Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2005, Az. VII ZB 5/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2760

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[X.][X.]/05

vom 5. Juli 2005 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO §§ 844 Abs. 1, 857 Abs. 1 a) Eine "[X.]-Domain" stellt als solche kein anderes Vermögensrecht i. S. v. § 857 Abs. 1 ZPO dar. Gegenstand zulässiger Pfändung nach § 857 Abs. 1 ZPO in eine "[X.]-Domain" ist vielmehr die Gesamtheit der schuldrechtlichen [X.], die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem der Domainregistrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis zustehen. b) Die Verwertung der gepfändeten Ansprüche des Domaininhabers gegen die [X.] aus dem [X.] kann nach §§ 857 Abs. 1, 844 Abs. 1 ZPO durch Überweisung an Zahlungs Statt zu einem Schätzwert erfolgen. [X.], Beschluß vom 5. Juli 2005 - [X.] - LG [X.]

AG [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 5. Juli 2005 durch den [X.] [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts [X.] vom 22. April 2003 auf-gehoben. Das Verfahren wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kos-ten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 630 •

Gründe: [X.] Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß. Sie hat beantragt, die Ansprüche des Schuldners u. a. gegen die [X.] (im folgenden: [X.]) aus den Registrierungsverträgen auf [X.] der Registrierung sowie Umregistrierung von mehreren [X.]-Domains zu pfänden. Das Amtsgericht hat am 1. November 2001 antragsge-mäß einen Pfändungsbeschluß erlassen. Die Gläubigerin hat daraufhin [X.], ihr die gepfändeten Ansprüche an Zahlungs Statt zu einem Schätzwert zu - 3 - überweisen. Auf die zwischenzeitlich eingelegte Erinnerung des Schuldners hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 28. Februar 2002 den [X.] mit der Anordnung aufgehoben, daß die Wirkung der Aufhebung erst mit Rechtskraft des Beschlusses eintrete. Den Antrag der Gläubigerin auf Erlaß eines Überweisungsbeschlusses hat es zurückgewiesen. Gegen diesen Be-schluß hat die Gläubigerin sofortige Beschwerde eingelegt und die Überwei-sung der Ansprüche des Schuldners aus den Registrierungsverträgen mit der [X.] über zwei näher bezeichnete Domains zu einem Schätzwert an [X.] Statt beantragt. Gleichzeitig hat sie erklärt, daß sie auf die durch [X.] vom 1. November 2001 erworbenen Rechte hinsichtlich der restlichen [X.]-Domains verzichte. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Dagegen wendet sie sich mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. 1. Das Beschwerdegericht führt aus, daß eine [X.]-Domain zwar grundsätzlich pfändbar sei. Mit dem Pfändungsbeschluß habe das Amtsgericht jedoch nicht [X.]-Domains gepfändet, sondern entsprechend dem Antrag der Gläubigerin die Ansprüche des Schuldners aus den Registrierungsverträ-gen über die [X.]-Domains. Aus einem mit der [X.] geschlossenen Re-gistrierungsvertrag stehe dem Schuldner dieser gegenüber aber nicht der [X.] zu, die angemeldete [X.] verwerten zu dürfen. Aus den Registrierungsbedingungen der [X.] ergebe sich, daß diese die [X.] auf einen vom Erstanmelder benannten [X.] übertrage, wenn der - 4 - Erstanmelder den [X.] kündige und der Dritte einen Auftrag zur Registrierung erteile. Die [X.] könne den Registrierungsauftrag ableh-nen, solange ein sonstiger Dritter ein Recht auf die [X.] geltend mache. Hieraus sowie aus den vergleichbaren Regelungen in § 2 der [X.] zum Verfahren bei der Erstanmeldung werde deutlich, daß es keine für den [X.] konstitutive Mitwirkung der [X.] in Form der Registrierung und keine für den Rechtserwerb eines [X.] konstitutive Mitwirkung der [X.] in Form der Übertragung gebe. Damit habe die Gläubigerin objektiv nur den Anspruch auf Mitwirkung der [X.] gepfändet, der für den Fall bestehe, daß der Schuldner das Recht zur Führung der Do-main-Kennung auf einen [X.] übertragen habe. Das Übertragungsrecht des Schuldners sei dagegen nicht gepfändet worden. 2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. a) Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Beschwerdege-richts, daß sich die Gläubigerin mit ihrer sofortigen Beschwerde nur noch inso-weit gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 28. Januar 2002 gewandt hat, als mit diesem ihr Antrag auf Pfändung der Ansprüche des Schuldners gegen die [X.] aus den Registrierungsverträgen hinsichtlich der beiden [X.]-Domains zurückgewiesen worden ist. Eine derartige Beschränkung des Rechtsmittels durch die Gläubigerin ist hinreichend deutlich dadurch zum Aus-druck gekommen, daß diese mit Schriftsatz vom 25. April 2002 auf die durch Beschluß des Amtsgerichts vom 1. November 2001 erworbenen Ansprüche des Schuldners aus den Registrierungsverträgen über die restlichen [X.]-Domains verzichtet hat. Beanstandungen gegen dieses Verständnis des Be-schwerdegerichts vom Umfang des Rechtsmittels der Gläubigerin erhebt die Rechtsbeschwerde nicht. - 5 - b) Rechtsfehlerhaft ist aber die Auffassung des [X.], daß die Pfändung der Gläubigerin ins Leere gegangen sei, weil das Amtsgericht mit dem Pfändungsbeschluß nicht die [X.]-Domains, sondern nur die Ansprü-che des Schuldners aus den Registrierungsverträgen mit der [X.] gepfändet habe. Letztere stellen ein pfändbares "anderes Vermögensrecht" im Sinne von § 857 Abs. 1 ZPO dar, auf das die Gläubigerin in rechtlich zulässiger und wirt-schaftlich sinnvoller Weise im Wege der Zwangsvollstreckung zugreifen konnte. aa) Als Vermögensrecht nach § 857 Abs. 1 ZPO pfändbar sind Rechte aller Art, die einen Vermögenswert derart verkörpern, daß die Pfandverwertung zur Befriedigung des Geldanspruchs des Gläubigers führen kann (vgl. Zöl-ler/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 857 Rdn. 2). Ob eine "[X.]-Domain" als ein derartiges pfändbares Vermögensrecht i. S. v. § 857 Abs. 1 ZPO anzusehen ist, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Nach einer Auffassung stellt bereits eine [X.]-Domain als solche ein absolutes Recht dar, welches nach § 857 Abs. 1 ZPO pfändbar ist. Diese [X.] wird teilweise damit begründet, daß es sich bei einer [X.]-Domain um ein Recht sui generis, vergleichbar mit einer Lizenz, handele, und somit die Ü-bertragbarkeit und Pfändbarkeit gegeben sei ([X.], Rpfleger 2000, 168). Überwiegend wird diese Auffassung vertreten, ohne daß sie näher begründet wird (vgl. z. B. LG Düsseldorf, [X.] 2001, 548; [X.], [X.] 1999, 355, 356; Schmittmann, [X.] 2001, 177, 179 f; [X.], WRP 1077, 1081). Vereinzelt wird die Pfändbarkeit einer [X.]-Domain verneint ([X.], [X.] 2001, 342 ff). Eine [X.]-Domain könne mangels eines der Domainvergabe vorgeschalteten Prüfungsverfahrens durch die [X.] nicht als ein vom Inhaber losgelöstes Recht angesehen werden mit der Folge, daß diese nicht der Pfändung unterliege. - 6 - bb) Nach anderer und richtiger Auffassung stellen die schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber einer [X.]-Domain gegenüber der [X.] oder einer anderen Vergabestelle zustehen, ein Vermögensrecht i. S. v. § 857 Abs. 1 ZPO dar (vgl. z. B. LG Mönchengladbach, Rpfleger 2005, 38; [X.], [X.] 2001, 477; [X.], MMR 2001, 131, 132; [X.], Rpfleger 2002, 181, 182 f; [X.], [X.] 2001, 456, 458; Musielak/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 857 Rdn. 13 a; [X.]/Jonas-Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 857 Rdn. 80). (1) Eine [X.]-Domain als solche ist kein "anderes Vermögensrecht" i. S. v. § 857 Abs. 1 ZPO. Der Domain kommt keine etwa mit einem Patent-, [X.] oder Urheberrecht vergleichbare ausschließliche Stellung zu. Diese [X.] zeichnen sich dadurch aus, daß sie ihrem Inhaber einen [X.] gewähren, der vom Gesetzgeber begründet worden ist und nicht durch Parteivereinbarung geschaffen werden kann. Eine [X.]-Domain ist lediglich eine technische Adresse im [X.]. Die ausschließliche Stellung, die darauf beruht, daß von der [X.] eine [X.]-Domain nur einmal vergeben wird, ist allein technisch bedingt. Eine derartige, rein faktische Ausschließlichkeit [X.] kein absolutes Recht i. S. v. § 857 Abs. 1 ZPO (vgl. [X.], Beschluß vom 24. November 2004 - 1 BvR 1306/02, [X.], 589; [X.], Urteil vom 22. November 2001 - I ZR 138/99, [X.] 149, 191, 205; Kleespies, GRUR 2002, 764, 766; [X.], Rpfleger 2002, 181, 182; a. A.: Koos, MMR 2004, 359, 360 f.; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 3 [X.], Rdn. 301). (2) Die Inhaberschaft an einer "[X.]-Domain" gründet sich auf die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain ge-genüber der Vergabestelle aus dem [X.] zustehen (vgl. auch [X.], Beschluß vom 24. November 2004 - 1 BvR 1306/02, [X.], 589). Diese Ansprüche sind Gegenstand der Pfändung nach § 857 Abs. 1 ZPO. - 7 - Mit Abschluß des Vertrages über die Registrierung einer [X.]-Domain erhält der Anmelder der Domain einen Anspruch auf Registrierung nach [X.] der [X.]-Registrierungsbedingungen und -richtlinien. Dieser Anspruch ist gerichtet auf Eintragung der Domain in das [X.]-Register und den Primary Nameserver. Mit der Eintragung erlischt zwar dieser Anspruch nach § 362 Abs. 1 BGB. Aus § 7 Abs. 1 der von der Gläubigerin vorgelegten [X.] der [X.] ergibt sich aber, daß der Vertrag auf Dauer [X.] ist. Aus diesem Dauerschuldverhältnis schuldet die [X.] dem [X.] nach der erfolgten Konnektierung insbesondere die Aufrechterhaltung der Eintragung im Primary Nameserver als Voraussetzung für den Fortbestand der Konnektierung. Daneben bestehen weitere Ansprüche des Domaininhabers wie die auf Anpassung des Registers an seine veränderten persönlichen Daten oder ihre Zuordnung zu einem anderen Rechner durch Änderung der IP-Nummer (vgl. [X.], MMR 2001, 131, 132; [X.], Rpfleger 2002, 181, 182 f; Kleespies, GRUR 2002, 764, 766). c) Der Antrag der Gläubigerin ist daher darauf gerichtet, diese schuld-rechtlichen Ansprüche des Schuldners aus dem Vertragsverhältnis mit der DE-NIC zu pfänden. Dem steht nicht entgegen, daß die Gläubigerin lediglich beantragt hat, die Ansprüche des Schuldners aus den Registrierungsverträgen mit der [X.] auf Aufrechterhaltung der Registrierung sowie auf Umregistrierung zu pfänden. Mit dem Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung hat die Gläubigerin den Hauptanspruch des Schuldners aus dem [X.] mit der [X.] gepfändet. Die dem Schuldner aus diesem Vertragsverhältnis weiter zustehenden Ansprüche sind nicht isoliert verwertbar und damit nicht einzeln pfändbar (vgl. dazu allgemein Musielak/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 857 Rdn. 3). Die Pfändung des Anspruchs auf Aufrechterhaltung der Registrierung aus ei-- 8 - nem Vertrag des Domaininhabers mit der [X.] umfasst daher auch alle [X.] sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Nebenansprüche (vgl. [X.], Rpfleger 2002, 181, 183). 3. Die Verwertung der gepfändeten Ansprüche des Schuldners gegen die [X.] kann, wie von der Gläubigerin beantragt, nach §§ 857 Abs. 1, 844 Abs. 1 ZPO durch Überweisung an Zahlungs Statt zu einem Schätzwert erfol-gen (vgl. dazu [X.], Rpfleger 2002, 181, 185; [X.], MMR 2001, 131, 138; Schmittmann, [X.] 2001, 177, 180; [X.], [X.], 1077, 1085; [X.]/[X.], [X.] 2001, 469). Dazu, ob der von der Gläubigerin angegebene Wert zutreffend ist, hat das Beschwerdegericht, aus seiner Sicht folgerichtig, keine Feststellungen getroffen. Dem [X.] ist daher eine eigene Entscheidung - 9 - nach § 577 Abs. 5 ZPO jedenfalls insoweit nicht möglich. Der [X.] hält es für angezeigt, das gesamte Verfahren an das Beschwerdegericht zurückzuverwei-sen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen trifft. [X.]Kuffer [X.]

[X.]

[X.]

Meta

VII ZB 5/05

05.07.2005

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2005, Az. VII ZB 5/05 (REWIS RS 2005, 2760)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2760

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