Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.08.2023, Az. 4 BN 13/23

4. Senat | REWIS RS 2023, 6108

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Gegenstand

Zur Zulässigkeit sog. eingeschränkter Gewerbegebiete


Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2022 ergangenen Urteil des [X.] wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Sache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragstellerin beimisst.

2

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die in dem angestrebten Revisionsverfahren beantwortet werden kann, sofern dies über den Einzelfall hinaus zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts beiträgt (stRspr, vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - [X.]E 13, 90 <91> und vom 24. Mai 2022 - 4 [X.] 3.22 - juris Rn. 2).

3

1. Die Antragstellerin möchte rechtsgrundsätzlich klären lassen,

ob die allgemeine Zweckbestimmung eines Gewerbegebietes nach § 8 [X.] noch gewahrt ist, wenn ein Bebauungsplan eine Festsetzung nach § 1 Abs. 5 [X.] enthält, wonach im gesamten Gebiet nur Nutzungen zulässig sind, "die das Wohnen nicht wesentlich stören" (eingeschränktes Gewerbegebiet mit dem Schutzniveau eines Mischgebietes nach § 6 Abs. 1 [X.]).

4

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision; sie ist in der Rechtsprechung des Senats bereits bejaht worden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 15. April 1987 - 4 [X.] - [X.] 406.12 § 8 [X.] Nr. 7 und vom 8. November 2004 - 4 [X.] 39.04 - [X.] 406.12 § 8 [X.] Nr. 20). Das erkennt auch die Beschwerde.

5

Sie sieht jedoch mit Blick auf die jüngere Rechtsprechung des Senats zur internen Gliederung eines Gewerbegebietes nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] Bedarf zu einer Fortentwicklung, um einem "erheblichen dogmatischen Wertungswiderspruch" in Bezug auf die Anforderungen an die Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebietes bei interner Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] einerseits und [X.] über § 1 Abs. 5 [X.] andererseits zu begegnen (in diese Richtung auch Vietmeier, BauR 2018, 766 <770 f.>). Es besteht jedoch kein Anlass, die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von eingeschränkten Gewerbegebieten aufzugeben oder fortzuentwickeln.

6

Wie der Senat in seinem Urteil vom 29. Juni 2021 - 4 CN 8.19 - ([X.]E 173, 75) klargestellt hat, bietet § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] keine Rechtsgrundlage dafür, eine oder mehrere Arten von Nutzungen aus dem gesamten Baugebiet auszuschließen. [X.] eine Gemeinde dieses Ergebnis erreichen, steht ihr nur der Weg über § 1 Abs. 5 [X.] zur Verfügung. Eine Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] darf daher nicht dazu führen, dass - gemessen an dem Katalog zulässiger Nutzungen nach § 8 [X.] - nur besonders leise Betriebe und Anlagen Aufnahme finden, während beispielsweise das produzierende und verarbeitende Gewerbe oder Handwerksbetriebe ausgeschlossen werden (a. a. [X.] Rn. 9). Mit einer Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 [X.] lassen sich mit anderen Worten die zulässigen Nutzungen im Baugebiet nur "verteilen" ([X.], Beschluss vom 22. Dezember 1989 - 4 NB 32.89 - [X.] 406.12 § 1 [X.] Nr. 8). Diese Begrenzung folgt jedoch nicht aus der Pflicht, den Gebietscharakter zu wahren (insofern missverständlich [X.], Urteil vom 7. Dezember 2017 - 4 CN 7.16 - [X.]E 161, 53 Rn. 15), sondern - wie im Urteil vom 29. Juni 2021 (a. a. [X.]) klargestellt - aus der Ermächtigungsgrundlage. Aus der Rechtsprechung zu § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.] können daher keine Rückschlüsse für die Frage gezogen werden, ob trotz [X.] nach § 1 Abs. 5 [X.] der Gebietscharakter eines Gewerbegebietes gewahrt wird.

7

2. Die Beschwerde misst weiter der Frage,

ob eine Festsetzung dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, wenn sie in einem eingeschränkten Gewerbegebiet Nutzungen für zulässig hält, "die das Wohnen nicht wesentlich stören", und wenn sich nach Auslegung der Festsetzung nicht klar ermitteln lässt, welches "Wohnen" gemeint ist bzw. wie die [X.] der benachbarten Bebauungen einzuordnen sind, es also nicht klar ist, wie die Vorhaben in diesem Gebiet bzw. in den Gewerbegebietsteilen konkret-individuell mit Blick auf § 15 Abs. 1 Satz 2 [X.] zu bewerten sind,

grundsätzliche Bedeutung zu. Unklar sei, ob mit der Festsetzung "das Wohnen nicht erheblich stören" die [X.] eines Mischgebietes oder die eines Gewerbegebietes gelten. Zur Zulassung der Revision führt auch diese Frage nicht.

8

Ob eine Planaussage dem Bestimmtheitserfordernis genügt, ist eine Frage der Auslegung des dem Ortsrecht angehörenden Bebauungsplans und damit nicht revisibel (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO; [X.], Beschlüsse vom 3. August 2011 - 4 [X.] 15.11 - juris Rn. 17 und vom 15. Februar 2022 - 4 [X.] - juris Rn. 3). Die Frage der Bestimmtheit planerischer Festsetzungen hängt überdies in aller Regel - und so auch hier - von den Umständen des Einzelfalles ab und ist folglich einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ([X.], Beschlüsse vom 14. Dezember 1995 - 4 N 2.95 - [X.] 406.12 § 1 [X.] Nr. 21 S. 4, vom 21. Dezember 2012 - 4 [X.] 32.12 - BauR 2013, 561 Rn. 4 und vom 10. Juli 2018 - 4 [X.] 39.17 - juris Rn. 6; Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - [X.]E 133, 98 Rn. 16).

9

Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, dass der bundesrechtliche Maßstab für die Bestimmtheit von Festsetzungen in Bebauungsplänen (siehe hierzu etwa [X.], Beschluss vom 25. November 2021 - 4 [X.] 13.21 - [X.] 2022, 259 Rn. 12 m. w. N.), die das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat ([X.] ff.), seinerseits entscheidungserhebliche ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 13/23

24.08.2023

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 15. Dezember 2022, Az: 1 C 41/20, Urteil

§ 1 Abs 4 S 1 Nr 2 BauNVO, § 1 Abs 5 BauNVO, § 18 BauNVO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.08.2023, Az. 4 BN 13/23 (REWIS RS 2023, 6108)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6108

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