 3 [X.]). Dementsprechend waren die Festsetzungen der Vorinstanzen gemäß § 79 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu ändern.

[X.]              Brückner               Göbel

Meta

BLw 1/15

28.04.2017

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Celle, 9. Dezember 2014, Az: 7 W 72/14 (L)

§ 9 Abs 1 Nr 1 GrdstVG, § 10 Abs 1 Nr 1 GrdstVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.04.2017, Az. BLw 1/15 (REWIS RS 2017, 11706)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11706

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