Bundessozialgericht, Urteil vom 13.03.2023, Az. B 12 KR 3/21 R

12. Senat | REWIS RS 2023, 1224

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Gegenstand

(Betriebsprüfung - Verpflichtung eines Unternehmens, das Eventgastronomie und Menütransportdienst betreibt, zur Abgabe der Sofortmeldung nach § 28a Abs 4 SGB 4 - Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für Feststellung der Sofortmeldepflicht)


Leitsatz

Zur Feststellung, ob Arbeitgeber wegen ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Wirtschaftszweigen und -bereichen den Tag des Beginns eines Beschäftigungsverhältnisses spätestens bei dessen Aufnahme an die Datenstelle der Rentenversicherung zu melden haben (Sofortmeldepflicht), sind nicht die Einzugsstellen, sondern die Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Betriebsprüfung ermächtigt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 25. November 2020 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. Oktober 2017 zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im Berufungs- und Revisionsverfahren mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen ihre Sofortmeldepflicht zur Datenstelle der Rentenversicherung feststellenden Bescheid der Beklagten.

2

Unternehmensgegenstand der klagenden [X.] ist die Herstellung und der Vertrieb von Mahlzeiten sowie die Dienstleistung des Caterings für andere Unternehmen. Im Geschäftsbereich Business Catering unterstützt sie Kunden bei der Planung und/oder dem Betrieb von Betriebsrestaurants, im Unternehmensbereich [X.] plant und führt sie Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern, Sommerfeste und Mitarbeiterjubiläen durch. Nachdem das Hauptzollamt Ermittlungen wegen Verstoßes gegen die Sofortmeldepflicht eingeleitet hatte, beantragte die Klägerin bei der beklagten Einzugsstelle die Feststellung, dass sie nicht der Sofortmeldepflicht unterliege. Die Beklagte stellte daraufhin die "uneingeschränkte Sofortmeldepflicht" der Klägerin fest (Bescheid vom 28.11.2016, Widerspruchsbescheid vom 14.3.2017).

3

Das [X.] hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und den auf Feststellung des Nichtbestehens der Sofortmeldepflicht gerichteten Klageantrag abgewiesen. Für die Feststellung der Sofortmeldepflicht fehle es der Beklagten an einer Rechtsgrundlage. § 28a Abs 4 [X.]B IV regele nur die Voraussetzungen der Sofortmeldepflicht an den Rentenversicherungsträger, enthalte aber keine Feststellungsbefugnis der Einzugsstelle. § 28h Abs 2 Satz 1 [X.]B IV berechtige zur Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe, ermächtige aber ebenfalls nicht zur Feststellung der Sofortmeldepflicht. Die Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, da die Beklagte zur begehrten Feststellung nicht befugt sei (Urteil des [X.] Detmold vom 10.10.2017).

4

Auf die Berufung der Beklagten hat das L[X.] das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus der Verpflichtung der Arbeitgeber zur [X.] nach § 28a Abs 4 [X.]B IV folge deren Berechtigung, hierüber eine verbindliche Entscheidung durch Verwaltungsakt herbeiführen zu lassen. Nach dem [X.] des Dritten Abschnitts des [X.]B IV seien die Einzugsstellen zur Klärung aller mit den Meldepflichten des Arbeitgebers und der Entrichtung des [X.] zusammenhängenden Fragen zuständig, soweit - wie hier - eine verdrängende Sonderzuständigkeit nicht bestehe. Eine solche Sonderzuweisung ergebe sich nicht daraus, dass Adressat der [X.] die Datenstelle der Rentenversicherungsträger sei. Diese speichere die Daten lediglich zur Bekämpfung von Schwarzarbeit. Die Beklagte habe zutreffend den Begriff der "Gaststätte" am sozialversicherungsrechtlichen Zweck der Eindämmung von Schwarzarbeit in davon besonders gefährdeten Wirtschaftsbereichen orientiert ausgelegt und nicht auf die von § 1 Gaststättengesetz ([X.]) erfassten Gaststätten beschränkt.

5

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Entscheidungskompetenz der Einzugsstelle und (sinngemäß) die Verletzung des § 28a Abs 4 [X.]B IV. Die Sofortmeldepflicht sei allein in dieser Vorschrift normiert und bestehe gegenüber der Datenstelle der [X.] ([X.]). Der Datenstelle komme nicht nur die Funktion einer ansonsten kompetenzlosen "[X.]" zu. Die Feststellung über die Sofortmeldepflicht ähnele dem Statusfeststellungsverfahren nach § 7a [X.]B IV, für das die beigeladene [X.] Bund zuständig sei. Im Übrigen sei der Begriff der Gaststätte anhand des § 1 [X.] auszulegen.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 25. November 2020 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. Oktober 2017 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

8

Ihre Befugnis zur verbindlichen Entscheidung über die Sofortmeldepflicht ergebe sich aus § 28a Abs 4 und § 98 Abs 2 [X.]B IV in Verbindung mit (iVm) § 33 Abs 1 Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung ([X.]). Die Einzugsstelle habe die Generalzuständigkeit für alle Fragen zu Meldungen der Arbeitgeber, zur Versicherungspflicht und Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge sowie zur Einziehung der Beiträge. Nur für Betriebsprüfungen nach § 28p [X.]B IV und Statusfeststellungsverfahren nach § 7a [X.]B IV bestehe eine abweichende Zuständigkeit der [X.]. § 28b [X.]B IV weise der Einzugsstelle die Aufgabe zu, Entscheidungen im Rahmen der Meldeverfahren zu treffen. Der Gesetzgeber habe mit § 28a Abs 4 [X.]B IV nur den Meldeweg und die Annahmestelle geändert, ohne die Entscheidungsbefugnis über die Versicherungspflicht und die Prüfung der Erfüllung der Meldepflicht zu verlagern. Die Klägerin sei wegen ihres Gaststättengewerbes auch sofortmeldepflichtig. Die in § 28a Abs 4 [X.]B IV aufgezählten Wirtschaftszweige seien weit zu verstehen.

9

Die beigeladene [X.] Bund hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet (§ 170 [X.] 2 Satz 1 [X.]G). Das [X.] hat zu Unrecht das Urteil des [X.] geändert und die Anfechtungsklage (§ 54 [X.] 1 [X.]G) insgesamt abgewiesen. Das [X.] hat den Bescheid der Beklagten vom 28.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.3.2017 zu Recht wegen Kompetenzüberschreitung aufgehoben. Der von der Beklagten als sachlich unzuständige Behörde erlassene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. § 42 Satz 1 [X.]B X (idF der Bekanntmachung vom 18.1.2001, [X.]), wonach die Aufhebung eines nicht nach § 40 [X.]B X nichtigen Verwaltungsakts nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, ist auf die sachliche Zuständigkeit nicht entsprechend anzuwenden (B[X.] Urteil vom 23.9.2003 - B 12 RA 3/02 R - [X.] 4-2400 § 28h [X.] Rd[X.]4 mwN). Die beklagte Einzugsstelle ist weder gemäß § 98 [X.] 2 [X.]B IV iVm § 33 [X.] 1 [X.] (dazu 1.) noch nach § 28b [X.] 1 [X.]B IV (dazu 2.) und auch nicht nach § 28h [X.] 2 Satz 1 [X.]B IV in unmittelbarer (dazu 3.) oder analoger (dazu 4.) Anwendung zur Feststellung der [X.] befugt. Ob die Klägerin aufgrund ihres Gewerbes der [X.] unterliegt, ist hingegen nicht zu entscheiden. Die insoweit erhobene Feststellungsklage (§ 55 [X.] 1 [X.] [X.]G) hat das [X.] mangels Berufung der Klägerin rechtskräftig abgewiesen.

1. Nach § 98 [X.] 2 Satz 1 bis 3 [X.]B IV (idF des 6. [X.]B IV-Änderungsgesetzes vom 11.11.2016, [X.]) unterzieht die Einzugsstelle Meldungen nach § 28a [X.]B IV einer automatisierten inhaltlichen Prüfung im Abgleich mit ihren Bestandsdaten (Bestandsprüfung); sie hat festgestellte Abweichungen mit dem Meldepflichtigen aufzuklären und diesem eine inhaltliche Veränderung unverzüglich zu melden. Gemäß § 33 [X.] 1 [X.] (idF der Bekanntmachung vom 23.1.2006, [X.]) prüft die Annahmestelle die Meldungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit, insbesondere darauf, dass die Meldungen nur die zugelassenen Zeichen, Schlüsselzahlen und sonstigen vorgesehenen Angaben enthalten. Diese Vorschriften regeln die Prüfung bereits tatsächlich vorhandener Daten. Eine Befugnis zur verbindlichen Feststellung der Verpflichtung zur Datenübermittlung enthalten sie nicht.

2. Die Beklagte kann sich ferner nicht auf § 28b [X.] 1 [X.]B IV (idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, [X.]) berufen, der die "Aufgaben der Einzugsstelle bei Meldungen" regelte. Danach nimmt die Einzugsstelle die Meldung für die gesetzliche Krankenversicherung ([X.]), [X.] ([X.]), nach dem Recht der Arbeitsförderung und für die [X.] Pflegeversicherung ([X.]) entgegen, soweit durch dieses Gesetzbuch nichts anderes bestimmt ist (Satz 1). Zudem hat sie dafür zu sorgen, dass die Meldungen rechtzeitig erstattet werden, die erforderlichen Angaben vollständig und richtig enthalten sind und die Meldungen rechtzeitig weitergeleitet werden (Satz 3). Dieser [X.]atz ist zum [X.] durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des [X.]B IV und anderer Gesetze vom 15.4.2015 (5. [X.]B [X.]; [X.]) aufgehoben worden und war daher bei Erlass der hier angefochtenen Bescheide nicht mehr in [X.]. Unabhängig davon sind die Regelungen zwar zum 1.1.2016 durch das 5. [X.]B [X.] inhaltsgleich in § 98 [X.] 1 [X.]B IV überführt worden. Sie betreffen aber lediglich die Entgegennahme von Meldungen sowie deren Rechtzeitigkeit und Richtigkeit.

3. Auch § 28h [X.] 2 Satz 1 [X.]B IV (idF des Dritten Gesetzes zur Änderung des [X.]B IV und anderer Gesetze vom 5.8.2010, [X.] 1127) ermächtigt die Einzugsstelle nicht zur verbindlichen Feststellung der [X.]. Danach entscheidet sie über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der [X.], [X.], [X.] sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Versicherungspflicht und Beitragshöhe werden bezogen auf konkrete Beschäftigungsverhältnisse personenbezogen (B[X.] Urteil vom 23.5.1995 - 12 RK 63/93 - [X.] 3-2400 § 28h [X.] f; vgl auch zuletzt B[X.] Urteil vom 18.10.2022 - B 12 R 7/20 R - juris Rd[X.]3 ff, zur [X.] in B[X.]E und [X.] vorgesehen) als Grundlage der Meldung durch die Arbeitgeber nach § 28a [X.] 1 [X.]B IV und letztlich zur Einziehung des [X.] (§ 28h [X.] 1 Satz 1 [X.]B IV idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, [X.]) festgestellt. Die Ermächtigung zur Entscheidung über Versicherungspflicht und Beitragshöhe dient der Durchsetzung der Meldepflicht nach § 28a [X.] 1 [X.]B IV und der Pflicht zur Übermittlung der Beitragsnachweise nach § 28f [X.] 3 Satz 1 [X.]B IV. Die [X.] nach § 28a [X.] 4 [X.]B IV bezieht sich hingegen auf (sämtliche) Beschäftigungsverhältnisse bei Arbeitgebern bestimmter Wirtschaftsbereiche oder -zweige und knüpft damit an beschäftigungsübergreifende, das Unternehmen als solches kennzeichnende Merkmale an. Deren Feststellung betrifft nicht die Versicherungspflicht oder Beitragshöhe in Bezug auf einzelne Beschäftigte und ist deshalb nicht von der Ermächtigung des § 28h [X.] 2 Satz 1 [X.]B IV gedeckt.

Anders als die individuelle beschäftigungsbezogene Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragshöhe dient die [X.] auch nicht dem Einzug des [X.] (§ 28h [X.] 1 Satz 1 [X.]B IV). Sie beschränkt sich auf wenige, für den Beitragseinzug nicht ausreichende Daten über die Beschäftigten ([X.], Familien- und Vornamen, Versicherungsnummer, Betriebsnummer des Arbeitgebers, § 28a [X.] 4 Satz 1 [X.]B IV) und besteht gegenüber der Datenstelle der [X.]. Ihr Zweck ist die sofortige Verfügbarkeit der Information über das Bestehen einer Beschäftigung in einer Branche, in der ein erhöhtes Risiko für illegale Beschäftigung besteht, bei der Datenstelle der [X.] (BT-Drucks 16/10488 [X.]) zum automatisierten Abruf durch die [X.]sträger und das Hauptzollamt im Rahmen von Kontrollen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit (§ 150 [X.] 5 Satz 1 [X.]B VI). Die [X.] ersetzt nicht die Meldung zur Sozialversicherung nach § 28a [X.] 1 [X.]B IV, sondern besteht darüber hinaus (§ 28a [X.] 4 Satz 4 [X.]B IV). Sie wird durch die Einzugsstelle weder angenommen noch geprüft. § 28a [X.] 4 [X.]B IV bestimmt insofern abweichend die Datenstelle als entgegennehmende Stelle (§ 98 [X.] 1 Satz 1 [X.]B IV idF des [X.] [X.]B IV und anderer Gesetze <6. [X.]B [X.]> vom 11.11.2016, [X.], ab 1.1.2023: § 97 [X.] 1 Satz 4 [X.] [X.]B IV). Ein Datenabgleich mit vorhandenen Daten der Einzugsstelle (§ 98 [X.] 2 [X.]B IV; § 97 [X.] 1 Satz 3 [X.] [X.]B IV idF des 6. [X.]B [X.], aaO) findet nicht statt. Die [X.] enthält insgesamt keine für die Entscheidung der Einzugsstelle nach § 28h [X.] 2 [X.]B IV notwendigen Daten.

4. Die Einzugsstelle ist schließlich nicht in analoger Anwendung des § 28h [X.] 2 Satz 1 [X.]B IV, auch nicht im ([X.] mit den das Meldewesen regelnden Vorschriften des [X.]B IV, zur Feststellung der [X.] ermächtigt. Für eine Analogie ist nur im Fall einer planwidrigen Regelungslücke Raum. Eine solche Lücke liegt nur dort vor, wo das Gesetz eine Regelung weder ausdrücklich noch konkludent getroffen hat und es deshalb nach dem zugrunde liegenden gesetzlichen Konzept unvollständig und damit ergänzungsbedürftig ist (B[X.] Urteil vom 6.7.2022 - B 5 R 21/21 R - juris RdNr 38, zur [X.] in B[X.]E und [X.] 4-1300 § 63 [X.] vorgesehen; B[X.] Urteil vom 29.3.2022 - B 12 KR 1/20 R - juris Rd[X.]0 mwN, zur [X.] in B[X.]E 134, 73 = [X.] 4-2400 § 7a [X.]4 vorgesehen). Daran fehlt es hier, denn Arbeitgeber haben nach § 28p [X.] 1 [X.]B IV (idF des [X.] vom 12.4.2012, [X.] 579) die Möglichkeit, im Rahmen einer Betriebsprüfung durch den für sie zuständigen [X.]sträger die verbindliche Klärung ihrer [X.] zu erreichen. Diese Vorschrift räumt Arbeitgebern einen Anspruch auf vorzeitige Prüfung der [X.] nach 28a [X.] 4 [X.]B IV ein. Das folgt aus dem Gesetzeswortlaut (dazu a) sowie der Gesetzessystematik (dazu b), steht der Gesetzeshistorie nicht entgegen (dazu c) und wird durch Gründe der [X.] gestützt (dazu d). Der Prüfauftrag eines Arbeitgebers kann sich auf die [X.] beschränken und geht mit der Befugnis des zuständigen [X.]sträger einher, insofern einen feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen (dazu e).

a) Die Träger der [X.] prüfen gemäß § 28p [X.] 1 Satz 1 [X.]B IV bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem [X.]B IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Nach Satz 2 der Vorschrift soll die Betriebsprüfung in kürzeren [X.]abständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Zweck einer vorzeitigen Prüfung ist die Begrenzung des Risikos für den Arbeitgeber, Sozialversicherungsbeiträge für längere [X.]räume nachzahlen zu müssen und wegen Pflichtverstößen bestraft oder mit einer Geldbuße belegt zu werden. Der [X.]sträger ist daher verpflichtet, dem Verlangen nachzukommen, wenn keine besonderen Umstände vorliegen ("soll"). Dem entspricht regelmäßig ein Anspruch des Arbeitgebers auf vorzeitige Prüfung. Für deren Ablehnung ist lediglich in atypischen Ausnahmefällen Raum (vgl B[X.] Urteil vom 19.5.2022 - [X.] [X.] 1/21 R - juris Rd[X.]1, zur [X.] in B[X.]E und [X.] vorgesehen).

Diese Möglichkeit des vorgezogenen, nicht turnusgemäßen [X.] erstreckt sich auch auf die [X.] nach § 28a [X.] 4 [X.]B IV. Nach dem Wortlaut des § 28p [X.] 1 Satz 1 [X.]B IV sind die Erfüllung der "Meldepflichten" und die Richtigkeit der "Meldungen" zu prüfen. Ergänzend wird in einem Klammerzusatz auf "§ 28a" [X.]B IV hingewiesen. Damit wird nicht auf bestimmte Meldepflichten, sondern auf sämtliche in § 28a [X.]B IV normierte Meldungen Bezug genommen. § 28a [X.] 1 Satz 1 [X.]B IV erfasst dabei nicht nur bereits abgegebene Meldungen. Zwar sieht die Regelung insbesondere die Prüfung von "Meldungen" vor; daneben ist aber zu prüfen, ob die Arbeitgeber ihre Meldepflichten "erfüllen".

b) Auch gesetzessystematisch ist die [X.] dem betriebsprüfenden [X.]sträger zugeordnet. Mit den §§ 28a ff [X.]B IV hat sich der Gesetzgeber für eine Kompetenzverteilung zwischen den Krankenkassen als Einzugsstellen und den [X.]strägern entschieden. Aufgabe der Einzugsstellen ist insbesondere die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe in Bezug auf konkrete (gemeldete) Beschäftigungsverhältnisse und die laufende Überwachung der damit einhergehenden Beitragszahlung. Die Feststellung, welche Pflichten ein Arbeitgeber zu erfüllen und ggf nachzuholen hat, ist hingegen den [X.]strägern im Rahmen einer Betriebsprüfung übertragen. Bei Fragen, deren Klärung nicht von den Kompetenzen der Einzugsstelle nach § 28h [X.] 2 [X.]B IV umfasst ist, hat sie den für den Arbeitgeber zuständigen [X.]sträger ggf auf die Erforderlichkeit einer Betriebsprüfung hinzuweisen (§ 28p [X.] 1 Satz 3 [X.]B IV).

Zudem gehen auch andere gesetzliche Regelungen von der Prüfung der [X.] im Rahmen einer Betriebsprüfung aus. Die [X.]sträger sind grundsätzlich die für die Verfolgung und Ahndung nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) zuständige Behörde, wenn sie bei einer Betriebsprüfung einen Verstoß gegen die [X.] feststellen (§ 111 [X.] 1 Satz 1 [X.] Buchst b [X.]B IV idF des [X.] vom 6.3.2017, [X.] 399, iVm § 112 [X.] 1 Nr 4a [X.]B IV, §§ 35, 36 [X.] 1 [X.] OWiG).

c) Diesem Ergebnis steht die Gesetzeshistorie nicht entgegen. Bereits § 103 [X.]B IV in der vom [X.] bis zum [X.] geltenden Fassung (Gesetz zur Einführung eines [X.] und zur Änderung anderer Sozialgesetze vom 6.10.1989, [X.] 1822; Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.3.1999, [X.] 388; Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit vom 23.7.2002, [X.] 2787) sah eine [X.] der Arbeitgeber bestimmter Gewerbe für jeden Beschäftigten vor, der zur Mitführung eines [X.] verpflichtet war. Diese Meldung war gegenüber der Einzugsstelle abzugeben. Vom 1.8. bis zum 31.12.2002 war die Meldung zu erstatten, wenn der Beschäftigte am [X.] den Sozialversicherungsausweis nicht vorgelegt hatte (§ 28a [X.] 3a Satz 1 [X.]B IV idF des [X.], aaO, und des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 4621). Die Kontrolle dieser [X.]en oblag den Trägern der [X.] im Rahmen der Aufgaben nach § 28p [X.]B IV (§ 107 [X.] 3 [X.]B IV idF des [X.] aaO; später [X.] 5 idF des Gesetzes zur Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes und anderer Gesetze vom [X.], [X.] 1222, [X.] 4 idF des [X.] zur Änderung des [X.]B vom 13.6.1994, [X.] 1229, [X.] 2 idF des Ersten [X.]B III-Änderungsgesetzes vom 16.12.1997, [X.] 2970, idF des [X.], aaO, des [X.] vom [X.], [X.] 1983, und des [X.], aaO). Zwar ist die ursprüngliche, zum [X.] durch das Gesetz vom [X.] (aaO) aufgehobene Sonderzuweisung der Kontrolle der [X.]en an die [X.]sträger mit der Einführung der [X.] nach § 28a [X.] 4 [X.]B IV zum 1.1.2009 nicht wieder in das Gesetz aufgenommen worden. Durch die (erneute) Einordnung der [X.] in § 28a [X.]B IV bestand dazu aber auch keine Notwendigkeit, denn § 28p [X.] 1 Satz 1 [X.]B IV nimmt vollumfänglich Bezug auf § 28a [X.]B IV. Auch wenn § 28p [X.] 1 Satz 1 [X.]B IV bereits in der [X.] vom 1.8. bis zum 31.12.2002 bei Geltung des § 28a [X.] 3a iVm § 107 [X.] 2 [X.]B IV (jeweils idF vom 23.7.2002, aaO) auf "(§ 28a)" verwiesen hat, ist nichts dafür ersichtlich, dass [X.] 4 von § 28a [X.]B IV hätte ausgenommen werden sollen.

d) Für die Prüfung der [X.] durch die [X.]sträger sprechen auch Gründe der [X.]. Die [X.] knüpft an die Zugehörigkeit der Arbeitgeber zu einem bestimmten Wirtschaftszweig oder -bereich an und gilt umfassend für jedes einzelne Beschäftigungsverhältnis mit dem Arbeitgeber. Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist die jeweilige Krankenkasse, die der einzelne Beschäftigte als Versicherter gewählt hat und deshalb die Krankenversicherung durchführt (§ 28i Satz 1 [X.]B IV idF der Bekanntmachung vom 12.11.2009, [X.]; § 173 [X.]B V in der Gültigkeit ab 1.1.1996). Arbeitgeber sehen sich deshalb ggf einer Vielzahl von Einzugsstellen gegenüber. Das birgt unabhängig davon, welche Einzugsstelle für die Prüfung der [X.] zuständig wäre, die Gefahr divergierender Einschätzungen bei der Zuordnung des Arbeitgebers zu einem der einschlägigen Wirtschaftszweige und -bereiche. Eine für sämtliche Beschäftigungsverhältnisse eines Arbeitgebers verbindliche einheitliche Feststellung der [X.] kann so kaum erreicht werden. Demgegenüber ist nur ein [X.]sträger für einen Arbeitgeber in Abhängigkeit von der vergebenen Betriebsnummer zuständig (§ 28p [X.] 2 [X.]B IV).

e) Arbeitgeber können ihr Prüfverlangen nach § 28p [X.] 1 Satz 2 [X.]B IV auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der [X.] beschränken. Die Feststellung über das (Nicht-)Bestehen der [X.] nach § 28a [X.] 4 [X.]B IV nach Prüfung der Zugehörigkeit zu einem der dort genannten Wirtschaftszweige oder -bereiche greift auch nicht unzumutbar in den regelmäßigen Turnus der bei einem Arbeitgeber durchzuführenden Betriebsprüfungen ein. Einer vollständigen Betriebsprüfung bedarf es insoweit nicht.

Die Träger der [X.] sind auch zum Erlass eines die [X.] feststellenden oder ablehnenden Verwaltungsakts ermächtigt und verpflichtet. Ihre Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten beschränkt sich nicht auf Bescheide zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in den Zweigen der Sozialversicherung (§ 28p [X.] 1 Satz 5 [X.]B IV). Sie sind im Rahmen ihres [X.] vielmehr umfassend ermächtigt, Feststellungen im Verhältnis zum Arbeitgeber zu treffen (vgl zur Verwaltungsaktbefugnis im Prüfverhältnis gegenüber einer Beihilfefestsetzungsstelle B[X.] Urteil vom 27.4.2021 - B 12 R 14/19 R - B[X.]E 132, 86 = [X.] 4-2600 § 212a [X.], Rd[X.]2 ff). Dies liegt auch im Interesse der Arbeitgeber. Diese sollen bei einer regelmäßigen Betriebsprüfung durch den Prüfbescheid oder das [X.]chlussgespräch zur Prüfung Hinweise zu den beanstandeten (festgestellten) Sachverhalten erhalten, um in den weiteren Verfahren fehlerhafte Angaben zu vermeiden (§ 7 [X.] 4 Satz 2 Beitragsverfahrensverordnung idF des 6. [X.]B IV-Änderungsgesetzes vom 11.11.2016, [X.], und des Siebten Gesetzes zur Änderung des [X.]B IV und anderer Gesetze vom 12.6.2020, [X.] 1248). Ziel der Regelung ist es, durch Hinweise an die Arbeitgeber die Zahl der fehlerhaften Einschätzungen von Sachverhalten in der Sozialversicherung weiter zu verringern (BT-Drucks 18/8487 [X.] Zu Art 17 Zu [X.] [X.]). Arbeitgeber sollen daher vollumfänglich Kenntnis über die geprüften Sachverhalte erhalten und nicht nur über diejenigen, die Beitragsnachforderungen nach sich ziehen. Damit korrespondiert ein Anspruch der Arbeitgeber auf Erlass eines Prüfbescheids über das Ergebnis der geprüften Sachverhalte (B[X.] Urteil vom 19.9.2019 - B 12 R 25/18 R - B[X.]E 129, 95 = [X.] 4-2400 § 7 [X.], Rd[X.]9 ff). Entsprechendes gilt für die verbindliche Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der [X.].

5. [X.] beruht auf § 197a [X.] 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm § 154 [X.] 1, § 162 [X.] 3 VwGO.

6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a [X.] 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 [X.] 2 Satz 1, § 52 [X.] 2 und § 47 [X.] 1 Satz 1 GKG.

Heinz 

[X.]

Padé   

Meta

B 12 KR 3/21 R

13.03.2023

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Detmold, 10. Oktober 2017, Az: S 22 KR 295/17, Urteil

§ 28a Abs 1 S 1 SGB 4, § 28a Abs 4 SGB 4, § 28b Abs 1 SGB 4 vom 12.11.2009, § 28h Abs 2 S 1 SGB 4 vom 05.08.2010, § 28p Abs 1 S 1 SGB 4, § 28p Abs 1 S 2 SGB 4, § 28p Abs 1 S 3 SGB 4, § 28p Abs 1 S 5 SGB 4, § 28p Abs 2 SGB 4, § 98 Abs 2 SGB 4 vom 11.11.2016, § 111 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst b SGB 4 vom 06.03.2017, § 7 Abs 4 S 2 BeitrVV, § 33 Abs 1 DEÜV vom 23.01.2006

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 13.03.2023, Az. B 12 KR 3/21 R (REWIS RS 2023, 1224)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1224

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