Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2007, Az. IX ZB 243/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 1705

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[X.][X.]/06 vom 27. September 2007 in dem Verbraucherinsolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 290 Abs. 1 Nr. 6 Zum Merkmal der groben Fahrlässigkeit in § 290 Abs. 1 Nr. 6 [X.]. [X.], Beschluss vom 27. September 2007 - [X.]/06 - [X.]- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und [X.] am 27. September 2007 beschlossen: Der Schuldnerin wird Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des [X.] vom 5. Januar 2006 gewährt. Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des [X.] vom 5. Januar 2006 aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des [X.] vom 21. August 2003 abgeändert: Der Antrag der weiteren Beteiligten zu 1, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen, wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat die weitere Beteiligte zu 1 zu tragen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.000 • festgesetzt. - 3 - Gründe: [X.] Am 18. Juli 2000 beantragte ein Gläubiger der Schuldnerin, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Auf Ersuchen des [X.] übersandte der für die Schuldnerin zuständige Gerichtsvollzieher eine Niederschrift über die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung der Schuldne-rin vom 11. Juli 2000 mit dem von ihm aufgenommenen Vermögensverzeichnis. Darin hatte die Schuldnerin eine von ihr auf ein Sparkonto geleistete Mietkauti-on in Höhe von 1.800 DM angeführt. In einem Anhörungstermin vor dem Insol-venzgericht gab die Schuldnerin Auskunft über ihre Vermögensverhältnisse. Ergänzend nahm sie auf ihre eidesstattliche Versicherung Bezug. 1 Aufgrund eines entsprechenden Hinweises des Insolvenzgerichts stellte die Schuldnerin Eigenantrag. In dem beigefügten Vermögensverzeichnis gab sie die von ihr geleistete Mietkaution nicht an. Sie vermerkte jedoch unter "re-gelmäßige Zahlungsverpflichtungen", Mietzins zahlen zu müssen. Nach Schei-tern des Schuldenbereinigungsverfahrens eröffnete das Insolvenzgericht am 13. Dezember 2000 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und verband die beiden Verfahren. 2 Im Schlusstermin am 2. April 2003 beantragte eine Gläubigerin, die wei-tere Beteiligte zu 1, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen. [X.] wurde der Antrag u.a. damit, die Schuldnerin habe die Mietkaution nicht angegeben. 3 - 4 - Das Insolvenzgericht versagte die Restschuldbefreiung. Das [X.] wies die sofortige Beschwerde zurück. Die Schuldnerin begehrt Wiedereinset-zung in den vorherigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde und verfolgt in der Sache ihren Antrag auf Gewährung der Restschuldbefreiung weiter. 4 I[X.] 1. Der Schuldnerin ist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren. Bis zur Ablehnung ihres fristgerecht eingereichten Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren konnte sich die Schuldnerin wegen wirtschaftlichen Unvermögens an der Einlegung der Rechtsbeschwerde gehindert sehen (vgl. [X.]/[X.], ZPO 26. Aufl. § 234 Rn. 8). Die Schuldnerin hat ferner glaubhaft gemacht, dass sie erst nach Zu-rückweisung ihres Prozesskostenhilfegesuchs durch Zuwendung Dritter in die Lage versetzt wurde, die Kosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu tragen. 5 2. Die nach §§ 6, 7, § 289 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und hat in der Sache Erfolg. 6 Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die unterlassene Angabe des bestehenden Sparkontos in dem von der Schuldnerin eingereichten Vermö-gensverzeichnis erfülle den [X.] des § 290 Abs. 1 Nr. 6 [X.]. Sie habe hierbei grob fahrlässig gehandelt. Es entlaste sie nicht, dass sie über das Kontoguthaben nicht habe verfügen dürfen. Dem Schuldner stehe es nicht 7 - 5 - zu, im Vorfeld zu selektieren, welche [X.]en später der [X.] unterfallen werden und welche nicht. Der Einwand, sie habe bei der Frage nach Sparkonten und Sparbüchern "naheliegenderweise davon ausge-hen" müssen, dass sie sich nur auf Sparguthaben beziehe, die auch wirklich zur Verfügung stünden, greife nicht durch. Der Umstand, dass sie in ihrem lediglich etwa zwei Monate zuvor im Zusammenhang mit der Abgabe der eidesstattli-chen Versicherung angefertigten Vermögensverzeichnis das Kautionsguthaben mit dem Zusatz "Darlehen als Mietkaution" aufgenommen habe, spreche dafür, dass sie sich auch bei Abgabe ihres [X.] dieser [X.] bewusst gewesen sei. 3. Das [X.] ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Schuldnerin die als Mietsicherheit verpfändete Forderung aus dem Sparkonto in dem von ihr nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 [X.] eingereichten Vermögensverzeichnis hätte angeben müssen. Vom Schuldner bestellte Sicherheiten sind Teil seines Vermögens. Die Annahme eines grob fahrlässigen Fehlverhaltens hält jedoch einer rechtlichen Prüfung nicht stand. 8 a) Der Verschuldensgrad der groben Fahrlässigkeit ist in § 290 [X.] nicht definiert. Die Rechtsprechung versteht darunter ein Handeln, bei dem die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden ist, ganz nahe liegende Überlegung nicht angestellt oder beiseite geschoben worden sind und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte. Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich um eine subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung ([X.] 10, 12, 16; 89, 153, 161; [X.], [X.]. v. 13. Dezember 2004 - [X.], [X.], 345, 347; Beschl. v. 9. Februar 2006 - [X.] ZB 218/04, [X.] 2006, 258, 259). 9 - 6 - b) Die Feststellung der Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit ist zwar Sache des Tatrichters und mit der Rechtsbeschwerde nur bedingt angreif-bar. Der Nachprüfung unterliegt aber, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahr-lässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. [X.], [X.]. v. 8. Oktober 1991 - [X.], [X.], 1946, 1948; [X.]. v. 29. September 1992 - [X.] ZR 265/91, [X.], 3235, 3236; Beschl. v. 9. Februar 2006 aaO). So liegt es hier. 10 c) Das Beschwerdegericht hat bei der Beurteilung des Grades der Fahr-lässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen. Die Schuldnerin hat bei der vorausgegangenen Abgabe der eidesstattlichen Versicherung das in Rede stehende Sparguthaben angegeben. Bei ihrer Anhörung im Insolvenzver-fahren hat sie hierauf Bezug genommen. Ihre Angaben vor dem [X.] hatten auch Eingang in die Insolvenzakten gefunden. Dies war der Schuldnerin bekannt. All dies zeigt, dass sie diese Position nicht hat [X.] wollen. 11 4. Die Sache ist entscheidungsreif. Das [X.] hat im [X.] an die Ausführungen des Insolvenzgerichts die sonst noch in Betracht [X.] Versagungsgründe als nicht nachgewiesen erachtet. Der Versagungsan- 12 - 7 - trag der Gläubigerin ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Die übrigen nach § 291 [X.] zu treffenden Entscheidungen bleiben dem Insolvenzgericht vorbehalten. [X.]Gehrlein

[X.] Fischer Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.08.2003 - 2 [X.] 468/00 - [X.], Entscheidung vom 05.01.2006 - 11 T 374/04 -

Meta

IX ZB 243/06

27.09.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2007, Az. IX ZB 243/06 (REWIS RS 2007, 1705)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 1705

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