Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2003, Az. VIII ZR 276/02

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2430

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:9. Juli 2003P o t s c h ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: nein[X.] § 242 [X.], § 564 b Abs. 2 Nr. 2 (in der bis zum 31. August 2001geltenden Fassung)a)Geschwister sind kraft ihres nahen [X.] privilegierte An-gehörige des Vermieters im Sinne von § 564 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] a.F. (jetzt:§ 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).b)Kündigt der Vermieter eine vermietete Wohnung wegen Eigenbedarfs, so hat erdem Mieter eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlageihm zur Verfügung stehende Wohnung, die vermietet werden soll, zur [X.]. Auf andere Wohnungen erstreckt sich die [X.])Kommt der Vermieter seiner Anbietpflicht nicht nach, so ist die Kündigung wegenRechtsmißbrauchs unwirksam.[X.], Urteil vom 9. Juli 2003 - [X.] -LG [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.]. [X.], [X.], Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der [X.] [X.] vom 1. August 2002 aufgehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Beklagten sind Mieter einer 95 m2 großen Drei-Zimmer-Wohnung inB. , [X.], die der Kläger in einem Zwangsversteigerungsverfah-ren erworben hat. Der Kläger hat den Beklagten mit Schreiben vom30. November 1999 wegen Eigenbedarfs zum 30. November 2000 gekündigtund nimmt sie auf Räumung der Wohnung in Anspruch. Die Kündigung hat [X.] begründet, er benötige die Wohnung für die sechsköpfige Familie seinesBruders. Ergänzend hat er ausgeführt, die Wohnung könne durch einen Mauer-durchbruch auf [X.] mit insgesamt 122 qm Wohnfläche erweitert wer-den. Der Bruder des [X.] ist selbst Eigentümer einer Drei-Zimmer-Wohnungin der [X.] und zweier [X.];- 3 -seiner Ehefrau gehört dort ein Mehrfamilienhaus. Sämtliche Wohnungen sindvermietet. Die Mieter der Drei-Zimmer-Wohnung in der [X.] hat derBruder des [X.] zum 31. Januar 2002 aus dem Mietvertrag entlassen [X.] den bisherigen Untermietern ein Hauptmietverhältnis abgeschlossen.Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die gegendas erstinstanzliche Urteil eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Räu-mungsantrag weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Klä-ger tatsächlich Eigenbedarf habe. Sein [X.] sei jedenfalls [X.] nicht durchsetzbar, weil es rechtsmißbräuchlich sei. Der Kläger hätte [X.] dafür sorgen müssen, daß sein Bruder die ihm gehörende Drei-Zimmer-Wohnung in der [X.] den Beklagten anbiete, anstatt sie zum 31. Januar2002 an neue Hauptmieter zu vermieten. Nach dem Rechtsentscheid des OLGKarlsruhe vom 27. Januar 1993 (NJW-RR 1993, 660) obliege es dem wegenEigenbedarfs berechtigt kündigenden Vermieter, dem gekündigten Mieter [X.] der Kündigung frei gewordene Wohnung im selben Hausanwesenzur Anmietung anzubieten. Aus den dort genannten zutreffenden Erwägungensei es erforderlich, daß der Vermieter den gekündigten Mietern auch eine nichtim selben Hausanwesen gelegene Wohnung anbiete. Denn auf diesem Wegekönne der Vermieter das in seiner Macht Stehende unternehmen, um die mit- 4 -dem Verlust der angestammten Wohnung für den Mieter verbundenenNachteile im Rahmen des Möglichen zu mindern. Die negativen Folgen [X.] für den Mieter erschöpften sich nicht darin, daß der Mieter bei einemUmzug sein angestammtes Wohnumfeld verlassen müsse. Ebenso erheblichsei, daß er sich überhaupt auf die häufig zeit- und kostenintensive sowie nerv-lich belastende Suche nach einer neuen Wohnung begeben müsse.[X.] Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.1. Zu Recht ist allerdings das Berufungsgericht davon ausgegangen, daßauch der Bruder des [X.] Familienangehöriger im Sinne von § 564 b Abs. 2Satz 1 Nr. 2 [X.] ist, der im vorliegenden Fall gemäß Art. 11 Mietrechtsreform-gesetz in der bis zum 1. September 2001 geltenden Fassung anzuwenden ist(vgl. insoweit auch [X.], 386; BayObLG [X.], 14;LG Hamburg, [X.], 38; [X.]/Sonnenschein, [X.], 13. [X.] 564 [X.]. 74; [X.]/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 564 [X.]. 45;[X.], Mietrecht, 7. Aufl., § 564 [X.]. 53; [X.] in:Bub/[X.], Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., [X.]. 67; einschränkend: Soergel/[X.], [X.], 12. Aufl., § 564 bRdnr. 45). Jedenfalls bei [X.] besteht noch ein so enges Verwandt-schaftsverhältnis, daß es eines zusätzlichen einschränkenden [X.], wie etwa einer engen [X.] Bindung zum Vermieter, nicht [X.] Zutreffend ist auch der weitere Ausgangspunkt des [X.],wonach der wegen Eigenbedarfs berechtigt kündigende Vermieter dem [X.] andere ihm zur Verfügung stehende freie Wohnung im selben Haus zur- 5 -Anmietung anbieten muß, sofern diese weiterhin vermietet werden soll. [X.] ist die ausgesprochene Kündigung rechtsmißbräuchlich und damit un-wirksam. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt ([X.] 1993, aaO; [X.] 1998, 318; [X.] 1997, 240;LG [X.], 475; LG Bochum WuM 1994, 473; [X.] 1992, 192; [X.]/Sonnenschein, aaO, Rdnr. 59; [X.], [X.], 2. Aufl., § 573 Rdnr. 95; [X.] in: Bub/[X.], aaO, [X.]. 75; [X.], aaO, Rdnr. 112 ff.; [X.]/[X.], [X.],61. Aufl., § 573 Rdnr. 24; a.[X.]/[X.], aaO, Rdnr. 53). Bei [X.] einer Mietwohnung wegen Eigenbedarfs ist zwar grundsätzlich dieEntscheidung des Vermieters, wie er eine ihm gehörende Wohnung nutzen will,zu respektieren (vgl. auch [X.] NJW 1994, 435). Es kann jedoch nicht [X.] bleiben, daß die Kündigung von Wohnraum in die [X.] besonders stark eingreift. Der Vermieter ist deshalb gehalten,diesen Eingriff abzumildern, soweit ihm dies möglich ist. Ausnahmsweise isteine Kündigung daher dann rechtsmißbräuchlich, wenn dem Vermieter eineandere Wohnung im selben Anwesen zur Vermietung zur Verfügung steht [X.] diese dem Mieter nicht anbietet, obwohl er sie wieder vermieten will.3. Die [X.] erstreckt sich jedoch nicht auf jedeandere, ihm zur Verfügung stehende Wohnung. Diese Verpflichtung [X.] vielmehr auf eine im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindli-che Wohnung. Die Anbietpflicht dient dem Ziel, dem Mieter zu ermöglichen,eine Wohnung in seiner vertrauten häuslichen Umgebung zu beziehen. [X.] besteht ihr Zweck nicht darin, dem Mieter nach einer berechtigten Kündi-gung die ihn belastende [X.] abzunehmen, wie das [X.] -Im gegebenen Fall liegen die Voraussetzungen einer Anbietpflicht schondeshalb nicht vor, weil sich die vom Berufungsgericht als Alternativwohnungherangezogene Wohnung des Bruders des [X.] in der [X.] nicht inderselben Wohnanlage wie die gekündigte Wohnung befindet. Deshalb kommtes für die Entscheidung auf die Frage, ob als Ersatzwohnung eine Wohnung [X.] kommen kann, die nicht dem Vermieter, sondern dem begünstigtenFamilienangehörigen gehört, nicht mehr [X.] Das Urteil des [X.]s ist daher aufzuheben. Da das Berufungs-gericht in seiner Entscheidung offengelassen hat, ob der Kläger Eigenbedarfgeltend machen kann und die Parteien unter Beweisantritt umfangreich zu die-ser Frage vorgetragen haben, ist die Sache noch nicht zur [X.], sondern sie ist zur neuen Verhandlung zurückzuverweisen. Das [X.] wird sich in diesem Zusammenhang mit den Wohn- und Eigen-tumsverhältnissen des Bruders des [X.] sowie dessen Ehefrau zu [X.] - unter Berücksichtigung der vorhergegangenen erfolglosen Räumungsbe-gehren des [X.] - den Zweifeln der Beklagten an der Ernsthaftigkeit [X.] 7 -Selbstnutzungswunsches nachzugehen haben ([X.] aaO, vgl. [X.], Mietrecht, 8. Aufl., § 573 Rdnr. 60).[X.] Dr. [X.] [X.]Dr. [X.] Dr. Frellesen

Meta

VIII ZR 276/02

09.07.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2003, Az. VIII ZR 276/02 (REWIS RS 2003, 2430)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2430

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